Nils W., Frankfurt/Oder

Nils W., Frankfurt/Oder

Die Krise der bürgerliche Ideologie und deren Widerspiegelung in der Mathematik

Artikel von Nils W., Frankfurt/Oder zur Krise der bürgerlichen Naturwissenschaft und der Widerspiegelung in der Mathematik

Von RW-Redaktion

Die Mathematik ist eine zwischen Naturwissenschaften, Gesellschaftswissenschaften und Philosophie eingeordnete Wissenschaft. Sie entwickelte sich Jahrtausende gemeinsam mit den Produktivkräften und Produktionsverhältnissen der Gesellschaft. Umbrüche in deren Entwicklung und auch in der Entwicklung der Produktivkräfte fanden sich, mathematikgemäß in abstrakter und verallgemeinerter Form, dort wieder.

Friedrich Engels beschrieb die Funktionsweise der Mathematik ohne viel Respekt vor der Abstraktheit der Thematik:

»Die Mathematik ist die Wissenschaft der Größen; sie geht vom Begriff der Größe aus. Sie definiert diese in lahmer Weise und fügt dann die andern Elementarbestimmtheiten der Größe, die in der Definition nicht enthalten, äußerlich als Axiome hinzu, wo sie dann als unbewiesen und auch mathematisch als unbeweisbar erscheinen.« (MEW, Bd. 20, S. 521)

Axiome sind also Voraussetzungen, die einfach als gegeben hinzunehmen sind.

Darauf folgend zeigte Engels das Vorhandensein der Dialektik konkret in vielen Details der Mathematik auf.

Hingegen behandelt die bürgerliche Ideologie die Mathematik idealistisch und metaphysisch abwechselnd als Wissenschaft der Symbolinterpretation, einer Kunst des Umgangs mit Zahlen und dergleichen.

Doch Zahlen sind eben nicht einfach Symbole, sondern sie spiegeln die Notwendigkeit wider, Gruppenmitglieder, aber auch Tiere, Früchte usw. usf. zu zählen. Ackerbau erfordert eine genau nachvollziehbare Feldeinteilung und führte so zur Entwicklung der Geometrie. Die relativ feinen und komplizierten Bewegungen der Maschinen erzwangen die Beschäftigung mit Grenzwerten, Differentialen, … um nur wenige Beispiele für den Praxisbezug auch der abstraktesten Teilbereiche der Mathematik zu erwähnen.

Mit der kapitalistischen Industrialisierung der Produktion und der wissenschaftlichen Durchdringung von immer mehr Bereichen der Natur und der Gesellschaft in der Zeit der Herausbildung des Imperialismus erfolgten Versuche, die Mathematik insgesamt zu ordnen.

Endziel war es, von ganz wenigen Voraussetzungen ausgehend in der Mathematik ALLES zu beweisen, das von Engels schon erwähnte Nutzen von Axiomen also praktisch überflüssig zu machen. Hier spiegelte sich in abstraktester Form der Abschluss der Aufteilung der Welt im Stadium des Imperialismus wieder. Auch in der mathematischen Welt sollte es keine „weißen Flecken“ auf der Landkarte mehr gaben.

Der Mathematiker Georg Cantor versuchte das ausgehend von der Mengenlehre; es gelang nicht, sondern führte zu Widersprüchen, den sogenannten Russelschen Antinomien.

Ein Beispiel ist:

»Die Menge aller Mengen, die sich nicht selbst als Element enthalten …«

Nach einiger Überlegung findet man:

Sie enthält sich selbst, wenn sie sich nicht enthält und umgekehrt; das ist ein logischer Widerspruch, was in der Mathematik die Widerlegung einer Behauptung bedeutet!

Auch spätere andere Versuche in diese Richtung brachten nur Teilergebnisse.

Schließlich bewies der Mathematiker Kurt Gödel seine sogenannten Unvollständigkeitssätze.

Sie besagen vereinfacht, dass jedes hinreichend komplexe System entweder in sich widersprüchlich oder aber unvollständig ist. Das ist philosophisch sehr bedeutsam; heißt es doch, dass der dialektische Widerspruch, also die Dialektik, nicht aus der Mathematik entfernt werden kann. Das ist wiederum wegen der grundlegenden Rolle der Mathematik in der Wissenschaft ein starker Hinweis, dass auch die objektive Realität dialektisch ist.

Die bürgerliche Gesellschaft der USA dankte ihm diese grandiose Leistung übrigens auf ihre Art, nach vielen Anfeindungen ließ man ihn in einer gesundheitlichen Krise verhungern.

Die Wechselbeziehung zwischen gesellschaftlicher Entwicklung und Entwicklung der Mathematik ist ebenfalls voller dialektischer Widersprüche. Die rasante Entwicklung der Computertechnik der letzten Jahrzehnte entwertete das Rechnen mit Ungleichungen, wo man früher mit Ungleichungen beispielsweise die Tragfähigkeit von Bauelementen eingrenzte, berechnet man sie heute einfach exakt. Andererseits gibt es die ersten mathematischen Beweise, wo unabdingbar Computerrechenleistung enthalten ist, zum Beispiel die Lösung des Vierfarbenproblems der Kartografie. Bis dahin konnte jeder einen mathematischen Beweis mit genügend mathematischen Kenntnissen, Papier und Bleistift nachvollziehen; jetzt ist eventuell ein Hochleistungscomputer auch noch erforderlich.

Die Mathematik in unseren Schulen ist NICHT einfach eine Vorbereitung auf die Anforderungen der beruflichen und gesellschaftlichen Praxis. In Form der Überbetonung von Trigonometrie und quadratischen Funktionen im Mathematikunterricht, wichtig für den Schanzanlagenbau und die Geschoßflugbahnberechnung, geistert das Bestreben um Heranziehung von Artillerieoffizieren durch die Klassenzimmer. Andererseits kommen die Abschätzung von Größen und die Logik – wichtig für die effiziente Computernutzung – immer noch zu kurz.

Die bürgerliche Ideologie hat auch auf die »strenge Wissenschaft« Einfluss, der immer hemmender und negativer wird. Um so wichtiger ist es, gegenüber dem Einfluss der bürgerlichen Ideologie in allen Wissenschaftsbereichen eine kritische Haltung zu entwickeln, wie das der RW 38 am Beispiel einiger Naturwissenschaften aufzeigt.

Erst im Sozialismus kann sich auch die Mathematik wirklich als Wissenschaft unbehindert durch die bürgerliche Ideologie weiterentwickeln, die Befriedigung besonders der grundlegenden und langfristigen gesellschaftlichen Bedürfnisse mit ihren spezifischen Mitteln unterstützen.

Nils W.