Krise der bürgerlichen Ideologie
Friedrich Nietzsches reaktionäre, völkische Ideologie
Friedrich Nietzsche wurde um die Jahrhundertwende zum 20. Jahrhundert zum „Modephilosophen“ des aufsteigenden deutschen Imperialismus. Auch heute wird Nietzsche in bürgerlichen Medien, insbesondere in Fernsehserien (z.B. „In aller Freundschaft“ - ARD) als „Philosoph schlechthin“ hervorgehoben, der dann von besonders intellektuell erscheinenden Darstellern zitiert wird.
Nietzsche war zu Lebzeiten ein entschiedener Feind von Marx und Engels und der revolutionären Arbeiterbewegung. So charakterisiert ihn Herfried Münkler in einem Interview mit dem Rowohlt-Verlag: „Nietzsche, der die politische Revolution, den Straßen- und Barrikadenkampf, durchgehend ablehnte und in ihm, wie etwa anlässlich der Pariser Commune von 1871, nur eine Bedrohung von Zivilisation und Kultur sah.“ (1) Dies kennzeichnet schon das ultrareaktionäre Wesen seiner politischen und ideologischen Auffassungen.
Marx und Engels haben die Wissenschaft des historischen Materialismus entwickelt und die bewusste Veränderung und Höherentwicklung der Gesellschaft durch die Menschen der jeweiligen Epoche. „Die Philosophen haben die Welt nur verschieden interpretiert, es kommt aber darauf an sie zu verändern!“ (2)
Nietzsche dagegen leugnete jeden Fortschritt der Menschheit und betrachtete auch den Sozialismus als „Nachwirkung der christlichen Lehren“. Er verbreitete eine idealistische Mischung aus Pessimismus, Skeptizismus, Mystizismus, Nihilismus und anderer idealistischer Weltanschauungen. „Ich misstraue allen Systematikern und gehe ihnen aus dem Weg. Der Wille zum System ist ein Mangel an Rechtschaffenheit.“ (3) Zwar kritisierte Nietzsche die bürgerliche Doppelmoral seiner Zeit („Gott ist tot“), aber von einem ultrareaktionären und „völkischen“ Standpunkt aus, vergleichbar mit Richard Wagners völkischer Richtung in der Oper „Die Meistersinger von Nürnberg“. Den Errungenschaften der bürgerlichen Revolution (Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit) setzte er die Lehre des Anti-Humanismus entgegen. Wenn schon die Massen und die Menschheit „zu keinem Fortschritt in der Lage sind“ und in eigener Borniertheit verharren und auch „Gott tot ist“ , dann müssen es einzelne bewirken. So entstand in seiner Schrift mit dem bezeichnenden Titel „Der Wille zur Macht“ die Theorie der Entwicklung des Übermenschen, „...“Schaffende“, die hart und mitleidlos mit anderen und sich selbst sind...“ (4)
Die „Übermenschen“ wurden zu einem späteren Zeitpunkt „Herrenmenschen“ genannt. Die Theorie Nietzsches diente der Rechtfertigung der Ziele des deutschen Imperialismus, insbesondere der Verbrechen des Kolonialismus. In seinem Nachlass von 1884 ging Nietzsche noch einen Schritt weiter: „Jene ungeheure Energie der Größe zu gewinnen, um, durch Züchtung und andererseits durch Vernichtung von Millionen Mißrathener, den zukünftigen Menschen zu gestalten und nicht zu Grunde zu gehen an dem Leid, das man schafft, und dessen Gleichen noch nie da war!“ (5) Gut 50 Jahre später sollte diese verbrecherische Theorie durch den Hitler-Faschismus furchtbare Wirklichkeit werden. Nietzsche war in der Konsequenz einer der ideologischen Wegbereiter des Hitler-Faschismus.
Quellen:
(1) www.rowohlt.de/magazin/im-gespraech/herfriedmuenkler
(2) MEAW Bd.II, S.372
(3) Nietzsche, Götzen-Dämmerung, Sprüche und Pfeile Nr.26 (KSAG, S.62)
(4) Nietzsche, Der Wille zur Macht
(5) Nietzsche, Nachlass-Fragment von 1884