4.1. Die offene Krise der Neuorganisation der internationalen Produktion
Bedeutender als die unmittelbaren wirtschaftlichen Rückwirkungen der Sanktionen sind die globalen und damit strategischen Erschütterungen im Gefüge der Neuorganisation der internationalen Produktion. Sie sind in ihrer Tragweite noch kaum abzusehen. Anders als die US-Monopole, die maßgeblich im riesigen Binnenmarkt produzieren und ihre Produkte absetzen, produzieren die deutschen internationalen Monopole vor allem im Ausland und realisieren dort ihre Maximalprofite.[82] Der Wirtschaftskrieg des Westens gegen Russland hat eine zweischneidige Wirkung. Denn er treibt Russland gleichzeitig an, den Ausbau der »freundschaftlichen Beziehungen« mit den sanktionsfeindlichen Ländern und vor allem mit dem neuimperialistischen China zu einem wirtschaftlichen, politischen und militärischen Block noch entschiedener zu entwickeln.
Damit provoziert die Sanktionspolitik von NATO und EU das Ende des einheitlichen Weltmarkts, der ökonomischen Hauptbedingung der Neuorganisation der internationalen Produktion. Es zeichnet sich schon jetzt ab, dass sich der begonnene Weltwirtschaftskrieg künftig ausweitet. So forderte NATO-Generalsekretär Stoltenberg im Mai 2022 auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos unter dem demagogischen Motto »Freiheit ist wichtiger als Freihandel« eine Entkoppelung der Wirtschaft von China.[83] Die seitherige internationale Arbeitsteilung ist infrage gestellt, während sie gleichzeitig unverzichtbare Notwendigkeit für die Maximalprofit bringende monopolistische Industrieproduktion bleibt. Wichtige Produktionsverbünde werden auseinandergerissen und ganze Industriebranchen von Rohstoffen und Vorprodukten abgeschnitten und in dauerhafte Krisen gestürzt. Die Einschränkung oder gar das völlige Abschneiden von bisher offenen Absatzmärkten erschwert auch den Absatz der gesteigerten Massenproduktion der Übermonopole. Die Folgen für die Weltwirtschaft sind noch nicht absehbar, zumal diese Entwicklung auf eine schon im Vorfeld des Kriegs entstandene Logistik-, Energie- und Rohstoffkrise sowie eskalierende Handelskriege trifft. In böser Vorahnung prognostizierte die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock einen künftigen »Hurrikan von Krisen« auf der Welt.[84]
In der Weltwirtschaft hat eine offene Krise der Neuorganisation der internationalen Produktion eingesetzt, die die Destabilisierung des imperialistischen Weltsystems weiter enorm beschleunigt. Der Übergang zum Weltwirtschaftskrieg spitzt den hauptsächlichen Widerspruch zwischen den revolutionären internationalisierten Produktivkräften und der nationalstaatlichen Macht und der Organisation der kapitalistischen Produktionsverhältnisse aufs Äußerste zu. Das treibt die Gefahr eines Dritten Weltkriegs voran. In dem Buch »Götterdämmerung über der ›neuen Weltordnung‹« heißt es dazu:
»Dass der Imperialismus zwar die Neuorganisation der Produktion einleiten, aber aufgrund seiner unlösbaren inneren Widersprüche nie einen Weltstaat schaffen kann, offenbart, dass der Imperialismus an eine relative Grenze seiner historischen Entwicklung stößt. Die modernen Produktivkräfte verlangen nach Produktionsverhältnissen, die ihrem internationalen Charakter entsprechen, aber diese sind nur in vereinigten sozialistischen Staaten der Welt zu verwirklichen.«[85]