Entwicklung in Nordostsyrien
Imperialistisches „Friedens"diktat – Der Kampf in Rojava und die Solidarität geht weiter
Die gestern zwischen der US-Regierung und der faschistischen Erdogan-Regierung der Türkei vereinbarte sogenannte Waffenruhe im Aggressionskrieg gegen die Demokratische Föderation Nordostsyrien (Rojava) ist alles andere als ein Zeichen ihrer Stärke.
Sie reagieren damit auf die entstandene Destabilisierung, den entschlossenen militärischen Widerstand der Syrisch-Demokratischen Kräfte (SDF) insbesondere in Serekaniye und die wachsende weltweite Solidarität mit dem kurdischen Befreiungskampf. Es entfalten sich zudem massive Widersprüche zwischen den imperialistischen Mächten sowie innerhalb ihrer regierenden Lager wie zum Beispiel in der Republikanischen Partei von Donald Trump.
Der ultrareaktionäre US-Präsident will mit dem "Deal" zwischen ihm und Erdogan auch sein massiv angeschlagenes Ansehen aufgrund der breiten Kritik am "Verrat an den Kurden" wieder notdürftig reparieren.
Noch vor zwei Tagen erklärte Erdogan, die Türkei werde "niemals" eine Waffenruhe erklären. Dass er jetzt davon abrückt, ist sicherlich auch auf die breiten internationalen Proteste zurückzuführen. Es gelingt ihm nicht, die Weltöffentlichkeit für sein völkerrechtswidriges Vorgehen zu gewinnen.
Zugleich ist die "Waffenruhe" jedoch der Versuch, ein konterrevolutionäres imperialistisches Friedensdiktat durchzusetzen. Das ganze Wesen des Vorgehens der verschiedenen imperialistischen Mächte – insbesondere dem US-, russischen und türkischen Imperialismus – zielt auf die Aufteilung der künftigen Einflusssphären in Syrien unter Liquidierung der Demokratischen Föderation Nordostsyrien. Es ist eine weitere eindringliche Erfahrung, dass man den Imperialisten und ihrem üblen Spiel auf keinen Fall trauen kann. Aber natürlich ist es auch legitim von den kurdischen Kräften, die Widersprüche unter den Imperialisten taktisch auszunutzen.
Die jetzt getroffenen Absprachen beinhalten eine 120-stündige sogenannte Waffenruhe, die allerdings von der türkischen Armee ohnehin nicht eingehalten wird. Während dieser sollen sich - nach Lesart Erdogans - die Kräfte der SDF aus einer 30 Kilometer tiefen Sicherheitszone entlang der gesamten 450 Kilometer langen Grenzlinie zu Syrien zurückziehen, die dann durch türkisches Militär kontrolliert wird. Damit verlangen die USA und die Türkei nichts anderes als die vollständige Kapitulation der Demokratischen Föderation Nordostsyrien vor den Kriegsplänen Erdogans. Die SDF wiederum bestreiten vehement, dass ein solcher Totalrückzug Teil des Abkommens sei, geschweige denn, dass sie diesem zugestimmt hätten.
Dabei haben Erdogan und Trump offenbar die Rechnung ohne die Kurden, die mit ihnen verbündeten Ethnien der Region und die wachsende internationale Solidarität gemacht. Sie sind nicht bereit, dieses üble Spiel mitzumachen. SDF-Sprecher betonten, dass ihre bewaffneten Einheiten zwar die Waffenruhe einhalten, weil sie für den Frieden stehen, unter keine Umständen jedoch einem Rückzug aus der Region mit anschließender türkischer Besatzung zustimmen werden.
Der führende kurdische Politiker Ferda Cetin schreibt auf ANF: „Das zwischen der Türkei und USA erreichte Abkommen ist, wenn man sich die Überschriften anschaut, nichts anderes als die Legitimierung der Besetzung von Rojava durch die Türkei und ihre IS-Milizen. Es gibt keinen einzigen Punkt, in dem die Türkei aufgefordert wird, die Besetzung der Region zu beenden. Es geht darum, den Widerstand zu zerstreuen. Bei dem Abkommen zur Feuerpause geht es alleine darum, die internationale Öffentlichkeit, die Presse, die Parlamente und Regierungen von ihrer täglich wachsenden Solidarität mit Rojava gegen die türkische Invasion abzubringen.
