MLPD Nordhausen
MLPD Nordhausen zum Charakter der DDR und Sowjetunion nach 1956
Die MLPD Nordhausen (Thüringen) schreibt an einen Kollegen zum gesellschaftlichen Charakter der DDR und der Sowjetunion nach dem XX.Parteitag der KPdSU 1956.
MLPD Nordhausen 26.09.20
Lieber W.,
nun wollen wir Dir endlich zu deinen umfangreichen Fragen und kritischen Hinweisen antworten. Es hat etwas gedauert, weil es wirklich umfangreich war, was Du uns geschickt hattest und weil inzwischen ja einiges passiert ist, vor allem die drei Werksschließungen in Nord-Thüringen, zu denen wir als revolutionäre Arbeiterpartei aktiv sind.
Komplex 1: Restauration des Kapitalismus in der Sowjetunion u.a. /Sozialimperialismus
a) An verschiedenen Stellen machst Du zu unserem Parteiprogramm und der Einschätzung der Restauration des Kapitalismus die Anmerkung „Es gab kein Privateigentum an Produktionsmitteln“ und lehnst demnach den Begriff „Bourgeoisie“ bezogen auf die SU, DDR u.a. nach dem XX. Parteitag ab. Die MLPD hat diesen Prozess der Herausbildung einer neuen Bourgeoisie in einem staatsmonopolistischen Kapitalismus neuen Typs wissenschaftlich analysiert. Das findet sich in der Schriftenreihe „Revolutionärer Weg“, Theoretisches Organ der MLPD, Band 7-9, verfasst von Willi Dickhut in den Jahren 1971/1972 unter dem Titel „Die Restauration des Kapitalismus in der Sowjetunion“. Dort wurde zu der von Dir aufgeworfenen Frage folgendes festgestellt:
„In diesem Prozeß (der Restauration des Kapitalismus) verwandelte sich die Bürokratie von einer kleinbürgerlichen Schicht zu einer neuen bürgerlichen Klasse, deren ökonomische Basis eine restaurierte kapitalistische Produktionsweise ist. Das bedeutet keine einfache Wiedereinführung des Privatkapitals, sondern Errichtung eines bürokratischen Monopolkapitalismus. Der Hauptwiderspruch dieser neuen kapitalistischen Gesellschaftsordnung beruht auf gesellschaftlicher Produktion und gesamtbürokratisch-kapitalistischer Aneignung. Der einzelne Bürokrat ist nicht Privatkapitalist im alten Sinne, sondern die Gesamtheit der Bürokratie ist Gesamtkapitalist, eine neue staatsmonopolistische Bourgeoisie. Sie betreibt als herrschende neue bürgerliche Klasse eine bürgerliche Klassenpolitik zur Wahrung der Gesamtinteressen des bürokratischen Kapitalismus. Diese Entwicklung ging allmählich vor sich, wobei neben den neuen kapitalistischen Erscheinungen Errungenschaften des Sozialismus bestehen blieben. Es war nämlich nicht möglich, diese auf einmal zu liquidieren, ohne das die werktätigen Massen dagegen rebellierten.“ (S. 42/43)
Unter anderem war auch das einer der Gründe, warum die materiell-technische Basis in der DDR Wirtschaft allmählich zerrüttete, denn es ist nicht möglich, den Mehrwert aus der gesellschaftlichen Produktion privat (d.h. im Sinne der o.g. neuen Klasse) anzueignen, in die Wirtschaft zu investieren und gleichzeitig die sozialen Errungenschaften zu bedienen. Dafür reicht der Mehrwert nicht aus.
Es würde den Rahmen dieses Briefwechsels sprengen, an dieser Stelle noch tiefer einzudringen und auch alle die Seiten anzusprechen, die die Restauration des Kapitalismus in der gesamten Gesellschaftsordnung charakterisieren. Wir wollen hier nur noch als Stichworte die zunehmend eingeführte Gewinnorientierung der Betriebe und die Rolle des materiellen Anreizes anstelle der Hebung des sozialistischen Bewusstseins in der Produktion ansprechen, die ebenfalls Markierungspunkte für die Restauration des Kapitalismus sind.
Interessant ist, dass Du auf derselben Seite zur Umwandlung der RGW-Länder in neokolonial abhängige Länder schreibst. „Darüber muss ich noch nachdenken, aber auf dem kapitalistischen Weg waren wir nicht“. Doch! Die DDR und die UdSSR wie auch die anderen RGW-Länder waren bereits voll auf dem kapitalistischen Weg und deshalb weist das von Dir angemerkte Zitat aus unserem Parteiprogramm auf das nächste grundlegende Problem hin: auf den Sozialimperialismus.
b) In Deiner Mail vom 19.8. schreibst Du, man sollte Definitionen der Klassiker nicht uminterpretieren und damit entstellen. Wir nehmen an, Du meinst damit u.a. den Begriff des „Sozialimperialismus“.
