Stefan Engel
Die Maotsetungideen und die Lehre von der Denkweise
Beitrag von Stefan Engel zum internationalen Seminar „100 Jahre Mao Tsetung“ am 6. und 7. November 1993 in Gelsenkirchen
Die beste Würdigung einer revolutionären Persönlichkeit ist die konsequente Fortsetzung seines Lebenswerkes.
Heutzutage begegnen wir in der internationalen revolutionären Bewegung vor allem zwei Methoden der Herabsetzung der Bedeutung Mao Tsetungs:
Die eine besteht darin, seine epochemachenden Ideen nur bezogen auf die neudemokratische Revolution, höchstens noch auf die Anfänge des sozialistischen Aufbaus in China anzuerkennen. Damit wird aber zugleich ihre Allgemeingültigkeit bestritten. Dieser Methode bedient sich heute vor allem die revisionistische Führung in der VR China um Deng Xiaoping und seine Anhänger. Ihr einziger Zweck ist die Täuschung der Massen, um nicht offen in Gegensatz zu Mao Tsetung zu geraten, während sie mit der Restauration des Kapitalismus und dem Ausverkauf der VR China sein Lebenswerk grundlegend zerstören.
Die andere Methode ist die schematische, dogmatische Übertragung der konkreten Strategie und Taktik, der konkreten Mittel und Methoden, der konkreten Formen der chinesischen Revolution auf die Verhältnisse jedweden Landes ohne Berücksichtigung der besonderen sozialen, geographischen und historischen Besonderheiten.
Diese Methode wird vor allem von den »Ultralinken« in der revolutionären Bewegung angewandt. Durch ultralinke Phrasendrescherei, Dogmatismus, Abenteurertum und Sektierertum schaden sie nicht weniger dem Ansehen Mao Tsetungs als die Revisionisten, Auch sie können die Allgemeingültigkeit der Maotsetungideen nicht begreifen, weil man diese nur in den Besonderheiten der jeweiligen gesellschaftlichen Verhältnisse auffinden kann.
Für die Marxisten-Leninisten besteht deshalb am 100. Geburtstag Mao Tsetungs die vordringlichste Aufgabe, die Maotsetungideen sowohl gegen ihr revisionistisches als auch gegen ihr ultralinkes Zerrbild zu verteidigen, sich die allgemeingültigen Ideen Mao Tsetungs kritisch und selbstkritisch zu eigen zu machen und sie schöpferisch auf die konkrete Praxis des Klassenkampfs anzuwenden. Das bedeutet nichts anderes, als unser Denken, Fühlen und Handeln in Einklang mit dem Entwicklungsgang der objektiven Wirklichkeit zu bringen.
Um die Allgemeingültigkeit seiner revolutionären Ideen zu begreifen, hat uns Mao Tsetung selbst die einzig zuverlässige Methode gewiesen:
»Zur Beurteilung der Dinge muß man von ihrem Wesen ausgehen, ihre äußeren Erscheinungen dagegen darf man nur als Wegweiser betrachten, der zu einer Pforte fuhrt. Ist man durch diese Pforte eingetreten, dann muß man das Wesen der Frage erfassen. Eben das ist die zuverlässige, wissenschaftliche Methode der Analyse.« (Mao Tsetung, Ausgewählte Werke, Bd. I, S. 136)
Damit die Maotsetungideen in Gegenwart und Zukunft für die internationale marxistisch-leninistische und Arbeiterbewegung nutzbar gemacht werden können, muß man ihr Wesen begreifen.
Mao Tsetung und der ideologische Kampf vom Standpunkt der proletarischen Weltanschauung aus
Ein kennzeichnendes Merkmal, das sich wie ein roter Faden durch alle Schriften und Aussagen Mao Tsetungs zieht, ist sein unermüdlicher ideologischer Kampf gegen alle unmarxistischen Auffassungen und Theorien.
Naturgemäß ist die bürgerliche Weltanschauung in einer bürgerlichen Gesellschaft am meisten ausgeprägt. Sie drängt sich der Arbeiterklasse und der Masse der werktätigen Bevölkerung spontan am meisten auf. Es entspricht deshalb der grundlegenden Auffassung Mao Tsetungs, daß sich die richtigen Ideen nur im ideologischen Kampf durchsetzen können:
»Wir sind für einen aktiven ideologischen Kampf, denn er ist die Waffe, mit der wir die Einheit innerhalb der Partei und innerhalb der revolutionären Organisationen im Interesse unseres Kampfes herbeiführen. Jeder Kommunist und jeder Revolutionär muß zu dieser Waffe greifen.« (Mao Tsetung, Ausgewählte Werke, Bd. II, S. 27)
Der ideologische Kampf ist die grundlegende Methode Mao Tsetungs, alle Fragen der Strategie und Taktik, der konkreten Analyse der objektiven Wirklichkeit oder auch in der innerparteilichen Auseinandersetzung mit der proletarischen Weltanschauung zu durchdringen. Dazu heißt es in einem Artikel der »Roten Fahne« (»Hong-qui«) Nr. 5/64:
»Das Schlüsselproblem einer guten ideologischen Arbeit besteht darin, daß das Denken der Funktionäre immer revolutionär bleibt, mit anderen Worten, das marxistisch-leninistische Niveau der Funktionäre gehoben wird. Das ist deshalb wichtig, weil die Verbreitung der revolutionären Ideen unter den Massen und die Verstärkung der ideologischen Anleitung durch die Funktionäre durchgeführt werden muß. Eine ununterbrochene Revolutionierung der Denkweise der Funktionäre und eine konsequente Verbesserung des Arbeitsstils der Führung und der Leitungstätigkeit ist eine unentbehrliche Voraussetzung für die ununterbrochene Revolutionierung der Massen.« (zitiert nach »Peking Rundschau« vom 22. 9.1964)
Die drei grundlegenden Bestandteile des Marxismus bestehen bekanntlich in der Politischen Ökonomie mit der Lehre vom Mehrwert als Kern, in der proletarischen Strategie und Taktik als Lehre vom Klassenkampf und in der proletarischen Weltanschauung des dialektischen und historischen Materialismus.
Diese drei Bestandteile bilden eine dialektische Einheit, in der die eine oder andere Seite jeweils im Vordergrund steht. Die Vernachlässigung oder Ignorierung auch nur einer dieser grundlegenden Seiten führt unweigerlich dazu, daß man den Marxismus-Leninismus nicht in seinem ganzen Wesen begreifen, geschweige denn schöpferisch auf den Klassenkampf anwenden kann.
Während sich in der alten kommunistischen Bewegung vor 1956 eine Tendenz zur Vernachlässigung des ideologischen Kampfes herausgebildet hatte, hat Mao Tsetung der proletarischen Weltanschauung wieder zu ihrem festen Platz in der Theorie und Praxis des revolutionären Proletariats verholfen. Er knüpfte an Lenins Auffassung an über die ausschlaggebende Rolle, die der ideologische Kampf unter bestimmten historischen Bedingungen spielt. Zur Bedeutung der »politisch-kulturellen Aufklärung« führte er aus:
»Wir leben in der historischen Zeit des Kampfes gegen die Weltbourgeoisie, die viel, viel stärker ist als wir. In dieser Zeit des Kampfes müssen wir den revolutionären Aufbau verteidigen und den Kampf gegen die Bourgeoisie auch mit militärischen Mitteln, noch mehr aber mit geistigen Waffen, durch Erziehung, führen, damit die Gewohnheiten, Gepflogenheiten und Überzeugungen, die sich die Arbeiterklasse während vieler Jahrzehnte im Kampf um die politische Freiheit angeeignet hat, damit die ganze Summe dieser Gewohnheiten, Gepflogenheiten und Ideen zu einem Werkzeug der Erziehung aller Werktätigen werde.« (Lenin, Werke, Bd. 31, S. 359 – Hervorhebung durch S. E.)
Stalin hat die Bedeutung des ideologischen Kampfes zwar theoretisch anerkannt, doch in der Praxis den Kampf gegen die Träger der kleinbürgerlichen Denkweise in der sozialistischen Gesellschaft, im Staatsapparat und in der Partei vernachlässigt. Das war der erste Hauptfehler der KPdSU unter der Führung Stalins. Der zweite Hauptfehler lag in dem Verzicht auf die Mobilisierung der breiten Volksmassen gegen die entarteten Vertreter der Bürokratie.
Mao Tsetung hat vor allem diese Schwächen Stalins korrigiert und die proletarische Weltanschauung bei der Lösung komplizierter neuer Fragen besonders betont. Sie ist ihm stets das »Teleskop und Mikroskop«, um die feinsten Mechanismen in der Entwicklung der menschlichen Gesellschaft und im menschlichen Denken zu durchschauen und seine äußerst differenzierten Schlußfolgerungen daraus zu entwickeln. Je komplizierter die zu lösenden Probleme, desto tiefer muß man in die proletarische Weltanschauung eindringen, ihre Theorie, Praxis und Methode beherrschen!
Mao Tsetungs wissenschaftliche Methode
Der gesamte Weltenlauf – die Natur, die Gesellschaft, das menschliche Denken – ist nichts anderes als ein unendlicher dialektischer Prozeß. Deshalb ist es, über die konkreten und vereinzelten Erscheinungen der objektiven Wirklichkeit hinaus, die wir mit Hilfe unserer Sinnesorgane unmittelbar erfassen können, nur mit Hilfe der dialektisch-materialistischen Methode möglich, bis zu ihrem konkreten Wesen vorzudringen. Das verstand Mao Tsetung meisterhaft:
»Zur vollständigen Widerspiegelung eines Dings in seiner Totalität, zur Widerspiegelung seines Wesens und seiner inneren Gesetzmäßigkeit muß man durch den Denkprozeß mannigfaltige Sinnesangaben verarbeiten, d. h. die Spreu vom Weizen sondern, das Falsche ausmerzen und das Wahre behalten, von einem zum anderen fortschreiten, von der Oberfläche in den Kern eindringen und dadurch ein System von Begriffen und Theorien schaffen – muß man den Sprung von der sinnlichen Erkenntnis zur rationalen Erkenntnis tun. Die so bearbeitete Erkenntnis ist nicht ärmer, nicht unzuverlässiger. Im Gegenteil, alles, was im Erkenntnisprozeß auf der Grundlage der Praxis wissenschaftlich verarbeitet worden ist, spiegelt – wie Lenin sagt – die objektiven Dinge tiefer, richtiger und vollständiger wider.« (Mao Tsetung, Ausgewählte Werke, Bd. I, S. 357)
Als die MLPD die Hamburger Senatswahlen vom September 1993 auswertete, war es besonders wichtig, die Wahlergebnisse für die Beurteilung des Bewußtseins der Massen nicht überzubewerten.
Zum einen sind bürgerliche Wahlen im Zeitalter des staatsmonopolistischen Kapitalismus niemals mehr als nur ein relativer Gradmesser für das Bewußtsein der Massen. Dafür sorgen die institutionalisierten Wahlbehinderungen in der sogenannten »wehrhaften Demokratie« der Bundesrepublik Deutschland, die sich vor allem gegen revolutionäre Parteien richten. Dafür sorgt auch die vollständige Beherrschung der modernen Massenmedien durch die Monopolparteien, über die aber zu 95 Prozent der Wahlkampf entschieden wird. Dafür sorgt nicht zuletzt der enge bürgerlich-parlamentarische Rahmen mit seinen eingeengten Ausdrucksmöglichkeiten, was es unmöglich macht, eine Stimmung der Massen realistisch zum Ausdruck zu bringen, die sich gegen das System der Diktatur der Monopole und ihrer Parteien wendet.
Zum anderen haben sich in den Streiks und Demonstrationen, in den verschiedensten Formen des aktiven Volkswiderstands und des massenhaften Protestes inzwischen eine Reihe weit bedeutenderer Ausdrucksformen herausgebildet, als es Wahlkämpfe und Wahlergebnisse jemals vermögen.
Um also ein realistisches Bild von der Entwicklung des Bewußtseins der Massen zu bekommen, konnten uns die Wahlergebnisse nur sehr oberflächliche Erkenntnisse liefern. Erst die Analyse aller Seiten der Entwicklung des Bewußtseins der Massen, die negativen wie die positiven, die hervorstechenden wie die verborgenen, die grundlegenden wie die konkreten, die theoretischen und die praktischen, die fortschrittlichen wie die reaktionären, die objektiven wie die subjektiven, konnten uns zu der Einschätzung verhelfen, daß sich in der Stimmung der Massen beschleunigt ein tiefgreifender Umschwung vorbereitet, der die langandauernde Etappe der relativen Ruhe im Klassenkampf ablösen wird.
Der Prozeß von der sinnlichen Wahrnehmung der Dinge hin zu ihrer rationalen Verarbeitung mit Hilfe der dialektisch-materialistischen Methode spiegelt die objektiven Dinge und Prozesse »tiefer, richtiger und vollständiger wider«.
Solange in der revolutionären Praxis nur relativ bekannte Fragen auftreten, kann man diese gewöhnlich auch mit einer Fülle praktischer Erfahrungen und herkömmlicher Methoden lösen. Neue Erscheinungen und wesentliche Veränderungen in der Situation erfordern jedoch die Fähigkeit, mit Hilfe der dialektisch-materialistischen Methode sein Denken und Handeln in Übereinstimmung mit der neuen Wirklichkeit zu bringen.
