Der staatsmonopolistische Kapitalismus in der BRD

Willi Dickhut, der Vordenker und Mitbegründer der MLPD, hat den REVOLUTIONÄREN WEG 16 bis 19 immer als sein Hauptwerk behandelt.

Der REVOLUTIONÄRE WEG 16 bis 19 beschreibt die Entwicklung hin zum staatsmonopolistischen Kapitalismus in der BRD, arbeitet die Veränderung des Krisenzyklus der Wirtschaftskrisen heraus, untersucht die politische und militärische Macht im staatsmonopolistischen Kapitalismus und weist im RW 19 nach, dass der staatsmonopolistische Kapitalismus die unmittelbare Vorstufe zum Sozialismus ist.

Unter den Bedingungen des staatsmonopolistischen Kapitalismus ist der Klassenkampf des Proletariats äußerst kompliziert geworden. Die politischen und wirtschaftlichen Zusammenhänge sind nur schwer zu durchschauen. Die Verhältnisse des staatsmonopolistischen Kapitalismus, mit seinen tiefen Krisenerscheinungen, seiner ständigen Kriegsgefahr und seiner Unfähigkeit, auch nur ein wichtiges Problem der Masse der Werktätigen lösen zu können, mussten untersucht werden. 

Neben den vielen grundlegenden Aussagen, die bis heute Gültigkeit haben, sind die Bücher auch ein Lehrstück in Sachen deutscher Geschichte des Kapitalismus.

Im Buchhandel erschienen unter:

Der staatsmonopolistische Kapitalismus in der BRD

Erschienen: 1977-1979

Der staatsmonopolistische Kapitalismus in der BRD

Ausgabe Revolutionärer Weg:

Der staatsmonopolistische Kapitalismus in der BRD

Am 29. April 1904, wurde Willi Dickhut in Schalksmühle geboren. Er starb am 8. Mai 1992 in Solingen - auf den Tag genau 47 Jahre nach der Befreiung vom Hitler-Faschismus. Willi Dickhut war Arbeiter, Marxist-Leninist, Widerstandskämpfer gegen den Hitler-Faschismus, Mitbegründer und Vordenker der MLPD.

Er hat lange Jahre das theoretische Organ REVOLUTIONÄRER WEG der MLPD geleitet. Sein Lebenswerk umfasst nahezu ein ganzes Jahrhundert Geschichte der revolutionären Arbeiterbewegung in Deutschland. Er hat den Stil der MLPD entscheidend mit geprägt. Ein besonderes Anliegen war ihm, kritisch-selbstkritisch und selbständig denkende und handelnde Kader zu entwickeln, als Damm gegen Dogmatismus, Revisionismus oder gar eine Entartung der Partei.

