Rote Fahne 24/18

Rote Fahne 24/18

Kein reaktionärer „Rollback!“ – Frauen kämpfen weltweit gegen Rechtsentwicklung der Regierungen

Der 25. November wird seit vielen Jahren als internationaler Kampftag gegen Gewalt an Frauen begangen. Was in der Öffentlichkeit fast als „Nischenthema“ begann, ist heute Gegenstand einer Massenbewegung!

Kein reaktionärer „Rollback!“ – Frauen kämpfen weltweit gegen Rechtsentwicklung der Regierungen

In jeder Gesellschaftsordnung, die auf Ausbeutung und Unterdrückung beruht, gab und gibt es Gewalt gegen Frauen. Und in jeder dieser Gesellschaften gab und gibt es Widerstand dagegen. In den letzten Jahren wächst das Frauenbewusstsein spürbar. Aber wie ist der gesamtgesellschaftliche Zusammenhang und worin liegt seine Perspektive?

 

Die Bewegung der Weltfrauen erklärt: „Am 25. November, dem Tag gegen Gewalt an Frauen, bekämpfen wir alle Formen der Gewalt gegen Frauen! Besonders klagen wir Gewalt als Folge imperialistischer Aggressionen und Kriege gegen die Völker an, in denen die Frauen zu Opfern und Kriegstrophäen werden.“ Gegen ungeschriebene wie geschriebene Gesetze gehen Frauen mutig an die Öffentlichkeit: in Indien Massendemonstrationen gegen Vergewaltigungen; die #MeToo-Kampagne klagt an, dass die Karriere von Frauen untrennbar mit der sexuellen Gefügigkeit gegenüber ihren „Gönnern“ verbunden sei; junge Frauen protestieren dagegen, sich dem bürgerlichen Schönheitsideal zu unterwerfen; gerade Erzieherinnen und (die mehrheitlich weiblichen) Klinikbeschäftigten forderten in den letzten Jahren mehr Lohn und größere Anerkennung ihrer Arbeit; es gibt wachsende Proteste ganzer Familien für bezahlbaren Wohnraum und Kinderbetreuung.

 

Die kämpferischen Frauen des Frauenverbands Courage haben in Pionierarbeit einen wichtigen Sieg über den deutschen Inlandsgeheimdienst „Verfassungsschutz“ errungen. Dieser wollte den Verband zwingen, in seinen Reihen keine Verbindungen zur MLPD zu pflegen – und damit genau die Diskussion über gesellschaftliche Ursachen und die revolutionäre Perspektive der Befreiung der Frau verbannen. Courage hat sich die Überparteilichkeit und Unabhängigkeit des Verbands nicht abkaufen lassen. Die Courage-Frauen haben im Gegenteil ein Gerichtsurteil erwirkt, nachdem der Verfassungsschutz NRW wesentliche Verunglimpfungen im Bericht streichen muss.

 

Rechtsentwicklung der Regierungen auch eine Frauenfrage

 

Eine weltweite Rechtsentwicklung der Regierungen und bürgerlichen Parteien ist die reaktionäre Antwort auf die sich vertiefende Krise des imperialistischen Weltsystems. Diese Rechtsentwicklung ist nicht zuletzt extrem frauenfeindlich. Der Internationale Tag gegen Gewalt an Frauen hat deshalb 2018 auch einen besonderen Bezug zum Kampf gegen die Rechtsentwicklung der Regierungen.

 

Schon heute nimmt die kämpferische Frauenbewegung bei Massenprotesten gegen ausgemachte faschistische, faschistoide und frauenfeindliche Politiker  eine bestimmte Vorreiterrolle ein. Gerade wenn sie Bindeglied zwischen den verschiedenen Bewegungen wird: In Brasilien organisierten vor allem Frauen noch vor dem Wahltag den Protest von 1,25 Millionen Menschen gegen den Faschisten Bolsonaro – inzwischen zum Präsidenten gewählt. Der Kampf gegen die Justizreform der ultrareaktionären PiS-Regierung in Polen wäre niemals so groß und erfolgreich geworden, hätten die Frauen dabei nicht so viele unterschiedliche politische Bewegungen vereint. Das 1. bundesweite Vorbereitungstreffen zum 12. Frauenpolitischen Ratschlag positionierte sich vor wenigen Wochen mit dem Motto „Couragierte Frauen kämpfen gegen rechte Regierungen – weltweit“.

