3.2. Die Ukraine – ein durch und durch reaktionärer kapitalistischer Staat
Es ist ein Hohn, wenn Bundeskanzler Olaf Scholz/SPD behauptet: Der Krieg Russlands gegen die Ukraine »richtet sich gegen alles, was Demokratie ausmacht«.[57] In Wirklichkeit wurde in der Ukraine unter der Herrschaft der Oligarchen und auch der Regierung Wolodymyr Selenskyjs alles, was bürgerliche Demokratie ausmacht, schon in den Jahren zuvor unterdrückt. 2015 wurden kommunistische Symbole verboten, Arbeiterkämpfe auch nach Antritt der Regierung Selenskyjs unterdrückt. Jahrelang lehnte die EU den Aufnahmewunsch der Ukraine ab, weil diese wesentliche Aufnahmekriterien nicht erfüllte wie eine »stabile und rechtsstaatliche Demokratie, … aber auch … eine funktionsfähige und wettbewerbsfähige Marktwirtschaft«.[58] Noch im September 2021, also lange nach der Wahl Selenskyjs zum Präsidenten 2019, bescheinigte der Europäische Rechnungshof (ECA) der Ukraine »Großkorruption (als) ein zentrales Problem«.[59] Die Organisation humedica erklärte schon 2021 zur sozialen Lage in der Ukraine:
»Ein Monatseinkommen von rund 350 Euro und Lebenshaltungskosten auf westeuropäischem Standard – heute gelten mehr als 45 Prozent der Bevölkerung als arm. … Wer in der Ukraine auf ärztliche Hilfe angewiesen ist oder ein krankes oder gar behindertes Kind auf die Welt bringt, der steht häufig vor dem finanziellen Ruin.«[60]
Dagegen besaßen 2021 allein die sieben reichsten Männer des Landes ein Privatvermögen von 11,9 Milliarden US-Dollar.[61] Im Januar 2022 trat in der Ukraine ein rassistisches Sprachengesetz in Kraft, das die russische Sprache im öffentlichen Raum diskriminiert – obwohl 40 Prozent der ukrainischen Bevölkerung im privaten Umfeld russisch sprechen.
Mit Kriegsbeginn wurde in der Ukraine das Kriegsrecht verhängt und sämtliche demokratischen Rechte und Freiheiten wurden aufgehoben. Die Gewalt wurde zur hauptsächlichen Herrschaftsmethode: Zwangsarbeit, Enteignung, Beschränkung der Freizügigkeit, vollständiges Verbot von Versammlungen und Streiks, Parteiverbote, Medienzensur, allgemeine Wehrpflicht, Internierung von Ausländern oder Aussetzung von Wahlen.
Jede Opposition gegen das Selenskyj-Regime wird inzwischen mit dem Vorwurf »prorussischer Aktivität« verfolgt und ausgeschaltet. Per Dekret verbot der Präsident am 18. März 2022 die Aktivitäten von elf oppositionellen Parteien, darunter der Block linker Kräfte, die Linke Opposition und die Sozialistische Partei der Ukraine. Am 20. März folgte ein Dekret zur Zusammenlegung aller nationalen Nachrichtensender unter Kontrolle der Regierung.
Die ICOR-Organisation Koordinierungsrat der Arbeiterbewegung der Ukraine (KSRD) berichtet von besonderen Angriffen auf die Arbeiterklasse:
»Gleichzeitig haben die ukrainischen Behörden unter dem Kriegsrecht das Arbeitsrecht verschärft. … wesentlich einfachere Entlassung von Arbeiterinnen und Arbeitern, die Erhöhung der Wochenarbeitszeit von 40 auf 60 Stunden und die Abschaffung staatlicher Feiertage. … Jegliche Streiks sind verboten.«[62]
Es ist an Heuchelei kaum zu überbieten, wie Wolodymyr Selenskyj – bestens inszeniert im olivgrünen T-Shirt und mit Dreitagebart – international in den Massenmedien als tapferer Verteidiger von Freiheit und Demokratie auftritt.
Die Arbeiterklasse und die breiten Massen in der Ukraine haben jedes Recht, sich gegen die imperialistische Aggression Russlands mit der Waffe in der Hand zu wehren. Doch im Kampf für sofortigen Frieden ist diese Regierung kein ehrlicher Partner. Erst recht im Kampf für soziale Befreiung muss auch ein Sieg über die eigene Regierung, der Sturz des reaktionären Selenskyj-Regimes, errungen werden. Diesem komplizierten Zweifrontenkrieg der ukrainischen Massen gehört die volle Solidarität des proletarischen Internationalismus.