Leseprobe

I. Teil: Die Entwicklung des Kapitalismus der freien Konkurrenz zum staatsmonopolistischen Kapitalismus
I. Die Herausbildung der Monopole und ihre Herrschaft
1. Die Entstehung und Entwicklung der Monopole 5
2. Kolonialismus und nationaler Befreiungskampf 23
Der Kampf um Absatzgebiete und Rohstoffquellen 24
Indien, die Perle des britischen Kolonialreiches 33
3. Neokolonialismus, die neue Form der Ausbeutung 42
II. Der Übergang des Monopolkapitalismus zum staatsmonopolistischen Kapitalismus
1. Die Bedeutung des Staates in der Entwicklung des Kapitalismus 52
2. Die Verschmelzung von Staat und Monopolen bis zum Ende des II. Weltkrieges 63
Deutschland — der jüngste und aggressivste imperialistische Räuber 63
Japan — der ausgeprägteste staatsmonopolistische Kapitalismus 74
USA — mächtigste Gruppe des staatsmonopolistischen Kapitalismus 83
III. Die Errichtung des neudeutschen Imperialismus und seine staatsmonopolistische Entwicklung
1. Die Frage der Verstaatlichung der Schlüsselindustrien und der Banken 91
2. Die amerikanische Deutschlandpolitik und ihre Folgen 100
3. Die wirtschaftliche Entwicklung Westdeutschlands in den ersten Jahren nach dem II. Weltkrieg 107
4. Die wirtschaftliche, politische und militärische Wiedererrichtung des neudeutschen Imperialismus 130
,,Konzernauflösung" der IG Farben und ,,Konzernentflechtung" der Montanindustrie — ein einziges Betrugsmanöver 131
Die Umstrukturierung der Stahlindustrie verschleiert die Restauration der Monopole 140
Die Remilitarisierung der BRD 146
II. Teil: Die wirtschaftliche Macht im staatsmonopolistischen Kapitalismus
I. Die Wiedererrichtung der wirtschaftlichen Macht der Monopole durch eine sprunghafte Entwicklung der ökonomischen Basis
1. Die wissenschaftlich-technische Revolution und ihre Auswirkungen 151
2. Die Ungleichmäßigkeit der industriellen Entwicklung 167
3. Sind die ungleichmäßigen Wachstumsraten bereits zyklische Krisen? 179
4. Die Bedeutung der dritten Investitionsperiode und die Konzentration des Kapitals 183
5. Der Kern der dritten Investitionsperiode ist Rationalisierung 199
6. Kapitalexport, die wirtschaftliche Expansion der Monopole 207
II. Die schwankende Stagnation als neue Erscheinung im Krisenzyklus des staatsmonopolistischen Kapitalismus
1. Krisengerede ist nicht identisch mit Krisenverlauf 220
2. Das Bruttosozialprodukt und die industrielle Nettoproduktion als Spiegelbild der wirtschaftlichen Entwicklung 228
3. Die Bedeutung des Auslandsumsatzes für die industrielle Entwicklung der BRD 236
4. Rationalisierungsoffensive und die Folgen 244
5. Wirtschaftskrise oder schwankende Stagnation? 254
6. Die Bedeutung der schwankenden Stagnation 270
III. Die Rolle des Staates und der Banken im staatsmonopolistischen Kapitalismus
1. Die staatlichen Unternehmen als Wirtschaftsfaktor 283
VEBA AG 287
Volkswagenwerk AG 289
Salzgitter AG 296
Saarbergwerke AG 301
Vereinigte Industrieunternehmen AG (VIAG) 303
Industrieverwaltungsgesellschaft mbH (IVG) 305
2. Die Verschmelzung der Staatsorgane mit den Monopolen 306
Bundesbeteiligungen aus dem Bereich des Bundesministers für Finanzen 306
Bundesbeteiligungen aus dem Bereich des Bundesministers für Verkehr 311
Bundesbeteiligungen aus dem Bereich des Bundesministers für wirtschaftliche Zusammenarbeit 312
Bundesbeteiligungen aus dem Bereich des Bundesministers für Forschung und Technologie sowie des Nachrichtenwesens 314
Die Rolle der Banken im staatsmonopolistischen Kapitalismus 318
Die Bedeutung der Großbanken in der BRD 318
Die Macht der Großbanken im staatsmonopolistischen Kapitalismus 334
Die Rolle der Banken bei der Ausbeutung der Entwicklungsländer 345
III. Teil: Die politische und militärische Macht im staatsmonopolistischen Kapitalismus
I. Die Organe der politischen Macht im staatsmonopolistischen Kapitalismus
1. Die Entwicklung der Klassenstruktur im staatsmonopolistischen Kapitalismus 5
2. Die Machtzentren der Monopolkapitalisten bestimmen die Politik 19
Die Entstehung und Entwicklung der Unternehmerverbände 19
Die Verbände als Interessenvertreter der Monopole 29
Die Verflechtung der Verbände mit dem Staatsapparat 39
3. Die bürgerlichen Parteien als politische Herrschaftsorgane der Monopole 47
Die CDU/CSU 49
Die SPD 58
Die FDP 66
Parteienfinanzierung und -korruption 69
II. Die Ausübung der politischen Macht im staatsmonopolistischen Kapitalismus
1. Parlament und Regierung als Machtinstrument der Monopole 81
2. Die Manipulierung der öffentlichen Meinung als politische Herrschaftsmethode der Monopole 98
Formen und Mittel der Herrschaft der Bourgeoisie 98
Die Rolle der Massenmedien in der Manipulierung der öffentlichen Meinung 104
Die „Öffentlichkeitsarbeit“ der Unternehmerverbände 113
3. Die Außenpolitik und die multinationalen Konzerne 116
Die Außenpolitik im Monopolkapitalismus der ersten Phase 116
Die Außenpolitik im staatsmonopolistischen Kapitalismus 133
Die Außenpolitik im Dienst der multinationalen Konzerne 144
III. Die staatlich-militärische Macht im staatsmonopolistischen Kapitalismus
1. Die Entwicklung des staatlichen Machtinstrumentes 170
Die ökonomische Bedeutung von Rüstung und Militarisierung 170
Aus der Geschichte des deutschen Militarismus bis 1945 178
Die Remilitarisierung und die Errichtung des neudeutschen Imperialismus nach dem II. Weltkrieg 187
2. Der militärisch-industrielle Komplex im staatsmonopolistischen Kapitalismus 202
Die wirtschaftspolitische Seite des militärisch-industriellen Komplexes 202
Die machtpolitische Seite des militärisch-industriellen Komplexes 219
3. Die Herrschaftsformen und -methoden im staatsmonopolistischen Kapitalismus 235
Bürgerliche Demokratie und faschistische 235
Reaktion nach innen – Aggression nach außen 249
Die Militarblöcke NATO und Warschauer Pakt 263
IV. Teil: Staatsmonopolistischer Kapitalismus, Sozialismus und moderner Revisionismus
I. Der staatsmonopolistische Kapitalismus als Vorstufe des Sozialismus und was die Revisionisten daraus machen
1. Lenin, der Begründer der Theorie des staats-monopolistischen Kapitalismus und der revisionistische Verrat an Lenins Lehre 283
2. Die objektiven Bedingungen des Übergangs zum Sozialismus und das Verwirrungsmanöver der DKP 294
3. Der Klassenkampf unter den Bedingungen des staatsmonopolistischen Kapitalismus 304
Reformen und Reaktion – zwei Seiten der „Sozialpolitik“ der Monopole 304
Lohnkostensenkung und Arbeitsproduktivitätssteigerung führen zur verstärkten Ausbeutung 314
Der Klassenkampf und die Labilität des staatsmonopolistischen Kapitalismus 321
4. Die allgemeine Krise des Kapitalismus und die proletarische Revolution 324
Die Entstehung und Entwicklung der allgemeinen Krise des Kapitalismus  324
Die Phasen der allgemeinen Krise des Kapitalismus 326
Die 1. Phase der allgemeinen Krise des Kapitalismus 326
Die 2. Phase der allgemeinen Krise des Kapitalismus 331
Die 3. Phase der allgemeinen Krise des Kapitalismus 332
II. Ideologischer Kampf gegen die Verfälschung der Theorie vom staatsmonopolistischen Kapitalismus
1. Die Theorie von der „modernen Industriegesellschaft“ u. a. (bürgerliche Verschleierung der Klassengesellschaft) 342
Der staatsmonopolistische Kapitalismus im Zerrbild bürgerlicher Ideologien 342
Die Verschleierung des Macht- und Profitstrebens der Monopole 354
Die bürgerlich-ideologische Dunstglocke – ein gefährlicher Smog, der sich gegen den Klassenkampf des Proletariats richtet 359
2. Die Theorie vom „demokratischen Sozialismus“ (reformistische Illusionen von der Evolution der Gesellschaft) 364
Die reformistische Verschleierung des staatsmonopolistischen Kapitalismus mit Hilfe des Godesberger Programms 364
Die Jungsozialisten – ,,linke“ Zutreiber des sozialdemokratischen Betrugs 371
Die Illusion von der Evolution des staatsmonopolistischen Kapitalismus 381
Die ,,neuen Aufgaben des Staates“ im „Orientierungsrahmen ’85“ 386
3. Die Theorie von der „antimonopolistischen Demokratie“ (revisionistische Verfälschung der Machtfrage) 392
Die Gründung der DKP – der offene Ausbruch des revisionistischen Geschwürs 392
Die „44 Thesen des Düsseldorfer Parteitages“ (1971) – ein Frontalangriff auf den Marxismus-Leninismus 396
Von den ,,44 Thesen“ zum „Parteiprogramm der DKP“ des Mannheimer Parteitages (Oktober 1978) 405
III. Der Sozialimperialismus – ein staatsmonopolistischer Kapitalismus neuen Typs
1. Die Restauration des Kapitalismus in der Sowjetunion als negatives Beispiel 415
Die Ersetzung des ökonomischen Grundgesetzes des Sozialismus durch das ökonomische Grundgesetz des Kapitalismus 418
Das Gesetz der Arbeitsproduktivität des Sozialismus wird ersetzt durch das des Kapitalismus 427
2. Der Sozialimperialismus als staatsmonopolistischer Kapitalismus neuen Typs 438
Der Sozialimperialismus und das Selbstbestimmungsrecht der Völker 438
Der Neokolonialismus des Sozialimperialismus 442
Spezialisierung der Produktion in den RGW-Ländern als raffinierte Methode der Ausbeutung durch den Sozialimperialismus 460
Die politische Unterjochung der RGW-Länder durch die Sozialimperialiste 471
3. Der Klassenkampf in der sozialistischen Gesellschaft und die Tradition der bürgerlichen Ideologie 487
Die Entwicklung des Klassenkampfes in China vor der Großen Proletarischen Kulturrevolution 487
Der Kampf zur Überwindung des bürgerlichen Rechts im Sozialismus 496
4. Die Bedeutung der Großen Proletarischen Kulturrevolution in China 507
Durch den ideologischen Kampf die falschen Ansichten besiegen und das sozialistische Bewußtsein wecken und entwickeln 512
Die Politik muß den Vorrang vor der Ökonomie und die Diktatur des Proletariats in allem die Führung haben 512
Die Entwicklung der ökonomischen Basis auf der Grundlage des ideologisch-politischen Kampfes 522

Rezensionen, Studientipps und Briefwechsel

Bei der Untersuchung der Herrschaftsformen und -methoden des Imperialismus, des monopolistischen Kapitalismus, hat Lenin nachgewiesen, daß die monopolistische Bourgeoisie dort, wo sie die politische Macht ausübt, unvermeidlich zwei Methoden der Verteidigung ihrer Herrschaft und der Durchsetzung ihrer Interessen herausbildet, die einander sowohl ablösen als sich auch miteinander verflechten:

„Die erste Methode ist die Methode der Gewalt, die Methode der Verweigerung jeglicher Zugeständnisse an die Arbeiterbewegung, die Methode der Aufrechterhaltung aller alten und überlebten Institutionen, die Methode der unnachgiebigen Ablehnung von Reformen. …

Die zweite Methode ist die Methode des ,Liberalismus‘, der Schritte in der Richtung auf die Entfaltung politischer Rechte, in der Richtung auf Reformen, Zugeständnisse usw.“ (Lenin Werke Bd. 16, S. 356, „Die Differenzen in der europäischen Arbeiterbewegung“) …

Die jeweils durchgeführte Form und Methode der monopolistischen Diktatur ist kein Ausdruck der Zufälligkeit und der Willkür. Die herrschenden imperialistischen Kreise versuchen selbstverständlich einzuschätzen, welche Vorteile ihnen die jeweiligen Herrschaftsformen und -methoden bringen und welche möglichen Gefahren sie enthalten. In der Beurteilung der Frage des Für und Wider der Anwendung dieser oder jener Herrschaftsform und -methode können innerhalb der Monopolbourgeoisie Meinungsverschiedenheiten entstehen. Dabei handelt es sich aber immer um taktische Differenzen, um die Frage des Weges, nie aber um die Frage nach dem Ziel, der Aufrechterhaltung der Herrschaft der Monopolbourgeoisie. …

Wenn das Monopolkapital aufgrund einer tiefgreifenden Wirtschaftskrise, der Zuspitzung der Klassengegensätze und -kämpfe und einer teilweisen Erschütterung seiner Macht die Herrschaft über die Massen mit den Methoden der bürgerlichen Demokratie und des Parlamentarismus nicht mehr ausüben kann, werden die Überreste der bürgerlichen Demokratie beseitigt, und die offene Gewalt wird zum Regierungssystem erhoben.