Es liegt in der Natur der Sache, dass ein Begriff wie der Imperialismus sich nur auf eine gesellschaftliche Realität beziehen kann, die der Vergangenheit und Gegenwart entspricht, in der er geprägt wird. Das war u.a. zur Zeit Lenins mit der Herausbildung des Imperialismus der Fall. Das Phänomen, dass sich ein imperialistisches Land zur Tarnung „sozialistisch“ nannte, gab es damals noch nicht. Somit konnte es auch noch keinen, von Lenin formulierten, Gedanken an einen „Sozialimperialismus“ geben. Die Geschichte entwickelt sich aber weiter. Ausgehend vom XX. Parteitag der KPdSU wurden der Sozialismus verraten, grundlegende Positionen des Marxismus-Leninismus revisionistisch verbogen und der Kapitalismus restauriert. Es bildete sich der Sozialimperialismus als eine neue Erscheinung heraus. Es ist Aufgabe der Marxisten-Leninisten, bei Wahrung der grundlegenden Erkenntnisse und Begrifflichkeiten des Marxismus-Leninismus solche neuen Erscheinungen zu qualifizieren und in Begriffe zu fassen. Wenn die MLPD heute vom Sozialimperialismus der Sowjetunion seit den 1960er Jahren (oder von dem der VR China heute) spricht, so handelt es sich nicht um eine „Uminterpretation“ des Begriffes Imperialismus, sondern dessen Anwendung auf die heutige Zeit und bezogen auf eine genau bestimmte Erscheinung ( = die Vertuschung der Verwandlung des Sozialismus in einen Imperialismus bei Beibehaltung des sozialistischen Anspruchs).
Die ökonomische und politische Struktur der UdSSR nach dem XX. Parteitag trägt vollkommen die Merkmale des Imperialismus, wie Lenin ihn definiert hat. Die neu herausgebildete Klasse der Bürokraten = neue Bourgeoisie repräsentiert, bzw. führt eine im höchsten Masse konzentrierte und monopolisierte Wirtschaft, deren Führer aufs engste mit der Staats-und Parteiführung verschmolzen sind. Deren neuer Typus ergibt sich aus der Rechtfertigung mit sozialistischen Phrasen. Der Sozialimperialismus drückte sich in verschiedenen Erscheinungsformen aus: ökonomisch in der sogenannten „sozialistischen Arbeitsteilung“ mit der die anderen RGW -Staaten ausgeplündert wurden, politisch mit einer Politik des Neokolonialismus wie er getarnt als „Unterstützung des nationalen Befreiungskampfes“ gegenüber Ländern wie Angola, Mozambique usw. praktiziert wurde und militärisch in Aggressionen wie gegenüber der CSSR 1968, den Grenzprovokationen am Ussuri gegenüber der VR China 1969/70 oder dem Überfall auf Afghanistan 1979 und anderem mehr.
Komplex 2: Wiedervereinigung oder Konterrevolution
Im Papier „Gesprächsvorbereitung...“ fragst Du: „Begrüßt Ihr immer noch die Konterrevolution in der DDR?“
Eine Konterrevolution kann sich nur gegen eine vollzogene Revolution und bezogen auf unsere Auseinandersetzung, gegen ein sozialistisches System bzw. Staat richten. Dies war eindeutig nach der Oktoberrevolution der Fall, als die Imperialisten, gestützt auf reaktionäre Kräfte in der jungen Sowjetunion diese stürzen wollten. Die Situation in der DDR 1989 ist damit in keiner Weise vergleichbar. Weder handelte es sich bei der DDR um ein sozialistisches Land noch war die Wiedervereinigung ein revolutionärer Akt. Dass in der DDR ein restaurierter Kapitalismus herrschte, geht aus dem unter 1) gesagten hervor. Wir sehen die Vereinigung der beiden deutschen Staaten als Einverleibung des einen (ökonomisch unterlegenen – nicht bankrotten!) kapitalistischen Systems durch das andere (ökonomisch überlegenen) kapitalistische System westlicher Prägung. Katalysator dafür war eine breite Volksbewegung in der DDR, die mit der herkömmlichen Staatsordnung nicht mehr einverstanden war und darunter nicht mehr leben wollte, die aber auch noch keine eigenen Erfahrungen mit dem Leben unter den westlich-kapitalistischen Verhältnissen hatte und deshalb für die Verbreitung der Illusionen darüber sehr anfällig war. Dass diese Volksbewegung das Honecker-Regime zu Fall brachte und mit der Wiedervereinigung die Möglichkeit des Kampfes der gesamten deutschen Arbeiterklasse gegen den deutschen Imperialismus eröffnete, das begrüßen wir nach wie vor und weiterhin. Insbesondere deshalb, weil mit der Wiedervereinigung die deutsche Arbeiterklasse Kampferfahrungen mit dem Kapitalismus westlicher Prägung mit Erfahrungen des Kampfes gegen die revisionistische Entartung zusammenbringen