Würdigung von Willi Dickhut in Solingen – vorerst noch keine Straßenbenennung

Am 1. Juni fand die mit Spannung erwartete Sitzung der Solinger Bezirksvertretung Ohligs/Aufderhöhe/Merscheid statt. Tagesordnungspunkt 743: „Würdigung von Willi Dickhut“. Der Sitzung lag zum zweiten Mal ein von über 180 Menschen unterzeichneter Bürgerantrag vor. Unterzeichnerinnen und Unterzeichner aus sechs Parteien, Gewerkschaften, Vereinen, Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens beantragen, „in Ohligs eine Straße oder einen Platz nach dem antifaschistischen Widerstandskämpfer und Kommunisten Willi Dickhut zu benennen.“

Auf ihrer Sitzung am 20. April beauftragten die 15 Bezirksvertreterinnen und -vertreter das Stadtarchiv mit einer Stellungnahme zum Wirken von Willi Dickhut. Ihre Fragen waren teils von erschreckender Unkenntnis, teils antikommunistisch motiviert. Diese Stellungnahme lag der Sitzung am 1. Juni vor und fiel – anders als von manchen Antikommunisten erhofft – bemerkenswert positiv aus.

Eine ‚führende Rolle‘ im Solinger Widerstand dürfte er m. E. erst in den letzten Kriegsjahren eingenommen haben“, kann man der Stellungnahme des Stadtarchivars Ralf Rogge entnehmen, und weiter: „In dieser Zeit sind auch seine mehr als bemerkenswerten Dokumente zur Einschätzung der politischen Lage entstanden. … sie zeigen, mit welchem Engagement und politischen Willen sich Willi Dickhut bemühte, für sich und seine Genossen ein möglichst wirklichkeitsnahes Bild der Kriegslage in den Zeiten der gleichgeschalteten Presse zu zeichnen, um daraus die Chancen für politisches Handeln abzuleiten. Insgesamt, und vor allem auf lokaler Ebene, eine einmalige Quelle. Wir können uns glücklich schätzen, sie zu unseren Archivbeständen zählen zu dürfen.“

Und für die Nachkriegszeit: „Wirklich herausragend sind die Aktivitäten von Willi Dickhut in der ersten Zeit nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges und zu Beginn der Besatzung der siegreichen Alliierten. Für die KPD ist er die führende Persönlichkeit, die sich direkt nach dem Ende der Kriegshandlungen in Solingen im April 1945 um einen umfassenden antifaschistischen Neuanfang in allen Bereichen der Gesellschaft und Politik engagiert bemühte. Die Initiativen zum Aufbau demokratischer Organisationen, sei es als ,Antifaschistische Volksfront‘, sei es später als Parteien oder Gewerkschaften, beabsichtigten zum einen, den Alliierten das ,andere‘, antifaschistische Solingen als aktiven Partner für die Gestaltung der Zukunft anzubieten. … Zum anderen sollten sie das gesellschaftliche Fundament bilden, um den Nationalsozialismus, seine Anhängerschaft und seine Gedankenwelt möglichst umfassend zu tilgen.“

Zur Person Willi Dickhuts berichtet Ralf Rogge: „Willi Dickhut zeichneten seit seiner frühestens Jugend Wissensdurst und Erkenntnisinteresse aus. Als Autodidakt eignete er sich eine umfangreiche Bildung an. Damit unterschied er sich schon in den 1920er Jahren sowohl von der breiten Mitgliedschaft als auch von den meisten Funktionären der Solinger KPD.“

Jan vom Jugendverband REBELL Solingen und Sprecher der Gemeinschaftsinitiative, erhielt auf der Sitzung erneut Rederecht: „Wer eine Straße nach Willi Dickhut benennt, leistet keinen Treueschwur auf das ,Kommunistische Manifest‘. Mit einer solchen Straße oder Platz zur Würdigung eines Antifaschisten würde die BV auch allen ewiggestrigen Rechten ein klares Signal geben: Ohligs will einen solchen Weg nie mehr zulassen!“

Dieses Signal unterblieb mehrheitlich. Nur die beiden grünen Bezirksvertreter und der Vertreter der Linkspartei stimmten für den Antrag. Die Vertreter von CDU, FDP und BfS stimmten geschlossen dagegen sowie ein SPD-Vertreter. Der Rest der SPD enthielt sich. Damit war der Antrag abgelehnt. Besonders peinlich: Die Abstimmung erfolgte ohne jede Diskussion. Kein Wort bezüglich der immerhin angeforderten Stellungnahme. Offenbar hatten die Antragsgegner keine Argumente angesichts der Empfehlung des Stadtarchivars, der Unterschriften, einer Stellungnahme des Willi Dickhut Museums und dem Redebeitrag der Initiative.

Empörend fanden die meisten der 13 Besucherinnen und Besucher die Rolle der SPD. „Noch vor wenigen Wochen versicherte mir Tim Kurzbach, der OB-Kandidat der SPD: ‚Im antifaschistischen Kampf darf kein Blatt Papier zwischen uns passen: da halten wir zusammen!‘ Und jetzt stimmt kein einziger aus der SPD für den Antrag“, berichtet ein Mitglied der MLPD. Jener Partei, die Willi Dickhut einst, nach seinem Ausschluss aus der KPD, maßgeblich mitbegründet hat.

Wir gehen „erhobenen Hauptes aus dieser Etappe der Auseinandersetzung“, heißt es in einer Pressemitteilung der Initiative vom gleichen Abend. Wir haben „die Würdigung des Antifaschisten und Kommunisten Willi Dickhut zum Stadtgespräch gemacht und dafür viel Zustimmung gefunden.“ Und die Initiatoren versprechen, weiterzumachen, „bis es in Solingen einen Willi-Dickhut-Platz oder eine Willi-Dickhut-Straße gibt.“