Dies kann in Form einer Militärdiktatur oder in Form einer faschistischen Diktatur geschehen. …

Während die Militärdiktatur einer kleinen Gruppe von Militärs die Macht ohne eine Massenbasis ausübt, versucht der Faschismus eine breite soziale Massenbasis – hauptsächlich in den kleinbürgerlichen Zwischenschichten – zu erlangen. „Dem Faschismus gelingt es, die Massen zu gewinnen, weil er in demagogischer Weise an ihre brennendsten Nöte und Bedürfnisse appelliert.“ (G. Dimitroff, VII. Weltkongreß, „Ausgewählte Schriften“, Bd. 2, S. 528)

Der Machtantritt des Faschismus vollzieht sich nicht automatisch durch einen Regierungswechsel, er „ist nicht die einfache Ersetzung einer bürgerlichen Regierung durch eine andere, sondern die Ablösung einer Staatsform der Klassenherrschaft der Bourgeoisie, der bürgerlichen Demokratie, durch eine andere, durch die offene terroristische Diktatur.‘‘ (ebenda S. 527)

Kapitalismus in der Sowjetunion

Lieber Willi 23. 3. 82

im vergangenen August fragte eine Genossin des Archivs bei uns an, wie wir zu Mao Tsetungs Aussage von 1940 stehen, die Sowjetunion sei in der Periode des Übergangs vom Sozialismus zum Kommunismus (Ausgewählte Werke Bd. II., S. 404). Wir haben die Anfrage der Genossin am 7. 9. der gesamten Zentralen Leitung und Zentralen Kontrollkommission und auch Dir zur Kenntnis gegeben.

Meiner Meinung nach spricht die Genossin hier eine Sache an, die in der kommunistischen Weltbewegung 1940 unbestritten war. Ausgehend von der Sowjetunion und Stalin wurde die falsche Ansicht vertreten, in der Sowjetunion seien alle dem Proletariat feindlichen Klassen liquidiert. In seinem Referat zur Verabschiedung der neuen Verfassung der UdSSR im November 1936 sagte Stalin, daß die »Klasse der Gutsbesitzer und die alte imperialistische Großbourgeoisie schon in der Periode des Bürgerkriegs liquidiert« worden seien. »In den Jahren des sozialistischen Aufbaus wurden alle ausbeutenden Elemente – Kapitalisten, Kaufleute, Kulaken, Spekulanten – liquidiert. Übriggeblieben waren nur unbedeutende Reste der liquidierten Ausbeuterklassen, deren völlige Liquidierung eine Frage der allernächsten Zeit ist.« (nach: »Geschichte der KPdSU(B), Kurzer Lehrgang«, S. 427) Von dieser Einschätzung ausgehend, stellt Stalin fest: »Damit verankerte die Verfassung die weltgeschichtliche Tatsache, daß die Sowjetunion in eine neue Entwicklungsphase, in die Phase der Vollendung des Aufbaus der sozialistischen Gesellschaft und des allmählichen Übergangs zur kommunistischen Gesellschaft eingetreten ist, in welcher der leitende Grundsatz des gesellschaftlichen Lebens das kommunistische Prinzip sein muß: ›Jeder nach seinen Fähigkeiten, jedem nach seinen Bedürfnissen‹« (ebenda, S. 431) Dem steht allerdings entgegen, was Stalin auf dem XVIII. Parteitag zu den ökonomischen Bedingungen des Übergangs einräumte:

»Nur dann, wenn wir die wichtigsten kapitalistischen Länder ökonomisch überholt haben, können wir darauf rechnen, daß unser Land mit Bedarfsgegenständen vollauf gesättigt sein wird, daß wir einen Überfluß an Produkten haben und die Möglichkeit erhalten werden, den Übergang von der ersten Phase des Kommunismus zu seiner zweiten zu vollziehen.« (Zitiert nach: Revolutionärer Weg 7, S. 74f.)

Im Revolutionären Weg 19 werden dagegen aufgrund der Erfahrungen der kommunistischen Weltbewegung die Schlußfolgerungen für den Übergang von der ersten zur zweiten Phase des Kommunismus, vom Sozialismus zum eigentlichen Kommunismus gezogen:

»Solange es in der Welt noch kapitalistische Länder gibt, ist die Bedrohung des sozialistischen Aufbaus von außen nicht aufgehoben und die Gefahr der Restauration des Kapitalismus durch die Entartung der Bürokratie im Innern des sozialistischen Landes nicht beseitigt. Erst wenn durch die schrittweise durchgeführte proletarische Weltrevolution die Herrschaft des Kapitalismus in der ganzen Welt beseitigt ist, sind die äußeren Bedingungen für den Übergang von der ersten zur zweiten Phase des Kommunismus gegeben. Die inneren Bedingungen liegen in der allmählichen Überwindung des Unterschieds zwischen Stadt und Land (und damit auch zwischen Arbeitern und Bauern) und zwischen der körperlichen und geistigen Arbeit (und damit auch zwischen Arbeitern und Intellektuellen), der Verschmelzung der beiden Eigentumsformen (gesellschaftliches und genossenschaftliches Eigentum verbinden sich zu nur gesellschaftlichem Eigentum), der Schaffung eines Überflusses an Produkten als Grundlage des Übergangs zum Verteilungsprinzip ›Jedem nach seinen Bedürfnissen!‹«. (Revolutionärer Weg 19, S. 504/506)

Meiner Meinung nach handelt es sich hier um einen historisch bedingten Fehler Stalins, der von der gesamten kommunistischen Weltbewegung übernommen wurde. Erst durch die Erfahrungen mit der Restauration des Kapitalismus in der Sowjetunion und die theoretischen Arbeiten Mao Tsetungs zur Frage der Fortdauer des Klassenkampfs im Sozialismus konnte dieser Fehler korrigiert werden.

Es wäre aber falsch, deswegen Stalin oder Mao Tsetung etwas am Zeug zu flicken. Mao Tsetung hat selbst in Theorie und Praxis diesen Fehler korrigiert. Ich glaube nicht, daß dazu extra Stellung genommen werden muß, da die inhaltliche Klarstellung ja eigentlich im Revolutionären Weg 7 und im Revolutionären Weg 19 erfolgt ist.

Was meinst Du?

Rot Front!
i. A. Kl.