kann. Diese von der kapitalistischen Propaganda gebetsmühlenartig genannte „friedliche Revolution“ konnte nur aus dem Grunde friedlich verlaufen, weil die entscheidende Mehrheit der herrschenden Klasse in der DDR darauf hoffte, ihre Herrschaft nicht zu verlieren. Das heißt, das Wesen der Ausbeutungs- und Produktionsverhältnisse wurde nicht geändert. Die Machtfrage wurde nicht gestellt, die alte Klasse blieb an der Macht und verhinderte einen gewaltsamen Konflikt. Die Volksmassen begehrten auf, weil sie mehr demokratische Rechte verlangten. Zugleich wurden sie mit der Einführung der bürgerlichen Demokratie besänftigt und in die Irre geführt. Die zeitgleiche Medienkampagne zur Dämonisierung auch der hoffnungsvollen Anfänge aus den Aufbaujahren der DDR half dabei, es den Massen unmöglich zu machen, einen klaren klassenbewussten Standpunkt einzunehmen. Diese Arbeit müssen heutige revolutionäre Organisationen auf der Basis des Marxismus- Leninismus, wie die MLPD es tut, leisten.
In dem Brief zum Parteiprogramm sprichst Du an, dass die Streiks am 17. Juni 1953 von den Imperialisten initiiert und gesteuert worden seien. Was willst Du damit sagen? Wenn wir Lehren aus den Problemen im Aufbau des Sozialismus ziehen wollen, dann hilft uns der Verweis auf die Infiltration des Imperialismus zunächst einmal sehr wenig. Dass es diese gab, ist unbestritten und dass man demgegenüber wachsam sein muss, ebenfalls. Aber dies trifft doch gar nicht die Problematik, die den Vorgängen am 17. Juni zugrundeliegt. Es handelte sich bei den Arbeiterprotesten doch um berechtigte Proteste gegen bürokratische Maßnahmen seitens der Wirtschafts- und Parteiführung zur Steigerung der Arbeitsleistung. Es waren Widersprüche im Volke, die aber seitens der Führung mit antagonistischen Methoden (sprich Methoden, wie sie gegenüber dem Klassenfeind anzuwenden sind) gelöst werden sollten. Das kann nicht gut gehen! Der Verweis auf den Imperialismus rechtfertigt die Unfähigkeit (vielleicht auch Unwilligkeit) der führenden Kader, mit Widersprüchen innerhalb der Arbeiterklasse, die ja im Sozialismus die Macht ausübt, richtig und im Sinne des sozialistischen Aufbaus fertig zu werden. Du hast völlig recht, wenn Du anderer Stelle von Problemen im Aufbau des Sozialismus, bzw. im Übergang vom Sozialismus zum Kommunismus sprichst „...Geburtswehen...“ Nur, wenn wir solche Probleme wie die vor und am 17. Juni als Ausdruck der Geburtswehen betrachten, werden wir zu Schlussfolgerungen für einen neuen Anlauf des Sozialismus kommen. Mit einer der Methode der Aufarbeitung, die Verantwortung ausserhalb der SED anzusiedeln, werden wir nichts lernen.
Das berührt auch Deine Frage nach dem Mauerbau. Dass unsere Veranstaltung auf einem 13. August lag, das war blanker Zufall. Warum Gabi auf dieses Datum keinen Bezug nahm, können wir nicht beantworten. Ganz sicher war es kein Ausweichen, denn unsere Position zum Bau der Mauer ist eindeutig. Es lag wohl eher daran, dass das Thema seitens der Gäste nicht zur Sprache kam. Eine Gesellschaft, die sich vor dem Ausbluten durch eine Mauer schützen muss, kann keine sozialistische Gesellschaft sein, und sei der Imperialismus aussenherum noch so aggressiv. Menschen, die den Staat, in dem sie leben, als den ihren begreifen, die dafür arbeiten und sich bzw. ihr Leben selbstlos in den Dienst derselben stellen, würden diesen Staat niemals so verlassen, nur weil der Imperialismus sie so anlocken konnte. Die Ursachen für das massenweise Verlassen des Landes müssen in diesem Land selbst gesucht werden. Sie lagen darin, dass die DDR bereits den Weg des Aufbaus des Sozialismus verlassen hatte und die Menschen nicht von einer sozialistisch-kommunistischen Zukunft überzeugen konnten. Zum zweiten sind wir der Meinung, wie es in unserem Parteiprogramm steht (S. 35), dass sich die DDR mit dem Bau der Mauer als Startschuß für den weiteren Ausbau sprich Bewaffnung der Grenze zur BRD davon verabschiedete, um ein vereinigtes sozialistisches Deutschland zu kämpfen. Dass es notwendig geworden war, bestimmte Maßnahmen zum Schutz der DDR z.B. vor illegalem Schmuggel von Gütern, Devisen und anderen Dingen zwischen der DDR und der BRD zu organisieren, ist davon unbenommen, kann aber nicht als Begründung für diese Mauer einschließlich des Schiess-Befehls herhalten.
