Kapitel IV
Klassenkampf und Kampf zur Rettung der natürlichen Umwelt - Imperialistisch-ökologistische Machtpolitik
Mit welchem Zynismus und welcher Rücksichtslosigkeit die internationalen Übermonopole und ihre imperialistischen Regierungen ihre Ziele verfolgen, geht aus einer geheimen Studie hervor, die im Oktober 2003 dem US-Kriegsministerium im Pentagon vorgelegt wurde. Die Geheimstudie hieß »Szenario einer abrupten Klimaänderung und seine Auswirkungen auf die nationale Sicherheit der Vereinigten Staaten«. Sie trug den Untertitel: »Das Undenkbare denken«. Die britische Zeitung »Observer« machte die Studie im Februar 2004 öffentlich bekannt, nachdem sie ihr zugespielt worden war. Die Studie geht davon aus, dass eine globale Klimakatastrophe die gesamte Menschheit gefährden und die menschliche Zivilisation nachhaltig zerstören würde.
»Es gibt deutliche Hinweise darauf, dass eine signifikante globale Erwärmung während des 21. Jahrhunderts auftreten wird. … Bei unzureichender Vorbereitung könnte das Ergebnis ein deutlicher Rückgang der menschlichen Tragfähigkeit der Erdumwelt sein. … Die moderne Zivilisation hat nie Wetterbedingungen erlebt, die so nachhaltig zerstörerisch sind wie die, die in diesem Szenario beschrieben sind.« (S. 1 und 14 – eigene Übersetzung)
Die »Zukunftsvision« der Militärstrategen ist eine Bedrohung der ganzen Menschheit. Sie interessiert allein, wie sie ihre Weltherrschaftspläne unter den veränderten Bedingungen der globalen Umweltkrise absichern und ausweiten können. Dabei setzen die US-Imperialisten anmaßend als selbstverständlich voraus, dass die natürlichen Ressourcen der Erde ihnen gehören. Kaltschnäuzig prognostizieren sie:
»Die Menschheit würde ständige Kämpfe um knapper werdende Ressourcen wieder zur Regel machen und die Ressourcen würden durch die Kämpfe selbst weiter verringert über die klimatischen Auswirkungen hinaus.« (ebenda, S. 16)
Die Militärstrategen entwerfen strategische Planspiele, die erkennen lassen, mit welcher Bestialität der Imperialismus auf die globale Umweltkatastrophe reagieren könnte.
1. Völlige Abschottung des Lands gegen (ver)hungernde Flüchtlinge: »Die Grenzen im ganzen Land werden verstärkt, um unerwünschte, hungernde Einwanderer aus der Karibik (ein besonders schwerwiegendes Problem), Mexiko und Südamerika zurückzuhalten.« (ebenda, S. 18)
2. Benachbarten Völkern werden die Trinkwasserreserven entzogen: »Die Spannungen zwischen den USA und Mexiko steigen, weil die USA den Vertrag von 1944 brechen, der das Fließen des Wassers des Colorado-Flusses garantiert.« (ebenda, S. 18)
3. Der US-Imperialismus mischt sich überall auf der Welt ein, um seine Herrschaft über die Energie-, Wasser- und Nahrungsquellen zu sichern und den aktiven Widerstand der Massen gegen die Umweltkatastrophe niederzuhalten: »Das hartnäckige Problem, dem das Land sich gegenübersieht, besteht darin, die wachsenden militärischen Spannungen auf der ganzen Welt zu dämpfen. Während Hunger, Krankheiten und wetterbedingte Katastrophen aufgrund der abrupten Klimaänderungen zuschlagen, werden die Bedürfnisse vieler Länder die Tragfähigkeit überfordern. Dadurch entsteht ein Gefühl der Verzweiflung, das wahrscheinlich zu offensiver Aggression führen wird«. (ebenda, S. 18)
4. Dazu werden der Ausbau der Atomenergie, die Ausbreitung der Atomwaffen und ein atomarer Weltkrieg ins Auge gefasst: »In dieser Welt der kriegführenden Staaten ist die Verbreitung von nuklearen Waffen unvermeidlich. … Mit der Verknappung der Energieversorgung – und der wachsenden Notwendigkeit des Zugangs dazu – wird die Kernenergie eine entscheidende Energiequelle werden und dies wird die Verbreitung von Kernwaffen beschleunigen«. (ebenda, S. 19)
Diese Pentagon-Studie ist nur ein »Planspiel«. Doch sie wirft ein Schlaglicht darauf, mit welch eiskalter Denkweise die Imperialisten ihr »ökologisches« Krisenmanagement konzipieren – selbst angesichts der heraufziehenden Weltklimakatastrophe.
Eine Lösung der Umweltkatastrophe sieht der imperialistische Ökologismus der USA zynisch sogar darin, dass die Bevölkerung durch Krieg, Hunger und Krankheiten reduziert wird:
»Weil eine abrupte Klimaveränderung die Tragfähigkeit der Welt reduziert, werden Angriffskriege wegen Nahrung, Wasser und Energie wahrscheinlich geführt werden. Todesfälle durch Krieg sowie Hunger und Krankheit werden die Bevölkerungszahl verkleinern, was mit der Zeit zu einem neuen Gleichgewicht mit der Tragfähigkeit führen wird.« (ebenda, S. 15)
Selbst vor der systematischen Reduzierung der Weltbevölkerung durch vernichtende Kriege schrecken diese Imperialisten offensichtlich nicht zurück.
2012 erschien eine aktualisierte Studie der Bundeswehr: »Streitkräfte, Fähigkeiten und Technologien im 21. Jahrhundert – Umweltdimensionen von Sicherheit«. Sie legt mögliche Folgen eines »Tipping Points« (Kipppunkts) dar, eines Wendepunkts der gesellschaftlichen Entwicklung infolge einer drastischen Ölverknappung nach dem »Peak Oil«1: »Mittelfristig bräche das globale Wirtschaftssystem und jede marktwirtschaftlich organisierte Volkswirtschaft zusammen. … extremer Anstieg der Arbeitslosigkeit … Staatsbankrotte … Hungersnöte«. (S. 57–59)
Da Öl heute noch unverzichtbar ist für die Energieversorgung und die Profitwirtschaft der imperialistischen Länder, soll die Ölversorgung mit allen Mitteln gesichert werden.
»Daher gewinnt infolge des Peak Oil zur Vermeidung weiterer, möglicherweise systemkritischer Erschütterungen die Sicherung kritischer Energieinfrastrukturen an Bedeutung. … Hochseefähige Marinekräfte für Geleit- und Schutzaufgaben könnten als Notfallvorsorge zur Offenhaltung internationaler Seewege erheblich an Bedeutung gewinnen.« (ebenda, S. 79)
Imperialismus bedeutet Krieg! In Zeiten der fundamentalen Krise der Einheit von Mensch und Natur erscheint das alte imperialistische Machtstreben im neuen Gewand des imperialistischen Ökologismus.