Deshalb forderte Mao Tsetung:
»Was die Bewegung der Gesellschaft betrifft, so müssen es wahre revolutionäre Führer nicht nur verstehen, die etwaigen Fehler in ihren Ideen, Theorien, Plänen oder Projekten zu korrigieren sondern sie müssen es auch verstehen, ihre eigene subjektive Erkenntnis sowie die subjektive Erkenntnis aller an der Revolution Beteiligten entsprechend vorwärtszubringen und umzustellen, wenn ein bestimmter objektiver Prozeß von einer bestimmten Entwicklungsstufe zu einer anderen fortgeschritten ist und sich umgewandelt hat; das heißt sie müssen es erreichen, daß die gestellten neuen revolutionären Aufgaben und neuen Arbeitsprojekte mit der neuen Veränderung der Lage übereinstimmen.« (Mao Tsetung, Ausgewählte Werke, Bd. I, S. 361)
Das gilt um so mehr, wenn es sich um revolutionäre Umwälzungen handelt.
»In einer revolutionären Periode ändert sich die Lage sehr schnell, und wenn die Erkenntnis der Revolutionäre mit diesen raschen Veränderungen nicht Schritt hält, werden sie die Revolution nicht zum Sieg führen können.« (Mao Tsetung, Ausgewählte Werke, Bd. I, S. 361)
In solchen Situationen ist der Dogmatismus besonders gefährlich, weil ihm allgemein die Fähigkeit fehlt, flexibel in jeder konkreten Wendung des Klassenkampfs die neuen Aufgaben der Revolutionäre zu begreifen. So erkannten verschiedene Genossen in der MLPD nicht, daß heute, wo die kleinbürgerliche Bewegung in der Krise steckt, wo die erwachende Arbeiterbewegung zur dominierenden Kraft in der gesellschaftlichen Massenbewegung geworden ist und der proletarische Charakter der Partei außer Gefahr ist, es nicht richtig sein kann, sich von der Bewegung der kleinbürgerlichen Intellektuellen und ihren Aktivitäten und Organisationen in erster Linie abzugrenzen. Vielmehr ist die Zeit herangereift, alles zu tun, die Bündnisvorbereitung unter den kleinbürgerlichen Zwischenschichten zu forcieren und wirklich zu einer proletarischen Partei der Massen zu werden. Diese Genossen verstanden die neue Situation nicht und hielten dogmatisch an einer Aufgabenstellung fest, wie sie vor allem in den siebziger Jahren bestand. Damals lag die Hauptgefahr für die junge Arbeiterbewegung und für den Neuaufbau der revolutionären Partei in der zerstörerischen Wirkung einer Überwucherung durch kleinbürgerliche Intellektuelle. Mao Tsetung geißelte die Methode der Dogmatiker:
»Unsere Dogmatiker sind faule Kerle, die jede mühselige Forschungsarbeit an konkreten Dingen ablehnen; sie betrachten die allgemeinen Wahrheiten als etwas vom Himmel Gefallenes, verwandeln sie in unfaßbare, rein abstrakte Formeln, negieren total die normale Reihenfolge der Erkenntnis der Wahrheit durch den Menschen und stellen sie auf den Kopf.« (Mao Tsetung, Ausgewählte Werke, Bd. I, S. 377)
Den Kern der proletarischen Weltanschauung muß sich jeder Kader zu eigen machen
Der Kern der proletarischen Weltanschauung ist die proletarische Denkweise, ist die dialektische Methode zur Verbindung der marxistisch-leninistischen Theorie mit der konkreten Praxis des Klassenkampfs.
Mao Tsetungs Anliegen war es, daß sich nicht nur die führenden Kader diesen Kern der proletarischen Weltanschauung zu eigen machen, sondern sich die proletarische Denk- und Arbeitsweise in der gesamten Parteiarbeit durchsetzt. Die Betonung des ideologischen Kampfs durch alle Kader und Mitglieder der Partei verband Mao Tsetung damit, ihnen die dialektisch-materialistische Methode zu vermitteln. Dazu schrieb er bereits 1937 seine beiden philosophischen Hauptschriften »Über die Praxis« und »Über den Widerspruch«. Sie bilden eine hervorragende Anleitung für die Beherrschung der dialektisch-materialistischen Methode zur Aneignung und Umsetzung der marxistisch-leninistischen Theorie in die konkrete Praxis des Klassenkampfs. Sie bilden auch eine allgemeine Leitlinie für die Heranbildung von Kadern und der von ihnen verlangten Fähigkeiten und Eigenschaften.
Um Partei der Massen zu werden, muß es der MLPD gelingen, in den nächsten Jahren Tausende von Kadern zu entwickeln,
1. die das Wesen des Marxismus-Leninismus und der ideologisch-politischen Linie der MLPD begreifen können;
2. die die Fähigkeit besitzen, die dialektisch-materialistische Methode selbständig auf jede Frage anzuwenden und deshalb fachlich wie politisch in der Lage sind, ihre besondere Funktion und Aufgabe mit hoher Qualität zu meistern;
3. die eine politische Weitsicht besitzen, die es ihnen erlaubt, jedes Problem nicht nur bis in die Tiefe, sondern auch in die Perspektive seiner künftigen Entwicklung zu durchdenken und entsprechende Schlüsse daraus zu ziehen;
4. die über die notwendige Stählung verfügen und vor keiner Schwierigkeit zurückschrecken, die notwendige Opferbereitschaft besitzen, alles für den Parteiaufbau und den Klassenkampf zu tun;
5. die sich tiefgehend mit dem Denken, Fühlen und Handeln der Massen verbinden und frei sind von Selbstsucht und Geltungsdrang, Überheblichkeit und Arroganz, Trägheit und Passivität, Starrheit und Sektierertum.
Literatur und Kunst als Methode der Erziehung der Massen
Die Hebung des allgemeinen Kulturniveaus war in einem halbfeudalen und halbkolonialen Land wie China, wo der Analphabetismus eine besondere Verbreitung hatte, von besonderer Bedeutung: Ohne Hebung des allgemeinen Kulturniveaus kein erfolgreicher revolutionärer Befreiungskampf! Die dazu notwendige Literatur und Kunst müssen jedoch dem Klasseninteresse des Proletariats dienen. Dazu führt Mao Tsetung bei einer »Aussprache in Yenan über Literatur und Kunst« aus:
»In der Welt von heute ist jede Kultur, jede Literatur und Kunst einer bestimmten Klasse zugehörig, einer bestimmten politischen Linie verpflichtet. Eine Kunst um der Kunst willen, eine über den Klassen stehende Kunst, eine Kunst, die neben der Politik einherginge oder unabhängig von ihr wäre, gibt es in Wirklichkeit nicht. Die proletarische Literatur und Kunst sind ein Teil der gesamten revolutionären Sache des Proletariats oder, wie Lenin sagte, ›Rädchen und Schräubchen‹ des Gesamtmechanismus der Revolution. Deshalb nimmt die Parteiarbeit auf dem Gebiet der Literatur und Kunst einen bestimmten, ihr präzise zugewiesenen Platz in der gesamten revolutionären Tätigkeit der Partei ein; sie ist den revolutionären Aufgaben untergeordnet, die von der Partei für die betreffende Periode der Revolution festgelegt worden sind. Das abzulehnen heißt unweigerlich auf einen Dualismus oder Pluralismus abgleiten, läuft dem Wesen nach auf die trotzkistische Formel hinaus: ›Politik – marxistisch, Kunst – bürgerliche‹«. (Mao Tsetung, Ausgewählte Werke, Bd. III, S. 95)
Damit sich die Massen die proletarische Weltanschauung auch tiefgehend zu eigen machen können, kämpfte Mao Tsetung unermüdlich dafür, daß die proletarische Kultur die breiten Massen erreicht. Das gilt natürlich auch für die entscheidende Seite der Kultur, die proletarische Ideologie.
»Da unsere Literatur und Kunst«, sagte Mao Tsetung, »grundsätzlich den Arbeitern, Bauern und Soldaten dienen sollen, bedeutet Popularisierung, sie unter diesen Menschen zu verbreiten, während Hebung des Niveaus bedeutet, von deren Niveau aus emporzusteigen … Wir dürfen nur das popularisieren, was die Arbeiter, Bauern und Soldaten selbst brauchen und was von ihnen bereitwillig aufgenommen wird. Deshalb kommt vor der Aufgabe, die Arbeiter, Bauern und Soldaten zu erziehen, die Aufgabe, von ihnen zu lernen. Das alles gilt noch mehr für die Hebung des Niveaus. Dafür muß es eine Basis geben.« (Mao Tsetung, Ausgewählte Werke, Bd. III, S. 88)
Die Literatur und Kunst sind eine Form des ideologischen Kampfes. Sie sind eine grundlegende Methode, die proletarische Denkweise unter den breiten Massen zu verankern.
Mao Tsetungs Kampf gegen die bürgerliche und kleinbürgerliche Denkweise innerhalb der Partei
Um die proletarische Denk- und Arbeitsweise in der Partei durchzusetzen, führte Mao Tsetung einen intensiven Kampf gegen alle Erscheinungen der kleinbürgerlichen und bürgerlichen Denk- und Arbeitsweise in der Partei. Um dafür das notwendige Klima in der Partei herzustellen, mußte er sich mit der wichtigsten kleinbürgerlichen Tendenz, dem Liberalismus, auseinandersetzen.
»Der Liberalismus aber verzichtet auf den ideologischen Kampf und tritt für einen prinzipienlosen Frieden ein; das Ergebnis sind ein modriges, spießbürgerliches Verhalten und die politische Entartung gewisser Einheiten und Mitglieder der Partei und der revolutionären Organisationen.« (Mao Tsetung, Ausgewählte Werke, Bd. II, S. 27)
Zwanzig Jahre später in der Sowjetunion unter Chruschtschow sollte sich beweisen, daß die Vernachlässigung des ideologischen Kampfs nicht nur zur politischen Entartung einzelner Mitglieder und Parteieinheiten, sondern sogar zur Entartung der gesamten Partei und infolgedessen zur Zerstörung des Sozialismus führen kann.
Als die wichtigsten Erscheinungsformen des Liberalismus schälte Mao Tsetung damals elf heraus:
1. Verzicht auf prinzipielle Kritik und Selbstkritik.
2. Verantwortungslose Schwätzerei hinter dem Rücken anderer statt offener Kritik.
3. Um die eigene Haut besorgt sein und opportunistisches Verhalten.
4. Die eigene Meinung über alles stellen.
5. Andere persönlich angreifen, statt die sachliche Auseinandersetzung in den Mittelpunkt zu rücken.
6. Gegen falsche Ansichten nichts unternehmen, sie gewähren lassen.
7. Sich so verhalten, als wäre ein Marxist-Leninist ein x-beliebiger Bürger.
8. Sich gegenüber Verletzungen der Interessen der Massen gleichgültig verhalten.
9. Statt gewissenhaft zu arbeiten, alles formell und oberflächlich erledigen.
10. Auf sein Veteranentum pochen, statt beständig an sich zu arbeiten.
11. Fehler nicht korrigieren.
Mao Tsetung wies nach, daß der Liberalismus die Reihen der Partei zersetzt und jeden wirklichen Fortschritt hemmt. Vor allem aber zieht er die Entfremdung zwischen Partei und Massen nach sich:
»In revolutionären Kollektiven ist der Liberalismus äußerst schädlich. Er ist ein Ätzmittel, das die Einheit anfrißt, den Zusammenhalt lockert, Passivität in der Arbeit sowie Zwistigkeiten hervorruft. Er raubt den revolutionären Reihen die straffe Organisation und Disziplin, verhindert die gründliche Durchführung der politischen Richtlinien und führt eine Entfremdung zwischen der Parteiorganisation und den von ihr geführten Massen herbei.« (Mao Tsetung, Ausgewählte Werke, Bd. II, S. 29)
Daraus geht umgekehrt hervor, daß der ideologische Kampf, die unermüdliche Überzeugungsarbeit, der entscheidende Garant für die immer tiefere Verbindung von Partei und Massen ist. Der ideologische Kampf um das Denken, Fühlen und Handeln der Massen ist das Wesen der systematischen Kleinarbeit der Partei. Diese systematische Kleinarbeit ist die ausschlaggebende Methode, Partei der Massen zu werden. Da der Liberalismus den Verzicht auf den ideologischen Kampf bedeutet, ist er auch ein entscheidendes Hemmnis auf dem Weg zur Partei der Massen. Mao Tsetung verweist materialistisch auf die sozialökonomische Wurzel jeder Idee.
»In der Klassengesellschaft lebt jeder Mensch in einer bestimmten Klassenlage, und es gibt keine Ideen, die nicht den Stempel einer Klasse trügen.« (Mao Tsetung, Ausgewählte Werke, Bd. I, S. 348)
Der Liberalismus ist eine Erscheinungsform der kleinbürgerlichen Denkweise.
