Flugblatt

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Selbständiger 4-Schichten- Streik im Hamburger Hafen: Offensives Signal an die ganze Arbeiterbewegung

Am Abend des 6. November legten rund 200 Hafenarbeiter in Hamburg die Arbeit nieder. Die Spätschicht am Hamburger Container-Terminal Burchardkai (CTB) trat in den selbständigen Streik. Die Nacht- und Frühschicht sowie erneut die folgende Spätschicht haben sich jeweils bewusst für die Fortführung des Streiks entschieden.

Die Solidarität von vielen Belegschaften rollte an. Immer mehr Kollegen von anderen Hafenbetrieben, von Airbus und Eurogate trafen ein. Zuvor wurde bekannt: Vorstand und Aufsichtsrat der Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA) haben dem geplanten Teilverkauf an die weltgrößte Reederei MSC in Geheimverhandlungen zugestimmt.

Warum geht das alle Arbeiterinnen und Arbeiter an?

Die Hafenarbeiter der Welt sind eine der kampfstärksten Truppen der internationalen Arbeiterbewegung mit revolutionärer Tradition – so beim Kieler Matrosenaufstand 1918. Seit letztem Jahr sind die Hafenarbeiter in Griechenland, in Italien und anderen Ländern vorne dran bei antimilitaristischen Protesten und Streiks wie gegen Waffenlieferungen der NATO. Das rüttelt alle Arbeiter auf und ermutigt sie. So auch jetzt die Botschaft aus dem Hamburger Hafen. Zahlreiche Belegschaften in Deutschland stehen vor ähnlichen Herausforderungen. Auch bei VW in Zwickau, Ford in Saarlouis und Köln, Thyssenkrupp in Duisburg oder Galeria Kaufhof – überall stehen Pläne zum „Verkauf“, damit verbundene gravierende Verschlechterungen von Arbeitsbedingungen, Pläne zur Arbeitsplatzvernichtung oder ganze Werkschließungen an. Die Weltwirtschafts- und Finanzkrise hält an und die deutsche Wirtschaft hat einen besonders satten Einbruch.

Soll man sich von vagen Hoffnungen leiten lassen, dass es doch nicht so schlimm kommt? Oder von Spaltungsmanövern, dass es erst mal „nur“ die Leiharbeiter trifft? Oder von finanziellen Zugeständnissen wie „Treueprämien“ bei Ford in Saarlouis oder bezahlter Arbeitsfreistellung in Köln? Oder etwa der Hoffnung auf „Sozialtarifverträge“, die nur die Konzernmaßnahmen besiegeln und höchstens versüßen sollen.

Die Hafenarbeiter in Hamburg haben sich anders entschieden! Sie haben den Streik gegen die Privatisierung, gegen Geheimverhandlungen und dagegen, dass sie (für dumm) verkauft werden sollen, begonnen. Sie haben das getan, obwohl ihre Arbeitsplätze oder Arbeitsbedingungen noch gar nicht unmittelbar bedroht sind. Und obwohl sie selbst in der Nachkriegsgeschichte noch nie einen solchen Streik geführt haben. Sie haben sich so entschieden, weil sie ihre eigene Rechnung aufmachen. Weil es ihnen ums Prinzip geht. Weil sie nicht einsehen, dass man so mit ihnen umspringt. Weil sie von den längerfristigen Interessen der Arbeiterinnen und Arbeiter und ihrer Familien ausgehen.

Sie haben den Streik begonnen im festen Vertrauen, dafür alles Nötige zu lernen und sich auf das Know-how anderer Belegschaften und kompetenter Unterstützer verlassen zu können. Sie bauen auf dem gewachsenen Selbstbewusstsein in wichtigen gewerkschaftlichen Kämpfen der letzten Jahre auf. Sie haben erfahren: Wir stehen international nicht alleine! Diese Sicherheit gab ihnen auch der 7. Internationale Hafenarbeiterratschlag am 29. Oktober in Hamburg und sein Entschluss: Kein Kampf wird künftig mehr alleine stehen!

Da keimt der Geist der Arbeiteroffensive!

Arbeiteroffensive bedeutet, dass der ökonomische Kampf auch die soziale und ökologische Frage umfasst und mit dem politischen Kampf verbunden bzw. in ihn übergeleitet wird; dass Einzelkämpfe zu Massenkämpfen zusammengefasst und höherentwickelt werden; dass gegebenenfalls der gewerkschaftliche Rahmen durchbrochen und zu selbstständigen Kämpfen übergegangen wird. Die Arbeiteroffensive wird auch mit den Prinzipien der Überparteilichkeit, der Demokratie, der finanziellen Unabhängigkeit und einer proletarischen Streitkultur organisiert.