In Deinen Kommentaren bekräftigst Du mehrfach die Richtigkeit unserer Beurteilung und die Kritik an den gesellschaftlichen Zuständen der DDR mit Deinen eigenen Erfahrungen aus dem Betrieb und der Partei. Aber Du teilst nicht unsere Schlussfolgerungen dazu. Unserer Meinung nach bestätigen Deine Erfahrungen geradezu, dass es sich in der DDR um einen bürokratischen Kapitalismus und nicht um einen bürokratischen Sozialismus gehandelt hat. Aber warum windest Du Dich davor, es als Ausdruck der Herrschaft einer neuen Bourgeoisie zu beurteilen, wenn man Dir für den Fall des Ungehorsams die Strafversetzung androhte? Hat der Zwang zum Schön-Berichte-Schreiben irgendetwas mit Herrschaft der Arbeiterklasse, die den Sozialismus auszeichnet, zu tun? Denke das doch einmal bis zum Ende durch! Was Du beschreibst, war Ausdruck davon, dass der weiter bestehende Klassenkampf im Sozialismus leider bereits zugunsten des Kapitalismus entschieden war. Dem lag zugrunde, dass die Führung von KPdSU und SED bereits in frühen Jahren Abstand davon genommen hatte, dass der Klassenkampf im Sozialismus insbesondere mit der Methode des ideologischen Kampfes und der Erziehung der Menschen zu einem sozialistischen Bewusstsein geführt werden musste. Die MLPD hat in dem bereits erwähnten theoretischen Organ „Revolutionärer Weg“ Nr. 27/28 („Neue Perspektiven für die Befreiung der Frau“) zu diesem Thema geschrieben (S. 206):
„Es liegt auf der Hand, dass dieser dialektisch verlaufende Prozess des sozialistischen Aufbaus unaufhörlich sowohl die proletarische wie auch eine bürgerliche bzw. kleinbürgerliche Denkweise hervorbringt. Das ist eine der wesentlichen gesetzmäßigen Grundlagen des Klassenkampfs im Sozialismus, auch dann noch, wenn die Bourgeoisie im Übergang zur klassenlosen Gesellschaft als Klasse nicht mehr existiert. Im Klassenkampf im Sozialismus geht es vor allem um die Entwicklungsrichtung: Werden schrittweise die Reste des Privateigentums an Produktionsmitteln, der Warenproduktion und die ökonomische Funktion der Familie als Wirtschaftseinheit überwunden und wird damit der Weg zur klassenlosen Gesellschaft beschritten? Oder werden die Überreste des Kapitalismus als Nährboden für die Restauration des Kapitalismus weiter ausgebaut? Die Überwindung der gesellschaftlichen Rolle des Privateigentums ist identisch mit dem Ausbau der freien persönlichen Nutzung aller für das tägliche Leben notwendigen Gebrauchsgüter und gesellschaftlichen Einrichtungen. Der Klassenkampf im Sozialismus umfasst die Veränderung der ökonomischen und politischen Verhältnisse ebenso wie die Überwindung der alten Traditionen, Sitten und Moralvorstellungen. Ohne Veränderung der Denkweise ist es unmöglich, die materiellen Lebensverhältnisse umzugestalten.“ (Unterstreichungen von uns)
Was uns in diesem Zusammenhang auffällt, ist, dass Du Dich in dieser Frage ausgerechnet eines Artikels aus „Offensiv“ bedienst. Diese Zeitung um die Gruppierung von Frank Flegel – die fernab von jeder praktisch-politischen Bedeutung im Klassenkampf ist – steht in ihrer Arroganz in schlechter Tradition der DKP der 1970/80er Jahre, die damals für uns die Verleumdung als „Maoisten“ erfand. Wenn man zu bequem ist, sich mit unseren Analysen der Sowjetunion und der DDR zu befassen, dann ist es natürlich leicht, dies als konterrevolutionär abzutun, wie es „Offensiv“ tut.
