Offene politische Krise in Thüringen

Offene politische Krise in Thüringen

Wahl-Deal mit der AfD: Türöffner für die faschistische Tendenz in Deutschland

Heute stand in Thüringen die Wahl des neuen Ministerpräsidenten durch den neu zusammengesetzten Landtag an. Was sich dabei abspielte, wurde zum regelrechten Politkrimi.

Wahl-Deal mit der AfD: Türöffner für die faschistische Tendenz in Deutschland
Antifaschistische Aktion in Mäuselwitz / Thüringen (rf-foto)

Nachdem Bodo Ramelow von der Linkspartei in den ersten beiden Wahlgängen die absolute Mehrheit verfehlte, stellte die FDP Thomas Kemmerich als weiteren Kandidaten auf. Er erhielt beim dritten Wahlgang, für den eine einfache Mehrheit reichte, mit 45 Stimmen genau eine Stimme mehr als Ramelow.

Seine gemeinsame Wahl mit den Stimmen von CDU, FDP und der ultrareaktionären, faschistoiden AfD war alles andere als "unabgesprochen". Schon Kemmerichs Kandidatur machte nur Sinn auf der Grundlage eines entsprechenden Deals - ob offen oder klammheimlich. Das zeigt sich auch daran, dass der zusätzlich aufgestellte Kandidat der AfD, der "parteilose" Politiker und Bürgermeister Christoph Kindervater, beim dritten Wahlgang gar keine Stimmen erhielt.

Damit einigten sich CDU und FDP mit der AfD auch darauf, den bisherigen Ministerpräsidenten Bodo Ramelow abzuservieren.

Damit ist eine offene politische Krise in Thüringen entstanden, in der bereits eine Diskussion um Neuwahlen aufbricht. Zweifellos werden die MLPD und das Internationalistische Bündnis sich dieser Herausforderung selbstbewusst stellen.

Rechtsruck innerhalb von CDU und FDP

Diese Entwicklung im Thüringer Landtag liegt ganz auf der Linie des Vorhabens maßgeblicher ultrareaktionärer und faschistoider Kreise in CDU und FDP - vor allem in den östlichen Bundesländern -, mit der AfD enger zu kooperieren und ihre Regierungsbeteiligung auf Landesebene zu ermöglichen.

Der neue Ministerpräsident kommt mit den Stimmen einer AfD-Fraktion ins Amt, die in Thüringen vom Faschisten Björn Höcke geführt wird und in der der Höcke-Flügel besonders stark ist. Damit rücken die Landtagsfraktionen von CDU und FDP in Thüringen noch weiter nach rechts als bisher schon.

Wie geht es weiter?

Dass Kemmerich sich mit den Stimmen der AfD zum Ministerpräsidenten wählen ließ, wirft die Frage auf, mit wem er koalieren will. Alleine mit der CDU hat die FDP keine Mehrheit. Zwar beteuerte Kemmerich: „Wir werden keine Politik mit der AfD betreiben, in keiner denkbaren Form.“ Wie viel von solchen Beteuerungen zu halten ist, zeigt der heutige Tag.

AfD-Bundestagsfraktionschef Alexander Gauland sieht sich bestätigt. Er hatte schon kurz nach der Landtagswahl eine „bürgerliche“ Regierung aus CDU, FDP und AfD propagiert. Das sorgte damals für - offensichtlich scheinheilige - Empörung.

AFD - Eigentor nach rechts aussen
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Die Wahl Kemmerichs von AfD-Gnaden vertieft allerdings auch die Widersprüche unter den Herrschenden und in den bürgerlichen Parteien. Während FDP-Vize Wolfgang Kubicki im Gespräch mit der dpa geradezu frohlockte, kritisierte die FDP-Bundestagsabgeordnete Marie-Agnes Strack-Zimmermann Kemmerich scharf.

Linkspartei-Führung mitverantwortlich

Die Landesvorsitzende der Linkspartei, Susanne Hennig-Wellsow, warf Kemmerich berechtigt den Blumenstrauß vor die Füße, anstatt ihn ihm zu übergeben. Allerdings trägt die Führung der Linkspartei gemeinsam mit den anderen bisherigen Koalitionsparteien SPD und Grüne selbst maßgebliche Verantwortung für den weiteren Rechtsruck in Thüringens Landtag. Sie setzte auf parlamentarisches Geschacher statt die außerparlamentarische, kämpferische Opposition zu stärken.

Von fortschrittlichen Kräften wie der MLPD hat sich die Regierung unter Bodo Ramelow distanziert, statt sie gegen Angriffe wie beim Rebellischen Musikfestival zu schützen. Ihre Zusammenarbeit mit liquidatorischen Kräften wie der Linkspartei-Abgeordneten Katharina König-Preuss und ihrem aggressiven Stil gegen die MLPD wurde zum Türöffner für den offen aggressiven Antikommunismus der AfD.

Zu Recht wenden sich immer mehr Wähler und Anhänger von diesem parlamentarischen Geschacher ab. Ungeachtet ihrer berechtigten Kritik daran bleibt der breite Zusammenschluss im Kampf gegen die AfD und die faschistischen Kräfte entscheidend. Notwendig ist vor allem die Stärkung der MLPD und des Internationalistischen Bündnisses, das am 16. Februar in Kassel gemeinsam mit der Montagsdemo-Bewegung seinen nächsten Bundeskongress abhält.

Unter der Bevölkerung trifft dieser Vorgang auf helle Empörung bis in CDU-Kreise hinein

Tassilo Timm, Landesvorsitzender der MLPD Thüringen

Dazu Tassilo Timm, Landesvorsitzender der MLPD Thrüingen: „Was wir heute im Thüringer Landtag erlebt haben, ist ein großer Schritt zur offenen Zusammenarbeit mit der AfD. Die AfD ist der Wegbereiter des Faschismus in Deutschland! Sich bewusst mit den Stimmen der AfD, also auch von offenen Faschisten, zum Ministerpräsidenten wählen zu lassen, bedeutet objektiv die AfD als 'angekommen' zu betrachten und sie als parlamentarische Kraft aufzuwerten, statt klare Kante gegen die AfD zu zeigen. Die AfD reibt sich die Hände.

Das ganze Schauspiel heute war offenbar vorher vereinbart worden zwischen AfD, CDU und FDP. Was ist der nächste Schritt? Benennt der neue FDP-Ministerpräsident Kemmerich AfD-Kandidaten zu Ministern? Gibt es künftig gemeinsame Gesetzesvorlagen?

Unter der Bevölkerung trifft dieser Vorgang auf helle Empörung bis in CDU-Kreise hinein. Alle ehrlichen Demokratinnen und Demokraten sind herausgefordert, auf die Straße zu gehen. Lassen wir nicht zu, dass die Rechtsentwicklung weitere Teile der Gesellschaft erfasst und stärken wir den Aufbau des Internationalistischen Bündnisses. Jetzt erst recht!

  • Keine Zusammenarbeit mit der AfD!
  • Wehret den Anfängen!
  • Keinen Fußbreit den Faschisten!
  • Kemmerich muss sofort zurücktreten!
  • Stärkt die MLPD und das Internationalistische Bündnis!
  • Rebellion ist gerechtfertigt!

Alle unsere Ortsgruppen beteiligen sich heute und gegebenenfalls in den nächsten Tagen an Protesten beziehungsweise initiieren solche.“