Rote Fahne 16/2020
Erste Pflöcke gesetzt – und viel zu tun: Die Bewegung „Gib Antikommunismus keine Chance!“
Der Festakt zur Enthüllung der ersten Lenin-Statue in Westdeutschland ... am 20. Juni 2020 hat „Pflöcke gesetzt“. Statt der 300 erwarteten Besucherinnen und Besucher kamen 1100. Mittlerweile kamen Jugendgruppen, Familien und einfach Neugierige extra vorbei, schätzungsweise über 3000 Menschen, um sich die Lenin-Statue anzusehen, Fotos und Selfies zu machen usw. Das war ein fulminanter Startschuss für die Bewegung „Gib Antikommunismus keine Chance!“.
Schon die Ankündigung der MLPD, vor ihrer Parteizentrale in Gelsenkirchen eine Lenin-Statue aufstellen zu wollen, sorgte für Aufruhr. Mit einem Verbotsversuch vor Gericht gescheitert, trat Oberbürgermeister Frank Baranowski (SPD) eine Kampagne „Kein Platz für Lenin“ los (wer zahlt das eigentlich alles?).
Dazu ließ er unter anderem angeblich renommierte „Wissenschaftler“ aus der ganzen Republik für ein Youtube-Video vor die Kamera holen. Wenn man sich die Liste einmal ansieht, sind es hauptsächlich wissenschaftlich fragwürdige, aber auf jeden Fall als Antikommunisten „qualifizierte“ Leute. Vielfach sitzen sie gut besoldet in Stiftungsvorständen und reaktionären Institutionen. So kommentiert ein Dr. Ulrich Mählert, von einer Stiftung „zur Aufarbeitung der SED-Diktatur“: „Die MLPD ist eine unbedeutende politische Sekte, und obwohl es völlig unangemessen und geschmacklos ist, eine Lenin-Statue aufzustellen, so steckt doch im Schlechten etwas Gutes, so erfahren die Menschen in Gelsenkirchen etwas über die Geschichte des Kommunismus und seiner Verbrechen und die Geschichte Lenins.“
Da flog ein Bumerang zurück. Tatsächlich erfuhren seit Jahrzehnten die Gelsenkirchenerinnen und Gelsenkirchener noch nie so viel über den Kommunismus und Lenin wie in der letzten Zeit. In einem bestimmten Massenumfang gelang es, die Denkweise und die öffentliche Meinung über Lenin zu verändern.
Gib Antikommunismus keine Chance
Der Antikommunismus ist zutiefst antidemokratisch. Er verteidigt den Kapitalismus mit all seinen Folgen als „alternativlos“. Er will soziale Protestbewegungen und antifaschistischen Widerstand systemkonform zähmen. Dazu sagen wir: NEIN!
Ein Kollege, der in der Nachbarschaft der Parteizentrale – wo die Lenin-Statue aufgestellt wurde – wohnt, kommt zu dem Schluss: „Man ist ja wirklich so aufgewachsen über die Jahrzehnte, die Älteren ja noch länger, die hören das ja seit Hitler: ‚Die Roten sind die Schlechten, der Westen, das sind die Guten.‘ Und man merkt dann so richtig, dass das eigene Denken von diesem Gedankengut richtig verseucht ist. Und dass das aber so gar nicht stimmt. Aber das zu überwinden, das ist verdammt schwer. Aber ihr macht das richtig so, geht diesen Weg mal weiter.“
Ein anderer von Baranowski angeheuerter antikommunistischer Gewährsmann, Helge Heidemeyer, verkündete im besagten Video: „Lenin steht für eine menschenverachtende Politik. Er ging gegen seine Gegner skrupellos vor, um sie aus dem Weg räumen zu lassen. Ganze Schichten der Bevölkerung, die Bauern, wurden ihrer Existenz beraubt und so in den sicheren Tod getrieben...“. Der Mann nennt sich „Historiker“ und ist an Geschichtsblindheit schwer zu überbieten.