»Der Liberalismus hat seinen Ursprung in der Selbstsucht des Kleinbürgertums, die das persönliche Interesse an die erste und das der Revolution an die zweite Stelle setzt, wodurch ein Liberalismus auf ideologischem, politischem und organisatorischem Gebiet entsteht.« (Mao Tsetung, Ausgewählte Werke, Bd. II, S. 29)
In seinem beständigen Kampf zur Durchsetzung der proletarischen Denk- und Arbeitsweise enthüllte Mao Tsetung noch eine ganze Reihe weiterer Erscheinungen der kleinbürgerlichen Denkweise:
Dogmatismus, Parteischematismus, die Selbstgerechtigkeit und Selbstzufriedenheit, das Buchwissen, die Passivität und die Lässigkeit, die Bestechlichkeit und den Geltungsdrang, die Prinzipienlosigkeit und die Starrheit, hochmütige Allüren, eine Exklusivität, das Veteranentum, das Sektierertum, die Disziplinlosigkeit, den subjektivistischen Arbeitsstil, intellektuelle Eitelkeit und Arroganz, Empirismus, Ultrademokratismus und Ultrazentralismus, Fanatismus, Massenfeindlichkeit, Formalismus, Bürokratismus, Lobhudelei, Egoismus usw.
All diese Erscheinungen der kleinbürgerlichen Denk- und Arbeitsweise haben gemeinsam, daß sie eine Trennung der marxistisch-leninistischen Theorie von der revolutionären Praxis bedeuten. Damit ist das Wesen der kleinbürgerlichen Denkweise die metaphysische Methode, die Trennung von Theorie und Praxis.
Die Erscheinungsformen der kleinbürgerlichen Denkweise widerspiegeln den Charakter des Kleinbürgertums in der Gesellschaft. Der Begriff »kleinbürgerlich« bedeutet keine Herabsetzung von Genossen kleinbürgerlicher Klassenlage oder Herkunft, sondern ist eine wissenschaftliche Kategorie, ohne die der ideologische Kampf nicht zielgerichtet geführt werden kann.
Im allgemeinen ist das Kleinbürgertum in der kapitalistischen Gesellschaft, vor allem auf der Entwicklungsstufe des staatsmonopolistischen Kapitalismus, keine einheitliche Klasse oder Schicht mehr. Zu ihr gehören Selbständige, Kleinproduzenten, die selbständige und abhängige Intelligenz, die Masse der Beamten, die kleinen und mittleren Bauern usw. Kennzeichnend ist ihr schwankender Charakter.
»In einer fortgeschrittenen Gesellschaft«, schreibt Karl Marx bezugnehmend auf den Kapitalismus, »und durch den Zwang seiner Lage wird der Kleinbürger einesteils Sozialist, anderenteils Ökonom, d. h., er ist geblendet von der Herrlichkeit der großen Bourgeoisie und hat Mitgefühl für die Leiden des Volkes … Ein solcher Kleinbürger vergöttlicht den Widerspruch, weil der Widerspruch der Kern seines Wesens ist. Er selber ist bloß der soziale Widerspruch in Aktion. Er muß durch die Theorie rechtfertigen, was er in der Praxis ist …« (Marx/Engels, Werke, Bd. 4, S. 557)
Für den ideologischen Kampf in der Partei ist die sachliche Beurteilung der Rolle der kleinbürgerlichen Intelligenz am wichtigsten. Diese neigt am ehesten dazu, ihre kleinbürgerlichen Ansichten in eine Theorie zu fassen. Deshalb wird es in jeder revolutionären Bewegung darauf ankommen, besonders gegenüber der kleinbürgerlichen Intelligenz wachsam zu sein. Lenin wies darauf hin:
»Niemand wird zu leugnen wagen, daß die Intelligenz als besondere Schicht der modernen kapitalistischen Gesellschaft im großen und ganzen gerade durch den Individualismus und die Unfähigkeit zur Disziplin und Organisation gekennzeichnet ist (…); hierdurch unterscheidet sich diese Gesellschaftsschicht unter anderm ungünstig vom Proletariat; darin liegt eine der Erklärungen für die Schwächlichkeit und Wankelmütigkeit der Intelligenz, eine Eigenschaft, die das Proletariat so oft zu spüren bekommt; und diese Eigenschaft der Intelligenz steht in unlöslichem Zusammenhang mit ihren gewöhnlichen Lebensbedingungen und ihren Erwerbsverhältnissen, die sich in sehr vielem den Verhältnissen der kleinbürgerlichen Existenz nähern …« (Lenin, Werke, Bd. 7, S. 266-267)
Mao Tsetung entdeckt die Gesetzmäßigkeit des Kampfes zweier Linien
Mao Tsetung betont:
»Gäbe es in der Partei keine Widersprüche und keinen ideologischen Kampf zur Lösung dieser Widersprüche, dann würde das Leben der Partei aufhören.« (Mao Tsetung, »Über den Widerspruch«, Ausgewählte Werke, Bd. I, S. 373)
Die Widersprüche innerhalb der Partei sind eine Widerspiegelung des Klassenkampfs in der Gesellschaft. Deshalb ist das Aufkommen ideologisch-politischer Widersprüche innerhalb der Partei auch ein objektives Gesetz. Mao Tsetung betont:
»Das Gesetz des Widerspruchs, der den Dingen innewohnt, oder das Gesetz der Einheit der Gegensätze, ist das fundamentalste Gesetz der materialistischen Dialektik.« (Mao Tsetung, Ausgewählte Werke, Bd. I, S. 365)
Das gilt natürlich auch für die Partei und die innerparteiliche Diskussion.
Entgegen der Auffassung von Marx und Lenin verbreitete sich in verschiedenen alten kommunistischen Parteien vor 1956 sowie in der Partei der Arbeit Albaniens unter Enver Hoxha die Ansicht, daß innerparteiliche Widersprüche nicht aufkommen dürften. Falsche Ansichten und Auffassungen könnten demnach nur von außen in die Partei hineingetragen worden sein.
Diese metaphysische Ansicht sucht die Ursache der innerparteilichen Widersprüche nicht im Klassenkampf und ihrer Widerspiegelung in den Köpfen der Menschen, sondern in der unmarxistischen Ansicht der äußeren Einflußnahme auf die Partei mittels Agententätigkeit. Natürlich gibt es auch Versuche, von außen auf die Partei Einfluß zu nehmen, aber die innere Widersprüchlichkeit des Parteilebens ist grundlegend und entscheidet über die Entwicklung der Partei.
In seinem Buch »Imperialismus und Revolution« polemisiert Enver Hoxha gegen Mao Tsetung mit der Behauptung:
»Mao Tsetung selbst predigte die Notwendigkeit der Existenz der ›zwei Linien‹ in der Partei. Seiner Meinung nach sind die Existenz und der Kampf zweier Linien in der Partei etwas Natürliches, eine Erscheinung der Einheit der Gegensätze, sind sie eine elastische Politik, die in sich die Prinzipienfestigkeit mit dem Kompromiß vereinigt.« (Enver Hoxha, »Imperialismus und Revolution«, S. 462)
Der KABD, die Vorläuferorganisation der MLPD, antwortete darauf im Juli 1980:
»Der Kampf zweier Linien ist das objektive Gesetz der Entwicklung der innerparteilichen Widersprüche, und wenn Hoxha dieses Gesetz verleugnet, wird es unabhängig von seinem Willen wirken, auch in der PAA. Die kleinbürgerliche Denkweise dringt immer wieder spontan hervor und erfaßt nicht nur Menschen kleinbürgerlicher Herkunft. Auch Proletarier werden, wenn sie nicht vom sozialistischen Bewußtsein durchdrungen sind, mittels innerer Wirkungen und Umwandlungen, verstärkt durch äußere Wirkungen der Beeinflussung durch die bürgerliche Ideologie, von einer kleinbürgerlichen Denkweise erfaßt. Besonders anfällig ist die Bürokratie, die durch einen höheren Lebensstil und beeindruckt durch eine gewisse Machtausübung zu einer kleinbürgerlichen Denkweise neigt.
Mitglieder bzw. Funktionäre in der Partei, die von einer kleinbürgerlichen Denkweise beherrscht werden, kommen mit der proletarischen Linie der Partei in Widerspruch, zuerst noch als Widerspruch im Volk, der, wenn er nicht gelöst werden kann, zu einem antagonistischen Widerspruch umgewandelt wird. Dieser Widerspruch äußert sich als Kampf zweier Linien. Die kleinbürgerliche Linie versucht, die proletarische Linie zu zersetzen und die Partei zum Revisionismus umzugestalten. Das muß durch den konsequenten Kampf der proletarischen Linie verhindert werden … Es ist also ein gesetzmäßiger Prozeß, daß sich auf der Grundlage der innerparteilichen Widersprüche ein Kampf zweier Linien entwickelt. Die objektive Ursache dafür ist die Existenz der Klassen, Klassenwidersprüche und des Klassenkampfes im Sozialismus. Die Unterstellung, daß Mao Tsetung die ständige Existenz zweier Linien in der Partei befürworten würde, dient Hoxha der Leugnung dieser objektiven Gesetzmäßigkeit. Dadurch kann jedoch ihre Wirkung auch in Albanien und der PAA nicht außer Kraft gesetzt werden.« (»China aktuell«, Nr. 5, S. 56-58)
Durch ihren Angriff auf die Maotsetungideen hat sich die Partei der Arbeit Albaniens selbst der Möglichkeit beraubt, den Anfeindungen der bürgerlichen und kleinbürgerlichen Ideologie standzuhalten. Daran ist sie letztlich zugrunde gegangen.
Als das ZK der MLPD vor dem IV. Parteitag 1991 die Wiedervereinigung Deutschlands zunächst ablehnte, weil sie zur Annexion Ostdeutschlands durch die westdeutschen Monopole führt, war diese Ansicht nicht einfach von den Revisionisten oder den autonomen Linken übernommen worden. Subjektiv lehnten wir die Forderungen der Revisionisten von der Verteidigung der DDR als »realen Sozialismus« und die kleinbürgerlich-anarchistische Parole der Autonomen »Nie wieder Deutschland!« ab. Objektiv unterschied sich aber unsere Haltung nur wenig von den Revisionisten und den »Ultralinken«. Unsere Haltung ignorierte den berechtigten Wunsch der deutschen Bevölkerung nach Überwindung der widernatürlichen Spaltung und stellte sich objektiv gegen die demokratische Volksbewegung in der DDR. Das war ein grundsätzlicher Fehler, der nur in der Partei selbst seine Ursache haben konnte.
»Die Grundursache der Entwicklung eines Dinges liegt nicht außerhalb, sondern innerhalb desselben. Sie liegt in seiner inneren Widersprüchlichkeit.« (Mao Tsetung, Ausgewählte Werke, Bd. I, S. 367)
Er kam zustande, weil wir uns einseitig mit dem zweifellos vorhandenen Bestreben der westdeutschen Monopole nach Ausdehnung ihrer wirtschaftlichen und politischen Macht befaßten, nicht aber von den grundlegenden Interessen des deutschen Volkes ausgingen.
Tatsächlich hatte die Wiedervereinigung einen Doppelcharakter: Von seiten der westdeutschen Monopole war es eine Annexion, von Seiten der Massen eine Wiedervereinigung. Auch wenn sie auf kapitalistischer Grundlage erfolgte, ist die Wiedervereinigung Deutschlands in erster Linie das fortschrittliche Ergebnis des demokratischen Volkswiderstands gegen das bürokratisch-kapitalistische Honecker-Regime und mußte unter allen Umständen von den Marxisten unterstützt werden. Ihre vordringliche Aufgabe war nun die Überwindung der Spaltung der deutschen Arbeiterklasse in Ost und West sowie der Parteiaufbau in Gesamtdeutschland.
Die Ursache dieses Fehlers des ZK der MLPD lag in erster Linie in ihrer fehlerhaften Analyse und dem Verstoß gegen die Massenlinie. Erst auf dieser Basis konnten die revisionistischen und sektiererischen Einflüsse aus der spontanen Bewegung wirken.
Dazu schreibt Mao Tsetung:
»Schließt die materialistische Dialektik äußere Ursachen aus? Keineswegs. Sie betrachtet die äußeren Ursachen als Bedingung der Veränderung und die inneren Ursachen als deren Grundlage, wobei die äußeren Ursachen vermittels der inneren wirken.« (Mao Tsetung, Ausgewählte Werke, Bd. I, S. 369)
Die falsche Ansicht von der Agententheorie führte in verschiedenen alten kommunistischen Parteien häufig zur schematischen Behandlung auftretender Widersprüche und nicht selten zur Anwendung unberechtigter und schädlicher Zwangsmaßnahmen. Die Lehre Mao Tsetungs über den Kampf zweier Linien und den Stellenwert des ideologischen Kampfs ist von elementarer Bedeutung für den Aufbau einer jeden proletarisch-revolutionären Partei.
Erfahrungen der MLPD mit der zersetzenden Wirkung der kleinbürgerlichen Denkweise beim Parteiaufbau
Der Neuaufbau der marxistisch-leninistischen Parteien in Europa Ende der 60er Jahre, Anfang der 70er Jahre fand in einer Zeit statt, in der die gesellschaftliche Bewegung sehr stark von der kleinbürgerlichen Studentenbewegung dominiert war. Die Arbeiterklasse nahm bis auf wenige Ausnahmen Angriffe des Monopolkapitals kampflos hin. Es herrschte die relative Ruhe des Klassenkampfs. Der Reformismus bestimmte das Denken der Arbeiter, ihr Kampfwille war durch die jahrelange Monopolpolitik der Reformen von oben eingeschläfert.
