Vorwort: Katastrophenalarm! Was tun gegen die mutwillige Zerstörung der Einheit von Mensch und Natur?

Die Umweltfrage ist ohne Zweifel im öffentlichen Bewusstsein angekommen. Weltweit wächst die Besorgnis über den Zustand der natürlichen Umwelt. Kein ernst zu nehmender Politiker, Medienschaffender, Unternehmer oder Gewerkschafter kann sich mehr erlauben, diese Frage zu ignorieren. Zu viele lokal und regional auftretende ökologische Katastrophen drangsalieren inzwischen die Menschheit.

In der öffentlichen Meinung wird der Eindruck erzeugt, die Umweltfrage sei bei den Herrschenden und ihren Regierungen in guten Händen. In Wirklichkeit aber waren sie seit dem Aufkommen der Umweltkrise Anfang der 1970er Jahre weder willens noch in der Lage, etwas Wirksames dagegen zu unternehmen. Stattdessen treibt die Menschheit ungebremst – ja sogar beschleunigt – auf eine globale Umweltkatastrophe zu. Diese hat das Potenzial, die Grundlagen jeglichen menschlichen Daseins zu vernichten. Die Verantwortung für diese Entwicklung liegt in erster Linie bei den internationalen Übermonopolen, die heute die gesamte Weltproduktion, den Welthandel sowie Politik, Wirtschaft und Wissenschaft in allen Ländern beherrschen.

Ein neues Umweltbewusstsein ist erwacht. Doch sein Niveau reicht bei Weitem nicht aus, die existenzielle Gefährdung der Menschheit in aller Konsequenz zu begreifen. In der öffentlichen Meinung werden einzelne Faktoren der Umweltkrise – etwa die drohende Klimakatastrophe – einseitig ins Blickfeld gerückt. Zugleich werden andere, nicht minder dramatische Probleme – wie das wachsende Ozonloch, die Zerstörung der Ökosysteme der Ozeane oder der Wälder – verdrängt oder verharmlost. Vor allem werden Zusammenhänge und Wechselwirkungen weitgehend ignoriert.

Ist es denn überhaupt denkbar, dass allein überzeugende Argumente die Verantwortlichen der kapitalistischen Profitwirtschaft dazu bringen können, diese Entwicklung zu stoppen? Ist es denkbar, dass die herrschenden internationalen Monopole plötzlich auf ihre Alleinherrschaft oder auf ihre exorbitanten Profite verzichten, nur um die Umwelt zu retten?

Das wird nicht geschehen! Im vollen Bewusstsein der tödlichen Risiken führen sie die Erde an die Umweltkatastrophe heran! Die Verhältnisse der kapitalistischen Konkurrenz verlangen heute von den internationalen Monopolen, bei Strafe ihres Untergangs, die Überausbeutung von Mensch und Natur auf die Spitze zu treiben.

Die sogenannte Umweltfrage ist längst zu einer höchst politischen Frage geworden. Welche Existenzberechtigung hat eine Gesellschaftsordnung, deren ganzes Dasein auf einer Mensch und Natur bedrohenden Grundlage ruht?

Statt irgendetwas Substanzielles gegen diese Bedrohung zu unternehmen, errichteten die Herrschenden ein ganzes System des imperialistischen und kleinbürgerlichen Ökologismus, um die gesamte Menschheit zu manipulieren. Mit Beschwichtigungen, Lügen, Vertuschung und Scheinlösungen versuchen sie, dem aktiven Widerstand der Massen vorzubeugen oder ihn zu zersetzen.

Dieses Buch lässt keinen Zweifel daran, dass die Menschheit die Umweltfrage nicht dem herrschenden Gesellschaftssystem überlassen darf. Sie wird sonst untergehen in der kapitalistischen Barbarei!

Auf der Basis einer Vielfalt konkreter Untersuchungen kommt das Buch zu der Erkenntnis, dass sich die Menschheit inzwischen mitten im fortschreitenden Übergang zu einer globalen Umweltkatastrophe befindet. Die Lösung der Umweltfrage erfordert heute einen gesellschaftsverändernden Kampf. Nur eine internationale sozialistische Revolution kann die soziale und die ökologische Frage lösen. Erstin einer sozialistischen Gesellschaft ohne Ausbeutung des Menschen durch den Menschen bilden Mensch und Natur eine fruchtbringende Einheit. Erst in einer klassenlosen kommunistischen Gesellschaft wird die »Humanisierung der Natur« und die »Naturalisierung des Menschen« ihren relativen Abschluss finden, wie es Karl Marx formulierte.