Das Abkommen verpflichtet die Türkei und die USA zu nichts. Nicht die Invasionstruppen sollen sich demnach zurückziehen, sondern die Volks- und Frauenverteidigungseinheiten der YPG und YPJ, welche die Region gegen den Angriff schützen, sollen abziehen und die Verteidigung der Region abgebaut werden. Kurzum, es handelt sich um ein niederträchtiges und bösartiges Abkommen, das die Besetzung durch die Türkei legitimiert."
Erdogans Lügen werden unter anderem von Verantwortlichen der Demokratischen Föderation Nordostsyrien zerpflückt. Auf die Behauptung, die Türkei "wehre" sich mit ihrem Angriffskrieg auch gegen Angriffe syrischer Kurden innerhalb der Türkei, antwortete der SDF-Verantwortliche für Außenbeziehungen Rêdûr Xelîl: "Angriffe gegen Zivilpersonen begrenzen sich nicht nur auf Nord- und Ostsyrien. Auch innerhalb der Grenzen der Türkei kommt es zu Massakern, für die wir verantwortlich gemacht werden. Diese Anschuldigungen sind inakzeptabel. Jede Person weiß, dass die Kurden, Araber und Assyrer auf beiden Seiten der Grenze miteinander verwandt sind. Wie können wir die eigene Bevölkerung und unsere Verwandten töten?" (mehr dazu)
Die Arabische Liga, zu der unter anderem enge Verbündete Erdogans wie das ägyptische Regime gehören, hat sich ebenfalls von der "moralischen und menschlichen Schande" des türkischen Angriffs distanziert. In einer gemeinsamen Erklärung betonten die Repräsentanten und Führer der arabischen Stämme Nordostsyriens, vereint hinter den SDF zu stehen und 50.000 Kämpfer für den gemeinsamen Widerstand zur Verfügung zu stellen (siehe Rote Fahne News). Auch dreizehn palästinensische Organisationen haben sich mittlerweile mit den SDF solidarisiert (siehe Rote Fahne News).
Dazu SDF-Generalkommandant Mazlum Abdi Kobanê: "Der Widerstand in Rojava ist nicht auf heute beschränkt. Seit acht Jahren blickt die gesamte Welt auf den Widerstand der Demokratischen Kräfte Syriens und der Volks- und Frauenverteidigungseinheiten YPG/YPJ. Auch in der gegenwärtigen Situation sehen wir die positiven Seiten dieses Kampfes. Dass die gesamte Welt den Kurdinnen und Kurden angesichts der Invasion beisteht, liegt zweifellos daran, dass sie sich ihnen verpflichtet fühlt. Alle unsere Freundinnen und Freunde bekunden ihre Solidarität mit uns." (mehr dazu)
Umso mehr kommt es jetzt darauf an, den Schulterschluss der kurdischen Bewegung mit der internationalen revolutionären und Arbeiterbewegung zu stärken und intensiv am Aufbau einer internationalen antiimperialistischen Einheitsfront zu arbeiten.
Die gegenwärtige Entwicklung ist auch ein lebendiges Unterrichtsmaterial über die Niederträchtigkeit und Skrupellosigkeit aller imperialistischen Mächte. Aber auch dafür, dass die internationale Solidarität und der länderübergreifende gemeinsame Kampf nicht zu brechen ist, sondern sogar weiter wächst - auch weil sie sich nicht vor den Karren der Imperialisten spannen lassen.
Auch morgen wird es international wieder zahlreiche Solidaritäts- und Protestaktionen geben, darunter elf Großdemonstrationen in verschiedenen Städten Deutschlands. Die MLPD protestiert gegen das provokativ angedrohte Verbot der Demonstration in Köln. Ausgehend von NRW Innenminster Reul soll eine regelrechte Gewalt-Hysterie gegen die Demonstration erzeugt werden, verbunden mit der Vorbereitung einer großangelegten Bürgerkriegsübung der Polizei.
Gabi Fechtner, die Vorsitzende der MLPD, betont in dieser Situation: „Die MLPD ruft erst Recht zu breiter und selbstbewusster Teilnahme auf - aber auch dazu, sich bei der Demonstration und ihrem Umfeld diszipliniert und besonnen zu verhalten, damit dem Staatsapparat und Teilen der bürgerlichen Medien nicht die Bilder geliefert werden, die sie offenbar gerne haben wollen."