Lieber Kl.! 6. 4. 82

Ich hatte die Kopie des Briefes des Archivs wohl bekommen, aber keine Aufforderung, dazu Stellung zu nehmen. Meine Meinung dazu ist die, daß Stalin auf dem XVIII. Parteitag 1939 die Auffassung des unmittelbaren Übergangs von der ersten zur zweiten Phase des Kommunismus in etwa korrigiert hat. Anknüpfend an das von Dir gebrachte Zitat wendet sich Stalin gegen die »Phantastereien, wenn nicht Schlimmeres« der Planzentrale wegen der zu hoch angesetzten Planziffern und erklärt, daß man zur wirtschaftlichen Überholung der kapitalistischen Welt viel Zeit brauche, wörtlich: »Es ist also Zeit erforderlich, und nicht wenig Zeit, um die wichtigsten kapitalistischen Länder ökonomisch zu überholen.«

Stalin versichert, daß die kapitalistischen Elemente in der Sowjetunion liquidiert seien. Das traf im großen ganzen wohl zu, darin liegt nicht der Fehler Stalins, sondern darin, daß er nicht erkannt hatte, daß sich in den Reihen der Partei eine neue Bourgeoisie verbreitete, eines Typs, den es noch nie gegeben hatte. Diese Bourgeoisie neuen Typs entstand durch die kleinbürgerlich entartete Bürokratie, durch Privilegien, Aufhebung des Parteimaximums, damit Freigabe hoher Gehälter, Förderung des Karrieretums, Unterdrückung ehrlicher Kritik von unten, falsche Machtausübung verbunden mit Übergriffen usw.

Nicht die äußeren Wesenszüge der früheren kapitalistischen Elemente waren die Hauptursache, daß der Übergang von der ersten zur zweiten Phase des Kommunismus nicht erfolgen konnte, sondern die inneren Entwicklungstendenzen zur Bildung einer Bourgeoisie neuen Typs. Dazu kommt natürlich die äußere kapitalistische Umwelt, die diesen Prozeß förderte (siehe Revolutionärer Weg 9, XI. Kapitel).

Stalin hat eine solche Entwicklung entweder nicht gesehen oder sie verkannt, und zu dieser Zeit sah sie auch Mao Tsetung nicht. Erst die Tatsache der Restauration des Kapitalismus in der Sowjetunion veranlaßte Mao Tsetung, als Schlußfolgerung die Große Proletarische Kulturrevolution als höchste Form des Klassenkampfs im Sozialismus zu erkennen und im eigenen Land durchzuführen. Der Fehler Stalins und Mao Tsetungs im Jahre 1940 ist ein historisch bedingter Fehler, der aus dem vollkommenen Fehlen jeglicher Erfahrung zwangsläufig entstehen mußte. Erst die Erfahrung macht klug! So ein altes Sprichwort. Erst das Beispiel der Restauration des Kapitalismus in der Sowjetunion erzeugte bei Mao Tsetung die Idee der Großen Proletarischen Kulturrevolution.

Damit hoffe ich, Deinen Brief ausreichend beantwortet zu haben.

Herzlichen Gruß
Willi

Die Frage der Verstaatlichung

Liebe Genossen! 27. 8. 79

Bei der Schulung des Revolutionären Wegs 16 stießen wir im Zusammenhang mit der Frage der Verstaatlichung auf zwei wesentliche Aussagen des Revolutionären Wegs, die uns trotz gemeinsamer Bemühung der Aneignung nicht eingeleuchtet haben beziehungsweise die uns, falls sie richtig sein sollten, nicht genügend begründet erscheinen:

1. »Engels bezeichnete damals, das heißt in der Epoche der freien Konkurrenz, die Verstaatlichung der Großbetriebe als für den Klassenkampf des Proletariats fortschrittlich.« (S. 96)

»Für den Klassenkampf des Proletariats fortschrittlich«, heißt doch wohl: politisch fortschrittlich in dem Sinn, daß die Arbeiterklasse seinerzeit diese Entwicklung hätte fordern, um sie kämpfen sollen.

a) Ist dies geschehen, wie es durch die Formulierung des Revolutionären Wegs (»Losung der Verstaatlichung«, S. 99) nahegelegt wird?

b) Unserer Meinung nach sollte lediglich wie oben auf Seite 94 von einer »ökonomisch-fort­schritt­lichen Entwicklung« in dem Sinn gesprochen werden, daß damit die wirtschaftlichen Voraussetzungen für den Sozialismus heranreiften.

2. Auch für die Situation nach 1945 leuchtet uns die Ansicht vom fortschrittlichen Charakter der Verstaatlichungsforderung der KPD nicht ein. Richtig wird zwar herausgearbeitet, daß die deutschen Monopole entmachtet waren, aber damit ist ja die eigentliche Machtfrage noch nicht beantwortet, wie sie sich unter der Besatzung durch die drei imperialistischen Siegermächte stellte:

– Hatten die USA, England und Frankreich die Staatsmacht in den westlichen Zonen etwa nicht fest im Griff?

– Wie stark war die deutsche kommunistische und Arbeiterbewegung?

– Wie wirkte sich die Anwesenheit der Roten Armee in der Sowjetischen Besatzungszone (SBZ) im Hinblick auf die Machtfrage in den westlichen Zonen aus? Wir sehen den Mangel darin, daß der Revolutionäre Weg das Zusammenwirken dieser Faktoren im Klassenkampf nicht darlegt, dennoch aber die Aussage über den fortschrittlichen Charakter der Verstaatlichungsforderung macht (Übergangsforderung?).

Unserer Meinung nach liegt vom Wesen her eine völlig andere Situation als im Kapitalismus der freien Konkurrenz vor, so daß sich ein Vergleich in dieser Form verbietet.

Bitte klärt diese beiden Fragen, da sie in die heutige Verstaatlichungsdiskussion hineinwirken.

Rot Front!
i.A. Vo.





Liebe Genossen! 17.12.79

Ich habe den Eindruck, daß Ihr an die Frage der Verstaatlichung zu schematisch herangeht. Der Revolutionäre Weg 16 behandelt die theoretische Seite der Frage. Ob und wie diese in der Praxis des Klassenkampfs gelöst werden konnte, ist eine zweite Seite.

Marx hatte bekanntlich in den siebziger Jahren des 19. Jahrhunderts den friedlichen Weg zum Sozialismus für England und Amerika für möglich gehalten (Revolutionärer Weg 2). Die praktische Durchführung ist wohl ausgeblieben, aber das besagt noch nichts über die Richtigkeit oder Nichtrichtigkeit der Einschätzung: Theoretisch war jedenfalls die Möglichkeit gegeben, allerdings eine einmalige Gelegenheit, genau wie entsprechend den Besonderheiten der Februar-Revolution in Rußland (Doppelherrschaft) bis zum 4. Juli, dem Putsch Kornilows.

Was unter bestimmten Bedingungen möglich ist, ist unter anderen Bedingungen unmöglich, beziehungsweise was gestern richtig gewesen sein kann, ist heute falsch, weil sich die Bedingungen verändert haben, ähnlich muß man auch die Frage der Verstaatlichung sehen.

Wir müssen unterscheiden zwischen Verstaatlichung mit oder ohne Herrschaft der Monopole. Die heutigen staatlichen Konzerne sind staatsmonopolistische Unternehmen, die mit den privaten Monopolunternehmen verquickt sind. Das war nicht der Fall, als Engels die Verstaatlichung forderte, das heißt im Kapitalismus der freien Konkurrenz. Auch in Westdeutschland 1945 waren die Monopolkapitalisten ausgeschaltet. Eine Verstaatlichung der Schlüsselindustrien und Großbanken hätte den kapitalistischen Charakter nicht aufgehoben, worauf schon Engels nachdrücklich hinweist (Revolutionärer Weg 16, S. 94/95), aber der Klassenkampf der Arbeiterklasse und ihrer Verbündeten wäre unter diesen Bedingungen leichter durchzuführen gewesen als unter der Herrschaft der Monopole (mehr bürgerlich-demokratische Rechte und Freiheiten). Die westlichen Besatzungsmächte hatten die deutschen Monopole ausgeschaltet, weil sie deren Konkurrenz und Expansion fürchteten. Aber bereits 1946 änderten sie ihre Politik durch die Vorbereitung des Krieges gegen die Sowjetunion. Dazu brauchten sie die deutschen Monopole und schalteten sie darum wieder in die westdeutsche Wirtschaft ein. Das war dann mit dem Betrugsmanöver der »Entflechtung der Monopole« verbunden.

