Gabi Fechtner

Gabi Fechtner

„Heute muss die verbreitete Kapitalismuskritik auch eine Kritik am Imperialismus sein …“

„Man kann etwas nur wirksam bekämpfen, wenn man es wirklich versteht, das nötige Bewusstsein darüber hat.“ So Gabi Fechtner bei der Jugendbildungsveranstaltung auf dem Internationalen Pfingstjugendtreffen im Juni in Thüringen. Veranstaltung und Vortrag der Vorsitzenden der MLPD sind Teil der bewusstseinsbildenden Arbeit der MLPD und ein Beitrag für die von der 3. ICOR-Weltkonferenz beschlossene Aufklärungskampagne über den Imperialismus

„Heute muss die verbreitete Kapitalismuskritik auch eine Kritik am Imperialismus sein …“
Rund 800 Besucherinnen und Besucher diskutierten mit Gabi Fechtner Foto: RF

Was ist überhaupt Imperialismus?

Dazu führt Gabi Fechtner aus: „Imperialismus im wissenschaftlichen marxistisch-leninistischen Sinne ist eine Entwicklungsstufe des Kapitalismus (…) Um die Jahrhundertwende vom 19. zum 20. Jahrhundert bildete sich das monopolistische Stadium des Kapitalismus heraus, oder eben: der Imperialismus. Es entstehen Monopole wie damals Siemens, die Deutsche Bank, usw., die eine marktbeherrschende Stellung in ihrem Land einnehmen. (…)

Diesen Monopolen reicht ab einer bestimmten Entwicklungsstufe der bestehende Markt in ihrem Land nicht mehr aus, um ihr Kapital Profit bringend anzulegen.

Sie exportieren also ihr Kapital in andere Länder, beuten damit die Arbeiterklasse und die Natur dort rücksichtslos aus – es entsteht der Imperialismus.

Der Kapitalexport, um diese Ausbeutung zu ermöglichen ist im Imperialismus zum entscheidenden Faktor gegenüber dem Export von Waren geworden. Imperialismus ist die Herrschaft des Finanzkapitals. Lenin kennzeichnete das Finanzkapital noch als Verschmelzung von Industrie- und Bankkapital. Heute bildet sich das allein herrschende internationale Finanzkapital aus der Verschmelzung von Industrie-, Bank-, Agrar- und Handelskapital im internationalen Maßstab.

Staatsmonopolistischer Imperialismus

In Verbindung mit dem II. Weltkrieg kam es zu einem qualitativen Sprung: in allen imperialistischen Ländern reifte der Übergang vom mononpolkapitalistischen zum staatsmonopolistischen Imperialismus aus. Staatsmonopolistischer Kapitalismus bedeutet:

  • die Monopole haben sich den Staat vollständig untergeordnet
  • die Organe der Monopole sind mit den Organen des Staates verschmolzen und
  • sie haben ihre Alleinherrschaft bzw. Diktatur über die ganze Gesellschaft errichtet.

In Deutschland übten über Jahrzehnte etwa die 200 größten Monopole (darunter Thyssen-Krupp, VW, Daimler, BASF, Deutsche Bank usw.) ihre Diktatur auch gegenüber den kleineren Monopolen, und nicht monopolistischen Kapitalisten aus.

Die Rolle des Staats gewann enorm an Bedeutung, um die Machtinteressen der im jeweiligen Land ansässigen Monopole zu vertreten und ihnen die bestmöglichen Bedingungen zu liefern.

Neuorganisation der internationalen Produktion

Mit Beginn der 1990er Jahre, dem Zerfall der sozialimperialistischen Sowjetunion und der Herausbildung eines einheitlichen Weltmarkts, beginnt eine neue Stufe in der Entwicklung des Imperialismus: die Neuorganisation der internationalen Produktion. Waren Produktion und Handel im Kapitalismus schon immer international ausgerichtet, so wurden jetzt internationale Produktion und Handel vorherrschend gegenüber der nationalstaatlichen Produktion. Diese Übermonopole haben Produktionsstätten auf der ganzen Welt als Teil internationaler Produktionsverbünde (…) Auf dem einheitlichen Weltmarkt sind heute etwa 500 internationale Übermonopole entstanden, deren Ziel eine weltmarktbeherrschende Stellung ist. Sie bilden heute das allein herrschende internationale Finanzkapital.

Die internationalen Übermonopole stützen sich auf die Staatsapparate ihrer Länder zur Durchsetzung ihrer Interessen und die Staaten sind zu regelrechten Dienstleistern der internationalen Übermonopole geworden. So sichert die deutsche Regierung unter anderem die Profite von RWE, indem sie den Abbau der Braunkohle gegen die seit Jahrzehnten zurecht verbreiteten Massenproteste nicht nur propagandistisch, sondern auch unter massivem Einsatz des Staatsapparats verteidigt.

Die Kritik am Kapitalismus wächst. Wir begrüßen auch die Kapitalismuskritik, wie sie z.B. von der „Fridays for Future“-Bewegung zunehmend entwickelt wird. Aber diese Kritik wird z.T. auch auf reformistischer Grundlage entwickelt - selbst die Spitzen der SPD äußern sich immer öfter „kapitalismuskritisch“ und verteidigen zugleich den Kapitalismus bis auf‘s Messer (…)

Heute muss die verbreitete Kapitalismuskritik auch eine Kritik am Imperialismus sein, die Schlussfolgerungen für die revolutionäre Überwindung dieses Systems und den echten Sozialismus zieht. Denn: die Probleme, die der Imperialismus schafft, sind systemimmanent, sie können nicht in diesem System gelöst werden (…)“

Rund 800 jüngere und ältere Besucher folgten Gabi Fechtner 90 Minuten durch die Geschichte und Gegenwart des Imperialismus. Eine ebenfalls 90minütige engagierte Diskussion schloss sich an.