 

Heute sind bereits 65 Millionen Menschen weltweit auf der Flucht, werden Familien auseinandergerissen und traumatisiert. Und die allgemeine Tendenz der Kriegsvorbereitung verschärft sich.  In „aller Herren“ Länder müssen Frauen ihr Recht auf Schwangerschaftsabbruch verteidigen oder überhaupt erst erkämpfen. Weltweit häufen sich verheerende Stürme, Überflutungs- oder Brandkatastrophen. Die Bundesregierung hat mit ihrem Rollback in der Umweltpolitik ihre ohnehin schon unzureichenden Ziele wieder aufgegeben, um den „deutschen“ Monopolen bessere Bedingungen für ihre Profite darzubieten. Die Folgen der zweiten große Dürre dieses Jahr, der kriminelle Abgasbetrug der Autokonzerne, Giftmüll in der Bergwerken – alles das wird auf die Massen abgeladen: aufs Portemonnaie, auf die Gesundheit, auf die Familienverhältnisse.

 

Kämpferische Aktivitäten dagegen beleben sich in der Autoindustrie, in massenhaften Demonstra­tionen gegen die Rechtsentwicklung, im Hambacher Wald, in den Aktivitäten der Bergarbeiterfrauen-AG im Frauenverband Courage, die von Anfang an für „Arbeitsplätze UND Umweltschutz“ standen. 

 

Typisch demagogisch treten rechte Politiker auf als „Anwalt der kleinen Leute“. Tatsache ist: Unter Trumps Regentschaft bekommt das reichste Viertel der Gesellschaft 90 Prozent Steuererleichterung, das ärmste Viertel noch nicht einmal 25 Prozent. Massenproteste von Frauen begleiteten Trumps Amtszeit von Beginn an. Die rechtsgerichtete Regierung in Österreich zeigt, wo die „Reise hingehen“ soll, mit der geplanten Einführung der 60-Stunden-Woche. Dagegen fordert ein Frauen-Volksbegehren: „Arbeitszeitverkürzung auf 30 Stunden pro Woche bei variablem Lohn- und Personalausgleich …“.

 

Trotz ihrer Rechtsentwicklung will die Regierung den Eindruck erwecken, Frauenfragen seien bei ihnen in guten Händen. Rechtsentwicklung und Zugeständnisse sind kein Widerspruch – das waren sie noch nie in der Geschichte. Die Herrschenden müssen eine Basis unter den Massen für ihre Politik suchen – und die schwindet drastisch, gerade bei den „Volks“parteien CDU und SPD. Die Rechtsentwicklung der Regierungen geht deshalb weltweit immer auch mit einer besonderen Blüte sozialer Demagogie einher. Auf den zweiten Blick wird zudem deutlich, dass diese Maßnahmen so gering sind, dass man sie am treffendsten als Brosamen vom reich gedeckten Tisch bezeichnen kann. Oft heben sich einzelne Verbesserungen mit anderen Verschlechterungen wieder auf. 

 

Mit der beschlossenen Erhöhung der Mütterrente haben Frauen (mit vor 1992 geborenen Kindern) mehr Geld im Portemonnaie – für ein bis zwei Kästen Mineralwasser im Monat! Aber die durchschnittliche Rente von Frauen ist bei 650 Euro – Tendenz sinkend! Auch nach einer dreiprozentigen Rentenerhöhung liegt dieser Betrag unter der Armutsgrenze. Parallel zur steigenden Frauenerwerbstätigkeit (1990: 57,7 Prozent, 2017: 75,4 Prozent) steigt die gesellschaftliche Armut (von 11 Prozent auf 17 Prozent).  

 

Viele Paare teilen sich heute die Erziehung ihrer Kinder. Den Forderungen nach vollwertigen Arbeitsplätzen und kostenfreier, qualitativ hochwertiger Betreuung der Kinder kamen die Gesetze zum Recht auf einen Betreuungsplatz für unter Dreijährige, das derzeit verhandelte Gute-Kita-Gesetz und das Recht auf Rückkehr von Teilzeit auf Vollzeit entgegen. Doch das Recht auf einen Betreuungsplatz wurde noch nie in vollem Umfang eingelöst. 300.000 Plätze fehlen aktuell. Für die Kinderbetreuung gibt es aus dem Bundeshaushalt 5,5 Milliarden Euro bis 2022. Laut Berechnungen der Bertelsmann Stiftung wären 15 Milliarden nötig. Alleine für einen bundesweiten einheitlichen Betreuungsschlüssel, der sich zwischen sieben Kindern in Baden-Württemberg und 14 in Mecklenburg-Vorpommern bewegt, fehlen mindestens 100.000 Stellen. Das Gute-Kita-Gesetz heißt in der Realität: „Wer eine gute Kita haben will, muss auch entsprechende Gebühren zahlen.“

 

Aber auch die deutsche Bundesregierung hat sich verrechnet: Sie müsste nach rechts rücken, weil die Mehrheit der Menschen das so wolle – von wegen! Drei Millionen Menschen, die seit Anfang des Jahres gegen die Rechtsentwicklung auf der Straße waren, drei offene politische Regierungskrisen und nicht mehr zu haltende CDU-/CSU-Parteivorsitzende sprechen da eine ganz andere Sprache!

