Vor 60 Jahren: Sieg der Konter­revolution in der Sowjetunion

Am 14. Februar 1956 begann in Moskau der XX. Parteitag der Kommunistischen Partei der Sowjetunion (KPdSU). Nach der Oktoberrevolution 1917 hatte sich das rückständige Agrarland unter Führung Lenins und Stalins zu einem modernen Industrieland entwickelt, das nach dem Sieg über den Hitler-Faschismus im II. Weltkrieg zur sozialistischen Großmacht aufgestiegen war

Im Dienst der Weltrevolution führte die Sowjetunion das neu entstandene sozialistische Lager, zu dem mit der Volksrepublik China das bevölkerungsreichste Land der Erde zählte. Der Imperialismus war in die Defensive gedrängt worden, der Leiter des US-Geheimdienstes, Allan W. Dulles, warnte seine Regierung vor den Folgen einer technologischen Überlegenheit der Sowjetunion über die USA.1 Trotzdem markierte nach Stalins Tod der XX. Parteitag die Zerstörung des So­zia­lismus, den Beginn der Wiederherstellung des Kapitalismus und leitete den Niedergang der Sowjetunion ein, der mit ihrem Zusammenbruch 1991 endete. Wie konnte es zu einer solchen Entwicklung kommen?

Zerstörung des Sozialismus von innen

Den sowjetischen Kommunisten wurde zum Verhängnis, dass sie das historisch neue Problem der Weiterführung des Klassenkampfs im Sozialismus nicht erfolgreich lösen konnten. Diese neuen bürgerlichen Kräfte drängten zur Machtübernahme in Partei, Staat und Wirtschaft. Ihr oberster Reprä­sentant war Nikita Chruschtschow, der nach Stalins Tod an die Spitze des Zentralkomitees gelangt war. Obwohl Stalin die Gefahr der kleinbürgerlichen Bürokratie unterschätzt hatte, stand er den bürokratischen Elementen grundsätzlich entgegen und betonte: „Der kommunistische Bürokrat ist der gefährlichste Typ des Bürokraten. Warum? Weil er seinen Büro­kratismus mit seiner Parteimitgliedschaft maskiert. Und solche kommunistischen Bürokraten gibt es bei uns leider nicht wenig.“2 Chruschtschow startete deshalb einen ungeheuerlichen Angriff auf Stalins Politik. Mit einer unangekündigten Rede am Ende des Parteitags überrumpelte er die anwesenden Delegierten, bezeichnete Stalins Kampf gegen die innere Konterrevolution als Verbrechen und bezichtigte ihn der brutalen Machtausübung und des Personenkults. Dieses als „Geheimrede“ bekannt gewordene Dokument – es wurde vor dem sowjetischen Volk verheimlicht, dem US-Geheimdienst zugespielt und von diesem verbreitet – war der Startschuss für die Machtergreifung der neuen Bourgeoisie. Sie revidierte den Marxismus-Leninismus und verwandelte unter Beibehaltung betrügerischer „sozialistischer“ Phrasen die Sowjet­union in den Folgejahren in ein Land des bürokratischen Kapitalismus.

 

1 Dieter Ilius – „Perestroika und Glasnost – Sozialismus?“, Düsseldorf 1989, S. 29

2 Stalin, Werke, Bd. 11, Berlin 1950, S. 63