Üble Verleumdungskampagne von DKP-Funktionären gegen Willi Dickhut bricht endgültig zusammen
Von Achim Czylwick, 22.12.17 - Jahrzehntelang hielt die Führung der Deutschen Kommunistischen Partei (DKP) an ihrer selbst gestreuten ehrverletzenden Lüge gegen Willi Dickhut fest, er habe als Funktionär der verbotenen KPD brisante Kaderunterlagen an den Verfassungsschutz ausgeliefert.
Nun konnte die GSA1 Einblick in Stasi-Akten zu den damaligen Vorgängen nehmen. Sie bestätigen: Daran ist kein Funken wahr. Im Gegenteil: Hier agierten ehemalige Gestapo-Aktivisten und Verfassungsschützer.
Willi Dickhut war nicht nur Mitbegründer und Vordenker der MLPD, er unterstützte als KPD-Mitglied in den 1920er-Jahren den Aufbau der damals sozialistischen Sowjetunion bei einem mehrmonatigen Aufenthalt, entwickelte wichtige kommunistische Pionierarbeit in Großbetrieben. Er leistete mutigen Widerstand gegen den Hitler-Faschismus, war lange im KZ inhaftiert und konnte der sicheren Hinrichtung erst in letzter Minute entfliehen. Nach dem Krieg war Willi Dickhut lange Jahre mutiger und ideenreicher Funktionär der KPD, nicht zuletzt in der Solinger Kommunalpolitik.
Die Feindschaft der DKP-Führung ihm gegenüber rührt von seiner prinzipiellen Kritik an ihrer revisionistischen Linie noch in der alten illegalen KPD. 1966 wurde er deswegen ausgeschlossen.
Robert Steigerwald vom DKP-Vorstand verbreitete 1976 auf einer öffentlichen Veranstaltung in Heilbronn, Willi Dickhut sei persönlich dafür verantwortlich, dass 1952 Kaderunterlagen in die Hände des Staates gefallen seien. Willi Dickhut hat gegen diese Verleumdungen immer Stellung bezogen, die Vorwürfe ehrlich publiziert und sie vollständig widerlegt – unter anderem in seinem Buch „Was geschah danach?“
Im Juli 1952, als die Polizei die Ablage der KPD in Düsseldorf beschlagnahmte, befand sich Willi Dickhut in Ost-Berlin zur Bearbeitung von Kaderfragen in der Zentrale der SED. Als er dort von der Polizeiaktion erfuhr, war ihm sofort klar: „Hier konnte nur Verrat im Spiel sein. Der Denunziant mußte Margot, das ‚blonde Gift‘ sein. Die Ablage ihres Freundes war gleichzeitig hochgegangen. Und das Geld, das er verwaltete, war weg … Sofort wurde von der Zentralen Kontrollkommission eine Untersuchung eingeleitet … Doch noch in der folgenden Nacht flüchteten Margot und ihr Freund, natürlich mit dem entwendeten Geld, ohne eine Spur zu hinterlassen.“²
Das bestätigen die Unterlagen der Stasi haargenau. Umso schäbiger ist, dass die DKP-Führung, die ja in engstem Kontakt zu den Staatsorganen der DDR stand und die Stasi-Unterlagen zweifellos kannte bzw. jederzeit hätte einsehen können, ihre Behauptung munter weiter streute. In der Akte mit der Kennzeichnung BSTU 0004 des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) der DDR heißt es:
„Nach 1945 war Willi Dickhut bis 1953 Leiter der Kaderabteilung beim Parteivorstand der KPD in Düsseldorf. Dort wurden – während sich die Spitzenfunktionäre der KPD auf der II. Parteikonferenz der SED in Berlin befanden – sämtliche Kaderunterlagen beschlagnahmt. In diesem Zusammenhang wurde gegen D. ein Parteiverfahren durchgeführt, in dessen Ergebnis er als Leiter der Kaderabteilung beim Parteivorstand abgelöst – und als Sekretär in einen Kreis versetzt wurde (Solingen). Während des Parteiverfahrens stellte sich heraus, daß die Sekretärin des D. in der Kaderabteilung beim Parteivorstand die Freundin eines KPD-Genossen namens (Name geschwärzt) war, der seit langem für die Gestapo und für den Verfassungsschutz arbeitete. Diese Sekretärin wurde allgemein als das ‚blonde Gift‘ bezeichnet.“
Dass der Freund von Margot Ostmann ein Agent der Gestapo bzw. später des Verfassungsschutzes war, wusste Willi Dickhut damals nicht. Ihn traf also keinerlei Schuld an dem Verrat der Ablage. Er hatte von Anfang an Bedenken gegen Margot Ostmann. Dazu schreibt er in seinem Buch: „Als sich herausstellte, dass sie unfähig war, echte Kaderarbeit zu leisten, wurde sie auf meinen Antrag hin versetzt. Meine Bedenken verstärkten sich zu Befürchtungen, weshalb ich Heinrich Müller beauftragte, sofort eine neue Ablage ausfindig zu machen, was ihm aber leider nicht gelang. Mir wurde der Vorwurf gemacht, ‚Du hättest selber eine neue Ablage suchen müssen. Diesen Vorwurf habe ich ohne jede Entschuldigung anerkannt. Auch die Rüge als Parteistrafe, die ich deswegen bekommen habe, wurde von mir nicht beanstandet, obwohl sie nicht berechtigt war … Ich habe alles vermeiden wollen, was den Anschein erweckt hätte, als wolle ich mich vor der eigenen Verantwortung drücken.“ 3 Dieses Verhalten war vorbildlich und ist bis heute eine Anleitung für die Wahrung der Objektivität der Betrachtung und Übernahme von Verantwortung.
Nur wenige Mitglieder der DKP haben – und dies oft hinter vorgehaltener Hand – die Darstellung der DKP-Führung bezweifelt. Als erster wandte sich der Historiker und frühere DKP-Stadtrat in Marburg, Professor Georg Fülbert, nach Auseinandersetzung mit den Fakten in Willi Dickhuts Buch öffentlich gegen die Methoden der DKP-Führung. In einem Brief vom 6. 1. 1991 an Willi Dickhut entschuldigt er sich für die „abstoßenden Züge in der Geschichte der kommunistischen Bewegung in Westdeutschland, dass Personen, die sich von ihr trennen, bzw. ausgeschlossen werden, nachträglich immer wieder mit dem Vorwurf des Verrats oder anderer ehrenrühriger Handlungen belegt wurden“. Inzwischen nehmen immer mehr ehrliche DKP-Mitglieder in diesem Sinne Stellung – siehe auch das Gespräch mit dem Genossen Rolf Pflanz auf S. 36/37.
Kein Wort der Entschuldigung jedoch von der DKP-Führung. Ihre ehrverletzenden Lügen muss sie öffentlich zurücknehmen, nachträglich den Genossen Willi Dickhut rehabilitieren und sich entschuldigen.
Achim Czylwick/wr
1 Gesellschaft zur Förderung wissenschaftlicher Studien zur Arbeiterbewegung e.V.
2 „Was geschah danach“, Seite 82
3 Ebenda, Seite 82