Wäre die Deutschlandpolitik der Alliierten nicht verändert worden, hätte die Möglichkeit der Verstaatlichung der Konzerne bestanden, denn was sollte sonst mit den Großbetrieben, Konzernen und Banken geschehen, wenn die privaten Monopole ausgeschaltet blieben. In Klein- und Mittelbetrieben aufsplittern war nicht möglich. Die Verstaatlichung der Konzernbetriebe und Banken bedeutete allerdings keine »Zwischenstation« zum Sozialismus, denn sie entschied nicht die Machtfrage. Die Besatzungsmächte hätten jeden weiteren Schritt zum Sozialismus unterdrückt. Aber mit der Verstaatlichung wäre eine Erweiterung der bürgerlichdemokratischen Rechte und Freiheiten verbunden gewesen, wogegen im staatsmonopolistischen Kapitalismus die Reaktion vorherrschend ist, auch unter dem Mantel der bürgerlich-demokratischen Herrschaftsform.

Im staatsmonopolistischen Kapitalismus unterstehen auch die staatlichen Konzerne der Verfügungsgewalt der Monopole mittels der »Vereinigung der Riesenmacht der Monopole mit der Riesenmacht des Staates« (Lenin). Unter diesen Bedingungen ist die Forderung nach Verstaatlichung der Konzernbetriebe und Großbanken reaktionär. Auf eine kurze Formel gebracht:

Die Verstaatlichung der Schlüsselindustrien und Großbanken ist fortschrittlich unter den Bedingungen des Kapitalismus der freien Konkurrenz oder des Sonderfalls der Ausschaltung der Monopolkapitalisten aus der Wirtschaft, weil der Klassenkampf der Arbeiterklasse durch Erweiterung der bürgerlich-demokratischen Rechte und Freiheiten erleichtert wird.

Sie ist reaktionär unter den Bedingungen des staatsmonopolistischen Kapitalismus, der Verschmelzung der Organe der Monopole mit denen des Staates, weil die bürgerlich-demokratischen Rechte und Freiheiten immer mehr eingeschränkt werden und der Klassenkampf der Arbeiterklasse immer mehr erschwert und kompliziert wird.

Nach 1945 haben die westlichen imperialistischen Besatzungsmächte alles mögliche versucht, die Entfaltung der bürgerlichdemokratischen Rechte und Freiheiten zu behindern (siehe mein Buch »So war's damals …«), die Durchsetzung konnte nur durch gemeinsames Vorgehen aller Parteien erreicht werden (Block demokratischer Parteien). Dieser gemeinsame Kampf erforderte von den Kommunisten großes taktisches Geschick, verbunden mit Prinzipienfestigkeit. In taktischer Hinsicht unterscheidet sich die Zeit nach 1945 unter den Bedingungen der Besatzungsmacht natürlich von den Bedingungen unter dem Kapitalismus der freien Konkurrenz, aber nicht grundsätzlich, soweit es die Verstaatlichung der Konzernbetriebe und Banken anbelangt; sie bedeutete in beiden Fällen einen Fortschritt für den Klassenkampf der Arbeiterklasse.

Ich hoffe, Eure Fragen ausreichend beantwortet zu haben, weiter würde es nur noch Spekulation sein.

Rot Front!
Willi

Zur Rolle des Bankkapitals

Liebe Genossen! 16.2.79

Obwohl ich den Revolutionären Weg 16–18 für eine wesentliche Untermauerung und Weiterentwicklung unserer Linie ansehe, habe ich folgende Fragen beziehungsweise Kritik:

1. Im Kapitel III,3 des Revolutionären Wegs 17 über die Rolle der Banken vermisse ich eine Darstellung der Verschmelzung von Staat und Bankkapital, wie sie meiner Meinung nach in der Institution der Bundesbank existiert. Der Zentralbankrat der Bundesbank kann zum Beispiel als »gesetzgebender Ausschuß« in Sachen Kreditpolitik bezeichnet werden (bis auf einige Zuständigkeiten des Bundestags und des Bundeswirtschaftsministeriums). Dazu kommt, daß die Präsidenten der Landeszentralbanken auf Vorschlag des Bundesrats und die zehn Direktoren des Zentralbankrats auf Vorschlag der Bundesregierung vom Bundespräsidenten bestellt werden. Soweit ich weiß, sind das alles Leute, die aus dem Bankgeschäft kommen und in der Regel die Interessen der drei Großbanken und bestimmter Monopolgruppen vertreten. Daneben ist die Bundesbank auch noch eine nationale und internationale Abrechnungsstelle für alle Geldgeschäfte.

2. In diesem Zusammenhang fände ich es auch wichtig, darauf einzugehen, wie konkret im staatsmonopolistischen Kapitalismus Krisen hinausgeschoben werden können (zum Beispiel durch die Steuerung des Kreditwesens), und daran zu beweisen, warum diese Maßnahmen die Krise letztlich nicht verhindern können, sondern im Gegenteil verschärfen werden.

3. Auch auf die Bedeutung der Börse im staatsmonopolistischen Kapitalismus sollte meiner Meinung nach eingegangen werden. Sie hat doch nur ihren Charakter geändert und ist nicht verschwunden. Sie ist heute weitgehend Wertpapierbörse und wird durch die Großbanken beherrscht. Dabei läuft die Spekulation nicht mehr offen, sondern als geschlossene Veranstaltung unter Aufsicht eines Staatskommissars, dessen Funktion jedoch häufig auf die Industrie- und Handelskammer übertragen wird.

Außerdem kann die Landeszentralbank bestimmte besondere Vorschriften erlassen. Mit der Umwandlung des Charakters der Börse ist also auch eine gewisse Steuerung der Spekulation im Sinne der Monopole und Großbanken unter Ausnutzung staatlicher Mittel entstanden.

Vielleicht liege ich falsch, aber ich glaube, daß in allen drei Punkten zum Ausdruck kommt, daß Ihr die Bedeutung des Finanzkapitals als Verschmelzung von Industrie- und Bankkapital im staatsmonopolistischen Kapitalismus nicht vollständig darstellt.

Ich würde mich freuen, wenn Ihr auf meine Einwände antworten könntet.

Rot Front!
Be.



Lieber Be.! 18.5.79

Deinen ersten Brief, datiert vom 16. 2. 79, habe ich am 4. 4. 79 erhalten. Da es keine dringende Angelegenheit war, habe ich die Beantwortung zunächst zurückgestellt. Nach Beendigung des Revolutionären Wegs 19 mußte ich den Revolutionären Weg 20 vorbereiten, und außerdem arbeite ich an einem Buch über meine früheren Erlebnisse und Erfahrungen als Funktionär der Arbeiterbewegung. Das alles nimmt meine ganze Kraft in Anspruch, die nach meiner Krankheit im November vorigen Jahres nicht mehr so unerschütterlich ist (nebenbei bin ich 75 Jahre alt geworden).

Der Revolutionäre Weg 16–19 war eine große Anstrengung, weil er das umfassendste Thema behandelt und unzählige Berechnungen und Analysen gemacht werden mußten. Dazu kommt noch, daß das Quellenmaterial keineswegs einheitlich ist, so weichen zum Beispiel Zahlen vom Institut der Deutschen Wirtschaft (Einrichtung der Monopole) von denen des Statistischen Bundesamtes ab. Was nicht sicher war, konnte nicht benutzt werden. Viele Dinge konnten nur gestrafft gebracht werden, trotzdem wurde der vorgesehene Rahmen im Umfang beziehungsweise in Seitenzahlen durchbrochen (fast 900 Seiten). Da mußte vieles noch gekürzt werden, so daß die Kritik nicht nur für das gilt, was Du erwähnst, die Rolle der Banken, sondern auch für anderes, zum Beispiel die Rolle der Justiz (was wir im Revolutionären Weg 20 nachholen werden). Bedenke, man kann über die Rolle der Banken ein dickes Buch schreiben. Nun zu Deinen Fragen.