Für „Brot und Frieden“ rebellierten die Massen in Russland mitten im Ersten Weltkrieg gegen das Regime des Zaren. Lenin war es, der die Arbeiterklasse und ihre Verbündeten dabei führte, dieses drängende Begehren mit der Oktoberrevolution 1917 einzulösen. Der Krieg wurde beendet, das Land der feudalen Großgrundbesitzer an die kleinen und landlosen Bauern verteilt, damit sie sich selber versorgen konnten. Erst als die enteigneten Großgrundbesitzer, unterstützt von orthodoxen Kirchenfürsten und der Intervention von 14 feindlichen Ländern, das revolutionäre Russland angriffen, gab es ein dramatisches Blutvergießen, terroristische Verbrechen an der Bevölkerung, kurz: weißen, reaktionären Terror. Das war skrupellos. Das waren Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Dazu gibt es aber von den ganzen „Experten“ um OB Baranowski kein Wort der Kritik. Das ist „unangemessen“ und „geschmacklos“, wenn Lenin und die Bolschewiki dafür verurteilt werden, dass sie sich gegen die Todfeinde der Arbeiter, Bauern und des Sozialismus zur Wehr setzten. In diesem opferreichen Verteidigungskampf gelang es überhaupt erst, breite Massen zu mobilisieren und das Riesenreich zur Sowjetunion zusammenzuschließen.
Mit Leserbriefen, Presseerklärungen und Flugblättern – vor allem aber mit Tausenden von Einzelgesprächen – hat die MLPD die antikommunistischen Einwürfe Punkt für Punkt sachlich und überzeugend widerlegt und angriffslustig gekontert.
OB Baranowski beklagt, dass die Aufstellung der Lenin Statue „schwer zu ertragen“ sei, und dass das furchtbar „rückwärtsgewandt“ sei. Als ehemaliger Geschichtslehrer sollte er eigentlich wissen, dass es manchmal Sinn macht, einen Blick in die (eigene) Vergangenheit zu werfen, um für die Zukunft klar blicken zu können.
Daran erinnern auch etliche kritische Kommentare zu der von ihm angestoßenen Kampagne. So schreibt einer direkt unter Baranowskis Video: „Der Frank Baranowski ist Mitglied einer Partei, die 1999 einen illegalen Krieg gegen Jugoslawien veranlasst hat und aktiv Jugoslawien bombardiert hat. Der Baranowski ist Mitglied einer Partei, die für die Kriegskredite in den ersten Weltkrieg gestimmt hat. Baranowski ist von der gleichen Signatur wie Friedrich Ebert, der verantwortlich war für die Ermordung von Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg.“ „Schwer zu ertragen“ wurde für immer mehr Menschen Baranowskis Antikommunismus …
Weltweite Resonanz
Ob in China, Russland, den USA, Lateinamerika, Asien, im arabischen Raum in Afrika oder in Deutschland: weltweit berichteten Massenmedien über die angeblich „unbedeutende Sekte MLPD“. Und das vorwiegend sachlich. Sie lassen die MLPD selber zu Wort kommen. Ein antikommunistisches Tabu wird durchbrochen. Im bislang größten Umfang gelingt es der MLPD, die relative Isolierung zu durchbrechen, die ihr von den Herrschenden aufgezwungen wurde. Das unterstreicht: Die MLPD hat sich eine neue gesamtgesellschaftliche Rolle erkämpft.
Das wäre nicht möglich gewesen, wenn der Antikommunismus nicht bereits in einer Krise stecken würde. Massenhaft gibt es tiefgehende Überlegungen, dass es „so nicht weitergehen kann“ und dass eine gesellschaftliche Alternative dringender denn je benötigt wird. Dabei wächst im fortschrittlichen Stimmungsumschwung unter den Massen auch die Offenheit für den Sozialismus.
