Einige Grundfragen des Parteiaufbaus
1972, in einer Situation zahlloser Spaltungen in der sogenannten „marxistisch-leninistischen Bewegung“ war die Vereinigung von KAB(ML) und KPDML(RW) zum KABD (Kommunistischer Arbeiterbund Deutschlands) ein zukunftsweisendes Signal! Es stand die Aufgabe, allseitig die Voraussetzungen für die Gründung einer marxistisch-leninistischen Partei zu schaffen.
Es war Aufgabe des RW 10, mit diesem Ziel die Grundfragen des Parteiaufbaus zu klären und die grundsätzlichen Seiten des Parteiaufbaus zu bestimmen. Eine hervorragende Schrift zur Einführung in den marxistisch-leninistischen Parteiaufbau, in seinen 5 grundlegenden Seiten:
- Der Marxismus-Leninismus, die ideologische Grundlage der Partei.
- Das Programm, die politische Linie der Partei.
- Die Organisation, das Instrument der praktischen Tätigkeit der Partei.
- Der demokratische Zentralismus, das Organisationsprinzip der Partei.
- Kritik und Selbstkritik, das Entwicklungsgesetz der Partei.
Einige Grundfragen des Parteiaufbaus
Erschienen: 1973
Am 29. April 1904, wurde Willi Dickhut in Schalksmühle geboren. Er starb am 8. Mai 1992 in Solingen - auf den Tag genau 47 Jahre nach der Befreiung vom Hitler-Faschismus. Willi Dickhut war Arbeiter, Marxist-Leninist, Widerstandskämpfer gegen den Hitler-Faschismus, Mitbegründer und Vordenker der MLPD.
Er hat lange Jahre das theoretische Organ REVOLUTIONÄRER WEG der MLPD geleitet. Sein Lebenswerk umfasst nahezu ein ganzes Jahrhundert Geschichte der revolutionären Arbeiterbewegung in Deutschland. Er hat den Stil der MLPD entscheidend mit geprägt. Ein besonderes Anliegen war ihm, kritisch-selbstkritisch und selbständig denkende und handelnde Kader zu entwickeln, als Damm gegen Dogmatismus, Revisionismus oder gar eine Entartung der Partei.
Leseprobe
I. Die grundsätzlichen Seiten des Parteiaufbaus | 5 |
1. Der Marxismus-Leninismus, die ideologische Grundlage der Partei | 6 |
2. Das Programm, die politische Linie der Partei | 10 |
3. Die Organisation, das Instrument der praktischen Tätigkeit der Partei | 13 |
4. Der Parteiaufbau – vom Bund zur Partei | 17 |
II. Der demokratische Zentralismus in Partei und Arbeiterbewegung | 22 |
1. Über die Bedeutung der innerparteilichen Demokratie | 23 |
2. Ohne Zentralismus und Disziplin keine gefestigte Partei | 31 |
3. Zur Durchführung des demokratischen Zentralismus in der Partei | 39 |
III. Kritik und Selbstkritik als Entwicklungsgesetz der Partei und der sozialistischen Gesellschaft | 44 |
1. Kritik und Selbstkritik als Methode der wissenschaftlichen Erkenntnis | 44 |
2. Kritik und Selbstkritik als Entwicklungsgesetz der revolutionären Partei der Arbeiterklasse | 50 |
3. Kritik und Selbstkritik als Triebkraft des sozialistischen Aufbaus | 55 |
4. Kritik und Selbstkritik als Grundlage der sozialistischen Ideologie und Kultur | 61 |
Rezensionen, Studientipps und Briefwechsel
Sehr geehrter Herr Dickhut! 8. 1. 75
Beim wiederholten Studium des Revolutionären Wegs 10 ist mir immer, trotz voller inhaltlicher Zustimmung, am Anfang (S. 5) eine Formulierung unklar geblieben. Es geht darum, daß die fünf prinzipiellen Seiten des Parteiaufbaus eine dialektische Einheit bilden (auch auf S. 9 ist von der »Einheit aller Seiten« die Rede). Klar ist, daß man keine Seite abtrennen darf, aber bei Marx, Engels, Lenin, Stalin, Mao Tsetung und auch im Revolutionären Weg 6 (zum Beispiel S. 51) bilden immer zwei Seiten eine dialektische Einheit. Es können zwar verschiedene Widersprüche zusammenkommen, aber immer sind es Widerspruchspaare, wie zum Beispiel Theorie und Praxis, Demokratie und Zentralismus, Bourgeoisie und Proletariat, Revolution und Konterrevolution. Auch die chinesischen Genossen sprechen von »Eins teilt sich in zwei« und nicht von »eins teilt sich in fünf«.
