8. März
Internationaler Frauentag 2022: Her mit dem ganzen Leben!
„Be part of the movement – sei Teil der Bewegung!“ Was wie ein cooler Aufruf klingt, in der Frauenbewegung aktiv zu werden, ist der Slogan von „Miss Germany 3.0“. Vom Schönheitswettbewerb zu einer Bewegung für „Female Empowerment“1, in der „leidenschaftliche, neugierige und verantwortungsbewusste Frauen“ eine „weltoffene, moderne Gesellschaft prägen“2
Brauchen wir den Internationalen Frauentag als Kampftag zur Befreiung der Frau dann überhaupt noch, oder reicht es, auf solche Vorbilder zu setzen? Um den 8. März hat sich eine gesellschaftliche Auseinandersetzung über Weg und Ziel echter Gleichberechtigung von Frauen entfaltet, die Politik, Kultur und Medien durchzieht und im Interesse der Herrschenden geprägt wird.
Vollmundig schreibt sich auch die Berliner Ampel-Regierung aus SPD, Grünen und FDP die „Gleichstellung“ auf ihre Fahnen: „Unsere Maxime ist eine freie Gesellschaft, in der die Gleichstellung von Frauen und Männern verwirklicht ist.“3 Beinahe revolutionär, klingt das doch fast wie der berühmte Satz von Friedrich Engels: „Eine Gesellschaft kann sich selbstredend nicht befreien, ohne dass jeder einzelne befreit wird.“4 Der feine, aber bedeutende Unterschied: Engels betonte, dass echte Gleichberechtigung erst wahr werden kann, „wenn die Ausbeutung beider durch das Kapital beseitigt und die private Hausarbeit in eine öffentliche Industrie verwandelt ist“.5
Frauenpolitik bei der „Ampel“ in besten Händen?
Die Ampel-Regierung verkündet in ihrem Koalitionsvertrag, die Gleichstellung von Frauen „noch in diesem Jahrzehnt“ erreichen zu wollen. Mit einem hohen Frauenanteil, einer „feminisierten“ Regierungsmethode mit „feministischer Außenpolitik“ und einem „Queer“-Beauftragten sowie realen Zugeständnissen an die Frauen und Familien signalisiert sie, bei ihr seien die Anliegen der Frauen in den besten Händen. Das ist vor allem eine Reaktion auf die kämpferische Frauenbewegung, die seit den 1990er-Jahren für wirkliche Gleichberechtigung und die Befreiung der Frau kämpft, sich weltweit stärkt und überparteilich zusammenschließt. Allerdings werden Zugeständnisse wie die Abschaffung des Paragrafen 219a6, die Anhebung des Mindestlohns auf 12 Euro, mehr Kita-Plätze oder auch 400 000 neue Wohnungen – davon 20 Prozent Sozialwohnungen – die gesellschaftlich verursachte Ungleichheit von Mann
und Frau nicht aufheben können. Sie werden nicht einmal verhindern, dass weitere massive Preissteigerungen bei Sprit, Heizkosten, Mieten und Lebensmitteln viele Familien in echte Existenzprobleme stürzen.
Im Kapitalismus sorgt die bürgerliche Staats- und Familienordnung für die Aufrechterhaltung der Ausbeutung der Lohnarbeit und damit auch der doppelten Ausbeutung und Unterdrückung der Masse der werktätigen Frauen. Sie sorgt dafür, dass gesellschaftliche Aufgaben wie Kindererziehung und -betreuung, Pflege von Angehörigen und vieles mehr zunehmend in die Familien verlagert werden. Hier sind nach wie vor in erster Linie Frauen verantwortlich für diese Aufgaben. Das wurde durch das Corona-Krisenmanagement der Regierung massiv verschärft – und mit ihm die chronische Krise der bürgerlichen Staats- und Familienordnung!
„Zurück zur Normalität“?
Während die Kritik am Kapitalismus wächst, setzt die Regierung darauf, die Masse der Frauen für ihre pragmatisch-feministische Politik zu gewinnen. Auch die Lockerungen der Corona-Maßnahmen werden als besonders familien- und kinderfreundlich verkauft. RTL.de titelt zur Lockerung der Reiseregeln vor den Osterferien: „Vor allem Familien profitieren!“7 Der dringende Wunsch, endlich wieder ein Leben mit geregelter Arbeitszeit, Präsenzunterricht, Freizeit und Reisen führen zu können, ist sehr verständlich. Aber was ist, wenn das Kind wegen Corona-Fällen in Kita oder Schule zu Hause bleiben muss? Verbunden mit dem Auslaufen des Infektionsschutzgesetzes ab März endet auch die Sonderregelung, dass bei Ausfall von Präsenzunterricht oder Quarantäne von Kindern Kinderkrankengeld gezahlt wird. In Zukunft erhalten die Eltern wie vor der Pandemie das Kinderkrankengeld nur, wenn die Kinder selbst krank sind, müssen also neben höheren Ausgaben durch die Inflation auch noch finanzielle Einbußen schultern. So viel zur „Normalität“ dieser vermeintlich „freien Gesellschaft“!
„Zurück zur Normalität“ kann im Kapitalismus nur heißen, die Rolle der Familien als „Auffangbecken“ für die Krisenlasten der Regierung und von Frauen als Krisenmanagerinnen zu akzeptieren und individuell das Beste daraus zu machen. Immer mehr Frauen merken, dass sich dies auch durch Gender-Sternchen oder Quotenregelungen nicht wegzaubern lässt. Da hilft es wenig, wenn die SPD-Bundestagsabgeordnete Ariane Fäscher fordert: „Wir wollen die Hälfte des Geldes und die Hälfte der Macht.“8 Das ist nicht nur pure Illusion, es ist auch nicht das Lebensziel der Masse der Frauen.
Statt Streben nach paritätischem Anteil an den vorhandenen Reichtümern sowie kapitalistischer Ausbeutung und Unterdrückung braucht es – gerade zum 8. März – eine breite Auseinandersetzung um den Weg des Kampfes zur Befreiung der Frau in einer befreiten Gesellschaft, dem echten Sozialismus!