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8.3. Die Strategie und Taktik des aktiven Widerstands

Die Strategie und Taktik des aktiven Widerstands gegen die Weltkriegsgefahr zielt auf den Übergang von der strategischen Defensive der internationalen Arbeiterklasse zur strategischen Offensive bis zur sozialistischen Revolution. Das gelang erstmals in der Oktoberrevolution 1917 in Russland. Der aktive Widerstand erfordert die Weiterentwicklung der Fähigkeit der Marxisten-Leninisten, unmittelbar Massen zu bewegen und zu führen.

Aktiver Widerstand unterscheidet sich qualitativ von Protesten. Im Programm der MLPD heißt es:

»Die Entfaltung des aktiven Volkswiderstands … ist durch kämpferische Massenaktionen gegen Monopole und Staat gekennzeichnet.«[160]

Aktiver Widerstand muss systematisch gefördert und entwickelt werden:

»Um den Volksmassen den Schritt zum aktiven Widerstand zu erleichtern, müssen dem jeweiligen Bewußtseinsstand angemessene Widerstandsaktionen in Betrieb und Stadtteil organisiert, die Aktionseinheit gestärkt und Widerstandsgruppen gebildet werden.«[161]

Aktiver Widerstand entwickelt sich nur in Verbindung mit Bewusstseinsbildung:

  • Von Ablehnung des Kriegs, Erschrecken, bloßem Unmut, moralischer Entrüstung, Gelähmtheit und Passivität zu praktischer Aktivität.
  • Von spontaner Verurteilung des ungerechten Kriegs zur Erkenntnis seiner gesetzmäßigen Ursachen im imperialistischen Weltsystem.
  • Von Auswirkungen der Desorientierung, Desorganisation und Demoralisierung durch das gesellschaftliche System der kleinbürgerlichen Denkweise zu einem proletarischen Klassenstandpunkt.
  • Von reinen Abwehrmaßnahmen zu offensiven Kampf­formen.
  • Vom Fertigwerden mit der Manipulation der öffentlichen Meinung durch die psychologische Kriegsvorbereitung und -führung zum Übergang zu aktiver Aufklärung und Bewusstseinsbildung über die gesellschaftlichen Ursachen des Kriegs.
  • Vom Fertigwerden mit dem Antikommunismus zur aktiven Beteiligung an der Bewegung »Gib Antikommunismus keine Chance!«.
  • Von spontaner Aktivität gegen den Krieg zur Organisation im aktiven Widerstand und im Kampf für den Sozialismus.

Die Verarbeitung der Situation mithilfe der Marxisten-Leninisten ist an praktische Kampferfahrungen der Arbeiterklasse und der breiten Massen gebunden. Sie werden ihre Erfahrungen machen mit der massiven Abwälzung der Krisen- und Kriegslasten auf die Massen, der Entsendung von Bundeswehrtruppen in Kriegseinsätze, dem Einzug von Reservisten, der Aufhebung demokratischer Rechte und Freiheiten usw.

Unter der Jugend bekommt der antimilitaristische Kampf besondere Bedeutung. Er verbindet die praktische Aktivität etwa gegen Werbeauftritte der Bundeswehr in Schulen sowie gegen die Militarisierung von Forschung und Ausbildung mit Schulungs- und Bildungsarbeit. Wesentlich ist der Kampf um die Denkweise gegen das Eindringen militaristischer Propaganda, völkischer Demagogie und faschistischer Ideologie.

Die kämpferische Frauenbewegung steht vor der Herausforderung, die Masse der Frauen gegen den imperialistischen Krieg zusammenzuschließen und als entscheidendes Bindeglied zwischen Arbeiterbewegung und aktivem Volkswiderstand zu arbeiten.

Der aktive Widerstand verbindet sich eng mit den Kämpfen um Erhalt und Ausbau sozialer Errungenschaften sowie gegen die Abwälzung der Kriegs- und Krisenlasten und mit dem Kampf um demokratische Rechte und Freiheiten der Massen.

Der heute notwendige aktive Widerstand zielt nicht zuletzt auf unverbrüchliche Solidarität mit der Arbeiterklasse und den breiten Massen in der Ukraine. Diese zahlen heute einen hohen Blutzoll im Kampf gegen die imperialistische Aggression Russlands, aber auch als Volk, das für NATO und EU den Kopf hinhalten soll.

