Konterrevolutionäre Geheimarmeen – keine „Verschwörungstheorie“

Aus Rote Fahne 30/2014: Der Zusammenhang zwischen der jahrelangen Untergrundtätigkeit der faschistischen Terrorgruppe NSU und seiner Förderung zumindest durch Teile des „Verfassungsschutzes“ ist alles andere als eine „Verschwörungstheorie“ und genauso wenig ein Einzelfall. Das wird in dem Buch „Morgenröte der internationalen sozialistischen Revolution“ von Stefan Engel sehr gut nachgewiesen. Es stützt sich dabei auf zahlreiche Beweise, die frühere Untersuchungskommissionen und kritische Historiker ans Tageslicht brachten. Hier ein Auszug aus dem Abschnitt zum „Terrorismus der NATO-Geheimarmeen“ (S. 232–237).

Opfer blutiger Attentate in Kauf zu nehmen, solche Attentate zu provozieren oder ohne Skrupel auch selbst zu inszenieren – das gehört seit jeher zum Repertoire der imperialistischen Kriegsvorbereitung; die publizistische Verwertung ist Teil der psychologischen Kriegsvorbereitung. Die Massen sollen in Angst und Schrecken versetzt werden, in einem Klima der Hysterie sollen sie die Anwendung offener Gewalt gegen antiimperialistische und revolutionäre Bewegungen akzeptieren. Selbst faschistische Gewaltanwendung gegen die Massen soll gerechtfertigt werden – bis hin zur Errichtung offen terroristischer Regimes.

Dafür lieferte die Untersuchungskommission „Terrorismus und Massaker“ (1994–2000) des italienischen Senats, die Fälle faschistischer Attentate in Italien, vor allem den Bombenanschlag auf dem Hauptbahnhof von Bologna am 2. August 1980 erneut aufrollte, erstmals offizielle Beweise … .

Das italienische Parlament setzte eine Kommission ein, die die Machenschaften der politi-schen Geheimorganisation Propaganda Due (Loge P2) untersuchen sollte. Sie förderte den streng geheimen Anhang B zum Field Manual 3031 zu Tage, einer Dienstvorschrift des US-Geheimdiensts mit dem Titel „Stabilisierungsoperationen, Geheimdienst-Sondereinsätze“. … Es war die Dienstanweisung einer Geheimarmee der NATO, die unter dem Decknamen „Gladio“ in Italien tätig war; es beweist die US-imperialistische Urheberschaft faschistischer Attentate. …

Der damalige italienische Ministerpräsident Giulio Andreotti gab vor der parlamentarischen Untersuchungskommission an, dass „Gladio“ auch in anderen europäischen Ländern existiere. … Der Forderung nach voller Aufklärung der Terroraktivitäten kamen die USA – in der Manier einer imperialistischen Supermacht – natürlich nicht nach.

Die bisher einzige unabhängige Untersuchung über „Gladio“ war ein Forschungsprojekt an der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich unter Leitung des Historikers Daniele Ganser. In einem Interview mit der „Basler Zeitung“ charakterisierte er Sinn und Zweck der NATO-Geheimorganisation:

Wie stark richteten sich diese Untergrundarmeen auch gegen ,innere Feinde‘, also gegen die eigene Bevölkerung?

Dieser Kampf gegen den inneren Feind war in einigen Ländern Teil des Konzeptes. Er basierte auf der sogenannten ,Strategie der Spannung‘ und war auf Terror aufgebaut. In Italien und der Türkei wurde diese schon fast teuflische Strategie wohl am erfolgreichsten umgesetzt: mit Bombenanschlägen und Massakern gegen die eigene Bevölkerung, die man anschließend dem politischen Feind, also den Linken, in die Schuhe schob. Man versetzte die Menschen mit blutigen Anschlägen in Furcht und Schrecken, um politische Ziele zu erreichen. In Griechenland ging das 1967 bis zum Militärputsch, an dem die ,LOK‘-Geheimarmee beteiligt war. In der Türkei, wo die Geheimarmee auch an Folterungen beteiligt war, richtete sich der Kampf gegen die Kurden.

Kam es auch in anderen Ländern zu verdeckten Terrorakten?

Für die Anschläge 1980 am Münchner Oktoberfest mit 13 Toten und über 200 Verletzten wurde Waffenmaterial aus den Lagern der Geheimarmee verwendet. In Belgien wurde die Geheimarmee Mitte der 80er Jahre verdächtigt, in die Brabant-Anschläge verwickelt zu sein, bei denen wahllos Menschen in Geschäften niedergeschossen und 28 getötet wurden. Die Untersuchungen liefen in beiden Fällen ins Leere, weil die Geheimdienste sich weigerten, zu kooperieren.“ (16. Dezember 2004)

Unter der Herrschaft des internationalen Finanzkapitals wird es niemals möglich sein, lückenlose Beweise für die Verwicklung imperialistischer Geheimdienste in faschistische Attentate beizubringen, weil die darin engagierten Geheimdienstagenten, zivilen Helfershelfer und „Staatsdiener“ den Schutz der staatlichen Gewalt genießen.

Mit dem Verweis auf Belange der staatlichen Sicherheit wird Publizität über die Machenschaften der Geheimdienste nachdrücklich verweigert. Spuren werden verwischt, Beweise je nach Bedarf nicht zur Kenntnis genommen, beseitigt oder gefälscht, Zeugen ignoriert oder erpresst, notfalls auch liquidiert und Kritiker als „Verschwörungstheoretiker“ verunglimpft.