Die Herrschenden machen sich völlig zu Recht große Sorgen. US-Präsident Donald Trump schlägt wie wild um sich, wenn er „Marxisten, Linksextremisten und Antifas“ zu „Terroristen“ erklärt. Das hielt die SPD-Vorsitzende Saskia Esken nicht auf ihrem Stuhl und sie erklärte sich selbst als „Antifa“. Das war politisch ein durchaus positives Signal. Es stürzte wiederum Kontrahenten in der CDU in tiefe Besorgnis über mögliche Staatsgefährdung.1
Diese Sorge ist allerdings vollkommen unberechtigt, denn Saskia Esken will mit der von ihr vertretenen Vorstellung eines „demokratischen Sozialismus“ keinesfalls wirklich dem Kapitalismus an den Kragen. Sie will angesichts seiner unübersehbaren Krisenhaftigkeit darüber debattieren „Wie wir den Kapitalismus gestalten“, also keinesfalls stürzen.2
Gabi Fechtner, die Parteivorsitzende der MLPD, führte bei ihrer Ansprache zur Enthüllung der Lenin-Statue aus:
„Wir erleben zurzeit erstmals seit dem Zweiten Weltkrieg eine beschleunigte Tendenz zu einer gesamtgesellschaftlichen Krise des imperialistischen Weltsystems.
Mit der scheinbar in Stein gemeißelten Wahrheit über den Sozialismus und den Kapitalismus als ‚Ende der Geschichte‘ kann man es sich natürlich recht einfach machen. Aber werden damit die Fragen der Zeit, etwa warum die Versprechungen zur Lösung der Menschheitsfragen im Kapitalismus nicht eingelöst werden, wirklich beantwortet? Warum gebärt der Kapitalismus immer wieder neue Krisen, die nichts anderes sind als Symbole seiner Untauglichkeit? Diese Fragen können mit vorgefertigten antikommunistischen Mustern nicht beantwortet werden! … Der Antikommunismus vernebelt den Blick in einer Zeit, in der das Klarsehen gerade so dringend nötig ist! So wie es keinen Sozialismus ohne revolutionäre Überwindung des Kapitalismus gibt, so gibt es kein sozialistisches Bewusstsein ohne Überwindung der antikommunistischen Ideologie. Und gerade deshalb ist die Bewegung ‚Gib Antikommunismus keine Chance!‘ ein Gebot der Stunde.“
Ein Blick in die Geschichte des Antikommunismus
Bei Lichte betrachtet ist der Antikommunismus eine Geschichte von Unterdrückung, seiner Krisen und Niederlagen – und immer neuen Versuchen, sich in verschiedenen Varianten wieder scheinbar erneuert zu präsentieren.
Mit den Kölner „Kommunistenprozessen“ 1852 sollten die Vordenker des wissenschaftlichen Sozialismus, Karl Marx und Friedrich Engels, mundtot gemacht werden – aber ihr Kommunistisches Manifest ging letztlich rund um den Globus. Es wurde nach der Bibel zum meist verbreiteten Buch der Welt und beflügelt bis heute die Massen weltweit. Mit den Sozialistengesetzen verbot 1878 der „eiserne Kanzler“ Bismarck (noch immer vielerorts auf Denkmälern zu besichtigen) die damals revolutionäre Sozialdemokratie – und erreichte ihre massenhafte Verankerung. Der aggressivste Antikommunismus hat mit dem Hitler-Faschismus nach 1933 Krieg und Terror gegen die kommunistische Bewegung und die sozialistische Sowjetunion vom Zaun gebrochen, um die von ihnen so benannte „jüdisch-bolschewistische“ Bastion für immer auszulöschen. Er erlitt eine welthistorische Niederlage, die wir soeben, am 8. Mai, als Tag der Befreiung begehen konnten. Offenen reaktionären Antikommunismus betrieb in Westdeutschland in den Jahren nach 1945 die Adenauer-Regierung, machte den Antikommunismus zur Staatsreligion – bis hin zum Verbot der Kommunistischen Partei 1956.
