Redebeitrag
Gabi Fechtner - Redebeitrag Umweltkampftag 2023
Liebe Essenerinnen und Essener, wir haben hier heute ein Art Tribunal: Wen klagen wir an als Verursacher der globalen Umweltkrise? Als erstes sollten man den Kapitalismus und Imperialismus als System nennen, denn es ist inzwischen systemimmanent, dass der Kapitalismus die Umwelt zerstört. Viele haben ja gedacht, jetzt wählen wir mal eine andere Regierung, vielleicht liegt es nur an der CDU, dass die Interessen der Umwelt mit Füßen getreten werden, jetzt wählen wir mal SPD oder die Grünen, die machen irgendwas anders. Aber man sieht, jede Regierung wird in diesem Gesellschaftssystem auf die Interessen der internationalen Monopole und Konzerne, die eben mutwillig diese Umweltzerstörung betreiben, eingenordet, eingeschworen. Die haben dann diese Interessen zu vertreten, und deshalb ist dieses kapitalistische System anzuklagen.
Zum zweiten will ich aber auch einen Essener Konzern anklagen, und zwar eon. E.on ist einer der größten Betreiber von Atomkraftwerken, auch von ISAR 2, das jetzt weiter betrieben wird. Es wurde eine Riesenkampagne gemacht „wir brauchen die Atomkraftwerke, weil sonst die Energieversorgung gefährdet wäre in Deutschland“. Das war eine richtig verlogene Kampagne, die z.B. von der BILD-Zeitung forciert wurde. Inzwischen ist es so, dass wir die Gasspeicher so voll haben, wie wir das in den letzten 6 Jahren nicht hatten. Die sind fast zu 100% gefüllt.
Es gibt Analysen von Energieinstituten, die besagen, man könnte für 40 Milliarden € innerhalb von 2 Jahren komplett auf erneuerbare Energien umstellen. Also wirklich Peanuts im Vergleich zu allem, was in Rüstung investiert wurde. Das wird nicht gemacht. Das zeigt aber auch, es hat überhaupt nichts mit der Energieversorgung oder -knappheit zu tun, sondern die AKW sind einfach ein höchst profitables Geschäft. E.on ist einer der Betreiber. Sie haben allein im ersten Halbjahr dieses Jahres über 4 Milliarden € Reingewinn gemacht. Man rechnet damit, dass ein AKW-Betreiber etwa 1 Million € Reingewinn mit einem amortisierten AKW pro Tag macht. Also das ist eine Art Gelddruckmaschine, und deshalb haben sie natürlich ein Rieseninteresse daran, die Atomkraftwerke weiter laufen zu lassen. Ich bin sicher, dass es auch weitergeht, dass sie die im April nicht schließen, sondern eine weitere Kampagne gestartet wird, warum man sie am Netz lassen sollte.
Aber ein weiterer Grund ist auch, dass das Betreiben der atomaren Energieversorgung aufs Engste verbunden ist mit der militärischen Nutzung von Atomkraft. Auch das möchte ich mal am Beispiel des e.on-Konzerns deutlich machen. E.on ist zusammen mit anderen Konzernen zu einem Drittel beteiligt an der Uran-Anreicherungsanlage in Gronau. In dieser Anreicherungsanlage wird unter anderem Tritium für Atomsprengköpfe angereichert. Also das ist nicht so, dass der Konzern nur zivile Ziele hat und sagt „Atomkraft ist doch so sauber, das ist doch kein Problem.“ Das ist eine hochgefährliche Sache, wo die Entsorgung des Mülls, die Endlagerung, noch gar nicht geklärt ist. Es gab in den letzten Jahren mehrere Atomunfälle, z.B. durch ein Erdbeben, das kann auch woanders auf der Welt passieren, wo jetzt überall wieder AKWs gebaut werden. Das hat man doch gar nicht unter Kontrolle, was dann passiert.
Diese Uran-Anreicherungsanlage, an der auch e.on und RWE beteiligt sind, heißt Urenco, hat einen Anteil auf dem Weltmarkt für angereichertes Uran von 30%. Das ist ein Riesengeschäft. Und sie haben seit 2019 den Anreicherungsgrad von 5% auf 19,75% erhöht. Jetzt frage ich mich, wenn der Konzern immer gesagt hat, „wir machen nur zivile Nutzung“, warum muss man dann so hoch angereichertes Uran herstellen. Ab 20% Anreicherung ist es unmittelbar waffenfähig. Das steht in ganz engem Zusammenhang mit der atomaren Aufrüstung, die auch Deutschland betreibt.
Letzte Woche hatte ich noch einige Diskussionen, wo Leute gesagt haben, „Atomkrieg? Das wird doch nicht stattfinden, das ist doch irreal!“. Dann frage ich Sie: warum hat die deutsche Regierung vor zwei Wochen ein riesiges Manöver abgehalten, an dem sie ganz konkret trainiert haben, wie man Atomsprengköpfe in Flugzeuge verlädt und diese dann zum Abschuss bereit macht und auf die Reise schickt? Warum macht eine Regierung das, wenn sie nicht ernsthaft in Erwägung zieht, einen atomaren Krieg zumindest mit zu führen? Das ist doch wirklich brandgefährlich, was hier stattfindet! Natürlich auch von Russland. Auch der russische Imperialismus droht mit Atomkrieg, Präsident Biden aus den USA droht mit Atomkrieg, die NATO rüstet enorm ihre Atomwaffen auf. Ich meine, das ist brandgefährlich und deshalb müssen wir uns an diesem Umweltkampftag auch gegen diese Atompolitik aussprechen.
Jetzt könnte man meinen, wir haben ja Sanktionen gegen Russland, dann kann Russland ja nicht mehr so agieren. Ich muss sagen, ich konnte es selber kaum glauben und habe deshalb zweimal nachrecherchiert, ob das wirklich stimmt. Aber alle Atomgeschäfte sind von den Sanktionen gegen Russland ausgeschlossen. Das heißt, sie nehmen den Oligarchen zu Recht ihre Yachten weg, und machen auch ein paar Sanktionen, aber die wirklich gefährlichen Geschäfte sind ausgenommen aus den Sanktionen. Das heißt z.B., dass Russland noch letzten Monat, im September, Uran nach Lingen in Niedersachsen geliefert hat. Das wird dort für die Produktion von Brennstäben eingesetzt. Also das ist die Sanktionspolitik der deutschen Regierung, die nur Leidtragende unter den Massen zur Folge hat, die die Energiepreise hochgetrieben hat. Sie ist aber doch nicht ernsthaft gegen alle Kriegsgeschäfte des russischen Imperialismus gerichtet, so lang deutsche Monopole profitieren. Deshalb klage ich an den Konzern e.on, aber ich klage auch an unsere deutsche Regierung, die sich als Erfüllungsgehilfe und Dienstleister dieser Art von Konzerne und atomarer Aufrüstung versteht, und die deshalb nicht mehr geduldet werden kann. Wir müssen gegen diese Regierung kämpfen, wir müssen eine revolutionäre Veränderung vorbereiten, wir brauchen heute eine sozialistische Gesellschaft, wo Mensch und Natur im Mittelpunkt stehen, und nicht, egal wer hier an der Regierung ist, die Monopolprofite den ganzen Takt diktieren.