Punkt l: In der Frage der Verschmelzung von Staat und Bankkapital spielt natürlich die Bundesbank eine große Rolle. Um diese Rolle konkret aufzuzeigen, fehlte uns internes Material. Die Jahresberichte der Deutschen Bundesbank sind zu allgemein, wie es überhaupt schwierig ist, die internen Beziehungen zwischen den Organen der Monopole und des Staates aufzudecken, ohne persönliche Verbindungen zu haben. Die Graphiken, die Du mir geschickt hast, zeigen ja nur das äußere Gerüst der Deutschen Bundesbank. Wenn ich sie gehabt hätte, würde ich sie gebracht haben, um den Aufbau zu zeigen, aber die inneren Beziehungen sind viel komplizierter, weil konspirativ. Wir haben die Rolle des BDI aufgezeigt und die Beziehungen zu den Ministerien; die Banken aber gehören nicht zum BDI, wohl zur BDA. Die Beziehungen der Banken zum BDI sind indirekt oder gehen über die von den Banken kontrollierten Konzerne, sind aber trotzdem äußerst wirkungsvoll. Daß die Banken auch direkte Beziehungen zu Personen im Staatsdienst und selber Vertreter in den Parlamenten und Institutionen haben, ist bekannt. Dabei spielt Korruption eine große Rolle. Das aber konkret nachzuweisen, das steht auf einem anderen Blatt.

Punkt 2: Durch Steuerung des Kreditwesens kann der Staat mit Hilfe der Bundesbank und der Landeszentralbanken regulierend in die Wirtschaft eingreifen. Die Bundesbank kann durch Erhöhung des Diskontsatzes die Kreditkosten erhöhen und dadurch Konjunkturbremsen anlegen, umgekehrt durch Senkung des Diskontsatzes (wie zum Beispiel im letzten Jahr) die Kreditkosten verbilligen (die Zinsen sanken ungefähr um die Hälfte) und konjunkturfördernd wirken. Außerdem kann die Zentralnotenbank die Höhe des Geldumlaufs festlegen, wodurch sie Einfluß auf die Menge der Kredite nehmen kann. Die Landeszentralbanken können durch Ausstellung und Fälligkeit von Wechseln zur Erleichterung oder zur Erschwerung so oder so einwirken.

Das sind aber nur ein Teil der Mittel, um den Krisenausbruch zu verzögern. Wie wir an verschiedenen Stellen dargelegt haben, kann die Regierung unmittelbar regulierend eingreifen: Subventionen, Steuernachlaß auf der einen, Steuererhöhung auf der anderen Seite, Garantieübernahme bei großen Aufträgen, besonders im Ausland, Beteiligungen, Übernahme von Schulden beziehungsweise Bürgschaft usw. Alle diese Mittel haben aber nur begrenzte Wirkung und erzeugen gegenwärtig den Zustand der schwankenden Stagnation.

Punkt 3: Die Börse hat heute nicht mehr die politische Bedeutung wie früher, wo die Börse auf jedes wichtige Ereignis in der Welt empfindlich durch Fallen oder Steigen der Kurse reagierte. Sie ist fast nur noch der Markt, auf dem sich die Kapitalisten gegenseitig das Geld aus der Tasche ziehen oder auch kleinen Leuten, die den Banken das Spekulieren mit Wertpapieren übertragen haben. Die Spekulation, dieser Nervenkitzel, wird von den Großbanken gesteuert, um aus der Dummheit anderer Nutzen zu ziehen. Das Spiel ist gegenüber früher nur noch raffinierter geworden. Es lohnte sich nicht, im Rahmen unseres Themas darauf einzugehen.

Ich danke Dir für Deine Hinweise, und wenn Du irgend etwas Besonderes hast, schreibe mir, aber erwarte nach Möglichkeit keine lange Antwort, denn ich bin wirklich überlastet.

Rot Front!
Willi

Faschismus – Faschisierung

19.3.79

An die Redaktion des Revolutionären Wegs

In einer Grundeinheitsdiskussion über Faschismus und Neofaschismus, zu deren Vorbereitung wir den Revolutionären Weg 18 herangezogen haben, sind wir auf das Problem der Faschisierung gestoßen. Was Faschisierung genau heißt und ob es sinnvoll ist, diesen Begriff zu gebrauchen, konnten wir auch mit Hilfe des Revolutionären Wegs 18 nicht vollständig klären:

Einerseits heißt es im Revolutionären Weg 18, Seite 242, richtig: »Man muß sich davor hüten, jede reaktionäre oder sogar terroristische Maßnahme einer bürgerlichen Regierung als eine faschistische zu bezeichnen …« und auf Seite 247: »… der Faschismus (ist) als eine Form der kapitalistischen Diktatur keinesfalls unvermeidlich. Er ist auch keine geschichtlich notwendige letzte Herrschaftsform des staatsmonopolistischen Kapitalismus.«

Wir sehen nun die Gefahr, daß man mit dem Begriff »Faschisierung« genau diese Unvermeidbarkeit und Notwendigkeit des Faschismus suggeriert, wie das zum Beispiel die KPD/ML und auch der KB tun. Andererseits bezeichnet der Revolutionäre Weg 18 die »Übernahme faschistischer Methoden bei Beibehaltung der bürgerlichen Demokratie«, welche »die Angehörigen der staatlichen Gewaltinstrumente zu einem willfährigen Werkzeug für die staatliche Machtausübung gegen die kämpfende Arbeiterklasse machen« soll (S. 255f.) als Faschisierung. Auch im Rebell 1/78 ist von »Parallelen zwischen deutschem Faschismus und der heutigen Situation« die Rede.

Uns ist nun unklar, ab wann man eine Maßnahme als »Faschisierung« bezeichnen kann und ob es sinnvoll ist, diesen Begriff überhaupt zu verwenden, wenn man vermeiden will, daß der Faschismus als notwendiges nächstes Stadium der Herrschaft erscheint. Wir sind auch der Meinung, daß »Faschisierung« in der Organisation unterschiedlich verstanden und benutzt wird, daß also dieses Problem noch nicht geklärt ist.

Wir hoffen, daß Ihr uns auf diese Anfrage eine klärende Antwort zukommen laßt.

Rot Front!
KSG-Ortsgruppe Kiel





An die KSG-Ortsgruppe Kiel 20. 5. 79

Liebe Genossen!

Euren Brief vom 19. 3. 79 habe ich am 11. 5. erhalten. Wie Ihr wißt, gibt es verschiedene Formen der Herrschaft des Kapitalismus. Die meistgebräuchliche Herrschaftsform ist die bürgerliche Demokratie, das heißt, es wird mehr mit dem Mittel des Betrugs, aber auch mit dem Mittel des Terrors regiert.

Dagegen bedeutet die Herrschaftsform des Faschismus, daß mehr mit dem Mittel des Terrors, aber auch mit dem Mittel des Betrugs regiert wird. Die Bourgeoisie wendet diese Herrschaftsform dann an, wenn der Betrug als Hauptseite nicht mehr die notwendige Wirkung hat und damit zwangsläufig zur Nebenseite wird. Dieser Übergang ist nicht plötzlich, sondern hängt von der Entwicklung des Klassenkampfs ab. Das Proletariat bereitet sich im verschärften Klassenkampf unmittelbar auf die Revolution vor, die Bourgeoisie bereitet sich durch Faschisierung des Staatsapparats und Bildung faschistischer Organisationen auf die Konterrevolution vor.

