Hambacher Wald
Herbert Reul - mit Tricks und Lügen im Dienste von RWE
Wir erinnern uns: Mitte September 2018 startete der nordrhein-westfälische Innenminister Herbert Reul (CDU) den größten Polizeieinsatz in der Geschichte des Bundeslands. Bis zu 3.000 Beamte waren im Einsatz, um die Baumhäuser im Hambacher Wald zu räumen.
Kurz zuvor, am 2. Juli 2018, hatte der Energiekonzern RWE Anträge auf Räumung der ca. 60 Baumhäuser bei den Gemeinden Kerpen und Merzenich gestellt, um ab Oktober 2018 den restlichen Wald für den weiteren Braunkohle-Tagebau zu roden. Zufall?
Die Gemeinden lehnten die Anträge jedoch am 1. August ab. Gleichzeitig wuchsen der Protest gegen die Pläne von RWE und die Solidarität mit den Umweltaktivisten von Tag zu Tag. Zehntausende kamen zu Kundgebungen, Waldspaziergängen und Demonstrationen am Hambacher Wald. MLPD und REBELL beteiligten sich aktiv daran.
Kraftprobe um den Hambacher Wald
RWE und die Landesregierung wollten jedoch die Räumung des Walds und anschließende Rodung auf Biegen und Brechen durchsetzen. Es ging dabei nicht nur um die Sicherung der mit dem Abbau und der Verbrennung der äußerst klimaschädlichen Braunkohle erwarteten Maximalprofite. Der Kampf um den Hambacher Wald entwickelte sich wie auch der Protest gegen die in verschiedenen Bundesländern geplanten Polizeigesetze zu einer Kraftprobe im Kampf gegen die forcierte Rechtsentwicklung von Bundes-, Landesregierung und bürgerlichen Parteien.
Der ultrareaktionäre Scharfmacher Reul pochte auf die Durchsetzung von "Recht und Ordnung". Nachdem sich bis dato jedoch keine rechtlich haltbare Begründung für die Räumung finden ließ, wandte sich Reul an seinen CDU-Parteifreund Dr. Ludger Baumeister in Münster, Chef einer führenden Wirtschaftsrechtskanzlei. Für bescheidene 57.524,52 Euro erstellte Baumeister zwei Gutachten - schon am 9. August 2018 unterzeichnet, obwohl Reul sie erst am 10. August in Auftrag gegeben haben will. Eine der kleineren Lügen.
Von Anfang an Kritik an manipulativem Vorwand
Plötzlich setzte die Landesregierung eine Medienkampagne in Gang, dass die Baumhäuser der Bauordnung bzw. der Brandschutzordnung widersprächen und deshalb weg müssten. Schon damals gab es massive Kritik an diesem offensichtlichen Vorwand.
Die Baumhäuser wurden bei dem Großeinsatz der Polizei schließlich zerstört. Die Gutachten hielt Reul so lange wie möglich geheim. Der Klimaaktivist Daniel Hofinger hat auf ihre Herausgabe geklagt – mit Erfolg. Sie belegen weitere Lügen Reuls.
Tiefer Kotau vor RWE
NRW-Ministerpräsident Armin Laschet und sein Innenminister beteuerten stets ihre "Unabhängigkeit" von RWE. In Wirklichkeit machten sie einen tiefen Kotau vor den Interessen des Konzerns. Schon am 23. September 2018 hatte Reul gegenüber dem WDR beteuert, dass die Räumung nichts mit der geplanten Rodung des Waldes zu tun habe. Das wiederholte er noch am 29. August dieses Jahres. Er sei nicht der „Erfüllungsgehilfe von RWE“ und habe sich "nie im Vorfeld mit RWE getroffen". Aber schon im Gutachten wird ausdrücklich mehrere Male auf die Rodungspläne von RWE Bezug genommen.
Kleinlaut musste Reul am 4. September zugeben, er habe sich persönlich sowohl am 16.7.2018 wie am 15.8.2018 mit RWE-Verantwortlichen getroffen. Sein Ministerium führte darüberhinaus eine nicht genannte Anzahl von weiteren Gesprächen mit RWE.1 Wie üblich berief sich Reul auf „Erinnerungslücken“. Tatsächlich wird die Halbwertszeit seiner Lügen immer kürzer!
Bauordnung und Brandschutz als willfährige Vorwände
Kern der Gutachten ist die Begründung des Polizeieinsatzes. Die Baumhäuser seien „bauliche Anlagen im Sinn von § 2 Abs 2 BauO NRW“, sie seien „Ergebnis der künstlichen Bautätigkeit von Menschen“ - und damit "unterliegen sie der Bauordnung". Entsprechend werden allerlei Verstöße gegen die Bauordnung aufgelistet - bis dahin, dass die Bauhäuser weder über einen „Rettungsweg über Treppen“ noch über „wirksame Blitzschutzanlagen“ verfügten.
