Brief aus Grossbritannien

Brief aus Grossbritannien

Doug Nicholls GFTU GB: Die Autobiographie von Dickhut ist ein Weltklassiker

Brief von Doug Nicholls, General Secretary of the General Federation of Trade Unions aus Großbritannien zu den Büchern von Willi Dickhut "So war's damals" und "Gewerkschaften und Klassenkampf" in englischer Sprache

Von RW-Redaktion

Willi Dickhuts Buch über die Gewerkschaften und den Klassenkampf ist ausgezeichnet und gab mir einen tiefen Einblick in Deutschland und seine Arbeiter und Gewerkschaften. Die Geschichte ist so verschieden von unserer Gewerkschaftsgeschichte, wie sie nur sein kann. Ich war überrascht, vom unmittelbaren Wachstum der Gewerkschaften nach dem Krieg und vom späteren Kampfgeist einiger Gewerkschaften zu lesen.

Marx, Engels, Lenin, Trotzki und Stalin haben die Schlüsselelemente der britischen Gewerkschaftsbewegung missverstanden. Ihr Missverständnis bezog sich auf die falsche Anwendung der Theorie von den "Brosamen des Imperialismus" und die Vorstellung, dass es eine reaktionäre "Arbeiteraristokratie" gebe. Beide Vorstellungen sind aus meiner Sicht falsch. Den Arbeitern wurden weder Brosamen gegeben, noch wurden sie durch die Gewinne des Imperialismus bestochen, reaktionär zu sein. Imperialismus entsteht, wenn der Mehrwert in größerem Umfang abgeschöpft wird und es dem Kapital ermöglicht, es im Ausland zu riskieren und dort zu plündern. Das wird durch eine Intensivierung der Ausbeutung der höheren Qualifikationen der produktivsten Arbeiter ermöglicht, die im Falle Großbritanniens die am besten organisierten und politisch fortgeschrittenen waren.

Dickhuts Autobiographie ist ein Weltklassiker. Sie ist sehr bewegend, kraftvoll und faszinierend und definitiv eine der aufschlussreichsten Geschichten Eures Landes. Ihr müsst sehr stolz darauf sein, dass sein Vermächtnis weiterlebt. Ich konnte das Buch nicht mehr aus der Hand legen. Viele Abschnitte haben mich interessiert: seine frühen Jahre, der Kampf gegen den Faschismus, die Kämpfe gegen die militärische Besatzung durch die USA. Was für einen Beitrag hat er geleistet!

Dickhuts Beschreibung des Zusammenbruchs der Beziehungen zwischen den Sozialdemokraten und den Kommunisten in den späten 20er und frühen 30er Jahren ist aufschlussreich. Bemerkenswert ist die Geschwindigkeit, mit der die Stimmenergebnisse der Nazis bei den Wahlen 1929 zunahmen.

Ich würde gerne wissen, ob es ein aktuelles Foto der Skulptur auf Seite 204 des Buches gibt, die Dickhut im Konzentrationslager geschaffen hat?

Seine Berichte über die Arbeit von 1935 bis 1945 sind inspirierend.

Ich hatte immer vermutet, dass die Amerikaner nach der Niederlage der Nazis schnell gegen die antifaschistischen und kommunistischen Kräfte vorgehen würden, aber den Beweis dafür zu lesen, hat mich trotzdem wütend gemacht.

Willi Dickhut ist ein Genosse, den ich gerne kennengelernt hätte.

Doug Nicholls, General Secretary of the General Federation of Trade Unions, UK



Willi Dickhut's book on trade unions and class struggle is excellent and I found it gave a deep insight into Germany and it's workers and unions. The history is as different from our trade union history as any history could be. I was surprised to read of the immediate post war union growth and of the later militancy of some of the unions.

Marx,Engels, Lenin, Trotsky and Stalin all misunderstood key elements of the British trade union movement. Their misunderstanding related to the misapplication of the 'crumbs of imperialism' theory and the idea that there was a reactionary 'aristocracy of Labour'. Both ideas were in my view wrong. No workers were given any crumbs, nor were they bribed by the gains of imperialism to be reactionary. Imperialism occurs when surplus value is extracted at a greater level and enables capital to venture overseas and plunder. It is made possible by an intensification of exploitation of the higher skills of the most productive workers, who, in Britain's case were the most organised and politically advanced.

Dickhut's autobiography is a world classic. It is very moving and powerful and fascinating and definitely one of the most revealing histories of your country. You must be so proud to keep his legacy going strong. It was a book I could not put down. Many sections interested me: his early years, the struggle against fascism, the struggles against the US military occupation. What a contribution he made!

Dickhut's description of the breakdown of relations between the social democrats and communists in the late 20s early 30s are revealing. The speed of the Nazis electoral rise in 1929 is noteworthy.

I wonder is there a contemporary photograph of the sculpture Dickhut did in the concentration camp on page 214 in the book?

His accounts of work 1935 - 1945 are inspirational.

I had always suspected that the Americans would have moved fast against the antifascist and communist forces after the Nazi defeat but to read the proof of this still made me angry.

Willi Dickhut is a comrade I would love to have met.

Doug Nicholls, General Secretary of the General Federation of Trade Unions, UK