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Wie hat sich der fortschrittliche Stimmungsumschwung entwickelt? Hat es Merkel geschafft, die Vertrauenskrise in die bürgerliche Politik rückgängig zu machen?

Letztes Jahr war ein Rekordjahr des fortschrittlichen Stimmungsumschwungs mit über fünf Millionen Beteiligten an Kämpfen und Streiks in Deutschland und über 500 Millionen Beteiligten international. Das setzte sich Anfang des Jahres fort. In dieser Situation nutzten die Herrschenden den Beginn der Corona-Pandemie für eine massive Manipulation der öffentlichen Meinung. Die bürgerlichen Medien waren in Bezug auf die Corona-Krise mit täglichen Sondersendungen, Talkshows, Expertenrunden und so weiter zeitweise relativ gleichgeschaltet. Bewusst und in einem Papier aus dem Innenministerium erklärtermaßen wurde zunächst die Methode angewendet, die Bevölkerung zu schockieren. Dies, um sie „freiwillig“ für die radikalen Einschnitte in das gesellschaftliche Leben und in ihre demokratischen Rechte und Freiheiten zu gewinnen. Zunächst unterstützten in seltener Eintracht alle Parteien im Bundestag im Wesentlichen das Krisenmanagement der Regierung. Alle anderen Themen, an denen die Massen im Widerspruch zur Regierung standen, wurden so behandelt, als gäbe es sie nicht mehr. Es gelang den Herrschenden so zeitweilig, die Vertrauenskrise in die bürgerliche Politik zu überlagern. Nach dem ZDF-Politbarometer vom 31. März bescheinigten immerhin 89 Prozent der Befragten der Bundesregierung „gute Arbeit“ in der Corona-Krise. Die CDU konnte sich aus dem Umfragetief herausquälen. Allerdings bedeutet das nicht, dass die über Jahre entstandenen grundlegenden Kritiken und das Misstrauen in die bürgerliche Politik vergessen wären oder die Massen gar zu einer allgemeinen Unterstützung der Regierungspolitik übergingen. Und so dauerte es nicht lange, bis sich erste Kämpfe des fortschrittlichen Stimmungsumschwungs wieder Bahn brachen. Ein erster Höhepunkt waren die angesichts der offenen Kapitulation der DGB-Führung - selbstständig organisierten kämpferischen 1. Mai-Kundgebungen in 100 Städten gegen Regierung und Monopole. Die MLPD nahm dabei eine Vorreiterrolle ein, bürgerlich-demokratische Rechte und Freiheiten wieder geltend zu machen.

Gegen den Aufschwung des fortschrittlichen Stimmungsumschwungs waren die Herrschenden alarmiert und versuchten, die Kämpfe in reaktionäre Bahnen zu lenken. Wie schon bei "Pegida" 2014/2015 wurde in Sendern wie n-tv mehr oder weniger offen zu den rechten sogenannten „Hygiene-Demonstrationen“ aufgerufen. Nach kurzer Zeit stellten sich in Umfragen allerdings mehr als 80 Prozent dagegen, da die offen reaktionären und zum Teil faschistischen Urheber dieser Demonstrationen entlarvt waren. Auch das war ein Ausdruck des wachsenden antifaschistischen Bewusstseins der Massen. Die faschistischen Drahtzieher solcher Aktionen versuchen gezielt mit der sogenannten Querfront-Politik, die Grenzen zwischen links und rechts scheinbar verschwimmen zu lassen. Das ist ein Grund, warum sie zu Einzelaktionen wie am 1.8.2020 in Berlin immer noch mehrere tausend Leute mobilisieren können. Eine „Querfront“ ist aber kein Mittelding zwischen rechts und links – sie ist selbst neofaschistisch.

Eine kämpferische Opposition begann, sich gegen das Krisenmanagement von Regierung und Monopolen zu formieren. Diese Entwicklung hat mit kleineren Streiks in verschiedenen Industriebetrieben begonnen, gefolgt von Protesten von Flüchtlingen und später von Jugendlichen gegen die bürgerliche Schulpolitik, den Rassismus und Polizeiwillkür.