Der aktive Widerstand braucht ein Programm mit klaren Forderungen:

  • Aktiver Widerstand gegen die Vorbereitung eines Dritten Weltkriegs!
  • Sofortige Beendigung der Aggression Russlands und Abzug aller russischen Truppen aus der Ukraine!
  • Russische Reparationen für alle Kriegsschäden und unnachgiebige Bestrafung von Menschenrechtsverletzungen!
  • Militärische Neutralität der Ukraine und eine entmilitarisierte Zone an der Grenze zwischen Ukraine und Russland!
  • Abzug aller NATO-Truppen und in Osteuropa stationierter Waffen!
  • Auflösung der NATO und anderer Kriegsbündnisse sowie konterrevolutionärer Eingreiftruppen wie des OVKS[162]!
  • Keine Waffenlieferungen und keine logistische Unterstützung ungerechter Kriege!
  • Aufhebung des Waffenembargos gegen antiimperialistische Befreiungsbewegungen!
  • Verbindlicher Verzicht auf den Ersteinsatz von Atomwaffen – Verbot und Vernichtung aller ABC-Waffen!
  • Die Hochrüstungspläne der Bundeswehr müssen vom Tisch – weg mit dem »Sondervermögen von 100 Milliarden Euro«!
  • Abzug aller deutschen Truppen aus dem Ausland!
  • Keine Abwälzung der Krisen- und Kriegslasten auf die Massen! Kampf für Lohnnachschlag!
  • Drastische Sofortmaßnahmen für den Umweltschutz! Rettet die Umwelt vor imperialistischer Profitwirtschaft und Krieg!
  • Unabdingbar für den aktiven Widerstand sind Prinzipien gleichberechtigter Zusammenarbeit wie breite Demokratie, Überparteilichkeit, weltanschauliche Offenheit auf antifaschistischer sowie internationalistischer Grundlage, demokratische Streitkultur und finanzielle Unabhängigkeit.

Der aktive Widerstand gegen imperialistische Mächte und Blöcke muss mit der Perspektive einer dem Imperialismus überlegenen Kraft entfaltet und organisiert werden. Gebot der Stunde ist der weitere Aufbau und die Stärkung einer weltweiten antifaschistischen und antiimperialistischen Einheitsfront, wie sie der gemeinsame Aufruf von ICOR und ILPS[163] konzipiert hat.[164]

Die revolutionäre Weltorganisation ICOR hat sich vor und seit dem Kriegsbeginn in ihren Resolutionen klar positioniert.[165] In vielen Ländern, nicht zuletzt in der Ukraine und in Russland, fördern ihre Mitgliedsorganisationen Antikriegsaktivitäten, leisten aktive Aufklärung über den Imperialismus und stärken die Kräfte des Sozialismus. So lautete die Überschrift der Erklärung einer außerordentlichen Sitzung der Internationalen Koordinierungsgruppe (ICC) der ICOR im Mai 2022:

»Verhindern wir den III. Weltkrieg durch die Stärkung der Kräfte für den Sozialismus.«

Aber auch die Einheit der ICOR sowie der Kräfte der Einheitsfront muss erkämpft werden. Sie muss fertigwerden mit der Wirkung der kleinbürgerlich-sozialchauvinistischen Denkweise oder der Unterschätzung der Vorbereitungen des Dritten Weltkriegs, etwa als eine nur auf Europa begrenzte Angelegenheit.

Die entscheidende Feuertaufe der ICOR wird eine neue Qualität des proletarischen Internationalismus der Tat in der weltweiten Zusammenarbeit sein. Dazu gehört die Stärkung der ICOR-Organisation sowie die Höherentwicklung der praktischen Kooperation und Koordination in Verbindung mit dem Aufbau und der erheblichen Stärkung revolutionärer Parteien in immer mehr Ländern.

Für jeden revolutionären Marxisten-Leninisten gibt es in dieser Situation nur den Weg nach vorn, wie ihn Lenin beschreibt:

»Ohne Verbindung mit dem revolutionären Klassenkampf des Proletariats ist der Kampf für den Frieden nur eine pazifistische Phrase sentimentaler oder das Volk betrügender Bourgeois. … Wir müssen also den Massen helfen, den Imperialismus, ohne dessen Beseitigung ein Frieden ohne Annexionen unmöglich ist, zu stürzen. Natürlich ist der Kampf für den Sturz des Imperialismus schwierig, doch die Massen müssen die Wahrheit über den schwierigen, aber notwendigen Kampf kennen. Die Massen dürfen nicht durch die Hoffnung auf ­einen Frieden ohne Beseitigung des Imperialismus eingelullt werden.«[166]