Angezogen durch die Erfolge der Großen Proletarischen Kulturrevolution und die Kritik am modernen Revisionismus sowie die Erfolge der indochinesischen Völker im Befreiungskampf gegen den US-Imperialismus wandten sich Zehntausende kleinbürgerliche Studenten dem Marxismus-Leninismus zu. In nahezu allen Ländern Westeuropas entstanden Parteien und Organisationen, die sich auf den Marxismus-Leninismus und die Maotsetungideen beriefen. Aber, wer sich auf den Marxismus-Leninismus und die Maotsetungideen beruft, hat noch lange nicht das Wesen der proletarischen Weltanschauung begriffen. Im theoretischen Organ der MLPD, REVOLUTIONÄRER WEG, heißt es dazu:
»Die aktiven Kräfte der Studentenbewegung wandten sich der Arbeiterklasse zu, studierten mehr oder weniger den Marxismus-Leninismus und gründeten marxistisch-leninistische Gruppen. In ihrer kleinbürgerlichen Denkweise vermischten sie kleinbürgerlichen Revolutionarismus und Antiautoritarismus, Trotzkismus und Anarchismus, Marxismus-Leninismus und Linksopportunismus. Aus diesem Sammelsurium entstand die sogenannte ›ml-Bewegung‹. Es war notwendig, außer dem Revisionismus auch den Antiautoritarismus zu bekämpfen, der vielen noch von der Studentenbewegung her anhaftete.« (REVOLUTIONÄRER WEG 1-3, Vorwort, S. 7)
Kleinbürgerlicher Führungsanspruch, Dogmatismus, Schematismus, Eklektizismus, Opportunismus und Sektierertum prägten von Anfang an die kleinbürgerliche ml-Bewegung. Unter Führung kleinbürgerlicher Studenten kam es immer wieder zu Spaltungen und Neugründungen marxistisch-leninistischer Gruppen, die zumeist den Anspruch hatten, die einzig wahre marxistisch-leninistische Partei zu sein. Allein 1972 gab es in Deutschland mindestens 150 solcherlei marxistisch-leninistischer Gruppen und Parteien. Nach einer kurzen Blüte in den 70er Jahren brach die kleinbürgerliche ml-Bewegung Anfang der 80er Jahre vollständig zusammen.
Die Führer der kleinbürgerlichen ml-Bewegung waren unfähig, sich tatsächlich tief mit dem Proletariat zu verbinden, von ihm zu lernen, sich mit ihm zu verschmelzen und eine proletarische Denkweise anzunehmen. Statt dessen versuchten sie, die Organisationen und Parteien nach ihrem kleinbürgerlichen Ebenbild und ihren Zielvorstellungen aufzubauen, und mußten entsprechend scheitern.
Als die spontane ml-Bewegung wieder zurückging, erwiesen sich die meisten dieser kleinbürgerlichen Studenten als unfähig, die richtigen Schlüsse aus ihrer Niederlage zu ziehen. Sie bewiesen ihre ganze Charakterlosigkeit, indem sie schnell in den Schoß der Bourgeoisie zurückkehrten, sich ins Privatleben zurückzogen oder sich der kleinbürgerlichen Grünen-Partei anschlossen. Das geschah natürlich nicht, ohne heftig über den Marxismus-Leninismus und die Maotsetungideen als vermeintliche Ursache ihres Scheiterns hergefallen zu sein.
Die kleinbürgerlichen Studentenführer erwiesen sich als unfähig, gegen den Strom zu schwimmen, weil sie sich zwar ein mehr oder weniger umfangreiches Buchwissen des Marxismus-Leninismus angeeignet hatten, aber nicht ihren Klassenstandpunkt verlassen und die proletarische Denkweise angeeignet hatten.
Statt dessen machten sie die vermeintliche Rückständigkeit der Massen für ihr Kapitulantentum verantwortlich. Sie erklärten die Arbeiterbewegung für tot und wandten sich nunmehr ihrem eigentlichen Metier zu, der Bewegung des Kleinbürgertums, der Verteidigung ihrer individualistischen, pazifistischen, nihilistischen und negativistischen Interessen und Belange. So führte die kleinbürgerliche Denkweise zum Liquidatorentum.
Als es auch im KABD, der Vorläuferorganisation der MLPD, 1975/76 zu Erscheinungsformen des Liquidatorentums kam, faßte Willi Dickhut erstmalig die verschiedenen Merkmale, Züge und Erscheinungsformen der kleinbürgerlichen Denkweise, die damals in der Arbeiterbewegung Einfluß ausübten, zusammen. Er kam zu der Erkenntnis: Da, wo Liquidatorentum auftritt, herrscht die kleinbürgerliche Denkweise vor.
»In ihrem Bestreben, die marxistische Partei, die revolutionäre Partei des Proletariats, zu zersetzen und zu liquidieren, handeln die Liquidatoren objektiv konterrevolutionär. Sie sind objektiv Agenten der Bourgeoisie im Lager der Arbeiterklasse geworden. Zwischen ihnen und der proletarischen Partei kann es nur einen klaren Trennungsstrich geben.« (REVOLUTIONÄRER WEG 15, S. 35)
Deshalb ist es notwendig, die Erscheinungsformen der kleinbürgerlichen Denkweise rechtzeitig zu erkennen. Ob sie nun einzeln auftreten oder in mehreren Zügen gleichzeitig, sie müssen durch Kritik und Selbstkritik entschieden bekämpft werden, bevor sie insgesamt zur vorherrschenden Erscheinung in der Denkweise der Kader geworden sind. In dem Moment, in dem die kleinbürgerliche Denkweise über die proletarische Denkweise in der Partei dominiert, kommt es zum Liquidatorentum.
Als materielle Grundlage des Liquidatorentums stellte Willi Dickhut zwei Momente heraus:
Erstens die Entstehung und Vernichtung kleinbürgerlicher Zwischenschichten und ihr Eindringen in das Proletariat.
Zweitens die Wirkung der veränderten Situation entweder in einer wirtschaftlichen und politischen Krise oder in einer revolutionären Situation.
Die hauptsächlichen Züge, Seiten und Eigenschaften der Merkmale der kleinbürgerlichen Denkweise des 1976 aufgekommenen Liquidatorentums wurden im theoretischen Organ REVOLUTIONÄRER WEG 15 wie folgt erfaßt: Überheblichkeit und Arroganz, individualistischer Führungsanspruch und Karrierismus, Disziplinlosigkeit und Unabhängigkeit, Ultrademokratismus und Freiheit der Kritik, Massenfeindlichkeit und Sektierertum, Dogmatismus und Empirismus, Liberalismus und Revisionismus.
Für die Verteidigung und Festigung der Partei mußte die revolutionäre Wachsamkeit in der gesamten Partei gestärkt werden. Dazu heißt es dort:
»Die Grundlage der revolutionären Wachsamkeit ist nichts anderes als die kritisch-revolutionäre Einstellung zur Wirklichkeit, die richtige Verbindung von Kritik und Selbstkritik als Methode der wissenschaftlichen Erkenntnis. Um die kleinbürgerliche Denkweise als Hauptursache des Liquidatorentums, seine verschiedenen Seiten und Erscheinungsformen zu erkennen und bereits im Keime bekämpfen zu können, muß man das Auftreten der kleinbürgerlichen Denkweise bei anderen und bei sich selber erkennen und ausmerzen.« (REVOLUTIONÄRER WEG 15, S. 93)
Dabei machte der REVOLUTIONÄRE WEG jedoch darauf aufmerksam, daß die revolutionäre Wachsamkeit nichts zu tun hat mit kleinbürgerlichem Skeptizismus und Mißtrauen, die selbst Erscheinungsformen der kleinbürgerlichen Denkweise sind. Deshalb sollten wir »… gleichzeitig vor dem Aufkommen von Mißtrauen auf der Hut sein. Wir rufen zur revolutionären Wachsamkeit auf der Grundlage des Vertrauens untereinander auf, egal ob Mitglieder oder Leitungen. Die dialektische Einheit zwischen Vertrauen und revolutionärer Wachsamkeit muß stets gewahrt bleiben, wobei jeweils eine Seite zur Hauptseite wird. Gegenwärtig muß die revolutionäre Wachsamkeit zur Hauptseite werden, weil sie verantwortungslos vernachlässigt wurde.« (REVOLUTIONÄRER WEG 15, S. 95)
Die Notwendigkeit des Systems der Kontrolle
»Die Frage der Denkweise ist für die Arbeiterbewegung so wichtig, daß sie ständig überprüft werden muß, mehr noch, stets muß kontrolliert werden, wer wen beeinflußt.« (REVOLUTIONÄRER WEG 15, S. 11)
Die Frage, wer beeinflußt wen, ist von grundlegender Bedeutung für eine revolutionäre Partei. Neben der Kontrolle von unten durch die revolutionäre Wachsamkeit der Mitglieder muß in der Partei auch die Kontrolle von oben mittels unabhängiger Kontrollkommissionen organisiert werden.
Die Abschaffung unabhängiger Kontrollkommissionen unter Stalin war Ausdruck der Unterschätzung des ideologischen Kampfes um die Denkweise. Daß Mao Tsetung das nicht erkannt hatte, war offensichtlich ein Fehler, wie die negative Entwicklung der KP Chinas nach seinem Tode zeigte.
Die grundsätzlichen Überlegungen Lenins über die Notwendigkeit unabhängiger Kontrollkommissionen entstanden nicht zufällig in einer Zeit, als sich in der jungen Sowjetunion Erscheinungsformen des kleinbürgerlichen Bürokratismus innerhalb des Partei-, Staatsund Wirtschaftsapparates mit Macht herauszubilden begannen. Dazu führt Lenin aus:
»Unser ZK hat sich zu einer streng zentralisierten Gruppe herausgebildet, die hohe Autorität genießt, aber für die Arbeit dieser Gruppe sind nicht die Bedingungen geschaffen, die ihrer Autorität entsprächen. Dem soll die von mir vorgeschlagene Reform abhelfen; die Mitglieder der ZKK, von denen eine bestimmte Anzahl verpflichtet ist, in jeder Sitzung des Politbüros anwesend zu sein, müssen eine geschlossene Gruppe bilden, die ›ohne Ansehen der Person‹ darüber zu wachen haben wird, daß niemandes Autorität sie daran hindern könne, Anfragen einzubringen, Dokumente zu überprüfen und überhaupt unbedingte Informiertheit und strengste Korrektheit in allen Angelegenheiten zu erreichen.« (Lenin, Werke, Bd. 33, S. 472)
Die MLPD hat beim Neuaufbau der Partei nach der revisionistischen Entartung der KPD unabhängige Kontrollkommissionen wieder eingeführt. Das von der MLPD weiterentwickelte System der Kontrollkommissionen ist eine wichtige Schlußfolgerung aus der revisionistischen Entartung ehemals kommunistischer Parteien.
Die Hauptaufgabe der Kontrollkommissionen ist die Erziehung der Leitungen und Mitglieder zur Überwindung der kleinbürgerlichen Denkweise und der Festigung ihrer proletarischen Denkweise. Die Möglichkeiten der Kontrollkommissionen zu weitgehenden administrativen Maßnahmen sind dafür aber eine notwendige Bedingung. Kontrolle ohne diese Möglichkeiten, ohne »Macht«, ist eine leere Phrase. Daß es in der Erziehungsarbeit darum gehen muß, möglichst administrative Maßnahmen zu vermeiden, bedeutet nicht, auf diese verzichten zu können. Umgekehrt, die Möglichkeit auch solcher Maßnahmen macht es leichter, auf sie zu verzichten, erweitert den Erziehungsrahmen, bevor sie zur Anwendung kommen müssen.
Die Wirksamkeit der Arbeit der Kontrollkommissionen wird in dem Maß erhöht, wie das System der Kontrolle von oben mit der Kontrolle von unten einhergeht. Da sich die proletarische Denkweise nur auf der Grundlage der Überzeugung, der freiwilligen Einsicht in die Notwendigkeit entwickeln kann, ist die Selbstkontrolle eines jeden Kaders über seine eigene Denk- und Arbeitsweise letztlich ausschlaggebend für jegliche Kaderentwicklung. Deshalb ist es die Hauptaufgabe der Kontrollkommissionen, die Mitglieder und Leitungen zur revolutionären Wachsamkeit sich selbst und anderen gegenüber zu erziehen.
Der systematische Kampf um die Denkweise in der marxistisch-leninistischen Partei wird durch die dialektische Einheit der drei Seiten der Kontrolle – Kontrolle von oben, Kontrolle von unten und Selbstkontrolle – garantiert.
Willi Dickhut entwickelt die Lehre vom Kampf zwischen der proletarischen und der kleinbürgerlichen Denkweise
In Anlehnung an Mao Tsetungs Erkenntnis von der Unvermeidbarkeit der innerparteilichen Widersprüche entwickelte Willi Dickhut den Begriff vom »Kampf zweier Linien als dem objektiven Gesetz der Entwicklung der innerparteilichen Widersprüche«. Er findet seinen Niederschlag in dem ununterbrochenen Kampf zwischen der proletarischen und kleinbürgerlichen Denkweise innerhalb der Partei. Willi Dickhuts Lehre von der Denkweise ist von grundlegender Bedeutung für den Neuaufbau marxistisch-leninistischer Parteien nach der revisionistischen Entartung der KPdSU 1956 und den mit ihr verbundenen Parteien.