Komplex 3: DKP und die Diktatur des Proletariats
In Deiner e-Mail zitierst Du zu dieser Frage das Programm der DKP: „Die weltanschauliche Grundlage für die sozialistische Zielsetzung der DKP ist der wissenschaftliche Sozialismus, die Theorie von Marx, Engels und Lenin." Darin sei doch die Diktatur des Proletariats enthalten. Leider sitzt Du damit der perfiden Methode des (modernen) Revisionismus auf, die mit Versatzstücken vorgibt, den Marxismus-Leninismus zu repräsentieren. Karl Marx hat in seiner „Kritik des Gothaer Programms“ dazu folgendes geschrieben:
„Zwischen der kapitalistischen und der kommunistischen Gesellschaft liegt die Periode der revolutionären Umwandlung der einen in die andre. Der entspricht auch eine politische Übergangsperiode, deren Staat nichts andres sein kann als die revolutionäre Diktatur des Proletariats“
Warum schreibt die DKP dieses nicht, wenn sie sich denn schon so „bibeltreu“ auf den wissenschaftlichen Sozialismus beruft? Es hat einen einzigen Grund. Dieser Grund besteht darin, dass die DKP bereits mit ihrer Gründung 1968 gegenüber der damaligen Bundesregierung unter dem Alt-Nazi Kiesinger versichern musste, die Diktatur des Proletariats aus ihrer Parteiprogrammatik zu streichen. Dieser Kniefall vor der damaligen Bonner Regierung war der Schlüssel für die Zulassung der DKP. In dieser Zeit bahnte sich, initiiert v.a. aufgrund der Interessen der westdeutschen Stahlindustrie um Thyssen, Krupp und Mannesmann, eine „neue Ostpolitik“ an, denn diese konnten mit Millionen Tonnen an Großrohren für die Öl-und Gas-Pipelines immense Profite einfahren. Detlev Rohwedder, 1969 Staatssekretär der SPD im Wirtschaftsministerium knüpfte damals die Verbindungen zwischen der Bundesregierung und der Stahlindustrie. Später wurde er Vorstandsvorsitzender der Hoesch AG (Stahl) und noch später (1990) Vorsitzender der Treuhand (= staatsmonopolistischer Kapitalismus live!). Als Gegenleistung für die Öffnung des Marktes in der SU verlangten Breschnew und Co. damals die Zulassung einer (pseudo)-kommunistischen Partei in West-Deutschland. So trafen sich die Interessen beider Seiten. Denn mit dem erklärten Verzicht auf die Diktatur des Proletariats und die Zustimmung zum Grundgesetz der BRD durch die DKP war für Regierung und Monopole klar, dass diese Partei dem revolutionären Kampf um den Sozialismus abgeschworen hatte. Ergänzt wurde dies noch dadurch, dass im Parteivorstand der neu gegründeten DKP kein einziges Mitglied aus dem Vorstand der verbotenen KPD vertreten sein durfte, um keine „personelle Kontinuität“ zwischen KPD und DKP herzustellen. Damit hat sich die DKP auf einen Parteivorstand von Bonner Gnaden eingelassen!!! Seit wann bestimmt die Bundesregierung über das ZK einer revolutionären Partei? All dies wurde übrigens von Manfred Kapluck, der damals für die DKP an den Verhandlungen mit der Bundesregierung beteiligt war, anläßlich eines Besuches beim ZK der MLPD vollumfänglich bestätigt.
