Fracking – die Legende von der sauberen, effizienten Energie

Aus Rote Fahne 23/2015: Wo immer die Energiekonzerne weltweit mit ihren Plänen eines „unkonventionellen Fracking“, der Gasförderung aus tiefen Gesteinsschichten mit einem eingepressten giftigen Wasser-Sand-Chemikalien-Cocktail, auftauchen, stoßen sie auf breite Skepsis, Ablehnung, bis hin zu einem erbitterten Widerstand aus der Bevölkerung.

Ein Konzentrationspunkt der Fracking-Pläne liegt derzeit in der EU, verbunden mit einem amtlichen „Greenwashing“ dieser zerstörerischen Technologie. Am 7. Mai wurde im Bundestag in erster Lesung der Gesetzentwurf der Regierung behandelt und zur weiteren Beratung an den Umwelt- und Wirtschaftsausschuss (8. und 10. Juni) verwiesen. Noch vor der Sommerpause will die Regierung ihn vom Bundestag beschließen lassen. Heuchlerisch verbreitet Umweltministerin Barbara Hendricks (SPD), das Gesetz würde erstmalig „hohe Hürden“ aufbauen, die es bisher so nicht gäbe. Das von der Masse der Bevölkerung geforderte generelle Fracking-Verbot sei jedoch nicht mit der „Freiheit der Wissenschaft“ und der „Gewerbefreiheit“ vereinbar. Zu deutsch: die kapitalistische „Gewerbefreiheit“ steht allemal über dem Schutz von Gesundheit und Umwelt!

Tatsächlich hat sogar der eigene wissenschaftliche Dienst des Bundestags die Vereinbarkeit eines Fracking-Verbots mit geltendem Recht bescheinigt und Länder wie Frankreich, Rumänien, die Niederlande sowie Dänemark haben aufgrund des breiten Protests bereits entsprechende Gesetze beschlossen.

Die zur Schau gestellte kritische Haltung der Bundesregierung ist heuchlerisch: Im Schlusskommuniqué des G8-Gipfels in Camp David 2012 positionierte sich Angela Merkel – entgegen ihrer Gewohnheit unmissverständlich „zur Festlegung und zum Austausch bewährter Verfahren bei der Energieproduktion, einschließlich der Exploration in Grenzgebieten und des Einsatzes von Technologien wie Tiefwasserbohrungen und hydraulischem Fracking.“

Die Legende von der sicheren, sauberen und effizienten Energie

Die Regierung macht in ihrem Gesetzentwurf jetzt einzelne Teilzugeständnisse, insbesondere gegenüber der großen Sorge um drohende Verunreinigungen des Trinkwassers und oberflächennaher Schichten. Mit angeblich „strengen Auflagen“ und einer „Umweltverträglichkeitsprüfung“, für die es jedoch keinerlei fachliche Prüfkriterien gibt, will sie die Bevölkerung in falscher Sicherheit wiegen.

Denn tatsächlich erlaubt der Gesetzentwurf Fracking unterhalb 3.000 Metern uneingeschränkt. Auch oberhalb dieser Tiefe ist das möglich. Lediglich eine „Experten-Kommission“, die von Fracking-freundlichen Behörden und der Gasindustrie dominiert wird, soll hier über die Zulässigkeit entscheiden. Trotz Ausnahme von Trinkwasserschutzgebieten werden so immer noch drei Viertel des Bundesgebiets zur möglichen Fracking-Fläche erklärt.

Die vergifteten Grundwasserströme werden sich im Untergrund aber kaum an die gesetzten Grenzen halten! Spekuliert wird auf die verbreitete Auffassung, dass destruktive Eingriffe „im toten Gestein“ mit dem Leben auf der Erdoberfläche nichts zu tun hätten. Dabei gibt es auch in größeren Tiefen wichtiges Leben für das gesamte Ökosystem und eine ständige Wechselwirkung von organischem und anorganischem Material. Auch die Auslösung von Erdbeben wird mit Fracking-Sprengungen provoziert. Mit jeder Bohrung wird zudem giftiges Lagerstättenwasser an die Erdoberfläche gebracht. Das gilt auch für Verfahren wie Tektomechanik (siehe Seite 6) oder das von Exxon-Mobile behauptete „giftfreie Fracken“. Die Verbrennung des Fracking-Gases zur Energieerzeugung sowie die Freisetzung von Methan aus Frackingbohrungen (zwischen 4 bis 17 Prozent der geförderten Menge) beschleunigt die gegenwärtige bedrohliche Entwicklung hin zu einer Weltklimakatastrophe. Methan ist als Treibhausgas circa 25-mal schädlicher als CO2 und seine Konzentration in der Atmosphäre steigt momentan beschleunigt an. Fracking gehört aus all diesen Gründen generell verboten! „Unterm Strich bleibt von vermeintlichen Beschränkungen nicht mehr viel übrig, schon gar kein Verbot. Auch dem Anspruch, das schärfste Gesetz der Welt zu bilden, wird man nachweislich nicht gerecht“, beurteilen Anti-Fracking-Initiativen wie das Aktionsbündnis „No Moor Fracking“ den Gesetzentwurf (siehe Seite 7). Und die bundesweite Initiative „Gegen Gasbohren“ sieht darin „für die künftigen Anwohner von Fracking-Standorten eine große Bedrohung.“

Triebkräfte des internationalen Finanzkapitals

Seit 2010 hängt der Börsenwert der Energiemonopole von den ausgewiesenen Reserven auch an unkonventionell gefördertem Gas und Erdöl ab. Die daraus den Anlegern „versprochene“ Verbrennung fossiler Rohstoffe entspricht dem fünffachen dessen, was zur Begrenzung der Erderwärmung auf das zur UN-Klimakonferenz viel beschworene „Zwei-Grad-Ziel“ erlaubt wäre. Während die Regierungen auf Gipfeln etwas von einer Begrenzung des CO2-Ausstoß erzählen, haben die internationalen Monopole die Umweltzerstörung längst in den Bilanzen stehen. Dieses kapitalistische System ist mit der Existenz der Menschheit nicht mehr vereinbar!