»Wir wollen die proletarische Partei aufbauen, dabei müssen wir dieses Gesetz der Entwicklung der innerparteilichen Widersprüche‹ stets beachten … Der innerparteiliche Kampf spiegelt den Klassenkampf wider und äußert sich als Kampf zweier Linien. Das heißt, jede ideologisch-politische Linie ist klassengebunden: Die Klasse der Bourgeoisie vertritt ihre bürgerliche Linie, die Arbeiterklasse ihre proletarische Linie. Der Inhalt der bürgerlichen Linie ist die bürgerliche Ideologie, der Inhalt der proletarischen Linie ist die proletarische Ideologie, d. h. der Marxismus-Leninismus und die Maotsetungideen.
Die bürgerliche Ideologie dringt durch zahlreiche Kanäle in die Arbeiterklasse ein und versucht, die proletarische Ideologie zu zersetzen. Das wird durch die Existenz der kleinbürgerlichen Schichten, die zwischen Bourgeoisie und Arbeiterklasse hin- und herschwanken, erleichtert. Die Arbeiterklasse und das Kleinbürgertum sind durch Tausende Fäden miteinander verflochten. Hier wirkt die kleinbürgerliche Denkweise ständig auf die Arbeiterklasse ein. Davon wird auch die proletarische Partei, die Avantgarde des Proletariats, nicht verschont.
Je stärker Teile des Proletariats von der kleinbürgerlichen Denkweise beeinflußt werden, um so mehr muß sich das hemmend auf den Klassenkampf auswirken. Je stärker die verschiedenen Erscheinungsformen der kleinbürgerlichen Denkweise in der proletarischen Partei Fuß fassen, um so mehr muß sich das auf die ideologisch-politische Festigkeit der Mitglieder auswirken – entweder negativ oder positiv.
Es entsteht so ein Kampf in der Partei, ein Ringen zwischen der proletarischen und der kleinbürgerlichen Denkweise. Die kleinbürgerliche Denkweise schlägt sich in einer ideologisch-politischen Linie nieder, die sich der proletarischen Linie entgegenstellt. Der Kampf der zwei Linien untereinander entbrennt und verschärft sich.
Die kleinbürgerliche Linie, zuerst als Tendenz, noch als Widerspruch im Volk auftretend, wird zu einem antagonistischen Widerspruch. Die proletarische Linie muß offensiv gegen die kleinbürgerliche Linie verteidigt werden mit dem Ziel, die kleinbürgerliche Linie zu zerschlagen und der proletarischen Linie zum Sieg zu verhelfen. Würde die kleinbürgerliche Linie siegen, bedeutete das einen Sieg des Revisionismus und die Liquidierung der proletarischen Partei.« (Willi Dickhut, zitiert nach REVOLUTIONÄRER WEG 24, S. 163–164)
Die proletarische Denkweise
Die proletarischen Parteien und Organisationen, die sich gegen die kleinbürgerliche ml-Bewegung behaupten mußten, konnten sich nur erhalten und weiterentwickeln, indem sie sich entschieden von diesen kleinbürgerlichen marxistisch-leninistischen Organisationen und Parteien trennten. Sie mußten sich auf die Gewinnung der entscheidenden Mehrheit der Arbeiterklasse konzentrieren und die Genossen kleinbürgerlicher Herkunft und Klassenlage geduldig umerziehen, eine proletarische Denkweise anzunehmen, sich den Marxismus-Leninismus kritisch anzueignen und schöpferisch auf die heutigen Verhältnisse des staatsmonopolistischen Kapitalismus in Deutschland anzuwenden. Es ging vor allem darum, in geduldiger Erziehungsarbeit proletarische Kader für die neue marxistisch-leninistische Partei zu entwickeln.
Karl Marx betont:
»Es ist nicht das Bewußtsein der Menschen, das ihr Sein, sondern umgekehrt ihr gesellschaftliches Sein, das ihr Bewußtsein bestimmt.« (Marx/ Engels, Werke, Bd. 13, S. 9)
Die proletarische Denkweise hat zwei Stufen: Die spontane proletarische Denkweise als Widerspiegelung der Zugehörigkeit zur Arbeiterklasse oder auch als Ausdruck des proletarischen Klasseninstinkts. Auf dieser Stufe ist die proletarische Denkweise noch sehr labil und mehr oder weniger stark von der kleinbürgerlichen Denkweise beeinflußt bzw. beeinflußbar. Deshalb kommt es darauf an, die proletarische Denkweise auf die Stufe des sozialistischen Bewußtseins zu heben. Diese Stufe bedeutet, daß sich der proletarische Klassenstandpunkt mit dem wissenschaftlichen Sozialismus durchdringt.
Die entwickelte proletarische Denkweise ist identisch mit der Fähigkeit, jedes Problem bis in die Tiefe und Perspektive zu durchdenken und planmäßig danach zu handeln. Dieses dreiseitige Denken kennzeichnet die proletarische Denkweise der Kader einer marxistisch-leninistischen Partei, die in der Lage ist, den Marxismus-Leninismus schöpferisch auf die konkreten Verhältnisse anzuwenden, die Massen zu führen und sie selbst zu einer proletarischen Denkweise zu erziehen.
Selbst wenn man den Marxismus-Leninismus auswendig lernt, wird man ihn nicht begreifen können, wenn man sich seine Methode nicht zu eigen macht. Lenin rechnete mit diesen buchgelehrten »Marxisten« ab:
»Sie alle nennen sich Marxisten, fassen aber den Marxismus unglaublich pedantisch auf. Das Entscheidende im Marxismus haben sie absolut nicht begriffen: nämlich seine revolutionäre Dialektik.« (Lenin, Werke, Bd. 33, S. 462)
Die proletarische Denkweise ist in ihrem Wesen die wissenschaftliche Methode zur Anwendung der Theorie des Marxismus-Leninismus auf die konkrete Wirklichkeit in der Gesellschaft und im menschlichen Denken und Handeln. Sie ist darum die lebendige Daseinsweise des Marxismus-Leninismus und der Maotsetungideen.
Die Bedeutung der Denkweise hat sich mit der gesellschaftlichen Entwicklung zum staatsmonopolistischen Kapitalismus erweitert
Unter der Bedingung des staatsmonopolistischen Kapitalismus reicht es mehr denn je zuvor nicht mehr, sich nur theoretisch auf den Marxismus-Leninismus und die Maotsetungideen zu berufen. Man muß auch vollständig mit dem Denken, Fühlen und Handeln des Proletariats durchdrungen sein, eine proletarische Denkweise annehmen. Die Grundlage des Aufbaus der marxistisch-leninistischen Partei hat sich erweitert: Die Theorie des Marxismus-Leninismus reicht nicht mehr aus, die marxistisch-leninistische Partei muß auf der Grundlage der proletarischen Denkweise arbeiten. Nur so kann sie Fehler vermeiden und ist in der Lage, die entscheidende Mehrheit der Arbeiterklasse für den Sturz des Imperialismus und den Aufbau des Sozialismus zu gewinnen.
Alle Organisationen, die den Kampf um die proletarische Denkweise und gegen die kleinbürgerliche Denkweise nicht entschieden aufnehmen, werden sich in opportunistische oder sektiererische Organisationen umwandeln oder früher oder später untergehen.
Unter den Bedingungen des staatsmonopolistischen Kapitalismus hat die Frage der Denkweise eine allgemein-gesellschaftliche Dimension bekommen. Mit den Veränderungen der Klassenstruktur im staatsmonopolistischen Kapitalismus hat sich eine relativ große Schicht der abhängigen Intelligenz entwickelt, die in ihren obersten Spitzen in das Monopolkapital und ihrem Unterbereich bis in die Arbeiterklasse hineinreicht. Heute gibt es zwischen der Arbeiterklasse und der kleinbürgerlichen Intelligenz keine scharfe Trennung mehr. In ihren Lebens- und Wohnverhältnissen haben sie sich immer mehr angenähert. Einerseits gehen Jugendliche aus Arbeiterfamilien studieren und werden Intellektuelle; andererseits werden Kinder kleinbürgerlicher Intellektueller Arbeiter oder einfache Angestellte. Der Übergang zwischen dem Kleinbürgertum und der Arbeiterklasse ist fließend geworden mit entsprechenden Auswirkungen für die Einflußnahme der kleinbürgerlichen Denkweise in die Masse der Arbeiterklasse und umgekehrt für die Beeinflussung des Kleinbürgertums durch die proletarische Denkweise. Die Veränderung der Klassenstruktur ist die entscheidende materielle Bedingung für die große Bedeutung der kleinbürgerlichen Denkweise im Klassenkampf heute.
Mit dem Aufkommen der modernen Massenmedien gelang es den Monopolen, unmittelbar auf das Denken, Fühlen und Handeln der Arbeiterklasse Einfluß zu gewinnen. Mit Hilfe der Reformen von oben konnte eine breite Schicht der Arbeiter zeitweilig einen kleinbürgerlichen Lebensstandard erreichen, auf deren Grundlage sich die Ideologie des Reformismus unter der Arbeiterklasse stark verankern konnte. Während die Arbeiterklasse jedoch nach wie vor offen bürgerliche oder imperialistische Ideologien ablehnte, bediente sich das Monopolkapital der modernen Massenmedien und der elektronischen Massenkultur, um die kleinbürgerliche Denkweise systematisch unter der Arbeiterklasse und ihrer Jugend zu verbreiten. Das zielte darauf ab, das proletarische Klassenbewußtsein zu zersetzen, den Kampfwillen der Arbeiterklasse einzuschläfern und sie zu desorganisieren.
Deshalb gibt es auch keine hundertprozentige proletarische Denkweise, auch nicht bei den bewußtesten Kadern der Partei. Der Kampf zwischen der proletarischen Denkweise und der kleinbürgerlichen Denkweise findet unabhängig von unserem Willen statt. Nur wer sich dessen bewußt ist, kann der Gefahr der kleinbürgerlichen Denkweise entgehen und seine proletarische Denkweise festigen!
Die kleinbürgerliche Denkweise ist bestrebt, die proletarische mit der bürgerlichen Weltanschauung zu versöhnen, und wird auf diese Weise zum Einfallstor für bürgerliche und reaktionäre Ideen in der Arbeiterbewegung.
Mit dem Erwachen des proletarischen Klassenbewußtseins und dem Übergang zur Arbeiteroffensive leitete sich jedoch vor dem Hintergrund des Endes der sozialen Reformen ein umgekehrter Prozeß ein. Die Arbeiterklasse festigte ihre proletarische Denkweise und begann, Schritt für Schritt die Einflüsse der kleinbürgerlichen Denkweise auf ihre Kampfformen, Forderungen und Vorstellungen zu diesem System zu überwinden. Dazu trägt zweifellos die Wirkung der jahrzehntelangen Kleinarbeit der Marxisten-Leninisten unter dem Industrieproletariat bei.
Dieser Prozeß der Überwindung der kleinbürgerlichen Denkweise in der Arbeiterbewegung verläuft jedoch nicht geradlinig, sondern schubweise und wird unterbrochen durch Rückschläge und Einbrüche. Die materielle Grundlage dafür ist die Kompliziertheit der Klassenverhältnisse im staatsmonopolistischen Kapitalismus und die ausgeprägte Krisenhaftigkeit seiner heutigen Entwicklung. Hinzu kommt, daß die revolutionäre Partei heute noch nicht in der Lage ist, die breite Masse der Werktätigen zu führen.
Die Entwicklung der MLPD zur Partei der Massen ist darum die vordringlichste Aufgabe zur Höherentwicklung des Klassenkampfs der Arbeiterklasse in Deutschland und zur Durchsetzung der proletarischen Denkweise unter den Massen auf breiter Front.
Mao Tsetungs richtige Behandlung der Widersprüche im Volk
Aufgrund der Erfahrungen der neudemokratischen Revolution und des Übergangs zur sozialistischen Revolution analysierte Mao Tsetung die Existenz von zwei Arten von Widersprüchen in der sozialistischen Gesellschaft: den Widerspruch zwischen uns und dem Feind und die Widersprüche im Volk.
Unter dem Titel »Stellungnahme des ZK der SED gegen die Spaltungspolitik der chinesischen Führer, für die Festigung der Einheit und Geschlossenheit der kommunistischen Arbeiterparteien« griff Ulbricht am 14. April 1964 die Analyse Mao Tsetungs vom Fortbestehen von Klassen und Klassenwidersprüchen in der sozialistischen Gesellschaft mit folgenden Behauptungen an:
»Gesetzmäßig ist das Wachsen der Kräfte des Friedens und des Sozialismus … gesetzmäßig ist das Wachstum der Kraft der kommunistischen und Arbeiterparteien, ihre Einheit und Geschlossenheit.«
Diese idealistische Vorstellung, daß der Sozialismus bereits eine klassenlose, widerspruchsfreie Gesellschaft sei, wurde von Mao Tsetung grundlegend verworfen.