 

Frauen an der Spitze

 

Bundeskanzlerin Angela Merkel forderte beim Festakt zu hundert Jahre Frauenwahlrecht die paritätische Beteiligung von Frauen in Wirtschaft, Verwaltung, Politik und Kultur – also mehr Frauen in bürgerlichen Spitzenpositionen. Aber selbst mit der besten „Quote“ wird der Kapitalismus nicht abgeschafft. Angela Merkel und sämtliche ihrer Ministerinnen stehen genauso wie die männlichen Minister für knallharte Monopolpolitik. Die MLPD hat eine grundsätzlich andere Vorstellung von „Frauen an der Spitze“. Ihre Genossinnen und Genossen bekämpfen entschlossen jede Diskriminierung von Frauen, fördern entschieden, dass Frauen und Mädchen bewusst und selbstbewusst den Kampf um ihre Zukunft und die ihrer Kinder revolutionär in die Hand nehmen. 

 

Zum 25. November schreiben unterschiedlichste Frauen – Schülerinnen, Rentnerinnen, Vertreterinnen von MLPD, Frauenverband Courage, ADKH, Yeni Kadin, eine Frau der Linkspartei, Bergarbeiterfrauen: „Wir sind die Plattform der Powerfrauen und -mädchen im Internationalistischen Bündnis, weil die Befreiung der Frau und die Befreiung der ganzen Menschheit von Ausbeutung und Unterdrückung zwei Seiten einer Medaille sind und deswegen auch nur gemeinsam erkämpft werden. Dafür stärken wir uns im Internationalistischen Bündnis gegenseitig und lernen voneinander: von der Power der Jugend, von der Perspektive der Revolutionärinnen und Revolutionäre, von der Organisiertheit und den Kämpfen der Arbeiter.“

 

Je bewusster sich die Frauenbewegung in den Kampf gegen die Rechtsentwicklung einordnet, desto mehr werden die Bewegungen sich gegenseitig stärken.

 

Was sind die Ursachen?

 

Die MLPD unterstützt den Aufbau der Frauenplattform im Internationalistischen Bündnis. Martina Stalleicken, frauenpolitische Sprecherin der MLPD, warnt, „den Kampf gegen Gewalt an Frauen isoliert zu führen bzw. feministisch als ‚Geschlechterkampf‘ umzudeuten“. Die Erkenntnis verstärkt sich: Private Erfahrungen und Probleme haben auch gesellschaftliche Ursachen, die nur gesellschaftlich zu überwinden sind.

 

Die MLPD fördert diesen Erkenntnisfortschritt in ihrer Kleinarbeit. Zum 25. November wendet sie sich besonders an Frauen und Mädchen, lädt ein, an Studiengruppen zur Streitschrift „Neue Perspektiven für die Befreiung der Frau“ teilzunehmen. Dort wird den gesellschaftlichen Ursachen der besonderen Ausbeutung und Unterdrückung der Masse der Frauen auf den Grund gegangen.

 

Soziale Gerechtigkeit im Kapitalismus ist eine Illusion. Wie könnte Ausbeutung je gerecht werden? Der Kapitalismus ist selbst die größte soziale Ungerechtigkeit: Eine Handvoll Ausbeuter eignet sich den Reichtum an, den der Großteil der Gesellschaft erarbeitet. Und dazu eignen sie sich die viele unentgeltliche Arbeit der Frauen gleich mit an, die wesentlich dafür Sorge tragen müssen, dass Arbeitskraft (wieder)hergestellt wird, für Kinder, Pflege, Haushalt usw. hauptverantwortlich sind. Als „Dank“ hält der Kapitalismus Altersarmut, ökonomische Abhängigkeit, keine Perspektive für die Jugend, sexistisches Mobbing bereit. Aber das muss so nicht bleiben. Zu diesem Ergebnis kommen Stefan Engel und Monika Gärtner-Engel in ihrer Streitschrift „Neue Perspektiven für die Befreiung der Frau“: „Die besondere Ausbeutung und Unterdrückung der Masse der Frauen geschieht in der kapitalistischen Gesellschaftsordnung unabhängig vom Willen oder der Willkür einzelner. Genauso gesetzmäßig bricht sich auch der Kampf um die Befreiung der Frau Bahn. Während sich im Prozess der Produktion und Reproduktion des unmittelbaren Lebens im Kapitalismus die Produktivkräfte entwickeln, wird die neue ökonomische Grundlage, auf der die Befreiung der Frau vollendet werden kann, unaufhörlich materiell vorbereitet. Aus dem gemeinsamen strategischen Ziel ergibt sich der unauflösliche Zusammenhang zwischen dem proletarischen Klassenkampf zum Sturz der kapitalistischen Ausbeuterordnung und dem Kampf für die Befreiung der Frau von der bürgerlichen Staats- und Familienordnung.“ (S. 315/316)

