Automobilindustrie: Erbitterte Schlacht um die Beherrschung des Weltmarkts
„Ich versteh das nicht. Die machen doch satte Profite und dennoch reicht es ihnen nicht, sie gieren nach immer mehr – auf unsere Kosten. Kriegen die den Hals denn nie voll?“ So ein Kollege nach der Ankündigung der Verlagerung der Sprinter-Produktion und dem Plan einer massiven Arbeitsplatzvernichtung im Düsseldorfer Daimler-Werk. Den „Hals niemals voll zu kriegen“ – das gehört zwingend zum heutigen Kapitalismus. Ein Konzern, der sich zufrieden gibt mit dem Erreichten, hat schon verloren.
„Das ökonomische Grundgesetz des modernen Kapitalismus ist heute die Eroberung und Verteidigung einer beherrschenden Stellung auf dem Weltmarkt zwecks Sicherung des Maximalprofits.“1 Das wird gegenwärtig bei den internationalen Automobilkonzernen besonders deutlich. Es tobt ein gnadenloser Konkurrenz- und Verdrängungskampf mit heftigen Verschiebungen.2
So sind 2013 bereits 34 Autokonzerne in die 500 größten Übermonopole der Welt aufgestiegen, im Jahr 2000 waren es noch 27. Das hängt mit der Öffnung großer Märkte besonders in China, Indien und Brasilien zusammen. Ein neuer Schub bei dieser Entwicklung setzte in der 2008 ausgebrochenen Weltwirtschafts- und Finanzkrise ein, als gewaltige Investitionen des überschüssigen akkumulierten Kapitals in diese neu aufstrebenden imperialistischen Länder flossen.
Der Aufstieg der „neuen“ ging vor allem auf Kosten der lange Zeit dominierenden „alten“ Automonopole.
Während die zehn größten Automonopole der Welt im Jahr 2000 noch über 74,6 Prozent Weltmarktanteil verfügten, ist dieser Anteil bis zum Jahr 2013 auf 58,6 Prozent gesunken.
Der Weltmarktanteil von General Motors schrumpfte von 14,3 Prozent im Jahr 2000 auf 6 Prozent im Jahr 2013. Auch Ford verlor mehr als die Hälfte seines Weltmarktanteils von 14 Prozent im Jahr 2000 auf 6,0 Prozent im Jahr 2013. Vor allem Automonopole aus China, aber auch aus Südkorea drängen seither aggressiv vor. Die chinesischen Autokonzerne SAIC, FAW, Dongfeng und CSIC verfünffachten zusammengenommen ihren Weltmarktanteil von 2,4 Prozent im Jahr 2007 auf 11,7 Prozent 2013, Hyundai verdoppelte seinen Weltmarktanteil seit 2000 von 2,2 auf 4,3 Prozent 2013.
Traditionsreiche Autokonzerne wie Peugeot, Renault oder Volvo rutschten dagegen ab oder verschwanden ganz von der Bildfläche wie Saab. Von den traditionellen Automarken schoben sich VW und Toyota nach vorne und machen sich den Spitzenplatz untereinander streitig. Auch die japanischen Autokonzerne Honda und Nissan machten gegenüber der Konkurrenz Boden gut.
Entscheidend für den Vormarsch und die Verdrängung der Konkurrenten ist die massiv gesteigerte Ausbeutung der Arbeiterinnen und Arbeiter. Das gilt für alle. Aber die chinesischen, US-amerikanischen und japanischen Autoübermonopole haben den Umsatz je Beschäftigten noch viel drastischer hochgetrieben, als VW, Daimler oder auch BMW. So wurde der chinesische SAIC inzwischen zum zehntgrößten Automonopol, indem er den Umsatz je Beschäftigten von 342.000 US-Dollar im Jahr 2007 auf 980.000 US-Dollar im Jahr 2013 fast verdreifachte.
Für die Schlacht um die Beherrschung des Weltmarkts ist nicht in erster Linie die Höhe des Profits, sondern die Entwicklung der Profitrate ausschlaggebend – d. h. das Verhältnis des aufgebrachten Kapitals zum Profit.
Durch immer höhere Stückzahlen, Plünderung der Rohstoffe überall auf der Welt und gedrückte Energiekosten, vor allem aber durch die Überausbeutung einer wachsenden Gesamtzahl von Beschäftigten, konnten alle weltmarktführenden Automonopole ihre Profitrate nach den Einbrüchen 2008 und 2009 seit 2010 wieder steigern. Dabei haben die chinesischen und südkoreanischen Automonopole eine deutlich höhere Profitrate in Bereichen von 6 bis 10 Prozent als die deutschen, japanischen und US-amerikanischen Automonopole, die im Bereich inzwischen ein Prozent und 6 Prozent liegen. In den Jahren 2012 und 2013 fiel die Profitrate von VW, Daimler, BMW, GM und Ford gegenüber 2010 und 2011 wieder zurück, während die japanischen Automonopole Honda und Toyota, vor allem aber die chinesischen und südkoreanischen Automonopole tendenziell bei der Profitrate sogar noch zulegen konnten.
Deshalb sehen sich Daimler, VW, BMW, GM, Ford usw. besonders zu neuen Ausbeutungsprogrammen gezwungen, die mit dem konzernübergreifenden Kampf der Belegschaften zum Übergang in die Arbeiteroffensive beantwortet werden müssen.
Anna Bartholomé
Quellen:
1 Stefan Engel, „Morgenröte der internationalen sozialistischen Revolution“, S. 136
2 Die angeführten Zahlen beziehen sich auf die Liste der 500 größten internationalen Monopole, gestützt auf „Fortune“, berechnet von der GSA