Das bedeutet, daß bei Zuspitzung des Klassenkampfs und einer Entwicklung zur revolutionären Situation die verschiedenen Methoden der Gewalt, des Terrors und Vorbereitung auf den Bürgerkrieg von Seiten der Polizei, Armee, Justiz und Verwaltung durchgeprobt werden mit dem Ziel der Errichtung der offenen faschistischen Diktatur. Faschismus ist nach Dimitroff »die offene terroristische Diktatur, der reaktionärsten, am meisten chauvinistischen, am meisten imperialistischen Elemente des Finanzkapitals«.

Wenn es sich nur um die terroristische Diktatur handeln würde, könnten diese Aufgaben auch von einer Militärdiktatur übernommen werden, aber diese stützt sich nur auf ihre Bajonette, da sie keine Massenbasis hat. Das ist für die Aufrechterhaltung der Herrschaft der Bourgeoisie dann eine riskante Sache, wenn das ganze Volk geschlossen dagegen ist, wie das jüngste Beispiel im Iran zeigt. Auch die bestgerüstete Armee ist machtlos gegen revolutionäre Volksmassen.

Darin besteht der Unterschied zwischen Militärdiktatur und faschistischer Diktatur: Die faschistische Diktatur besitzt eine Massenbasis, die sie durch eine unglaubliche Demagogie errungen hat. Diese Massenbasis spaltet das werktätige Volk auf. Daraus ist zu schließen, daß auch die Schaffung einer faschistischen Massenbasis zur Faschisierung gehört.

Faschisierung bedeutet die Vorbereitung zur Errichtung der offenen faschistischen Diktatur in einer Situation des verschärften Klassenkampfs, des Übergangs zur konterrevolutionären Diktatur, bedeutet sowohl Erprobung terroristischer Mittel und Methoden als auch Demagogie und skrupellosen Massenbetrug. Diese Vorbereitung kann vorsorglich auf lange Sicht im Rahmen der bürgerlichen Demokratie, aber auch sprunghaft bei einer rapiden Verschärfung des Klassenkampfs erfolgen.

Das heißt nicht, daß es unvermeidlich dazu kommen muß. Um das zu verhindern, muß man erstens einen ständigen ideologischen Kampf in den breiten Massen führen, um den faschistischen Massenbetrug zu durchkreuzen und die faschistische Demagogie zu entlarven, um zu erreichen, daß sich eine faschistische Massenbasis gar nicht erst entfalten kann. Zweitens muß man dem faschistischen Terror offensiv durch Massendemonstrationen und Gegenkundgebungen begegnen, bevor er sich breitmachen kann. So kann eine Faschisierung verhindert werden.

So notwendig letzten Endes die Anwendung von Gewalt – staatlicher und nichtstaatlicher Organisationen – für die Aufrechterhaltung der Klassenherrschaft der Bourgeoisie ist, so ist der Faschismus doch keine geschichtlich notwendige Herrschaftsform der Bourgeoisie. Gelingt es, die Faschisierung zu verhindern, bleibt immer noch die Militärdiktatur. Aber auch diese kann verhindert werden durch Zersetzung der Truppen, denn die Soldaten sind Söhne des Volks und können gegebenenfalls den Gehorsam verweigern und die Waffen gegen ihre faschistischen beziehungsweise reaktionären Offiziere richten sowie den Massen die Waffenarsenale öffnen, wie das im Iran geschehen ist, obwohl es sich hier noch um keine proletarische Revolution handelt.

Ihr geht in der Behandlung des Problems Faschisierung zu schematisch heran: Wann sind bestimmte Maßnahmen Faschisierung und wann nicht? Ihr müßt die Entwicklung als einen Komplex von Prozessen sehen, wobei die Kräfte der Bourgeoisie und des Proletariats aufeinander und gegeneinander einwirken und »wer wen?« noch offensteht.

Rot Front!
Willi

Über die Zahl der Monopole

26.12.78

An das Redaktionskollektiv des Revolutionären Wegs
zu Händen Willi Dickhut

Lieber Willi!

In der Schulung des Revolutionären Wegs 17 ist eine Frage aufgekommen, die wir nicht klären konnten. Ausgangspunkt war die Tabelle 56 (S. 233).

Uns sind die Kriterien, warum in der Differenzierung zwischen monopolistischer und nichtmonopolistischer Industrie die 250 größten Konzerne als monopolistische und der Rest als nichtmonopolistische Industrie bezeichnet wurden, nicht klar.

Vorweg. Uns ist klar, daß es fließende Übergänge gibt. Die Frage ist nicht, ob die 240 oder die 260 größten die monopolistische Gruppe bilden.

Aber. Warum sind es nicht 100 oder 500 oder sonst irgendwas? Im Revolutionären Weg 16 wird ja eingangs der Begriff Monopol charakterisiert. Habt Ihr nun von allen Industriebetrieben, auf welche die dort genannten Kriterien zutreffen, die 250 größten zusammengefaßt? Sind das etwa 250? Oder seid Ihr von den jährlich veröffentlichten Listen über die »x-größten« Firmen in der BRD ausgegangen und habt die 250 größten zusammengenommen? Sind die deutschen Teile ausländischer Monopole eingearbeitet (zum Beispiel Ford, BP …)?

Wir sind Dir dankbar, wenn Du uns das mal näher erläutern kannst.

Die Frage hat deshalb Bedeutung, weil die Aussagen des Revolutionären Wegs 17 über die wirtschaftliche Entwicklung auf der Unterscheidung monopolistische – nichtmonopolistische Industrie aufbauen.

Dies schlägt sich in der Agitation (zum Beispiel 35-Stundenwoche-Broschüre) nieder.

Mit revolutionären Grüßen und den besten Wünschen fürs neue Jahr

Revolutionärer-Weg-Schulungsgruppe des KABD Karlsruhe
i.A. O.





KABD Ortsgruppe Karlsruhe 12. 2. 79
Revolutionärer-Weg-Schulungsgruppe

Liebe Genossen!

Ich bitte um Entschuldigung, daß ich nicht eher antworten konnte, aber das Manuskript für den Revolutionären Weg 19 mußte ich noch einmal überarbeiten und für den Satz redigieren. Nun zu den Fragen in Eurem Brief.

Eine genaue Abgrenzung zwischen der monopolistischen und nichtmonopolistischen Industrie ist nicht möglich. Der Grenzbereich ist nicht nur deshalb fließend, weil die Zahl der Betriebe in diesem Bereich schwankend ist, sondern weil auch Veränderungen vor sich gehen, indem monopolistische Betriebe zu mittelständischen Betrieben absacken und umgekehrt mittelständische Betriebe zu Monopolbetrieben werden. Dazu ein Beispiel: Nixdorf aus Paderborn war vor Jahren ein Mittelbetrieb mit ein paar hundert Arbeitern. Inzwischen ist der Betrieb zum wichtigsten Computerbeziehungsweise Elektronik-Hersteller geworden mit etwa 10000 Beschäftigten. Er verwandelte sich infolge der technischen Entwicklung von einem nichtmonopolistischen Betrieb zu einem monopolistischen.

Lenin ging seinerzeit von 200 Monopolen in Deutschland aus. Wir haben uns die Liste der Firmen (etwa 500) genau angesehen und kommen auf rund 250, denen man Monopolcharakter zusprechen kann. Vergleicht man die Namen dieser Firmen in der jährlichen Aufstellung der letzten zehn Jahre, dann schwimmt eine gewisse Zahl im Grenzbereich von 250, mal ist eine Firma drüber, mal drunter. Man kann eine genaue Analyse von jedem dieser Betriebe nicht machen. Aber das ist auch nicht entscheidend. Eine gewisse Grenze mußte gezogen werden, und die Trennung der nichtmonopolisierten und monopolisierten Betriebe ist bei etwa 250 zutreffend; bei 200 würden eine Reihe Monopolbetriebe nicht erfaßt, bei 300 eine Reihe nichtmonopolisierte Betriebe zu Monopolbetrieben erklärt.