»In der Philosophie bilden Materialismus und Idealismus eine Einheit der Gegensätze und kämpfen miteinander. Das gleiche ist bei einem anderen Gegensatzpaar der Fall: bei Dialektik und Metaphysik. Wer von Philosophie spricht, kommt nicht ohne diese zwei Paare aus. In der Sowjetunion will man von solchen ›Paaren‹ nichts wissen und läßt nur ›Einzelgänger‹ gelten. Sie behaupten, bei ihnen blühten nur duftende Blumen, wüchse kein giftiges Unkraut, und bestreiten, daß es in einem sozialistischen Land Idealismus und Metaphysik geben könne. Tatsache ist, daß es in allen Ländern Idealismus, Metaphysik und giftiges Unkraut gibt. In der Sowjetunion geben sich viele Giftkräuter den Anschein duftender Blumen, und viele absonderliche Behauptungen erscheinen im Gewand des Materialismus oder des sozialistischen Realismus. Wir anerkennen offen den Kampf zwischen Materialismus und Idealismus, zwischen Dialektik und Metaphysik und zwischen duftenden Blumen und Giftkräutern. Dieser Kampf wird immer weitergehen und mit jeder Etappe einen Schritt voran machen.« (Mao Tsetung, Ausgewählte Werke, Bd. V, S. 414)
Die materialistische Analyse über die Existenz richtiger und falscher Auffassungen im sozialistischen Aufbau ermöglichte es, im China Mao Tsetungs eine umfassende ideologisch-politische Massenerziehungsarbeit zu leisten. In der DDR dagegen wurden ideologische Probleme meistens administrativ gelöst. Als sich am 17. Juni 1953 Unruhen entwickelten gegen die bürokratische Verordnung einer Normerhöhung von oben, verstand es die SED-Führung nicht, diesen Widerspruch mit der Methode der Einheit der Gegensätze zu lösen. Sie unterschied nicht zwischen der berechtigten Kritik der Massen an dem bürokratisch-zentralistischen Gebaren der SED-Führung auf der einen Seite und den tatsächlich existierenden konterrevolutionären Unruhestiftern. Mao Tsetung sagte dazu:
»Unruhen sollten in verschiedene Kategorien eingeordnet und differenziert behandelt werden. Manche sind gerechtfertigt, in solchen Fällen müssen wir unsere Fehler zugeben und korrigieren; andere sind ungerechtfertigt, und wir müssen die Unruhestifter zurückweisen. Begründete Unruhen entstehen zu Recht, unbegründete führen zu nichts. Es gibt auch Unruhen, die zum Teil begründet und zum Teil unbegründet sind, und wir müssen dabei akzeptieren, was richtig ist, und kritisieren, was falsch ist … Außer in Fällen wirklich großangelegter konterrevolutionärer Putsche, die mit bewaffneten Kräften niedergeschlagen werden müssen, dürfen wir nicht leichtfertig Gewalt anwenden und auf Menschen schießen.« (Mao Tsetung, Ausgewählte Werke, Bd. V, S. 423)
Widersprüche zwischen uns und dem Feind haben antagonistischen Charakter. Diese muß man in erster Linie mit der Methode der harten Schläge behandeln.
Die Widersprüche im Volk dagegen haben nichtantagonistischen Charakter und müssen mit der Methode der geduldigen Überzeugungsarbeit behandelt werden.
Die große Gefahr, ideologische Probleme mit administrativen Methoden lösen zu wollen, besteht darin, daß sich aus nichtantagonistischen Widersprüchen antagonistische entwickeln können.
»Unter gewöhnlichen Umständen sind Widersprüche im Volke nicht antagonistisch. Aber wenn man sie nicht richtig behandelt oder wenn man die Wachsamkeit verliert, sorglos und nachlässig wird, kann ein Antagonismus entstehen.« (Mao Tsetung, Ausgewählte Werke, Bd. V, S. 441-442)
Was für die Widersprüche in der sozialistischen Gesellschaft gilt, hat auch Bedeutung für die marxistisch-leninistische Partei. Solange die proletarische Denkweise vorherrscht, ist der Widerspruch zur kleinbürgerlichen Denkweise nicht antagonistisch. Die Überwindung der kleinbürgerlichen Denkweise muß in dieser Phase mit Hilfe der Überzeugungsarbeit, der prinzipiellen Kritik und Selbstkritik erfolgen.
»Versuche, ideologische Probleme oder Fragen von richtig oder falsch mit administrativen Methoden oder Zwangsmaßnahmen zu lösen, sind nicht nur wirkungslos, sondern sogar schädlich. Wir können die Religion nicht durch administrative Weisungen abschaffen, noch können wir die Menschen zwingen, nicht gläubig zu sein. Wir können die Menschen nicht zwingen, den Idealismus aufzugeben, ebensowenig wie wir sie zwingen können, dem Marxismus zu vertrauen. Probleme ideologischen Charakters oder Streitfragen, die im Volk entstehen, können nur mit der Methode der Demokratie, mit der Methode der Diskussion, Kritik, Überzeugung und Erziehung, nicht aber durch Zwangs- und Unterdrückungsmaßnahmen gelöst werden.« (Mao Tsetung, Ausgewählte Werke, Bd. V, S. 439-440)
Dringt die kleinbürgerliche Denkweise jedoch weiter vor und wird zur beherrschenden Denkweise, wandelt sich der nichtantagonistische Widerspruch in einen antagonistischen Widerspruch um. Auch jetzt muß noch versucht werden, durch einen ideologischen Kampf auf die kleinbürgerlichen Elemente einzuwirken. Wenn sie sich jedoch der ideologisch-politischen Auseinandersetzung verschließen und dazu übergehen, die Disziplin zu verletzen und liquidatorisch tätig zu werden, die Partei zu spalten und zu zersetzen, dann muß mit aller Härte administrativ gegen die kleinbürgerlichen Elemente vorgegangen werden.
»›Bei nichtantagonistischen Widersprüchen ist die Einheit die Hauptsache, das Wesentliche! Bei antagonistischen Widersprüchen ist die Spalhing die Hauptsache, das Wesentliche!‹ (»Rote Fahne« 10/1980) Sobald diese Unterscheidung vernachlässigt oder verfälscht wird, müssen sich Fehler einstellen.« (REVOLUTIONÄRER WEG 24, S. 152/153)
In diesen Grundsätzen unterscheidet sich Mao Tsetung stark von den administrativen und einschüchternden Methoden, wie sie zum Teil unter Stalin von der zentralen Bürokratie in der Sowjetunion angewendet wurden. Die falsche Behandlung von Widersprüchen ist heute ein gewichtiges Argument der Antikommunisten gegen die sozialistische Sowjetunion unter Stalin. Deshalb müssen wir diese Kritik auch sehr ernst nehmen und daraus lernen.
Die richtige Behandlung der Widersprüche im Volk kann nur mit der Methode der prinzipiellen Kritik und Selbstkritik geleistet werden. Das ist ein grundlegendes Merkmal des proletarischen Parteiaufbaus. Prinzipielle Kritik und Selbstkritik prägt die Kultur der revolutionären Partei. Sie erzieht ihre Mitglieder zu offener, freimütiger Diskussion, zur Aneignung des Marxismus-Leninismus und seiner schöpferischen Umsetzung in die Praxis. Fehlt dagegen eine solche proletarische Parteikultur der prinzipiellen Kritik und Selbstkritik, wird das Leben der revolutionären Partei bald absterben, ihre Initiative erlahmen und ihre Anziehungskraft auf die Massen schwinden.
Die zersetzende Wirkung der kleinbürgerlichen Denkweise und die Zerstörung des sozialistischen Aufbaus in der DDR
Mao Tsetung lehrt, daß im Sozialismus, der Übergangsgesellschaft vom Kapitalismus zum Kommunismus, noch Klassen und Klassenkampf fortbestehen, weswegen die Frage, wer wen besiegt, erst im Verlauf von Jahrhunderten entschieden wird. Nachdem die Produktionsmittel in gesellschaftliches Eigentum überführt worden sind, kommt deshalb alles darauf an, die sozialistische Revolution nicht allein an der ökonomischen Front weiterzuführen. Nur wenn das Proletariat sich auch auf ideologischem Gebiet behauptet und die politische Führung auf allen Ebenen der sozialistischen Gesellschaft erobert und festigt, kommt es seinem Ziel, der Abschaffung der Klassen, näher. An die Stelle der weit verbreiteten bürgerlichen und kleinbürgerlichen Denkweise muß die proletarische, sozialistische Denkweise treten.
In diesem Kampf geht die Hauptgefahr von der kleinbürgerlichen Denkweise aus, die aufgrund ihres zwiespältigen Charakters das Hauptmedium für das verdeckte Vordringen der bürgerlichen Ideologie in das Denken und Handeln der Arbeiterklasse ist. Gewinnt die kleinbürgerliche Denkweise das Übergewicht, so bedeutet dies das Ende des Sozialismus und die Entstehung eines Kapitalismus neuen Typs, eines bürokratischen Kapitalismus, so wie es in der Sowjetunion, DDR usw. geschehen ist. Die Entstehung einer Bourgeoisie neuen Typs in der zentralen Bürokratie der Partei, der Wirtschaft und des Staates, d. h. die Umwandlung der Bürokratie von Dienern des sozialistischen Staates in bürgerliche Herren der Gesellschaft passiert nicht von heute auf morgen. Sie vollzieht sich in drei Stufen.
Erste Stufe: die Entstehung einer Bürokratie mit dem Parteibuch in der Tasche
Es ist ein jahrzehntelanger Prozeß, bis die gesamte arbeitende Bevölkerung an der Verwaltung teilnimmt und somit die besondere Schicht von Verwaltungsfachleuten überflüssig wird. Die ganze Gefahr besteht darin, daß sich die neuen Lebensumstände der Arbeiter in der Verwaltung auf ihre Denkweise negativ auswirken, daß sich bei ihnen eine Loslösung vom Leben der Massen und ein Gefühl der Höherstellung und der Macht entwickelt. Das zeigte sich am deutlichsten im Umsichgreifen einer herzlosen Kaderbehandlung. Die Kritik, die der ehemalige Leiter der Zentralen Kontrollkommission der SED daran übte, ist treffend:
»Die Personalabteilungen oder auch verantwortliche Leitungen von wichtigen Organen betreiben eine seelenlose Behandlung von Menschen. Sie sehen nur Akten, sortieren die Gefangenschaft, sehen die Emigration (es ging dabei um die Überprüfung von KPD-Funktionären, die während Faschismus und Krieg in Gefangenschaft geraten oder in die Emigration gegangen waren – S. E.), und allein das genügt, um eine Ablehnung auszusprechen – das Schlimmste ist, daß sich dann keine Stelle um die Genossen kümmert … Sie laufen monatelang herum, kommen in materielle Not und werden in eine Basis für den Feind gedrängt … Die bis jetzt praktizierte Methode der schematischen unkonkreten Behandlung von Menschen schafft Unsicherheit und führt nicht zur Entlarvung von Agenten. Wir dürfen nicht vergessen, daß jede Personalakte einen lebenden Menschen bedeutet.« (zitiert in: Willi Dickhut, »Was geschah danach? Zweiter Tatsachenbericht eines Solinger Arbeiters ab 1949«, S. 75/76)
Zweite Stufe: die kleinbürgerliche Entartung der Bürokratie im Sozialismus
Höherer Lebensstandard und Machtdünkel fördern die Entartung der Bürokratie, ihre Entwicklung zu einer kleinbürgerlichen Schicht. In einer illegal von Mitgliedern der KPD 1967 herausgegebenen Zeitschrift mit Namen »Spartakusbriefe« wurde das Streben der höheren SED-Funktionäre nach einem kleinbürgerlichen Lebensstil angeprangert:
»Inzwischen ist nämlich die zweite Generation von Technokraten, ›Spezialisten‹, Bürokraten und Apparatschiks herangewachsen. Und die ist weit schlimmer noch als die erste Generation – vor allen Dingen ist sie perfekter und trägt schon stärkere Züge einer neuen Klasse. Sie kommen zumeist von der Schulbank direkt in ihre Führungspositionen und haben zum Volk, zur Arbeiter- und Bauernklasse noch weniger Verbindung als ihre Vorgänger. Sie kennen keine Klassensolidarität im Geiste des proletarischen Internationalismus, körperliche Arbeit ist für sie eine ›Erniedrigung‹ und für ihre eigene Person auch ›unökonomisch‹. Für sie zählen nur Produktionsergebnisse, taktische, politische Vorteile und nicht zuletzt ihre eigenen persönlichen Vorteile.« (»Probleme der Marxisten-Leninisten der BRD«, 1969, S. 17)
Die Ansätze zur Entfaltung der sozialistischen Initiative der Massen in der DDR wurden liquidiert und durch eine kleinbürgerliche Stellvertreterpolitik oder ein Kommandoregime ersetzt.
Dritte Stufe: der Sprung vom Sozialismus zum bürokratischen Kapitalismus
Wenn das Streben der entarteten Bürokratie nach Macht und Privilegien stärker wird, sucht sie wie das Kleinbürgertum, in die Klassenlage der Bourgeoisie aufzusteigen. Da es aber im Sozialismus keine herrschende bürgerliche Klasse mehr gibt, ergreift die kleinbürgerliche Bürokratie im Partei-, Staats- und Wirtschaftsapparat die Macht und stürzt die Diktatur des Proletariats. Die Gesamtheit der entarteten Bürokraten eignet sich kollektiv die Produktionsmittel an und verfügt darüber zum Zweck der Bereicherung auf Kosten der werktätigen Massen. Was anfangs noch eine Tendenz war, wurde nun systematisch verfolgt und ausgebaut: Die SED-Bürokraten schirmten sich in ihren Wohngebieten, ihren Jagd- und Urlaubsrevieren bewußt von den Massen ab. Ihren Zugang zu West-Devisen (vor allem D-Mark) und Luxuskonsumgütern nutzten sie dazu, sich in einem spießbürgerlichen Lebenswandel wohlzufühlen.