Weil er angesichts zunehmender Krisenerscheinungen des lange verherrlichten kapitalistischen „Wirtschaftswunders“ zunehmend scheiterte, wandelte der Antikommunismus seine Fassade. Vorherrschend wurde der moderne Antikommunismus. Er behauptet, kapitalismuskritisch zu sein, und beschwört zugleich die Alternativlosigkeit des Kapitalismus. Er wurde zum Kern des gesellschaftlichen Systems der kleinbürgerlichen Denkweise. Aber auch seine Wirkung lässt nach. Im Zuge der Rechtsentwicklung der Regierung und der bürgerlichen Parteien wird er wieder stärker durch den offen aggressiven Antikommunismus ersetzt oder ergänzt. Mit rassistischer, völkischer Demagogie ist er auch der ideologische Kern der faschistischen Tendenz und Wegbereiter einer faschistischen Gefahr. Der Antikommunismus ist das Herzstück der bürgerlichen Ideologie, die selber in der Krise steckt.
Der neueste Clou des modernen Antikommunismus (mit uralten, wieder aufgewärmten Behauptungen) ist die Diffamierung des Marxismus als antisemitisch oder gar rassistisch. Dabei war Karl Marx der Schöpfer des proletarischen Internationalismus, der dazu aufrief, dass sich die Proletarier aller Länder vereinigen, der es ablehnte, dass es Menschen erster oder zweiter Klasse gibt.
Während sich der moderne Antikommunismus immer demokratisch gebärdet, gibt es in den Medien, in der IG Metall und in weiteren gesellschaftlichen Organisationen Unvereinbarkeitsbeschlüsse gegenüber Marxisten-Leninisten.
Die Bewegung „Gib Antikommunismus keine Chance!“ strebt eine breite demokratische Diskussion an. Eine streitbare und sachliche Debatte über die Lehren aus den großartigen Erfolgen, gesellschaftlichen Fortschritten – aber auch aus Problemen, Schwächen und Fehlern – der ersten sozialistischen Länder der Welt muss geführt werden, wenn ein neuer Anlauf zum Sozialismus gelingen soll.
Auch wenn es heute kein sozialistisches Land mehr gibt, verschwunden ist die kommunistische Freiheitsideologie nie. Sie lebt in der Rebellion der Jugend, in den Visionen Millionen fortschrittlicher Menschen, in Kämpfen und Massenerhebungen. Sie lebt in Theorie und Praxis der revolutionären und marxistisch-leninistischen Parteien. Mittlerweile 58 von ihnen haben sich in der revolutionären Weltorganisation ICOR zusammengeschlossen. Darin zeigt sich die Vitalität und moralische Überlegenheit des Sozialismus.
Das Internationalistische Bündnis hat die Bewegung „Gib Antikommunismus keine Chance!“ zu ihrer Sache gemacht. Sie wird von 181 Erstunterzeichnern und einem wachsenden Unterstützerkreis getragen. Jeder kann dazu beitragen, diese Bewegung zu verbreitern. Unterschriften sammeln und Diskussionen unter Bekannten, Arbeitskolleginnen und Kollegen organisieren. Podiumsdiskussionen werden vorbereitet. Die MLPD macht die Bewegung in ihrer systematischen Kleinarbeit zu einem zentralen Bestandteil. Wichtig ist nicht zuletzt, sich beim Kämpfen, Feiern, im ganzen Leben näher kennen zu lernen. Dabei wird für immer mehr Menschen spürbar, dass die MLPD keine „Sekte“ ist, sondern eine Partei der unverbrüchlichen Solidarität und der vielfältigen gesellschaftlichen Beziehungen.
Mach mit bei der Bewegung „Gib Antikommunismus keine Chance!“ Mach mit im Jugendverband REBELL und in der MLPD!