Seit diesem Akt kursiert auch die Fälschung des Zitats von Max Reimann, dem damaligen Vorsitzenden der „alten“ KPD aus dem Parlamentarischen Rat. Reimann und Heinz Renner, die beiden Vertreter der KPD in diesem Gremium, welches das Grundgesetz am 8. Mai 1949 verabschiedete, hatten ihre Nein-Stimme zu diesem Gesetz so kommentiert:
„Es wird jedoch der Tag kommen, da wir Kommunisten die wenigen bürgerlich-demokratischen Rechte in diesem Grundgesetz gegen diejenigen verteidigen, die es angenommen haben.“
Daraus haben die Revisionisten der DKP den verräterischen Satz gemacht:
„Es wird jedoch der Tag kommen, da wir Kommunisten dieses Grundgesetz gegen diejenigen verteidigen, die es angenommen haben.“
Ja, die DKP geht sogar soweit, die Errichtung des Sozialismus als vereinbar mit dem Grundgesetz darzustellen:
„Entgegen reaktionärer, arbeiterfeindlicher Auslegung des Grundgesetzes stellen wir fest, dass die Errichtung einer sozialistischen Gesellschaftsordnung in der Bundesrepublik nicht im Widerspruch zum Grundgesetz steht.“
und weiter:
„Die DKP wirkt also auf dem Boden des Grundgesetzes.“ (beide Zitate aus: „Weg und Ziel der DKP – Fragen und Antworten“, Ffm 1979, Seite 53. Die Zitate stammen von Herbert Mies, damals Vorsitzender der DKP und Willi Gerns, Chefideologe der DKP)
Wenn der derzeitige Vorsitzende der DKP Patrick Köbele nun vor einigen Jahren wieder auf den Begriff der Diktatur des Proletariats zurückkam, so ändert das nichts an der grundlegenden Haltung der DKP, sondern ist lediglich Ausdruck des Neorevisionismus dieser Partei, in der einige Strömungen versuchen, den Anschluß nicht ganz zu verlieren. Während andere Strömungen, wie z.B. die um den langjährigen früheren Parteivorsitzenden Heinz Stehr nach wie vor gegen die Diktatur des Proletariats und den Marxismus-Leninismus wettern, weil sie befürchten, damit eine Neuauflage des KPD-Verbotes heraufzubeschwören. Stehr geht sogar so weit, sich von dem Begriff „marxistisch-leninistisch“ ausdrücklich zu distanzieren,
„...weil dieser Begriff mit gravierenden Fehlern der Vergangenheit verbunden war, so z.B. … mangelnde innerparteiliche Demokratie und Massenterror und Verbrechen in der Zeit, als Stalin Verantwortung in der KPdSU hatte ...“
und am Ende darf der Seitenhieb auf die MLPD nicht fehlen:
„Daher ist bei Gewerkschaftern und in Bewegungen der m/l negativ besetzt. Die MLPD steht bis heute für diese Politik“ (aus: Stellungnahmen der Minderheit zum 21. Parteitag der DKP, November 2015)
Im übrigen bestätigt die gesamte Praxis der DKP ihre vollständige Unterordnung unter das Grundgesetz und die Ablehnung jeglicher revolutionärer Betriebs-und Gewerkschaftsarbeit. Dies wollen wir hier nicht weiter ausführen, können dies aber gerne in einem persönlichen Gespräch ausführlich machen. Man kann das Ganze so zusammenfassen: trotz ihres pseudo-marxistischen Vokabulars war die DKP nie eine revolutionäre Partei und wird nie eine werden.
Komplex 4: verschiedene weitere Fragen
- zum Erlernen der dialektisch-materialistischen Methode: in unserem theoretischen Organ „Revolutionärer Weg“ gibt es den Band 24 mit dem Titel „Die dialektische Einheit von Theorie und Praxis“, als auf die heutige Zeit angewendete theoretische Grundlage. Seit den 1990er Jahren verfolgen wir eine Studienbewegung, um die bewusste Anwendung der dialektischen Methode in Natur und Gesellschaft auf immer mehr Gebieten zu erlernen. Es umfasst eine Bewegung zum dialektischen Selbststudium, ein System monatlicher Schulungsabend in unseren Parteigruppen, die parteiintern sind und ein System von Wochen,-oder Abendkursen in der Beherrschung der dialektischen Methode, um nur die wichtigsten Elemente zu nennen. Dieses System umfasst bisher 11 Kurse, sie reichen von der Dialektik in Natur und Gesellschaft bis zur bewussten Anwendung z.B. auf die Arbeit unter Frauen oder unter der Jugend. Sie sind aber nicht vergleichbar mit den Parteilehrjahren der SED, weil unsere Kurse immer und grundsätzlich die Theorie mit der jeweiligen Praxis im Klassenkampf verbinden, sich damit durchdringen. Du wirst nie einen Lehrgang erleben, der sich mit denselben praktischen Fragen befasst wie vor fünf Jahren. Ein Schulungssystem nach Schulbuch-Wissen mit Abfragen und Zertifikaten lehnen wir ab. Uns ist das Gebrauchen des eigenen Kopfes zur Herausbildung selbständig denkender und handelnder Genossen das Wichtigste. Im Anhang fügen wir das Programm der Dialektik-Kurse bei.
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Zur Strategie und Taktik im Kampf um die Denkweise: die Erarbeitung einer Strategie und Taktik im Kampf um die Denkweise ist keine abstrakte Aufgabe, die man einmal machen kann und dann hat man sie. Sie bezieht sich immer auf eine im Klassenkampf zu lösende Aufgabe und die dabei auftretenden Fragen in der Denkweise der Massen, der Arbeiter, der Jugend, der Frauen, auch der Partei selbst – und wie dieser jeweilige Kampf als Schule des Klassenkampfs genutzt werden kann, um die Orientierung auf eine sozialistische Perspektive darin zu verwirklichen. Dazu gibt es bestimmte Gesetzmäßigkeiten, die auf die Entwicklung der Denkweise einwirken, aber der konkrete Verlauf ist immer anders, weil er von Faktoren wie der wirtschaftlichen und politischen Entwicklung, der Regierungspropaganda, der Rolle der Medien, vom gesamten Niveau des Klassenbewusstseins u.v.a. abhängt. Es bedarf also für diese Strategie und Taktik immer einer konkreten Analyse der konkreten Situation. Wenn man sich dies ersparen will, wird man mit Gewissheit Schiffbruch erleiden.
