Ein verräterisches Wahlplakat

Ein verräterisches Wahlplakat

NRWir Malocher“ – eines der Wahlplakate der SPD. Schoßhund und Headset – ein kuscheliges Heimoffice. Stellt sich so die SPD einen Malocher-Arbeitsplatz vor?

Malocher – das steht für harte Arbeit, einen rauen, aber ehrlichen Ton, für Solidarität und Zusammenhalt und für harte, entschlossene Kämpfe gegen die Kapitalisten und ihre Regierungen. Eigenschaften, die die SPD schon lange hinter sich gelassen hat – die sie als Monopolpartei verraten und mit Füßen getreten hat. Dafür steht unter anderem der frühere SPD-Ministerpräsident Johannes Rau, der 1988 für den Krupp-Vorsitzenden Gerhard Cromme die Kohlen aus dem Feuer geholt hat und den Streik der Stahlarbeiter in Rheinhausen sabotierte; die Schließung von Opel wurde ebenso von der SPD akzeptiert wie das Aus für die Zechen im Ruhrgebiet.

Das Plakat belegt gleichzeitig, wie wenig Ahnung die SPD von den Arbeitsbedingungen dieser neuen Teile des Proletariats in Büros, Call-Centern oder Heimarbeit hat. Wie sollte sie auch, wenn nur noch 16 Prozent ihrer Mitglieder Arbeiterinnen und Arbeiter sind. Mit ihrem Plakat erweckt die SPD außerdem den Eindruck, als seien solche neuartigen Arbeitsplätze mit dem Flair reinster Wohlfühl-Oasen entstanden. Die Realität zum Beispiel in den zahlreich entstandenen Call-Centern ist eine andere. Stress und Druck bis an die Grenze der Belastbarkeit durch immer höhere und flexiblere Arbeitszeiten sind die Regel und machen viele krank. Das Gehalt liegt knapp über dem Mindestlohn. Es war die SPD, die unter Führung ihres Ministerpräsidenten in NRW, Wolfgang Clement, solche Arbeitsplätze förderte, den Niedriglohnsektor erweiterte und für mehr befristete Beschäftigungsverhältnisse warb.

Heute ist der SPD-Spitze die Arbeiterklasse so fern, dass ein Treffen zwischen dem damaligen SPD-Vorsitzenden Sigmar Gabriel und der Gelsenkirchener Reinigungskraft Susanne Neumann einen tagelangen Medien-Hype auslöst.

Treffender als mit diesem Plakat könnte die SPD kaum zum Ausdruck bringen, wie sehr sie sich von den tatsächlichen Malochern entfernt hat, von den „hart arbeitenden Menschen“ – die dem neuen SPD-Kanzlerkandidaten Martin Schulz angeblich so am Herzen liegen.