Die entartete Bürokratie verrät den revolutionären Geist des Marxismus-Leninismus, entstellt ihn zu Versatzstücken und Phrasen und sucht ihre neue Klassenherrschaft vor den Massen unter dem Mäntelchen eines sogenannten »realen Sozialismus« zu verbergen. Der Revisionismus ist die ideologische Grundlage des bürokratischen Kapitalismus.
Mao Tsetung hat in Theorie und Praxis bewiesen, daß eine solche Degeneration des Sozialismus nicht zwangsläufig ist. Indem er die Erfahrungen der Sowjetunion als dem ersten sozialistischen Land schöpferisch auswertete, erkannte er als entscheidendes Mittel die rechtzeitige Mobilisierung der Massen zum Kampf gegen die kleinbürgerliche Bürokratie. Das wurde unter seiner Leitung in der Großen Proletarischen Kulturrevolution praktiziert. Mehrere Kulturrevolutionen werden notwendig sein, um endgültig durch eine ständige proletarische Erziehung über die kleinbürgerliche Denkweise in der Bürokratie zu siegen. Im theoretischen Organ der MLPD, REVOLUTIONÄRER WEG, wird hervorgehoben:
»Die große proletarische Kulturrevolution bedeutet:
1. die höchste Form des Klassenkampfes in der sozialistischen Gesellschaft,
2. die Weckung und sprunghafte Entwicklung des sozialistischen Bewußtseins der Volksmassen mit Hilfe von Kritik und Selbstkritik und durch Studium der Maotsetungideen bei gleichzeitiger konkreter Anwendung in der Praxis,
3. die konkrete Form der Anwendung der Diktatur des Proletariats gegen die Bürokratisierung des Partei-, Staats- und Wirtschaftsapparates (gegen die Machthaber; die den kapitalistischen Weg gehen),
4. die Errichtung eines ideologisch-politischen Dammes gegen die Gefahr der Restaurierung des Kapitalismus.« (REVOLUTIONÄRER WEG 19, S. 540)
In ihrer höllischen Angst vor der Entlarvung ihres Verrats am Sozialismus starteten die modernen Revisionisten den Versuch, aus Mao Tsetung die Karikatur eines von der Wirklichkeit losgelösten idealistischen Phantasten zu machen. So behauptet der sowjetische Autor A. M. Rumjanzew
»… daß die ›Ideen Mao Tsetungs‹ der Versuch einer Umkehrung der Wirklichkeit von den Füßen auf den Kopf sind, eine Errichtung der ›Herrschaft‹ des gesellschaftlichen Bewußtseins über das gesellschaftliche Sein und folglich Idealismus reinsten Wassers sind … Die maoistische Vorstellung von der Verwandlung des Überbaus in die ›entscheidende Seite‹, ›die entsprechend auch den Charakter der Erscheinung selbst veränderte, diente als bequeme philosophische Begründung der voluntaristischen ›Experimente‹ …« (A. M. Rumjanzew, »Quellen und Entwicklung der ›Ideen Mao Tsetungs‹«, Berlin 1973)
Mao Tsetung selbst gibt ihm die beste Antwort:
»… wir erkennen an, daß im Gesamtverlauf der historischen Entwicklung das Geistige vom Materiellen, das gesellschaftliche Bewußtsein vom gesellschaftlichen Sein bestimmt wird; doch gleichzeitig erkennen wir an und müssen wir anerkennen, daß das Geistige auf das Materielle, das gesellschaftliche Bewußtsein auf das gesellschaftliche Sein, der Überbau auf die ökonomische Basis zurückwirkt. Damit verstoßen wir nicht gegen den Materialismus, sondern wir lehnen den mechanischen Materialismus ab und verteidigen den dialektischen Materialismus.« (Mao Tsetung, Ausgewählte Werke, Bd. I, S. 394/395)
Der Möchtegern-Marxist-Leninist Rumjanzew hat mit seiner haßerfüllten Kritik an Mao Tsetung Marx und Lenin gleich »miterledigt«.
Für Marx war, im Gegensatz zu unseren Revisionisten, das Verhältnis von Sein und Bewußtsein immer ein dialektisches. Neben der materialistischen Geschichtsauffassung, daß das Sein das Bewußtsein bestimmt, erkannte er auch:
»… die Theorie wird zur materiellen Gewalt, sobald sie die Massen ergreift.« (Marx/Engels, Werke, Bd. I, S. 385)
Dafür muß natürlich die Theorie mit der objektiven Wirklichkeit übereinstimmen. Deshalb hebt Marx an der gleichen Stelle hervor:
»Die Theorie wird in einem Volke immer nur so weit verwirklicht, als sie die Verwirklichung seiner Bedürfnisse ist.« (ebenda, S. 386)
Es gibt keinen Zweifel, daß auch Lenin immer wieder die Bedeutung des sozialistischen Bewußtseins für die Mobilisierung der Millionen Massen hervorgehoben hat. Auf dem achten gesamtrussischen Sowjetkongreß bezeichnete er es als »einen der tiefsten Gedanken des Marxismus, der zugleich außerordentlich einfach und verständlich ist«:
»Je größer der Schwung, je größer das Ausmaß der geschichtlichen Aktionen, desto größer die Zahl der Menschen, die an diesen Aktionen teilnehmen, und umgekehrt, je tiefer die Umgestaltung, die wir vollbringen wollen, desto mehr muß man Interesse und bewußte Einstellung zu ihr wecken, muß man immer neue und neue Millionen und aber Millionen von dieser Notwendigkeit überzeugen.« (Lenin, Werke, Bd. 31. S. 494/495 – Hervorhebung von S. E.)
Es entspricht dagegen der bornierten Vorstellung der modernen Revisionisten, daß man die Massen durch bürokratische Verordnungen, Bespitzelungen und materiellen Anreiz zur Lösung der gesellschaftlichen Aufgaben bringen kann!
Der Zusammenbruch der Sowjetunion und der DDR sind die materialistische Antwort auf die revisionistischen Verzerrungen des Sozialismus und auf die Ablehnung der entscheidenden Bedeutung des Bewußtseins der Massen für jeden gesellschaftlichen Fortschritt. Als richtig erwiesen hat sich dagegen die Lehre Mao Tsetungs über den Aufbau des Sozialismus, die sich in folgenden Worten zusammenfaßt:
»Eine gute Verwirklichung der ideologischen Arbeit bedeutet, kurz gefaßt, die Offenbarung der Kräfte des Menschen in der sozialistischen Gesellschaft. Die Macht des sozialistischen Systems beruht im Endeffekt auf dieser Basis sowie auf dem Enthusiasmus der breiten Massen für den Sozialismus. Wenn wir imstande sind, die Kraft der Menschen und die Begeisterung der Massen für den Sozialismus vollständig zur Geltung kommen zu lassen, dann werden die Positionen unserer Revolution und unseres Aufbaus stets unüberwindlich bleiben.« (»Rote Fahne« [»Hongqui«] Nr. 5/64)
Ein neuer Aufschwung des Kampfes für den echten Sozialismus setzt voraus, daß sich die Arbeiterklasse die Lehren zu eigen macht, die die historischen Erfahrungen mit der Zerstörung des Sozialismus und dem Bankrott des bürokratischen Kapitalismus enthalten. Sie muß lernen, zwischen echtem Sozialismus und Pseudosozialismus ebenso zu unterscheiden wie zwischen echten Kommunisten und Pseudokommunisten. Der wissenschaftliche Prüfstein dafür ist nicht ein formelhaftes »sozialistisches« Buchwissen, sondern ist allein die proletarische Denkweise. Die Marxisten-Leninisten müssen ihre gesamte Tätigkeit von der proletarischen Denkweise leiten lassen. Nur so werden sie dazu beitragen, daß die proletarische Denkweise auch unter den Massen zur vorherrschenden Denkweise wird und alle Selbstzweifel, alle Ohnmachtsgedanken und Schwankungen überwindet.
Die proletarische Denkweise entwickelt sich
Treten unter den Massen falsche Ansichten auf, so muß man sie ebenfalls mit dem Mittel der Überzeugung lösen. Gerade in der heutigen wachsenden Unzufriedenheit vor dem Hintergrund des drastischen Abbaus der sozialen Reformen treten nicht nur proletarische, sondern auch kleinbürgerliche bis hin zu reaktionären Auffassungen unter den Massen auf. Natürlich müssen wir entschieden gegen falsche Auffassungen Stellung nehmen. Trotzdem müssen wir in erster Linie das Mittel der Überzeugung anwenden und vom grundlegenden Vertrauen in die Massen ausgehen. Denn wir dürfen nie vergessen:
»Das Volk und nur das Volk ist die Triebkraft, die die Weltgeschichte macht.« (Mao Tsetung, Ausgewählte Werke, Bd. III, S. 241)
Als es in Deutschland vor zwei Jahren zu den ersten Terroraktionen einer Handvoll Neofaschisten kam, die ultrareaktionären und faschistoiden Republikaner und DVU bei den Wahlen erheblich Stimmen gewannen, wurde von den kleinbürgerlichen Linken sofort die These vom »Rechtsruck« und den »reaktionären Massen« vertreten. Die Marxisten-Leninisten wiesen diese Rechtsruck-Theorie zurück, weil sie eine völlig einseitige Kennzeichnung dessen war, was sich im Bewußtsein der Massen abspielte. Mao Tsetung kennzeichnete diese kleinbürgerliche Ignoranz gegenüber den Massen so:
»In den Massen steckt ein gewaltiger Drang zum Sozialismus. Jene Leute, die sich in revolutionären Zeiten nur im gewohnten Trott bewegen können, nehmen diesen Drang gar nicht wahr. Sie sind blind, vor ihren Augen ist nichts als Finsternis. Manchmal versteigen sie sich sogar dazu, die Wahrheit auf den Kopf zu stellen und aus weiß schwarz zu machen. Sind wir denn nicht genug Leuten von dieser Sorte begegnet? Jene, die nur ausgetretenen Pfaden folgen können, unterschätzen stets den Enthusiasmus des Volkes. Tritt etwas Neues ein, wollen sie dem nie zustimmen, sind sie zuerst einmal, ohne nachzudenken, dagegen. Dann geben sie sich geschlagen und üben ein wenig Selbstkritik. Kommt es dann wieder zu etwas Neuem, wiederholt sich dasselbe Spiel. Und schließlich wird dieses ihr Verhalten zu einer regelmäßigen Schablone, wann immer sie es mit etwas Neuem zu tun bekommen. Solche Leute sind immer passiv, an einem entscheidenden Wendepunkt bleiben sie immer stehen und können nicht weiter, stets muß ihnen ein tüchtiger Klaps auf den Rücken gegeben werden, ehe sie einen Schritt vorwärts tun.« (Mao Tsetung, zitiert nach »Worte des Vorsitzenden Mao Tsetung«, S. 143-144)
Natürlich durfte man die reaktionären Tendenzen nicht geringschätzen und die tatsächliche Gefahr einer Rechtsentwicklung nicht von der Hand weisen. Auf der anderen Seite mußte man die Entwicklung des Bewußtseins allseitig analysieren. Dabei stellte sich heraus, daß die breite Masse den neofaschistischen Terror und die Rechtsentwicklung entschieden ablehnt und bereit war, gegen diese Faschisten sogar auf die Straße zu gehen. So kam es allein zwischen September 1992 und Februar 1993 zu Streiks und Demonstrationen, an denen sich insgesamt mehr als 6 Millionen Menschen in Deutschland beteiligten. Eine solche breite antifaschistische Aktivität der Massen hat es in Deutschland bisher noch nicht gegeben. Die antifaschistische Bewegung zwang die Bundesregierung, verschiedene faschistische Organisationen zu verbieten, und brachte so der neofaschistischen Brut eine empfindliche Schlappe bei.
Gegenwärtig kann man beobachten, wie sich aus der wachsenden Unzufriedenheit eine entschiedene Suche nach dem Ausweg entwickelt hat. Seit der letzten Weltwirtschaftskrise 1981-1983 ist die wachsende Unzufriedenheit zum Hauptmerkmal des Bewußtseins der Massen in Deutschland geworden. Diese hat sich in den letzten drei Jahren vor allem unter dem Eindruck einer neuen, tiefen wirtschaftlichen und politischen Krise in Deutschland nach der Wiedervereinigung erheblich verstärkt und treibt auf einen Höhepunkt zu.
Die wachsende Unzufriedenheit ist eine sehr widersprüchliche und gegensätzliche Stufe des Bewußtseins. Sie ist sehr labil und kann sich sowohl in reaktionären als auch in revolutionären Ansichten und Aktivitäten äußern. Unter bestimmten Bedingungen ist es möglich, daß sich das Bewußtsein der Massen in eine reaktionäre Richtung entwickelt.
In Deutschland wachsen gegenwärtig vor allem diejenigen Faktoren, die die wachsende Unzufriedenheit in eine fortschrittliche Richtung umwandeln. Setzt sich diese Richtung durch, käme das ohne Zweifel einer revolutionären Gärung, einem allgemeinen Aufbegehren der werktätigen Massen gegen diese Gesellschaftsordnung gleich.