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Du schreibst: „...die Arbeiterklasse ist ja kaum in der MLPD aktiv? Es gibt bestimmt mehr Arbeiter die in der CDU/CSU oder SPD aktiv sind als in der MLPD“ . Du magst recht haben, wenn es um absolute Zahlen geht. Vermutlich hat die SPD (noch) mehr als 1800 Arbeiter als Mitglied. Aber: Ihr Anteil an der Gesamtmitgliedschaft beträgt aktuell gerade mal noch 16 Prozent, sage und schreibe 35 Prozent der SPD-Mitglieder sind Mitglied einer Gewerkschaft. Unsere Mitgliedschaft (laut aktuellem Bericht des Verfassungsschutzes von Baden-Württemberg: 2800) hingegen besteht zu ca. 2/3 aus Arbeitern im engeren und weiteren Sinne und über 70 Prozent sind Gewerkschaftsmitglied. Im Unterschied zu allen anderen Parteien (auch der DKP) können wir mit Fug und Recht von uns sagen, dass wir eine Arbeiterpartei sind. Natürlich ist für uns der Kampf um die Gewinnung der entscheidenden Mehrheit der Arbeiterklasse bzw. des Industrieproletariats für den Sozialismus immer auch ein Lernprozess, denn das Klassenbewusstsein der Arbeiter entwickelt sich aufgrund der Herrschaftsmethode der Monopole mit dem System der kleinbürgerlichen Denkweise niemals geradlinig.
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Zu Syrien: nach wie vor gilt die Aussage des Artikels, dass sich das syrische Volk in einem Mehrfrontenkrieg befindet und sich der Kampf gegen die Einflussnahme jeglichen Imperialismus, auch des russischen, richten muss. Es ist hier übrigens nicht vom „sowjetischen Sozialimperialismus“ die Rede, wie Du schreibst, sondern vom „russischen Imperialismus“. Die Charakterisierung „Sozial-...“ ging in dem Maße verloren, wie Russland bzw. die Putin-Regierung den sozialistischen Anstrich aufgegeben hat. Das russische Engagement speist sich v.a. aus dem Interesse, mit dem Marinestützpunkt Tartus den einzigen direkten Zugang zum Mittelmeer zu haben. Das hat mit Unterstützung der syrischen Bevölkerung wenig zu tun. Für diese besteht die einzige Möglichkeit darin, wie dieser Artikel richtig schreibt, den antiimperialistischen Kampf mit dem Ziel einer neudemokratischen Ordnung auf dem Weg zum Sozialismus zu entwickeln.
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Zu Hongkong: hier verweisen wir auf die Artikel in rf-news, die wir hier nicht wiederholen brauchen. Die berechtigten Proteste der Menschen in Hongkong gegen die politische Unterdrückung durch die chinesische Zentralregierung (die mit Sozialismus/Kommunismus nichts im geringsten gemein hat, sondern eine bürgerliche Diktatur mit sozialistischer Tarnung > deshalb gilt auch für China der Begriff „Sozialimperialismus“) werden nicht dadurch unberechtigt, dass der US-Imperialismus alles tut, um diese unter seine Kontrolle zu bekommen
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Stellung zur EU: die EU ist ein imperialistisches Staatenbündnis, welches wir ablehnen. Mit dieser Richtung haben wir letztes Jahr bei der Europa-Wahl kandidiert, um der verbreiteten Kritik an der EU eine linke Plattform zu geben und der rechten EU-Kritik etwas entgegen zu setzen. Die EU steckt in einer tiefen Krise, weil die jeweils eigenen imperialistischen Interessen verschiedener Mitgliedsländer mittlerweile starke Widersprüche untereinander heraufbeschworen und gleichzeitig die Bindungskräfte unterminiert haben. Es trifft vollkommen zu, was Lenin 1915 in seinem Artikel »Über die Losung der Vereinigten Staaten von Europa« geschrieben hat:
„Vom Standpunkt der ökonomischen Bedingungen des Imperialismus, d. h. des Kapitalexports und der Aufteilung der Welt durch die ›fortgeschrittenen‹ und ›zivilisierten‹ Kolonialmächte, sind die Vereinigten Staaten von Europa unter kapitalistischen Verhältnissen entweder unmöglich oder reaktionär.“ (Lenin, Werke, Bd. 21, S. 343)
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zur Flüchtlingskrise: auch hier gibt es zahlreiche Artikel in rf-news, die Du jederzeit finden bzw. nachlesen kannst. Des weiteren haben wir die Broschüre „Bürgerliche Flüchtlingspolitik in der Krise – 12 Argumente der MLPD“. Wir vertreten die Forderung „Für das Recht auf Flucht“, verbunden mit den Forderungen nach Aufnahme und menschenwürdiger Unterbringung der Flüchtlinge, gegen die Spaltung und rechte Hetze gegen die Flüchtlinge, wie sie z.B. täglich in der NNZ praktiziert wird. Die mit der MLPD befreundete Ferienanlage in Truckenthal/Thüringer Wald hat der Landesregierung unter Bodo Ramelow schon mehrmals und auch jetzt angesichts des Dramas auf Lesbos die sofortige Aufnahme von 50 Flüchtlingen angeboten – leider bisher ohne Resonanz seitens der Landesregierung!
