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Wer kann so skrupellos sein?

Wer kann so skrupellos sein?
AKW Doel aus der Luft (foto: Alexandre Jacquemin - CC BY-SA 3.0)

Volkswirtschaftlich gesehen ist die Atomkraft nicht nur die gefährlichste, sondern auch die teuerste Energiegewinnung. Das Märchen vom „günstigen Atomstrom“ ist reine Schönrechnerei von Regierung und Energiemonopolen. Ohne staatliche Subventionierung und Abwälzung aller Folgekosten auf die Gesellschaft, würde die Kilowattstunde Atomstrom mindestens 2 Euro statt durchschnittlich 0,25 Euro kosten!

204 Milliarden Euro staatliche Subventionen hat die deutsche Atomindustrie in den letzten 60 Jahren kassiert. Die 17 AKWs in Deutschland sind mit einer Summe von 2,5 Milliarden Euro extrem unterversichert. Das sind 0,005 Prozent der geschätzten Folgekosten eines Größt-Anzunehmenden- Unfalls (GAU).

Allein aus dem absaufenden Atommüll- Lager im Salzstock ASSE II müssen 128.000 Fässer mit radioaktivem Material für geschätzt 3,7 Milliarden Euro zurückgeholt werden!1 Ein Teil davon ist Leck geschlagen. Es entweicht radioaktives Tritium aus den Abluftschächten des Bergwerks und radioaktives Material gelangt ins Grundwasser.

Die Lagerung des Atommüll ist weltweit vollständig ungelöst. Rücksichtslos wird der Atommüll künftigen Generation „veerbt“.

Der Bau, die Ausrüstung und Betrieb von AKWs ist ein maximalprofitables Geschäft.

Die eigentlichen Profiteure und Akteure haben Namen:

  • Betreibern wie RWE, E.on, EnBW, Vattenfall bringt ein laufendes AKW pro Tag einen Reingewinn von bis zu 2,2 Millionen Euro. Schon der SPD/ Grüne-“Atomkonsens“ von 2002 garantierte ihnen mindestens 87 Milliarden Euro Profit bis 2023. Die Laufzeitverlängerung von CDU und FDP im Herbst 2010 erhöhte diesen Profit um weitere 140 Milliarden Euro2. RWE klagt jetzt gegen die Stilllegung von Biblis A. „Mit der Klage wahre man die Interessen der Aktionäre“, heißt es bei RWE. Und was ist mit dem Gesundheitsrisiko und den Lebensinteressen der Bevölkerung und Beschäftigten?
  • Anlagenbauer und -ausrüster wie Siemens, Toshiba (Japan), Westinghouse (USA), General Electric (USA), Rosatom (Russland) und Areva (Frankreich) stehen hungrig in den Startlöchern. Weltweit ist der Bau von neuen AKWs mit einem geschätzten Auftragsvolumen von einer Billion Euro geplant. In gegenseitiger Konkurrenz unterbieten sie sich bei den Baukosten und damit den notwendigen Mindeststandards.
  • Schützenhilfe erhalten diese Monopole von ihren jeweiligen Regierungen. So hat die deutsche Bundesregierung unter anderem eine Bürgschaft von über einer Milliarde Euro für den Bau des Reaktors Angra 3 in Brasilien zugesagt. An dem Bau ist unter anderem Siemens beteiligt. Und das an einer erdrutschgefährdeten Bucht an der Atlantikküste.3 Sämtliche „Ausstiegs“-Vorschläge von CDU, FDP, SPD und Grüne beziehen sich nur auf den unmittelbaren Betrieb in Deutschland. Sie bedeuten aber keineswegs den Ausstieg aus dem weltweiten Bau und Betrieb der AKWs, auch durch deutsche Monopole! Dafür wäre ein Import/Export-Verbot für Atomenergie und Kraftwerkstechnologie notwendig.
  • Energiemonopole und Staat sind auf allen Ebenen (Bund, Länder und Kommunen) aufs engste durchdrungen und verflochten. Über 15 % der RWEAktien werden von NRW-Kommunen gehalten. Das Land Baden-Württemberg spekuliert mit dem Einstieg bei EnBW selbst auf die Atomkraft.
  • Die Uranbergbaubetreiber, die teilweise wie Areva zugleich AKW-Anlagenbauer sind. Der Uranbergbau setzt radioaktiven Staub in Wasser und Atemluft frei, vergiftet und tötet jährlich Tausende Menschen durch Leukämie, Tod- und Fehlgeburten und zerstört ganze Landstriche auf Tausende von Jahren!
  • Das internationale Finanzkapital: Großbanken mischen kräftig mit und sind führend beteiligt. Unter den zehn internationalen Großbanken, die die Atom-Geschäfte finanzieren, belegt die Deutsche Bank weltweit Platz 7 mit 7,8 Milliarden Euro „Finanzdienstleistungen“ zwischen 2000 und 2009.4 Deutsche Bank und WestLB gaben Anleihen in Höhe von 30 Millionen Euro der jahrelang kritisierten Pannen- und Vertuschungsfirma Tepco heraus.5 Zwei der drei größten Versicherungen Japans sind an Tepco beteiligt. Versichert haben sie das Kraftwerk allerdings nicht!
  • Der militärisch-industrielle Komplex: So wird nicht zuletzt aus militärischen und machtpolitischen Motiven unbeirrt und skrupellos an dieser unbeherrschbaren und todbringenden Technik festgehalten. Erst mit dem Betrieb von AKWs ist die massenhafte Herstellung von atomwaffenfähigem Plutonium möglich. Der Bau neuer „taktischer Atomwaffen“, wie der Einsatz von abgereicherter Uranmunition in den weltweit geführten Kriegen sind ohne die Atompolitik nicht möglich. Die angebliche Trennung von militärischer und „ziviler“ Nutzung der Kernenergie ist eine Illusion. Die Forderung nach sofortiger Stilllegung aller AKWs und die zum Verbot und Vernichtung aller ABC-Waffen gehören zusammen.