„Antikommunistische Ausgrenzung hat in der Gewerkschaftsbewegung Schaden angerichtet“
Aus Rote Fahne 24/2015: Zur skandalösen Räumung eines Stands der MLPD beim diesjährigen 1. Mai in Dresden durch die örtliche DGB-Führung, die die Polizei bemühte, schrieb die Kreisleitung Dresden der MLPD folgenden Offenen Brief an den örtlichen DGB:
… der diesjährige 1. Mai war bundesweit ein erfolgreicher Tag, der die gewerkschaftlichen, sozialen und politischen Positionen der Arbeiterbewegung und vieler fortschrittlicher Menschen lebendig zum Ausdruck gebracht hat. Es wurde deutlich, dass viele Menschen sich Gedanken machen über einen grundsätzlichen Ausweg aus kapitalistischer Ausbeutung und Unterdrückung. Er brachte zum Ausdruck, dass drängende Fragen prinzipiell geklärt werden müssen.
Wir wenden uns an euch, weil der Ungeist der Ausgrenzung gegenüber revolutionären Kräften in der gewerkschaftlichen Bewegung in Dresden endlich überwunden werden muss!
Die Verlagerung der Mai-Kundgebung vom Schlossplatz auf den Schützenplatz vor das Volkshaus wurde zum Anlass genommen, uns – der MLPD – den seit vielen Jahren durchgeführten Stand zu verbieten. Veranlasst durch André Schnabel, DGB-Regionalvorsitzender, erzwang die Polizei die Räumung eines Informationsstandes der MLPD gegen den Protest vieler umstehender Kollegen. Für die uns entgegengebrachte Unterstützung – auch von Kollegen, die uns politisch nicht nahe stehen – bedanken wir uns. Begleitet wurde dieses Vorgehen durch aggressives und bedrohliches Auftreten einiger hauptamtlicher Sekretäre der IG Metall.
Dabei gehört die MLPD schon seit Jahrzehnten zu den verlässlichen und aktiven Trägern des 1. Mai. Der 1. Mai hat seine Wurzeln in der sozialistischen Arbeiterbewegung und ist inzwischen der Tag der gesamten Arbeiter-, Jugend- und Frauenbewegung. Er darf nicht von einzelnen gewerkschaftlichen Funktionären instrumentalisiert werden. Karl Marx schrieb bereits 1866: „Die einzige gesellschaftliche Macht der Arbeiter ist ihre Zahl. Diese Macht der Zahl wird jedoch durch ihre Uneinigkeit gebrochen.“ Als grundsätzliche Lehre aus dem Faschismus wurde in Deutschland nach dem II. Weltkrieg der Weg der Einheitsgewerkschaft eingeschlagen, in der christliche, sozialdemokratische, kommunistische und parteilose Arbeiter gleichermaßen ihren Platz haben. Für uns ist keine Frage: jede Partei, die innerhalb der Arbeiterbewegung tätig ist, kann ihre Ziele auf gewerkschaftlichen Kundgebungen darstellen und für sich werben. Die Polizei zu rufen und offenbar unliebsame Positionen und Personen administrativ auszuschließen ist ein nie dagewesener Tabubruch.
Die antikommunistische Ausgrenzung ist ein Relikt des kalten Krieges und hat in der Gewerkschaftsbewegung schon genug Schaden angerichtet. In seinem Antrag vom 16. März 2012 hatte der GEW-Hauptvorstand stellvertretend für die große Mehrheit der Gewerkschaftsmitglieder festgestellt: „Radikalenerlass und Unvereinbarkeitsbeschlüsse waren falsch. … Die GEW bedauert die sogenannten Unvereinbarkeitsbeschlüsse und bittet die davon Betroffenen um Entschuldigung.“
Wer hat in Dresden ein Interesse daran, drei Jahre nach dieser wichtigen Selbstkritik in der Gewerkschaftsbewegung, das Rad zurückzudrehen? Es sind wenige, die allerdings über einige publizistische und organisatorische Mittel verfügen, um der Bündnisarbeit einen antikommunistischen Mainstream aufzuzwingen. Sie missbrauchen diese Mittel und ihre Position, die die gewerkschaftliche Basis ihnen zur Verfügung stellt für ihre Ausgrenzungspolitik.
Ihre Begründung dafür ist, dass sie sich uns gegenüber nicht rechtfertigen müssen und mit uns darüber nicht diskutieren. So einfach dürfen wir es ihnen nicht machen.
Es ist im Interesse aller Gewerkschaften, aller fortschrittlichen Menschen und der Bündnisarbeit zur Organisierung eines wirksamen Protests und Widerstands in Dresden, dass eine solidarische und weltanschaulich offene Kultur verwirklicht wird.
Lasst uns darüber beraten, wie diese Kultur gemeinsam durchgesetzt werden kann. Ein erster – auch notwendiger Schritt – wäre sicherlich die Einladung eines Vertreters der MLPD zur gemeinsamen Auswertung des 1. Mai, die der DGB und Vertreter der Einzelgewerkschaften am 11. Juni vornimmt. Wir sind dazu bereit!
Mit solidarischen Grüßen