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Zusammenarbeit mit der Linkspartei und Stellung zu Forderungen der PDL: selbstverständlich unterstützen wir bestimmte Forderungen der PDL wie die von Dir genannten, auch die antifaschistischen oder antimilitaristischen Positionen. Dazu gibt es bisweilen auch eine praktische Zusammenarbeit mit Repräsentanten der PDL wie Tobias Pflüger oder Ulla Jelpke, teils auch auf örtlicher Ebene und in örtlichen Aktionseinheiten. Gleichzeitig muss man leider sagen, dass die Führung der PDL sowohl im Bund wie im Land von sich aus jegliche Zusammenarbeit oder auch nur Gespräche mit der MLPD kategorisch ablehnt, so Gregor Gysi, der nach eigener Aussage lieber FDP wählen würde als die MLPD. In Nordhausen geht es soweit, dass der Jugendverband solid öffentlich auf facebook gegen die MLPD hetzt und ein Mitglied von der PDL auffordert, sein Parteiamt niederzulegen, weil er am Tag der Befreiung zusammen mit der MLPD eine entsprechende Kundgebung initiiert und mit organisiert hat. Nach wie vor bieten wir der PDL eine Zusammenarbeit an, werden jedoch niemals ihrem antikommunistischen Druck nachgeben und unsere Positionen verleugnen.
So, lieber W., dies ist nun ein ganz schöner „Haufen Holz“ geworden. Wir hoffen, das Holz ist interessant für Dich und wird uns hoffentlich in einen engeren Austausch führen, um besser zusammenzuarbeiten. Gerne können wir darüber sprechen oder auch wieder schreiben. Das sollten wir zweckmäßigerweise entscheiden, was geeigneter ist.
Mit herzlichen und revolutionären Grüßen
MLPD Nordhausen
Literatur:
Revolutionärer Weg, Nr. 7-9 Die Restauration des Kapitalismus in der Sowjetunion € 18,00
Revolutionärer Weg, Nr. 24 Die dialektische Einheit von Theorie und Praxis € 13,00
Revolutionärer Weg, Nr. 26 Der Kampf um die Denkweise in der Arbeiterbewegung € 8,00
Sozialismus am Ende? € 4,60
DDR-Aktuell 1 und 2, Wie der Sozialismus verraten wurde, jeweils € 2,10
Wenn Du Interesse hast, kannst Du diese Literatur wie auch alles andere, was die MLPD herausgegeben hat und was der Verlag Neuer Weg vertreibt, über uns beziehen.
Aufbau der öffentlichen Dialektik-Kurse:
Kurs 01: Die objektive Dialektik in Natur und Gesellschaft
Kurs 02: Die wissenschaftliche Anwendung der dialektischen Methode
Kurs 03: Die Lehre von der Denkweise
Kurs 04: Die konkrete Analyse der konkreten Situation
Kurs 05: Die Strategie und Taktik im Kampf um die Denkweise
Kurs 06: Die proletarische Streitkultur
Kurs 07: Wie man wissenschaftlich arbeitet
Kurs 08: Das System der Selbstkontrolle
Kurs 09: Die marxistisch-leninistische Jugendarbeit
Kurs 10: Die marxistisch-leninistische Kleinarbeit
Kurs 11: Die marxistisch-leninistische Frauenarbeit
Kurs 12: Die marxistisch-leninistische Umweltarbeit
Die Kurse werden je nach Bedarf und Anmeldungen regional auch in Thüringen und bundesweit durchgeführt. Die Kurse 1 und 2 vorzugsweise als Abendkurs im 2-Wochenabstand, die weiteren dann in der Regel als Wochenkurs. Die Kurse 1-3 sollen in der Reihenfolge gemacht werden und sind zugleich die Voraussetzung für die folgenden, bei denen dann das Thema ausgewählt werden kann.