Geschichte

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Widerstand – selbst in der Hölle von Auschwitz

Eine Reisegruppe besuchte das ehemalige Vernichtungslager

Von Anna Bartholomé
Widerstand – selbst in der Hölle von Auschwitz
Auschwitz – nur sehr wenigen gelang die Flucht

Anfang Oktober machten wir uns mit einer kleinen Reisegruppe für vier Tage nach Polen auf, vor allem, um die Gedenkstätte des größten Vernichtungslagers des Hitlerfaschismus in Auschwitz-Birkenau zu besuchen. Gehört und gelesen hatten wir alle schon davon – aber der Besuch in den zumindest teilweise erhaltenen Anlagen des Konzentrationslagers hat uns alle tief bewegt.

Eine polnische Historikerin führte uns durch die beiden Lagerteile. Sachlich, fast nüchtern zeigte sie ablief. Sowjetische Kriegsgefangene, Partisanen, Sinti und Roma – an diesem Ort aber vor allem jüdische Kinder, Frauen, Männer – wurden hier millionenfach ermordet. Wer noch irgendwie arbeitsfähig erschien, schuftete in den eigens dafür errichteten Fabriken der Buna-Werke der IG-Farben oder von ThyssenKrupp, bis Schwerstarbeit, Hunger und Seuchen sie dahinrafften. Der überwältigende Teil der Deportierten uns, wie die systematische Vernichtungsmaschinerie wurde sofort nach der Ankunft um die letzten Habseligkeiten gebracht, perfide getäuscht in Gaskammern ermordet und schließlich verbrannt. Überlebt haben diese Hölle nur sehr wenige.

Umso bewegender waren Zeugnisse unterschiedlichster Widerstandsaktionen. Ein Höhepunkt war dabei der bewaffnete Aufstand mit der Sprengung eines der Krematorien. Den Sprengstoff hatten Sklavenarbeiterinnen aus der Buna-Fabrik dorthin geschmuggelt. Damit sollte eine Massenflucht ermöglicht werden. Das gelang nicht, aber ihre Würde haben die Beteiligten unauslöschlich behalten.

Wir konnten auch am darauf folgenden Tag nicht alle die nach Ländergruppen gegliederten Einzelausstellungen anschauen. Dort kam nur wenig zur Sprache, dass es einen Zusammenhang dieser Massenvernichtung zu den Plänen des deutschen Monopolkapitals gab, mit einem „Generalplan Ost“ für ganz Osteuropa und die Sowjetunion „Umvolkungspläne“ zu betreiben. Dabei sollten 30 bis 40 Millionen slawische Volksgruppen und Juden vernichtet und vertrieben werden, um dem „Volk ohne Raum“ neue Kolonien freizuräumen.

Die industrielle Vernichtungsmaschinerie lief weiter, selbst als klar war, dass diese Kriegsziele am Widerstand der Alliierten und besonders der Sowjetunion scheitern würden. Allein von Mai bis Juli 1944 wurden 400 000 ungarische Juden nach Auschwitz deportiert und fast allesamt ermordet. Auch aus Italien, Frankreich und Griechenland wurden Jüdinnen und Juden dorthin verschleppt und umgebracht.

Beteiligt waren bei diesen Massenmorden, die im „Reich“ weitgehend geheim gehalten werden sollten, SS-Verbände, Zigtausende Wehrmachtssoldaten, aber auch „zivile“ Helfershelfer. Das konnte nur gelingen, weil bei ihnen Rassismus und Antisemitismus weltanschaulich tief verwurzelt waren und bis zum blinden Hass gesteigert wurden. Mit einer mächtigen Propagandamaschinerie entstand ein übles Gebräu aus Antisemitismus und Antikommunismus. Die „jüdischbolschewistische Welteroberung“ wurde den Massen als Schreckgespenst aufgetischt.

Mit den ersten Konzentrationslagern in Deutschland, mit Dachau oder Buchenwald, waren vor allem Kommunisten, Sozialdemokraten, Gewerkschafter und andere Antifaschisten terrorisiert worden. Die Diskriminierung und Verfolgung von Juden wurde nach 1933 Schritt für Schritt gesteigert. So gelang von den etwa 500 000 in Deutschland lebenden Juden noch vielen die Flucht, besonders wenn sie die nötigsten Geldmittel hatten. Etwa 195 000 deutsche Juden schafften das nicht und fielen nach der sogenannten „Wannsee-Konferenz“ 1942 der „Endlösung“ zum Opfer. Von den etwa 3,3 Millionen polnischen Juden wurden über 2,9 Millionen ermordet. Zu den Überlebenden gehörten die, denen die Flucht in die Sowjetunion gelungen war, wo sie sich besonders entschieden am Widerstand im Partisanenkrieg beteiligten.

Es war gut, dass wir in unserer Gruppe über unsere Erschütterung reden, uns in unseren Kenntnissen austauschen und Schlussfolgerungen überlegen konnten. Dabei halfen die Abende in Krakau – einer wunderschönen Stadt, wo wir eine Ferienwohnung mitten in der Altstadt gemietet hatten und in preiswerten Restaurants im jüdischen Viertel aßen, begleitet von Klezmer-Musik.

Einen ermutigenden Abschluss gab es mit einem Besuch in Nova Huta, einer zu Krakau gehörenden Stadt rund um das Stahlwerk gleichen Namens. Unmittelbar nach dem in Polen besonderes zerstörerischen Krieg und mit der Perspektive des sozialistischen Aufbaus wurden hier Wohnanlagen mit kulturellen und sozialen Einrichtungen für Hunderttausende errichtet, die heute noch beeindrucken.