Neuer Rekord bei Fusionen und Übernahmen
Signal des wirtschaftlichen Aufschwungs?
Im Jahr 2015 kam es zu einem sprunghaften Anstieg der weltweiten Fusionen und Übernahmen, der einen neuen Rekord erreicht hat. Das Volumen der angekündigten Fusionen und Übernahmen stieg gegenüber 2014 um 42,2 Prozent oder 409 auf 4 748 Milliarden US-Dollar an. Dieser Wert liegt um 13,9 Prozent über dem bisherigen Höchststand aus 2007, ein Jahr vor dem Ausbruch der verheerenden Weltwirtschafts- und Finanzkrise.
Der Betrag von knapp fünf Billionen US-Dollar ist gigantisch. Er ist fast dreimal so hoch wie die gesamten von den 500 internationalen Übermonopolen im Jahr 2014 ausgewiesenen offiziellen Profite! Doch ist dieser Boom der Fusionen und Übernahmen ein Signal des wirtschaftlichen Aufschwungs, wie bürgerliche Wirtschaftswissenschaftler meinen?
Die Fusionen und Übernahmen konzentrieren sich auf die stärksten Wirtschaftsmächte und -regionen der Welt. Rund die Hälfte des Gesamtvolumens entfällt auf die USA, jeweils etwa 18 Prozent auf Westeuropa sowie China und Hongkong und 4 Prozent auf Japan. Noch geht die Jagd weiter. Die Investment-Beratungsfirma Deloitte schätzt die Barmittel der internationalen Monopole auf 3,4 Billionen US-Dollar.1
Diese Entwicklung wird von den Regierungen der imperialistischen Staaten mit ihrem andauernden Krisenmanagement gefördert. So stellen die Zentralbanken in der EU, Großbritannien, Japan und den USA den Banken seit Jahren riesige Finanzmittel in bisher nie gekanntem Ausmaß zu praktisch null Prozent Zinsen zur Verfügung. Das erleichtert es, die Fusionen und Übernahmen mit ihrem immer größeren Volumen zu finanzieren. Die Leidtragenden sind die breiten Massen, deren Sparguthaben oder Lebensversicherungen entwertet werden.
Große Zusammenschlüsse wie die der beiden Pharmakonzerne Pfizer und Allergan in den USA für 160 Milliarden US-Dollar oder der beiden größten US-Chemiekonzerne Dupont und Dow Chemical werden an der Börse oft überschwenglich begrüßt, weil sie höhere Profite versprechen. Sie werden erreicht durch erweiterte Märkte und Absatzmöglichkeiten und das Schlucken von Konkurrenten. Dieser Prozess ist mit einer gewaltigen Kapitalvernichtung verbunden. „Doppelte Funktionen“ in den fusionierten Unternehmen werden gnadenlos beseitigt. Die Arbeiterinnen und Arbeiter bezahlen das mit Entlassungen, Stilllegungen und wachsender Ausbeutung ihrer Arbeitskraft.
Seit 2000 war der Boom der Fusionen und Übernahmen ein untrüglicher Vorbote einer neuen Weltwirtschafts- und Finanzkrise. (Siehe Schaubild) Darin kommt die massenhafte Überakkumulation von Kapital zum Ausdruck, das fieberhaft nach neuen Anlagemöglichkeiten sucht, die Maximalprofit versprechen. Also gerade kein Signal für einen Aufschwung.
Ein weiterer Frühindikator für Wirtschaftskrisen ist die Entwicklung im Bergbau, bei der Förderung von Rohstoffen, wie wir sie gegenwärtig mit der Krise der Ölindustrie erleben, und der Entwicklung der Stahlindustrie.
Die Weltstahlproduktion ist 2015 um 2,9 Prozent gesunken. Im bisherigen Boomland China, das seine Stahlerzeugung euphorisch auf die Hälfte der Weltproduktion ausgedehnt hat, sank sie um 2,3 Prozent.2 Chinas Staatsrat hat Ende Januar beschlossen, Produktionskapazitäten von 100 bis 150 Millionen Tonnen stillzulegen. Das hätte die Entlassung von 400 000 Stahlarbeitern zur Folge.3 Diese organisieren immer mehr Streiks und Demonstrationen gegen den Verlust ihres Arbeitsplatzes. Entlassungen sind auch in anderen Grundstoffindustrien geplant, wie dem Kohlebergbau und der Produktion von Zement, Glas und Aluminium.
„Die internationale schwankende Stagnation hat bereits eine ganze Reihe von Faktoren herausgebildet, die in eine neue Weltwirtschafts- und Finanzkrise münden können“, erklärte Stefan Engel, der Vorsitzende der MLPD in einem „Rote Fahne“-Interview Ende letzten Jahres. Die Weltwirtschaft befindet sich heute immer noch in der Schwankenden Stagnation. In den meisten Ländern wächst die Industrieproduktion, doch schwächen sich die Wachstumsraten ab. Es gibt Vorboten einer neuen Krise. Wann diese ausbricht, lässt sich nicht voraussagen. Zu erwarten ist, dass der Einbruch abrupt erfolgen wird, ausgehend von der Labilität und Nervosität an den Börsen- und Finanzmärkten, die besonders anfällig für politische und wirtschaftliche Erschütterungen sind.
1 M&A Outlook 2016, www.raconteur.net 8.12.2015
2 www.worldsteel.org, eigene Berechnung
3 www.bloomberg.com 5.2.2016