Diesen Weg sind auch die bedeutenden Streiks der Bergarbeiter 1997 und der Opel-Arbeiter in Bochum 2004 gegangen. Jeder, der einen solchen Pionierstreik führt, steht im übertragenen Sinn auf den Schultern der anderen und wächst dadurch über sich selbst hinaus.

Weg der Verhandlungen gescheitert

Schon am 19. September gingen rund 3000 Hafenarbeiterinnen und Hafenarbeiter in Hamburg gegen die Privatisierungspläne auf die Straße. Dazu aufgerufen hatte die Gewerkschaft Ver.di. Doch die Ver.di-Führung orientierte nur auf Verhandlungen. Das hat die Entscheidung der HHLA für den Teilverkauf der Hafenbetriebe nicht verhindert. Dieser Weg ist gescheitert. Verdi, die Gewerkschaften müssen Kampforganisationen werden! Wir brauchen dringend in Deutschland wie in anderen Ländern ein allseitiges und vollständiges gesetzliches Streikrecht. Auch dafür muss gekämpft werden! Auch ein selbstständiger Streik braucht selbstverständlich jede erdenkliche Unterstützung gewerkschaftlicher Gremien, ebenso wie die Auszahlung von Streikgeld durch die Gewerkschaft. Wofür bezahlen wir jahrzehntelang Beiträge?

Ist die Privatisierung des Übels Kern?

Wir leben in Deutschland im staatsmonopolistischen Kapitalismus. Natürlich haben sich Betriebe in Bundes- oder Länderbesitz oft wichtige Errungenschaften erkämpft. Finger weg davon! Aber nicht umsonst finden angesichts der grassierenden Inflation auch harte Tarifkämpfe der Beschäftigten im öffentlichen Dienst statt. Der Hafen „gehört uns“ erst dann, wenn der Kapitalismus revolutionär überwunden ist. Dann entscheiden nicht mehr die MSC oder Cosco, aber auch nicht der bürgerliche Hamburger Senat über Wohl und Wehe der Arbeiter und ihrer Familien. Im echten Sozialismus wird die Diktatur dieser Monopole beseitigt und die Macht der Arbeiter zum Wohl der ganzen Gesellschaft und zur Einheit von Mensch und Natur eingesetzt. Das nannte Karl Marx die Diktatur des Proletariats.

Der Kampf, den wir begonnen ...

Natürlich bekommen so selbstbewusste Schritte und Streiks Gegenwind, üble Drohungen, Hetze, Spaltungsversuche und Entlassungsdrohungen. Da wird übel demoralisiert und desorientiert. Es ist richtig, selbstbewusst weiterzukämpfen, sich nicht beirren zu lassen – aber das muss erst einmal verarbeitet werden. Eine Versammlung hat entschieden, vorerst den Streik zu beenden.

So oder so – früher oder später heißt es: Der Kampf, den wir begonnen – wir führen ihn weiter bis er gewonnen!

Kommt zur Demonstration am 11.11. um 11 Uhr zum Rathausmarkt in Hamburg.

 

Die MLPD schlägt den Hafenarbeitern folgendes Kampfprogramm vor:

  • Alle Hafenarbeiter zusammenstehen. Einen Finger können sie brechen, fünf sind eine Faust.
  • Schluss mit der Privatisierungspolitik auf unserem Rücken!
  • Wir lassen uns nicht verkaufen!
  • Hände weg von allen erkämpften Errungenschaften der Hafenarbeiter! Keine Verschlechterung bei Lohntarifen, Arbeitsbedingungen und Arbeitszeiten usw.! Schluss mit der verschärften Ausbeutung!
  • Kampf um jeden Arbeits- und Ausbildungsplatz!
  • Für ein vollständiges und allseitiges gesetzliches Streikrecht!
  • Keinerlei Repression gegen Streikende!
  • Machen wir die Gewerkschaft zu unserer Kampforganisation! Durchbrechen wir ggf. den gewerkschaftlichen Rahmen und bestimmen selbständig, wie unser Streik geführt wird.
  • Solidaritätsstreiks organisieren!
  • Stärkt die internationale Hafenarbeiterkoordinierung!
  • Kampf der herrschenden Kriegspolitik, der globalen Umweltkatastrophe, Inflation und Armut. Es sind die gleichen, die unseren Hafen verkaufen und die Bundespolitik bestimmen.
  • Auch unter der HHLA ist es nicht unser Hafen. Aber in der Losung „Unser Hafen, nicht euer Kasino“ keimt der Gedanke an eine befreite, sozialistische Gesellschaft. Schluss mit dem kapitalistischen Krisenchaos! Vorwärts zum echten Sozialismus!