Als wichtigsten Faktor möchte ich das Erwachen des Klassenbewußtseins der Arbeiterklasse auf breiter Front anführen, wodurch sich die Arbeiteroffensive durchzusetzen beginnt: Allein zwischen Januar und August 1993 beteiligten sich 950 000 Arbeiter und Angestellte an 40 Warnstreiks im Rahmen von Tarifrunden. 60000 beteiligten sich an 13 verschiedenen Tarifstreiks. Es fanden 85 Arbeiter-Massendemonstrationen und Protestaktionen sowie selbständige Streiks statt mit insgesamt 455000 Beteiligten. Das bedeutet, daß mindestens 1,5 Millionen Arbeiter und Angestellte an Kampfaktionen beteiligt waren. Im September und Oktober hat sich diese Tendenz noch verstärkt, wobei die selbständigen Massenaktionen der Bergleute und Stahlarbeiter den vorläufigen Höhepunkt der Klassenauseinandersetzungen bilden. Der selbständige Streik der 95 000 Saar- und Ruhr-Kumpel und der 20 000 Stahlarbeiter waren bisher deutlichster Ausdruck dafür, daß sich die Arbeiteroffensive mehr und mehr durchsetzt. Weitere wichtige Faktoren sind:
1. Einbeziehung rückständiger Schichten der Arbeiterklasse in den Kampf.
2. Entwicklung einer breiten kämpferischen Strömung in den Gewerkschaften, die die Gewerkschaften in der Praxis zu Kampforganisationen machen.
3. Die Verbindung zwischen den Belegschaften wird stärker, und die Arbeiter organisieren selbständig ihre betrieblichen Kämpfe als branchenübergreifende oder regionale Klassenauseinandersetzungen.
4. Der kämpferischste Flügel der Arbeiterklasse organisiert sich in einer bundesweiten Aktion »Arbeitsplätze für Millionen« auf der Grundlage des Kampfes.
5. Die Arbeiterkämpfe richten sich mehr und mehr gegen die Regierung, und immer mehr Kollegen stellen das ganze gesellschaftliche System in Frage.
6. Die Marxisten-Leninisten gewinnen schnell an Einfluß unter dem Industrieproletariat, und ihre Forderungen und Kampfformen werden von den Arbeitern verstärkt aufgegriffen, während der Reformismus deutlich an Einfluß verliert und in eine offene Krise geraten ist.
Die Arbeiteroffensive wird vor allem durch zwei Momente bestimmt:
1. durch den Übergang von Einzelkämpfen zu Massenkämpfen der Arbeiterklasse
2. durch die enge Verbindung von Kämpfen um wirtschaftliche mit Kämpfen um politische Forderungen bzw. von wirtschaftlichem und politischem Kampf.
Die Durchsetzung der Arbeiteroffensive bedeutet, daß die Kämpfe der Arbeiterklasse den Charakter des Klassenkampfs im eigentlichen Sinne annehmen.
Als zweiter wichtiger Faktor in der Entwicklung des Bewußtseins der Massen haben sich Elemente eines aktiven Volkswiderstands herausgebildet, die mit der Arbeiterbewegung aufs engste verbunden sind. Ausgangspunkt für diese Entwicklung waren sicherlich die großen Arbeitskämpfe in Rheinhausen, wo erstmals ganze Stadtteile in einen aktiven Volkswiderstand zur Verteidigung der Arbeiterinteressen getreten sind. Von der Hausfrau bis zum Schuldirektor, vom Bäcker bis zum Rentner, alle Menschen fühlten sich herausgefordert und sind aktiv geworden. Dieses Beispiel hat auf andere Bereiche eingewirkt: auf den antifaschistischen Kampf, den Kampf gegen Müllverbrennungsanlagen, den Kampf zur Verteidigung sozialer und kommunaler Einrichtungen usw. Die Entfaltung des aktiven Volkswiderstands bedeutet, daß immer mehr Schichten der Bevölkerung in immer mehr gesellschaftlichen Fragen in die kämpferischen Auseinandersetzungen mit der Bonner Regierung einbezogen werden.
Die Verbindung der Arbeiterbewegung mit dem aktiven Volkswiderstand ist von größter Bedeutung, weil sie der wachsenden Unzufriedenheit der breiten Masse eine klare proletarische Stoßrichtung gibt.
Ein dritter Faktor in der Entwicklung ist die Herausbildung einer neuen Jugendbewegung. Sowohl in den Arbeiterkämpfen der letzten beiden Jahre als auch im aktiven Volkswiderstand steht die Jugend an der Spitze. In bezug auf die praktische Aktion bildet sie die kämpferische Vorhut.
Die neue Jugendbewegung ist das beweglichste Element der gegenwärtigen Massenbewegung und am meisten empfänglich für gesellschaftsverändernde, revolutionäre Ideen. Sie setzt sich gegenwärtig in erster Linie aus Schülern und Arbeiterjugendlichen zusammen und ist von einer allgemeinen Ablehnung der Bonner Parteien und der gegenwärtigen gesellschaftlichen Verhältnisse geprägt. Die neue Jugendbewegung birgt die besten Voraussetzungen, zu einer revolutionären Jugendbewegung zu werden.
Damit sich die drei Faktoren im Bewußtsein der Massen behaupten und festigen können, ist ein vierter Faktor notwendig, nämlich die Herausbildung eines internationalistischen Bewußtseins. Dieses internationalistische Bewußtsein beinhaltet die Erkenntnis, daß die Arbeiterklasse sich international gegen die Angriffe des internationalen Monopolkapitals zusammenschließen muß. Auch dafür gibt es eine Reihe wichtiger Elemente, die weitergeführt und organisiert werden müssen. So hat sich die antifaschistische Massenbewegung nicht nur für das Verbot der faschistischen Organisationen ausgesprochen, sondern auch die internationale Solidarität auf ihre Fahnen geschrieben. In verschiedenen multinationalen Konzernen beginnt die Organisierung einer länderübergreifenden sowohl gewerkschaftlichen wie selbständigen Zusammenarbeit und gemeinsamer Kampfabsprachen von Belegschaften.
Natürlich stehen wir noch am Anfang eines solchen internationalistischen Bewußtseins, mit dem die Arbeiterklasse begreift, daß ihr Kampf Bestandteil eines internationalen Klassenkampfs gegen die internationalen Monopole und ihr imperialistisches Weltsystem ist, daß die Vereinigung der Arbeiterklasse auf der ganzen Welt sie gegenüber dem Imperialismus überlegen macht.
Der entscheidende fünfte Faktor ist die wachsende Anziehungskraft der Idee des echten Sozialismus. Diese kommt heute vor allem in drei Erscheinungen zum Ausdruck: Zum ersten in einer wachsenden Neigung zur Selbstorganisation der Massen auf der Grundlage des Kampfes bei Loslösung vom Einfluß der bürgerlichen Parteien und Institutionen. Zum zweiten in der Suche nach einer wirklichen gesellschaftlichen Alternative ohne Ausbeutung und Unterdrückung. Nicht zuletzt wächst das Interesse an der MLPD und ihrem Jugendverband REBELL.
Die Überzeugung für eine echte sozialistische Alternative wirkt über alle Schwankungen der Tagespolitik am nachhaltigsten. Deshalb bleibt die Gewinnung der entscheidenden Mehrheit der Arbeiterklasse für den echten Sozialismus auch die grundlegende Aufgabe dieser Zeit.
Im Prozeß des Übergangs von der wachsenden Unzufriedenheit hin zu einer revolutionären Gärung wird die proletarische Denkweise unter den Massen die kleinbürgerliche Denkweise mehr und mehr verdrängen. Die proletarische Richtung kann nur im entschiedenen Kampf gegen den kleinbürgerlichen Führungsanspruch und die Illusionsmacherei von reformistischen und revisionistischen Kräften bei den Grünen, der PDS und bei den rechten SPD- und Gewerkschaftsführern erstarken.
Der Garant für die richtige Behandlung der Widersprüche im Volk ist die strikte Anwendung der Massenlinie. Die geduldige Überzeugungsarbeit unter der Arbeiterklasse und den kleinbürgerlichen Zwischenschichten für den einzig gangbaren Ausweg bedeutet die Vorbereitung des Kampfbündnisses der Arbeiterklasse mit der kleinbürgerlichen Intelligenz für den Kampf gegen den Imperialismus.
Der Zusammenbruch des bürokratischen Kapitalismus in der Sowjetunion und die Vorbereitung für einen neuen revolutionären Aufschwung im internationalen Maßstab
Als im November 1989 der bürokratische Kapitalismus in der DDR und im August 1991 auch die bürokratisch-kapitalistische Herrschaft der Sowjetunion zusammenbrach, war das verbunden mit einer weltweit inszenierten Welle des modernen Antikommunismus. »Geläuterte« kleinbürgerliche Intellektuelle, die früher für den Sozialismus eingetreten waren, gaben sich nun scharenweise dafür her, die Idee des Sozialismus für tot zu erklären und die Linke aufzufordern, sich für die Reformierung des kapitalistischen Systems einzusetzen. Revisionistische Parteien brachen zusammen, neue linksreformistische Organisationen wie die PDS wurden gegründet. Der Ideologe des Pentagons, Francis Fukuyama, entwickelte die Theorie vom »Ende der Geschichte«, an dem die Menschheit nun nach dem Zusammenbruch des »Realsozialismus« angekommen sei. Der Kapitalismus und seine bürgerliche Demokratie würden sich nun als die stärkste Gesellschaftsordnung erweisen. Der US-Imperialismus begründete auf dem Boden dieser Ideologie seine politische Strategie der neuen Weltordnung unter Führung der USA.
Bereits im Jahre 1962 sagte Mao Tsetung über die zukünftige Entwicklung:
»Von jetzt an gerechnet sind die nächsten 50 bis 100 fahre ein großes Zeitalter der radikalen Veränderung des Gesellschaftssystems in der Welt, ein weltumstürzendes Zeitalter, ein Zeitalter, mit dem sich keine der vergangenen Geschichtsepochen vergleichen kann. In einem solchen Zeitalter lebend, müssen wir uns darauf vorbereiten, große Kämpfe zu führen, die sich in der Form durch viele Merkmale von den Kämpfen in den vergangenen Epochen unterscheiden.« (Mao Tsetung, »Wichtige Dokumente der großen proletarischen Kulturrevolution«, S. 119)
Die neue Situation hat zweifellos Verunsicherung in die internationale Arbeiterbewegung und revolutionäre Bewegung getragen. Während sich die Marxisten-Leninisten, die sich die Maotsetungideen tief zu eigen gemacht haben, in der Praxis bestätigt sahen, gerieten revolutionäre Organisationen, die sich entweder der dogmatischen Linie Enver Hoxhas angeschlossen oder keinen konsequenten Bruch mit dem modernen Revisionismus vollzogen hatten, in ernste Schwierigkeiten.
Ein neuer Formierungsprozeß der internationalen marxistisch-leninistischen und Arbeiterbewegung begann. Eine Reihe revolutionärer Organisationen kapitulierten oder gingen vollständig auf die Linie Gorbatschows, eine Mischung aus Revisionismus und Sozialdemokratismus, über. Andere revolutionäre Organisationen nahmen die Gelegenheit wahr, um kritisch und selbstkritisch ihre bisherigen Standpunkte zu überprüfen, und näherten sich den Maotsetungideen an.
Eine Zeit brach an, wo sich Spreu vom Weizen trennte. Was am Anfang äußerlich wie ein Niedergang der revolutionären Bewegung aussah, erwies sich in seinem Wesen als ein gesunder Säuberungsprozeß von schwankenden, opportunistischen und sektiererischen Elementen. Der moderne Revisionismus hat seine grundlegende Schwäche vor den Augen der Massen auf der ganzen Welt offenbart. Es ist vor diesem Hintergrund möglich und notwendig, daß der Marxismus-Leninismus und die Maotsetungideen dem modernen Revisionismus eine endgültige Niederlage bereiten.
Damit aber wird der Boden vorbereitet für einen neuen revolutionären Aufschwung für den echten Sozialismus, der in den abhängigen Ländern im sozialistischen Weg der nationalen Befreiung, in den imperialistischen Ländern aber nur im Sturz der imperialistischen Herrschaft bestehen kann.
Diese neue Lage der internationalen revolutionären Bewegungen kann man nur mit einer proletarischen Denkweise erkennen, die sich das Denken Mao Tsetungs zu eigen macht, daß sich eins in zwei teilt, daß sich das Neue gegen das Alte durchsetzen wird. Die kleinbürgerlichen Elemente und die modernen Revisionisten dagegen heben zu einem furchtbaren Geschrei an, reden in Weltuntergangsstimmung nur von einer »Krise des Sozialismus«. Die Marxisten-Leninisten aber müssen mit der scharfen Waffe der Maotsetungideen die proletarische Denkweise zur Grundlage ihrer revolutionären Tätigkeit machen und so den neuen revolutionären Aufschwung im Kampf für den Sozialismus im internationalen Maßstab vorbereiten.
Es leben die Maotsetungideen!
Es lebe die proletarische Denkweise als Grundlage des erfolgreichen Parteiaufbaus, des proletarischen Klassenkampfs und des Aufbaus des Sozialismus/Kommunismus!