 

Brot und Rosen statt Brosamen

 

Die Frauen in Spanien haben 2018 einen viel beachteten Frauenstreiktag durchgeführt. Organisiert von jungen Frauen, oft Studentinnen, die viel Wert darauf gelegt haben, sich zu verbinden mit den Arbeiterinnen, mit den damals seit einem Jahr streikenden Pflegekräften, den Putzfrauen der Universitäten. Bestrebungen in Deutschland, 2019 einen Frauenstreiktag durchzuführen, müssen auch daran gemessen werden, ob er auf kleinbürgerlich-feministischer Grundlage oder im engen Schulterschluss mit der Arbeiterbewegung und auf überparteilicher Grundlage stattfindet. Die Verweigerung „reproduktiver Frauenarbeit“, also der Haus- und Familienarbeit kann vielleicht den einen oder anderen Macho beeindrucken. Aber es ist kein Streik. Und der Boykott ändert nichts an den Ursachen, die in der kapitalistischen Klassengesellschaft liegen. Engt sich die Frauenbewegung auf vermeintlich frauenspezifische Fragen und formalistische „Lösungen“ wie neue Sprachschöpfungen ein, wird es keine Befreiung von Ausbeutung und Unterdrückung geben. Sie ist aber entscheidende Grundlage für  die Verwirklichung der Gleichberechtigung von Mann und Frau. Wer innerhalb der Logik des kapitalistischen Systems verbleibt, kann höchstens Symptome lindern. Es ist eine Grundsatzfrage in der Frauenbewegung: Wird gemeinsam gegen jede Ausbeutung und Unterdrückung gekämpft? Oder bekommt die kleinbürgerlich-feministische Denkweise stärkeren Einfluss, die vermeintliche Verbesserungen auf Kosten „der Männer“ durchsetzen will. Letzteres kann die Bewegung nur schwächen.

 

Wohin dreht das Rad der Geschichte?

 

Die größten Fortschritte im Kampf um die Befreiung der Frau waren aufs Engste mit Revolutionen verbunden: Angefangen mit der Pariser Kommune im Jahr 1871, entstand eine Frauenbewegung, die erstmals den Kampf um die Befreiung der Frau im eigentlichen Sinn führte.

 

Die Oktoberrevolution 1917 erbrachte weitestgehende Frauenrechte eines Staates in der bisherigen Geschichte und leitete eine gesellschaftliche Umwälzung ein. Ein Jahr später, 1918, ertrotzte die Novemberrevolution das Frauenwahlrecht in Deutschland. „Das war kein Geschenk“, sagt Martina Stalleicken, „am besten noch durch die SPD, wie diese heute behauptet, was empörend ist. Die SPD-Spitze war tief in die Ermordung von Rosa Luxemburg verstrickt. 1918 beteiligten sich die Frauen aktiv an den Streiks und Kämpfen der revolutionären Arbeiterbewegung, allein 400.000 Rüstungsarbeiterinnen an dem großen Munitionsarbeiterstreik. Schmerzlich fehlte damals allerdings eine revolutionäre Partei für einen vollständigen Sieg. Heute dagegen gibt es die MLPD! Wir führen heute den Kampf um Frauenrechte als Schule für die Befreiung der Frau im echten Sozialismus.“

 

Die Rechtsentwicklung will das Rad der Geschichte zurückdrehen. Die kämpferische Frauenbewegung will beitragen, das zu stoppen. Und wenn sie sich entschieden stärkt, verbündet mit der Arbeiter-, Jugend- und Volksbewegung in Deutschland wie international, wird sie Teil einer starken Kraft, die das Rad der Geschichte nach vorne weiterdrehen wird. Die MLPD fördert das entschieden – umso besser, je stärker sie in diesem Kampf wird, auch durch Dich/Sie!