Eine inzwischen beliebte Methode im Zuge der Rechtsentwicklung des Staatsapparats, kämpferische Bewegungen, Revolutionäre und Marxisten-Leninisten willkürlich in ihren Möglichkeiten einzuschränken - selbst dann, wenn die bestehenden Gesetze keine Handhabe dafür bieten. So wurde unter dem Vorwand des Baurechts monatelang auch die Nutzung des Kultursaals des Dienstleistungszentrums "Horster Mitte" in Gelsenkirchen untersagt, in der unter anderem die Parteizentrale der MLPD untergebracht ist.
Interessanterweise berichten Aktivisten aus dem Hambacher Wald, wie wenige Wochen vor der Räumung Polizisten bei einem kleineren Einsatz zahlreiche Feuerlöscher beschlagnahmten. Absurd war auch die Behauptung einer "unmittelbaren" Gefahrenlage, obwohl es die Baumhäuser in dieser Form bereits seit sechs Jahren gab. Das einzige, was „unmittelbar“ bevorstand, war die geplante Rodung der Bäume durch RWE!
Landesregierung musste einlenken
Es nützte allerdings alles nichts. Die wachsenden Massenproteste und ein Gerichtsurteil des Oberverwaltungsgerichts Münster zwangen die Landesregierung schließlich zum Einlenken. Der Umweltverband BUND setzte sich mit seinem Antrag auf vorläufigen Rodungsstopp im Eilverfahren durch. RWE musste ebenfalls von seinem provokativen Kurs ablassen. Auch der Skandal um Reul kommt dem Konzern alles andere als gelegen.
Der umweltpolitische Sprecher der MLPD, Hannes Stockert, erklärt dazu: „Der ganze Skandal beweist einmal mehr, was das Programm der MLPD so zusammenfasst: 'Die hier ansässigen internationalen Übermonopole, die zum allein herrschenden internationalen Finanzkapital gehören, haben sich den Staat vollkommen untergeordnet, und die Organe des Monopolkapitals sind mit den Organen des Staatsapparats verschmolzen.'"
"Reul muss zurücktreten!"
In einer aktuellen Pressemitteilung schreibt die Landesleitung NRW der MLPD: "Durch die Gutachten ließ sich Innenminister Reul die 'Argumentation' mit dem Brandschutz basteln und schickte dann 3.000 Polizisten auf Steuerkosten in den Wald. Dieser Einsatz richtete im Hambacher Wald zusätzlich erhebliche Zerstörungen an, ein Blogger kam unter den Bedingungen des Polizeieinsatzes durch Sturz von einer Hängebrücke ums Leben. Ausgehend von der Landesregierung fand eine Kriminalisierung der Umweltschützer statt und der Polizeieinsatz diente auch dazu, das neue Polizeigesetz mit zu rechtfertigen. ...
Dazu der Landesvorsitzende der MLPD NRW, Peter Römmele: 'Reul muss zurücktreten! Weil er die Bevölkerung belogen hat, einzig zu dem Zweck, dass die Art und Weise der Machtausübung der herrschenden Monopole nicht ans Tageslicht kommt. Die MLPD hatte bereits im Sommer 2018 ihren Standpunkt dargelegt, dass sich die CDU/FDP-Landesregierung als Dienstleister der Energiemonopole erweist. Dafür wurden bereits Gesetze gemacht. Und wenn die für die Durchsetzung ihrer Interessen nicht ausreichen, halten sich Politiker wie Reul noch nicht mal an die eigenen Gesetze und lügen, dass sich die Balken biegen.'
Die windelweichen Stellungnahmen von SPD und Grünen NRW, die die 'mangelnde Glaubwürdigkeit' von Reul bemängeln, sind Ausdruck ihrer eigenen Verantwortung für die Rodung des Hambacher Waldes, der sie als Vorgängerregierung im Auftrag von RWE noch zugestimmt hatten.
"Monopole und Regierung können nicht einfach machen, was sie wollen"
Peter Römmele: 'Es kann doch hier nicht um die Glaubwürdigkeit einer reaktionären Regierung und ihrer Minister gehen. Das Ganze macht deutlich, wie die Regierungen als willfährige Dienstleister der jeweils ansässigen Monopole und Übermonopole handeln und wie das funktioniert. Darüber sollte sich niemand Illusionen machen. Umso bedeutender ist der massenhafte Widerstand mit Großdemonstrationen rund um den Tagebau mit bundesweiter und internationaler Ausstrahlung, der die Pläne von RWE zunächst gestoppt hat.
Das beweist einmal mehr, dass die Monopole und ihre Regierung nicht einfach machen können, was sie wollen. Diesen Weg des aktiven Widerstandes unterstützt die MLPD als Schule für einen gesellschaftsverändernden Kampf für eine sozialistische Gesellschaft. Wer daran mitwirken möchte, ist in den Umweltgruppen der MLPD herzlich willkommen.'“