In den Umsatzzahlen der multinationalen Konzerne sind auch die ausländischen Betriebe eingeschlossen, das heißt, es ist der Weltumsatz, nicht der Konzernumsatz (nur inländische Betriebe). Wir haben bei unserer Analyse den Umsatz und nicht die Produktion zugrunde gelegt, weil nur die umgesetzte Produktion eine realisierte Größe ist. Lagerbestände sind eine nichtrealisierte Produktionsmenge, die durch den Verkauf realisiert wird, das heißt, in zirkulierendes Kapital verwandelt wird. Deshalb ist es richtiger, den Umsatz zugrunde zu legen.

Die ausländischen Monopolbetriebe (Ford, Opel, BP usw. ) sind in der Zahl von 250 einbezogen, selbstverständlich nur mit ihrer Produktion in der BRD.

Ich hoffe, damit Eure Fragen ausreichend beantwortet zu haben, und wünsche Euch in der Schulung vollen Erfolg.

Rot Front!
Willi

Staat im staatsmonopolistischen Kapitalismus

19.8.73

Lieber Willi,

ich habe eine Frage zu dem Gewerkschafts-Manuskript. An drei Stellen wird davon gesprochen, daß Staat und Monopole miteinander verschmolzen beziehungsweise verflochten sind.

Davon zu sprechen ist zwar nicht falsch, aber es ist doch nur die halbe Wahrheit. »Verschmelzung« kennzeichnet die formale Seite des staatsmonopolistischen Kapitalismus, der Begriff »Unterordnung« den Inhalt. Stalin hat sich in »Ökonomische Probleme …« gegen den Ausdruck »Zusammenwachsen« gewandt, weil er nur »oberflächlich und beschreibend die Annäherung der Monopole und des Staates« feststellt, nicht aber »den ökonomischen Sinn dieser Annäherung« aufdeckt. Auch in der Grundsatzerklärung haben wir von Unterordnung des Staats unter die Monopole gesprochen.

Die »Stamokap«-Revisionisten stellen die Verschmelzung in Gegensatz zur Unterordnung, die sie leugnen. So versuchen sie, Staat und Monopole als gleichberechtigte Partner darzustellen, die eben verschmelzen, aber deren Verschmelzung man einfach dadurch wieder rückgängig machen könne, daß man den Staat (des Monopolkapitals) erobere und mit ihm die Monopole ausschalte. Die Rote Fahne hat dazu im April und im August Stellung genommen …

Rot Front! Karl

21.8.73

Lieber Karl

Besten Dank für Deinen Brief vom 19. 8. Ich bin einverstanden, wenn wir die »Unterordnung des Staats« noch einschalten. Grundsätzlich ist es jedoch so, daß jede herrschende Klasse sich den Staatsapparat unterordnet, es gibt keinen über den Klassen stehenden Staat. Der Unterschied zwischen dem Kapitalismus der freien Konkurrenz und dem Monopolkapitalismus in der Frage des Staats besteht darin, daß sich die Monopole den Staatsapparat restlos unterordnen. Die Bedeutung des staatsmonopolistischen Kapitalismus liegt darin, daß die Wirtschaft eine Entwicklung genommen hat, die über die Kraft der einzelnen Monopole hinausgeht, und daß der Staatsapparat immer mehr wirtschaftliche Funktionen übernimmt, die mit denen der Monopole verschmolzen sind. Die Revisionisten lehnen neuerdings diesen Prozeß der Verschmelzung des Staatsapparats mit den Monopolen ab (siehe das Buch: »Der staatsmonopolistische Kapitalismus«, S. 75/76). Ich will hier nicht näher darauf eingehen.

Da aber die restlose Unterordnung des Staatsapparats unter die Monopole die Voraussetzung der Verschmelzung von Monopolen und Staatsapparat ist, wollen wir das doch betonen. Ändere darum die Stellen auf Seite 11 in:

»Inzwischen haben die Monopole sich den Staatsapparat restlos untergeordnet und durch Übernahme wirtschaftlicher Funktionen durch die Staatsorgane im Interesse der Monopole sich mit ihm verschmolzen …«

Herzlichen Gruß
Willi

Lieber Karl
25. 8. 73

Ich möchte doch noch mal auf Deinen Brief vom 19. 8. und meine Antwort vom 21. 8. eingehen. Du beziehst Dich ebenso wie die Rote Fahne 4/73 auf ein Stalinzitat. Das ist aber eine dogmatische Übernahme eines Zitats, das wir lieber nicht verwenden sollen:

1. Stalin hat hier keine Definition des »staatsmonopolistischen Kapitalismus« gegeben, sondern am Rande seiner hervorragenden Arbeit »Ökonomische Probleme des Sozialismus« unter dem Eindruck seiner Polemik mit anderen sowjetischen Genossen eine Antwort aus dem Zusammenhang geschrieben, ohne es wissenschaftlich zu begründen. Wir wissen nicht, in welchem Zusammenhang diese Stelle mit den Auffassungen anderer Genossen steht.

2. Stalin hat das Buch 1951 als Kritik zu dem Entwurf eines Lehrbuchs der politischen Ökonomie geschrieben, also zu einer Zeit, als die neue technische Revolution am Anfang stand. Diese hat aber den Prozeß der Verschmelzung der Monopole mit dem Staatsapparat beschleunigt.

3. Stalin stellt die »Unterordnung des Staatsapparats unter die Monopole« in den Vordergrund, das heißt als Hauptseite hin. Das trifft auf den Monopolkapitalismus zu, aber nicht auf den staatsmonopolistischen Kapitalismus. Den Ausdruck erwähnt Stalin auch nicht. Im Kapitalismus der freien Konkurrenz mußten die Kapitalisten die Staatsmacht mit den Feudalherren teilen, weil sie ihre bürgerliche Revolution aus Angst vor dem erwachenden Proletariat nicht zu Ende führten. Beim Übergang zum Monopolkapitalismus ordneten sich die Monopolkapitalisten durch ihre imperialistische Politik den Staatsapparat mehr und mehr unter, in Deutschland noch im Bündnis mit den Junkern (die besondere Aggressivität des deutschen Imperialismus) und nach 1918 immer mehr als Alleinherrschaft. Durch den Übergang des Monopolkapitalismus zum staatsmonopolistischen Kapitalismus wurde die Unterordnung des Staats unter die Monopole vollkommen, sozusagen restlos durchgeführt. Du irrst, wenn Du darin den alleinigen Inhalt des staatsmonopolistischen Kapitalismus siehst und in der »Verschmelzung« nur eine formale Seite, eher umgekehrt.

4. Wenn Stalin in dem Zitat tatsächlich den staatsmonopolistischen Kapitalismus meinen sollte, was nicht daraus hervorgeht, dann stände er im Gegensatz zu Lenin, der bereits 1917 die Verschmelzung der monopolkapitalistischen Gruppe mit dem Staatsapparat als entscheidend herausstellte, »die Vereinigung der Riesenmacht des Kapitalismus mit der Riesenmacht des Staates zu einem einzigen Mechanismus.. .« (Lenin Werke Bd. 24, S. 401).

Die zunehmenden selbständigen Streiks machen es erforderlich, die Herausgabe des Revolutionären Wegs 11 und 12 zu beschleunigen. Überlege bitte mit M., ob das möglich ist.

Herzlichen Gruß
Willi

Übersetzungen