IG-Metall-Vertrauensleute fordern 6,5 Prozent – mindestens 195 Euro

6,5 Prozent, also mindestens 195 Euro; dies war das Ergebnis der Diskussionen in den Abteilungen beim Maschinenbauer Coperion in Stuttgart. Während die IG-Metall-Führung auf die gute Situation in der deutschen Metall- und Gesamtindustrie verweist, war es wichtig, dass die Kolleginnen und Kollegen überlegten, was sie zum Erhalt und zur Verbesserung ihrer Situation benötigen. Und dass die Gewinnsteigerungen auf der verschärften Ausbeutung ihrer Arbeit beruhen.

Gut war auch, dass man sich mit den Gegenpositionen der Unternehmerverbände auseinandersetzte. So lässt die „Süddeutsche Zeitung“ vom 18. Januar unter der Überschrift „Streikaktionen schaden nur“ den gleichnamigen Chef des Autozulieferers Kirchhoff ausführlich zu Wort kommen. Dieser fordert von Regierung und Gewerkschaften eine Kurskorrektur zur Verbesserung der „internationalen Wettbewerbsfähigkeit unserer Unternehmen“. Auch sei die Inflation faktisch auf Null und deshalb „zurzeit nur ein Tarifabschluss denkbar, der allein am allgemeinen Produktivitätsfortschritt anknüpft“. Er gesteht uns also gerade mal 1 bis 1,5 Prozent zu! Und das, obwohl Mieten, der öffentliche Nahverkehr und vor allem die Krankenkassenbeiträge erhöht werden. Das befeuerte die Diskussion und machte deutlich, dass der Erfolg in der Tarifrunde keine ausgemachte Sache ist.

Auch setzt sich der Trend fort, dass die Kolleginnen und Kollegen politischer argumentierten als früher. „Von der ‚Rente mit 63‘ haben wir Jüngere nichts“, meinte eine Kollegin. Und ein anderer: „Die IG Metall sollte auch die kalte Steuerprogression und die Aushebelung der paritätischen Finanzierung der Sozialversicherung bekämpfen!“ Die meisten kritisieren, dass die soziale Ungleichheit immer mehr zunimmt, weshalb sich die Mehrheit für eine Festgeld-Komponente bei der Tarifforderung einsetzt.

Letzteres wurde auch nochmals etwas ausführlicher auf dem Vertrauensleute-Treffen diskutiert. Denn die IG-Metall-Führung lehnt Festgeld-Forderungen mit der Begründung ab, dass damit die Lohnstruktur „geschleift“ würde. Sie gibt damit dem Druck der Unternehmerverbände nach, die bei einer überproportionalen Erhöhung (Verteuerung) mit der Produktionsverlagerung drohen. „Damit werden wir doch immer konfrontiert“, meinte ein Vertrauensmann. „Da müssen wir durch – und zwar in der Sprache, die die Herren verstehen!“ Damit war auch das Thema der Durchsetzung der Forderungen angesprochen. „Sag bei der Funktionskonferenz, dass wir nicht ständig nur zu Warnstreiks gerufen werden wollen“, meinte eine Kollegin. Leider war die Zeit rum. Aber klar ist: Warnstreiks ja, aber sie müssen rasch gesteigert werden und gegebenenfalls in einen Flächenstreik münden, um unsere Forderungen durchzusetzen. Außerdem müssen die Kolleginnen und Kollegen die Erfahrung machen, dass wir Metallerinnen und Metaller eine Macht sind, wenn die Kampfkraft voll eingesetzt wird.

Stuttgart (Korrespondenz)