Rote Fahne 03/2019
Ein Staat, der nicht nach der Pfeife der Konzerne tanzt?
Buchbesprechung: „Die Diktatur der Konzerne“, von Thilo Bode eine treffende Analyse. Aber seit wann lassen sich Diktaturen verbieten?
Thilo Bode gründete 2002 die Verbraucherrechtsorganisation Foodwatch und war vorher Geschäftsführer von Greenpeace Deutschland und Greenpeace international. Das Buch ist sehr faktenreich und schildert eindrücklich, wie internationale Riesenkonzerne sich weltweit Regierungen untergeordnet haben, Kommunen und ganze Staaten erpressen und auch in Bezug auf Gesetze, Grenzwerte und internationale Regelwerke den Takt diktieren.
„Subventioniertes Treibhaus“
In diesem Kapitel deckt Bode auf, dass Kohle, Öl und Gas im Jahr 2015 weltweit mit 5300 Milliarden Dollar subventioniert wurden – mehr als alle staatlichen Ausgaben für Gesundheit.
Alle Schäden und Folgekosten des Übergangs in die globale Klimakatastrophe werden auf die Massen abgewälzt, als indirekte Subventionen der fossilen Konzernstrategien. Die G20-Staaten unterstützen ihre Öl-, Gas- und Kohlekonzerne aber auch mit jährlich 444 Milliarden Dollar direkter Subvention in Form von Investitionen und Steuererleichterungen. In Deutschland wurden Stein- und Braunkohlekonzerne von 1970 bis 2014 mit 538 Milliarden Dollar subventioniert, im gleichen Zeitraum gab es für die erneuerbaren Energien lediglich 130 Milliarden. Die Zwecklüge von der „billigen“ fossilen Energie wird faktenreich auseinandergenommen. Seit der Umstellung der Kfz-Steuer auf die CO2-Emissionsabgabe im Jahr 2009 entgingen durch die betrügerisch manipulierten Abgaswerte dem Bundesfinanzministerium zehn Milliarden Euro an Kfz-Steuern. Europaweit betrug der dadurch verursachte Steuerschaden zwischen 2010 und 2016 mindestens 46 Milliarden Euro. Kanzlerin Angela Merkel, die ganze Regierung, an der Spitze das seit 2005 CSU-geführte Bundesverkehrsministerium, betätigen sich als oberste Lobbyisten der Automobilkonzerne.
„Macht der Konzerne brechen“ – wie soll das gehen?
In der ganzen Bandbreite der Gesellschaft weist Bode nach: Konzerne diktieren Gesetze, zahlen keine Steuern, schädigen die Umwelt, haften nicht für die verursachten gigantischen Schäden und verstoßen permanent gegen soziale und Menschenrechte.
Bode prägt den Begriff des „politisch-industriellen Komplexes“ und schildert die Drehtür des Wechsels bürgerlicher Politiker in hochbezahlte Posten bei den Konzernen. Verschleiert wird so der entscheidende Fakt: Durch die gesetzmäßige Entwicklung zum staatsmonopolistischen Kapitalismus haben sich die Monopole den Staat vollständig untergeordnet und sind mit ihm verschmolzen. Dies betrifft den gesamten Staatsapparat, inklusive Gewaltapparat, Justiz usw. Diese Entwicklung haben auch neuimperialistische Länder wie Indien, Brasilien oder China durchschritten. Das internationale Finanzkapital übt die Alleinherrschaft aus.
Bode schlussfolgert: Es reicht, wir müssen die Macht der Konzerne brechen! Er landet dann bei dürftigen illusionären Konsequenzen: „Wir wissen längst, was die zerstörerische Kraft der Superkonzerne stoppen würde. Alle dazu notwendigen Maßnahmen sind längst bekannt – die Zielrichtung ist stets, mit Hilfe des Rechts und der Justiz bisher schädliche, aber legale Geschäftsmodelle illegal zu machen.“ (S. 184)
Hier „übersieht“ der Autor, dass eben dieser Justizapparat Bestandteil des staatsmonopolistischen Herrschaftssystems ist und die Gesetze eben von den Parlamenten und Regierungen gemacht werden, die als Dienstleister der internationalen Übermonopole fungieren.
Dass es um die Machtfrage geht, dämmert ihm: „Wir brauchen eine Gegenmacht in der Gesellschaft, die durch gewaltfreien zivilen Widerstand die Macht-frage stellt. Eine Chance besteht nur mit einer Gegenmacht über Parteigrenzen hinweg, einer großen Allianz derjenigen, die einen Staat wollen, der die Regulierungshoheit hat.“ (S. 185). Hier wird die Illusionsmacherei dann auf die Spitze getrieben und ein Kapitalismus gepredigt mit einem „starken Staat, der nicht … nach der Pfeife der Konzerne tanzt.“ (S. 186). Die Frage nach der Teilung der Gesellschaft in die zwei Hauptklassen, der Kapitalisten- und der Arbeiterklasse, und des daraus resultierenden Klassenkampfes wird von Bode gar nicht aufgeworfen.
In Übereinstimmung mit allen historischen Erfahrungen der Arbeiterbewegung und der auch von Bode aufgezeigten Diktatur der Monopole schlussfolgert die MLPD deswegen in ihrem Parteiprogramm: „Die internationale revolutionäre Bewegung muss die überall auf der Welt tobenden Klassenkämpfe koordinieren und revolutionieren. Deshalb übernimmt die MLPD als aktives Mitglied der ICOR Verantwortung für die revolutionären Bewegungen auf der ganzen Welt und verwirklicht jede Aufgabe als Bestandteil der Vorbereitung der internationalen sozialistischen Revolution.“ (S. 135)