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Die neuen Polizeigesetze: Notstandsrecht jetzt auch ohne „Notstand“

Die neuen Polizeigesetze: Notstandsrecht jetzt auch ohne „Notstand“
Polizeiübergriff auf friedliche Demonstranten, Bild: Wikipedia

Die neuen Polizeigesetze legalisieren faschistoide Methoden und wenden Regelungen der Notstandsgesetze von 1968 gezielt an, ohne dass der „Notstand“ erklärt werden muss. Die von der ersten Großen Koalition aus CDU/CSU und SPD im Mai

1968 beschlossenen Gesetze sehen die weitgehende Aushebelung der Grundrechte und den Einsatz von Bundeswehr und Bundespolizei gegen einen „Aufstand“ der Bevölkerung vor.

Die neuen Polizeigesetze führen außergerichtliche polizeiliche Maßnahmen im Sinne der Notstandsgesetze auf Personen, Personengruppen oder bestimmte Gebiete bezogen ein, ohne dass ein allgemeiner Notstand erklärt wird oder besteht.

Was soll die Polizei alles dürfen?

Die neuen Polizeigesetze wenden durchgängig die neuen Begriffe der sogenannten „drohenden Gefahr“ bzw. der „drohenden terroristischen Gefahr“ an. Also reicht die bloße Annahme der Polizei, dass jemand in Zukunft gefährlich werden könnte, um die Maßnahmen anzuwenden. Damit wird der Grundsatz der Unschuldsvermutung aufgegeben.

Bei konkreten Unterschieden in den einzelnen Bundesländern ist der Grundtenor einheitlich:

 

  • Die Polizei wird zur Bürgerkriegsarmee weiter aufgerüstet, darf künftig auch Kriegswaffen wie Handgranaten tragen und soll mit Elektrowaffen („Distanzelektroimpulsgeräte“) aufgerüstet werden.
  • Das BKA soll eine Zentralstellenfunktion“ bekommen, womit die vom Grundgesetz bestimmte Länderhoheit über die Polizei weiter eingeschränkt wird.
  • Nicht nur die Geheimdienste, auch die Polizei darf V-Leute einschleusen.
  • Die Polizei darf ohne Verdacht auf konkrete Straftaten ermitteln und ohne jedes Gerichtsurteil Strafen verhängen.
  • Jeder Bürger wird zum Verdächtigen erklärt. Unter dem Begriff der „strategischen Fahndung“ kann jeder jederzeit angehalten und die Identität auch zwangsweise durch DNA-Abstrich erfasst, Autos und Taschen durchsucht werden. Diese „Schleierfahndung“ verstößt laut Europäischem Gerichtshof gegen das SchengenAbkommen. Sie verstärkt das Racial Profiling, die Kontrolle von „ausländisch aussehenden Personen“ und soll vor allem gegen „illegale Einwanderung“ eingesetzt werden.
  • Bisher war Videobeobachtung nur an Orten erlaubt, an denen Verbrechen erfolgt sind, jetzt auch, wo die Gefahr von Verbrechen möglich ist und wo Täter an den Tatort mit den Verkehrsverbindungen (ÖPNV, Zufahrtsstraßen, Parkmöglichkeiten, Verkehrsknotenpunkte) kommen können.(S.35) Also überall.
  • Aufhebung der Privatsphäre durch verdachtsunabhängiges Ausspähen von Computer, Smartphone usw. Mit der sogenannten Quellen-Telekommunikationsüberwachung werden Daten schon im Rechner des Absenders abgegriffen, noch ehe sie eventuell für den Transport verschlüsselt werden. Faktisch darf jeder PC ausspioniert werden: Briefund Fernmeldegeheimnis ade.
  • Befugnis der Polizei zum Einbruch in Wohnungen, um Staatstrojaner“ zu installieren.
  • Verhängung von Kontaktund Aufenthaltsverboten. Darüber hinaus kann es aber auch erforderlich sein, das Aufsuchen bestimmter Orte, z. B. solche, an denen konspirative Treffen stattfinden, zu verbieten.Damit werden die Grundrechte der Bewegungsund Koalitionsfreiheit attackiert.
  • Elektronische Fußfessel – Entwurf PolG NRW § 34c. Diese kannauch zur Überwachung einer Aufenthaltsanordnung und Kontaktverbote eingesetzt werden“. (S. 29) Big Brothers watching you!
  • Freiheitsentzug (Pventivhaft oder Vorbeugender Unterbindungsgewahrsam) bis zu einem Monat (in Bayern sogar drei Monate unbegrenzt verlängerbar, in Niedersachsen 74 Tage) ohne Tatvorwurf oder konkrete Gefahr (Entwurf PolG NRW § 38). Bisher musste die Polizei eine in Gewahrsam genommene Person spätestens bis zum Ende des Tages nach dem Ergreifen wieder freilassen.