Es ist dem US-Imperialismus zwar gelungen, mit Hilfe von Fracking die Energiepreise zu senken und so schneller aus der Weltwirtschaftskrise herauszukommen. Damit sinkt aber auch der aktuelle Ölpreis, an den die Gaspreise gekoppelt sind, auf 41Prozent unter dem Vorjahresstand. Das erhöht wiederum den Zwang der Energiemonopole, den Raubbau an den Rohstoffen noch intensiver zu betreiben. Mega-Übernahmen wie der Aufkauf des britischen Gaskonzerns BG-Group durch Shell für 64 Milliarden Euro sind eine Kampfansage an den bisherigen Marktführer Exxon-Mobile, verbunden mit riesigen Investitionen in die Flüssiggas-Industrie und Erwartungen an traumhafte Profite. Die Fracking-Pläne und ihre „Legalisierung“, z. B. durch den jetzigen Gesetzentwurf, haben für sie oberste Priorität. Sie bedeuten eine weitere Infragestellung unserer Lebensgrundlagen in sozialer und ökologischer Hinsicht.

Gegen Fracking und Zechenschließung

Rechte DGB-Führer beschwören gebetsmühlenartig die „Sicherheit der Arbeitsplätze“, die nur auf Grundlage fossiler Verbrennung und billiger Energiepreise für die Konzerne gegeben sei. Doch seit wann hat es im Kapitalismus sichere Arbeitsplätze gegeben? Um Fracking in ergiebigeren Kohleflöz-Gesteinsschichten zu ermöglichen, sollen die letzten Zechen in der EU und im Ruhrgebiet geschlossen werden; schon in diesem Jahr die Zeche „Auguste Viktoria“ in Marl. Der Kampf der Bergarbeiter gegen Zechenschließungen im Steinkohlebergbau und für den Erhalt ihrer Arbeitsplätze und der Kampf gegen das Fracking richten sich gegen dieselben Hauptverantwortlichen! Die kämpferische Bergarbeiterbewegung „Kumpel für AUF“ zählt zu den energischsten Fracking-Gegnern.

Die MLPD setzt sich in ihrer Kleinarbeit dafür ein, dass sich das internationale Industrieproletariat auch im Umweltkampf eine führende Rolle erarbeitet.

Was ist zu tun?

Für eine durchsetzungsfähige Anti-Fracking-Bewegung und die Entwicklung eines aktiven Widerstands kommt es besonders auf die Überwindung der Spaltung von Arbeiter- und Umweltbewegung an. Diesen Grundgedanken verfolgt auch der Aufbau und die Stärkung der Ende letzten Jahres gegründeten Umweltgewerkschaft.

Das in Teilen der Umweltbewegung weit verbreitet Verständnis als „Anti-Kohle-Bewegung“ konserviert diese Spaltung. Kohle ist ein wertvoller Rohstoff für kommende Generationen, gerade für die Umwelttechnologie. Er ist viel zu schade, um verbrannt zu werden! Wir brauchen sowohl Arbeit als auch eine intakte Umwelt.

Der heute gesetzmäßige umweltzerstörerische Charakter des Kapitalismus schafft täglich neue Gründe für die notwendige Perspektive einer befreiten sozialistischen Gesellschaft. „In den vereinigten sozialistischen Staaten der Welt wird erstmals eine gesamtgesellschaftliche Planung möglich, die international zum gegenseitigen Nutzen koordiniert ist, sowie eine Produktions- und Lebensweise, die die Einheit von Mensch und Natur unaufhörlich weiterentwickelt“, heißt es dazu im Buch „Katastrophenalarm! Was tun gegen die mutwillige Zerstörung der Einheit von Mensch und Natur?“.

Die revolutionäre Weltorganisation ICOR, und MLPD und REBELL in Deutschland als ihre Mitglieder, verankern und verkörpern in ihrer umweltpolitischen Kleinarbeit diese gesellschaftliche Perspektive und fördern die Entfaltung einer breiten Strategiedebatte darum.

Auch dieses Jahr unterstützen sie die Organisierung eines Global Frackdown Day und eines weltweiten Umweltkampftags. Der Global Frackdown Day ist in diesem Jahr für Anfang November geplant als Auftakt von vier Aktionswochen mit dem Höhepunkt von Massendemonstrationen in Paris während des UN-Weltklimagipfels. Die MLPD wird sich am ICOR-Umweltkampftag am 5. Dezember auch selber mit einer größeren Delegation an den Protestaktivitäten anlässlich dieses UN-Klimagipfels im Dezember beteiligen. Außerdem werden sie bundesweit gemeinsam mit vielen anderen Umweltschützern auf die Straße gehen. Solche gemeinsamen Kampftage sind wichtig, um eine internationale Front des aktiven Widerstands zur Rettung der Umwelt vor der Profitwirtschaft aufzubauen. In ihrer Kleinarbeit stärkt die MLPD systematisch ihre umweltpolitische Kampflinie. Alle Parteigruppen beteiligen sich an der Umweltarbeit. Darüber hinaus hat die MLPD bereits über 25 Umweltgruppen aufgebaut. Verschiedene Betriebsgruppen aber auch Wohngebietsgruppen legen einen besonderen Schwerpunkt auf den Umweltkampf.