Februar-Revolution 1917
Wie die Bolschewiki die entscheidende Mehrheit in Russland eroberten
Die Februar-Revolution von 1917 sorgte in Russland für den Sturz der Zaren-Diktatur und brachte die Bourgeoisie an die Macht
Die bürgerlich-demokratische Revolution führte für die revolutionäre Partei der Bolschewiki und die Arbeiterklasse zu vielen demokratischen Freiheiten, auf deren Basis sie sich daranmachten, zum nächsten Schritt überzugehen: zum Sturz der Herrschaft der Bourgeoisie und zur Errichtung der Macht der Arbeiterklasse im Bündnis mit der armen Bauernschaft.
Periode der Doppelherrschaft
So wuchs die Partei der Bolschewiki bis Juli 1917 von knapp über 40 000 auf 240 000 Mitglieder. Noch weit mehr wuchs ihr Masseneinfluss. Eine Besonderheit war, dass von den Februartagen bis Anfang Juli eine eigentümliche Periode der Doppelherrschaft existierte (siehe Rote Fahne 9/2017). Einerseits war die Staatsmacht in den Händen der provisorischen Regierung, die die Macht der Bourgeoisie repräsentierte. Andererseits wurde das Leben der breiten Massen in den Städten, auf dem Land und bei den Soldaten von bewaffneten Sowjets geregelt.
Diese Sowjets oder Räte waren zunächst beherrscht von den kleinbürgerlich-reformistischen Parteien der Menschewiki und Sozialrevolutionäre.
„Alle Macht den Sowjets“
Die Bolschewiki gaben dennoch die Agitationslosung „Alle Macht den Sowjets“ aus, um klarzumachen: Die Arbeitermacht hat nichts mit der bürgerlichen Republik zu tun, sondern ersetzt sie durch die Macht der Räte, die Diktatur des Proletariats. Sie setzten sich das Ziel, durch massenhafte Überzeugungsarbeit die Mehrheit in den Sowjets zu erlangen. Mitte Juni zeigte sich, dass die Losungen der Bolschwiki unter den Massen breit aufgenommen wurden. 400 000 Menschen demonstrierten in Petrograd unter den Losungen „Nieder mit dem Krieg“, „Nieder mit den 10 kapitalistischen Ministern“ und „Alle Macht den Sowjets“.
Die Spannung nahm von Tag zu Tag zu, vor allem als sich zeigte, dass die provisorische Regierung keineswegs Frieden schließen wollte. Zusammen mit den Regierungen Frankreichs und Englands verfolgte sie im I. Weltkrieg eigene imperialistische Ziele. Mitte Juni ordnete sie an der Front eine neue militärische Offensive an, die die allgemeine Katastrophe nur verschlimmerte. Diese Offensive scheiterte und führte zu Hunderttausenden zusätzlichen Toten.
Mit scharfer Munition gegen Demonstranten
Jeden Tag steigerte sich die Empörung der Massen. Am 3. Juli kam sie in der Hauptstadt zum Ausbruch: Auf einer, von bewaffneten Sowjetkräften getragenen Demonstration im Petrograder Arbeiter-Stadtteil Wiborg mit mehreren Hunderttausend Teilnehmern wurde breit der Sturz der provisorischen Regierung gefordert. Die Bolschwiki warnten davor, jetzt bereits einen bewaffneten Aufstand zu planen. Sie halfen, den friedlichen Charakter der Demonstration zu wahren.
Die Regierung der Bourgeoisie, in der auch vier Minister der Menschewiki und Sozialrevolutionäre saßen, sah die Zeit gekommen, die Machtfrage ein für alle Mal zu klären. Sie setzte Militär mit scharfer Munition gegen die Demonstranten ein. Die revolutionären Teile der Petrograder Garnison waren zuvor an die Front verlegt worden. Die reaktionären Offiziere ließen sofort scharf schießen und richteten ein Blutbad unter den Massen an. Unmittelbar danach setzte eine Verhaftungswelle gegen die Bolschewiki ein. Ihre Zeitungen wurden verboten. Gegen Lenin erließ die Regierung einen Haftbefehl wegen Hochverrats. Die Bolschewiki waren erneut in die Illegalität gedrängt.
Ende der Doppelherrschaft
Mit dieser offenen Unterdrückung war der Zustand einer Doppelherrschaft in Russland beendet. Die Bourgeoisie hatte ihre alleinige Diktatur über die Gesellschaft errichtet. Die Sowjets mit ihrer noch opportunistischen Mehrheit wurden zum Anhängsel der provisorischen Regierung. Gegen Revolutionäre an der Front wüteten Feldgerichte.
Die Bolschewiki erobern immer mehr Anhänger
Die Paktiererpolitik der Opportunisten mit der provisorischen Regierung und die Unterdrückungsmaßnahmen gegen die Bolschewiki wie auch gegen die Sowjets hatten unter den Massen den gegenteiligen Effekt. Viele Arbeiter und fortschrittliche Menschen, die noch Mitglied bei den opportunistischen Parteien waren, kehrten ihnen den Rücken und beantragten die Mitgliedschaft bei den Bolschewiki. Durch ihre klare Haltung in der Frage des Friedens, des Landes und der Arbeitermacht eroberten sie immer mehr Anhänger. Noch im gleichen Monat führten die Bolschewiki im Geheimen ihren 6. Parteitag durch.
Eine neue Situation entsteht
Der Parteitag stellte fest, dass mit dem Juli-Putsch eine neue Situation für den Kampf um den Sozialismus eingetreten war. Die Partei und die Massen der Arbeiterklasse und armen Bauern mussten auf den Übergang zum bewaffneten Aufstand eingestellt werden. Das vom Parteitag verabschiedete „Manifest der Partei“ endete mit den Worten: „Rüstet Euch zu neuen Schlachten, Kampfgenossen. Sammelt Kräfte, standhaft, mutig und ruhig, ohne Euch provozieren zu lassen. Schließt Euch zu Kampfkolonnen zusammen! Unter das Banner der Partei, Proletarier und Soldaten! Unter unser Banner, Unterdrückte des Dorfes!“ (Geschichte der KPdSU(B), Kurzer Lehrgang, S. 240)