Ich bitte, mir die Frage zu beantworten, denn ich glaube, es ist keine rein akademische, weil sie mich und die, die ich fragte, sehr verunsichert hat, was zum Beispiel dazu führte, daß der Verdacht aufkam, das Wort »dialektisch« wäre hier nichtssagend, sozusagen nur als Phrase hineingeschrieben, damit es sich »marxistisch anhöre« (Zitat eines Kollegen).
Mit freundlichem Gruß
H. C.
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Sehr geehrter Herr H. C.! 25. 2. 75
Entschuldigen Sie, daß ich Ihren Brief wegen Überarbeitung nicht früher beantworten konnte. Um gleich auf den Kern der Sache zu kommen: Sie sehen anscheinend die dialektische Einheit allzusehr schematisch an, als Widerspruch zweier Pole, die zu anderen Widersprüchen nicht in Beziehung stehen. »Ja, ja, nein, nein, was darüber ist, ist vom Übel« (Engels). Eine dialektische Einheit steht mit einer anderen dialektischen Einheit nicht in Koexistenz nebeneinander, sondern beide stehen in Wechselbeziehung zueinander und bilden eine umfassendere, eine höhere dialektische Einheit. Es kann zum Beispiel keine echte dialektische Einheit des demokratischen Zentralismus geben ohne die dialektische Einheit von Kritik und Selbstkritik, das heißt, Kritik, Demokratie und Freiheit gehören zusammen wie Selbstkritik, Zentralismus und Disziplin, stehen in Wechselwirkung miteinander und bilden eine dialektische Einheit.
Ich bitte, Lenins »Bestimmung der Dialektik« (Revolutionärer Weg 6, S. 23–25) in aller Tiefe zu studieren und darüber nachzudenken. Als ich in meiner Jugend durch Selbststudium darauf gestoßen bin, habe ich tagelang darüber nachgegrübelt. Lenin weist darauf hin (Punkt 9): »nicht nur Einheit der Gegensätze, sondern Übergänge jeder Bestimmung, jeder Erscheinung, jeder Qualität, jedes Zugs, jeder Seite, jeder Eigenschaft in jedes andere« und (Punkt 10) »unendlicher Prozeß der Erschließung neuer Seiten, Beziehungen usw.« Hier stellt Lenin gerade die Beziehungen der verschiedenen Seiten, Erscheinungen, Prozesse von einem zum anderen, die alle zusammen in Wechselbeziehung miteinander stehen, als Summe und Einheit der Gegensätze heraus. Je mehr Seiten wir erschließen, um so gründlicher erfassen wir das Wesen. Lenin schreibt (Punkt 11): »unendlicher Prozeß der Vertiefung der Erkenntnis der Dinge, der Erscheinungen, Prozesse usw. durch den Menschen, von der Erscheinung zum Wesen und dem weniger tiefen zum tieferen Wesen.«
Wir haben im Revolutionären Weg 10, Seite 5 nur die fünf grundsätzlichen Seiten des Parteiaufbaus als dialektische Einheit herausgestellt. Selbstverständlich gehören zum Parteiaufbau noch viel mehr Seiten, die im engen Zusammenhang miteinander stehen. Die fünf grundsätzlichen Seiten sind die wesentlichen Seiten, alle anderen sind weniger wesentliche Seiten. Verstöße gegen die grundsätzlichen Seiten gefährden den Parteiaufbau und können die Organisation zerstören. Verstöße gegen weniger wesentliche Seiten beziehungsweise deren Nichtbeachtung erweisen sich als mehr oder weniger große Fehler, die möglichst schnell erkannt und korrigiert werden müssen. Geschieht das nicht, kann die Summe von Einzelfehlern sich zu einem grundsätzlichen Fehler entwickeln und ebenfalls den Parteiaufbau gefährden (siehe Revolutionärer Weg 10, S. 50).
Noch mal zu Ihrem Brief. Das Nebeneinanderstellen von Widerspruchspaaren ohne Zusammenhang miteinander, ohne Wechselbeziehung untereinander ist nicht marxistisch. Bei einer Analyse der Widersprüche ist die Trennung zwar notwendig, aber man muß sie wiederum als Synthese vereinigen, um den kausalen Zusammenhang aufzuzeigen. Lenin sagt in Punkt 12 der »Bestimmung der Dialektik«: »von Koexistenz zur Kausalität und von der einen Form des Zusammenhangs und der wechselseitigen Abhängigkeit zu einer anderen, tieferen, allgemeineren.«
Ihr Kollege ist im Irrtum, wenn er meint, das Wort »dialektisch« sei als Phrase verwandt worden, weil es sich »marxistisch anhöre«, vielmehr ist es sein metaphysisches Denken, das ihn daran hindert, die Dialektik des Parteiaufbaus zu verstehen. Wenn er Lenins »Bestimmung der Dialektik« begriffen hätte, würde er so nicht urteilen.
Mit freundlichem Gruß
W. Dickhut