Um dieses große Ziel zu erreichen, muss sich die Umweltbewegung ebenso wie die Arbeiterbewegung verändern. Auch die Revolutionäre in aller Welt müssen sich ändern, sie müssen ihre politische Strategie und Taktik erweitern und entsprechend den neuen Tatsachen höherentwickeln.

Das geht nicht ohne ernsthafte Diskussionen, ohne kritisch-selbstkritische Auswertungen und ohne Erkenntnisfortschritte in der Sache. Dieses Buch soll dazu eine Hilfe sein, ein Diskussionsbeitrag. Es ist ausdrücklich eine Streitschrift, die sich in die Strategiedebatte um die Lösung der Umweltfrage einmischt und entschieden Position bezieht. Ein Buch, das desillusionieren, aber vor allem mobilisieren und schöpferisch die Vision einer künftigen Gesellschaft zeichnen soll, in der die Umweltfrage tatsächlich gelöst werden kann.

Das Buch verficht einen hohen wissenschaftlichen Anspruch. Es stützt sich auf gründliche Recherchen, auf Fakten der bürgerlichen Wissenschaft, um ihnen kritisch die wesentlichen Erkenntnisse abzuringen und die dialektischen Zusammenhänge aufzudecken, die in der allseitigen Wechselwirkung zwischen Mensch und Natur existieren.

Leitlinie dieses Buchs ist die dialektisch-materialistische Methode und die Theorie der grundlegenden Einheit von Mensch und Natur, die Karl Marx und Friedrich Engels bereits vor 170 Jahren entwickelt haben. Mit dem Aufkommen des Reformismus in der Arbeiterbewegung Ende des 19. Jahrhunderts wurden diese Grundlagen verworfen, missachtet, ja systematisch verdrängt. Das wirkt sich bis heute negativ auf die Arbeiter- und Volksbewegung aus.

Neben der Würdigung der großartigen Erkenntnisse von Marx und Engels über die Dialektik von Mensch und Natur ist die streitbare Auseinandersetzung mit dem modernen Antikommunismus in der Umweltfrage ein Markenzeichen dieses Buchs. Auch verschiedenste Formen der Resignation, Verharmlosung, Vereinfachung oder Panik, die in der Umweltbewegung zu finden sind, werden weltanschaulich kritisiert.

Das Redaktionskollektiv dankt den über 100 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die sachkundig zu diesem Buch beigetragen haben. Dazu gehören Klaus Arnecke, Architekt; Dr. med. Günther Bittel, Facharzt für Anästhesiologie und Allgemeinmedizin; Herbert Buchta, Diplombiologe und praktischer Tierarzt; Werner Engelhardt, Politologe; Adelheid Erbslöh, Diplombiologin; Oskar Finkbohner, Mitarbeiter der Gesellschaft zur Förderung wissenschaftlicher Studien zur Arbeiterbewegung e.V.; Monika Gärtner-Engel, Diplom-pädagogin; Rainer Jäger, Lektor; Prof. Dr. Christian Jooß, Physiker; Dr. Hans-Ulrich Jüttner, Physiker; Christoph Klug, Diplompsychologe und Wissenschaftsjournalist; Prof. Dr. Josef Lutz, Physiker; Dr. med. Willi Mast, Facharzt für Allgemeinmedizin; Roland Meister, Rechtsanwalt; Dr. med. Dieter Stein, Facharzt für Allgemeinmedizin; Peter Weispfenning, Rechtsanwalt; Gerd Zitzner, Diplom-Agraringenieur.

Nicht zuletzt ist das Buch ein Ergebnis der kritisch-selbstkritischen Diskussion und Zusammenarbeit mit Aktivisten der Umweltbewegung und mit Revolutionären aus der ganzen Welt.

Der Titel der Buchausgabe – »Katastrophenalarm! Was tun gegen die mutwillige Zerstörung der Einheit von Mensch und Natur?« – soll den Ernst der Probleme ebenso bewusst machen wie die Dringlichkeit ihrer Lösung.

Die Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands befasst sich in diesem Buch nicht zum ersten Mal mit der Umweltfrage. Es setzt die Reihe REVOLUTIONÄRER WEG fort, die sich schon seit 1984 grundsätzlich und systematisch vom Standpunkt des Marxismus-Leninismus aus mit der Umweltkrise beschäftigt. Es hebt aber die Erkenntnisse entsprechend den inzwischen eingetretenen Entwicklungen auf eine neue Stufe. Das Buch soll vor allem helfen, der Umweltfrage wieder einen festen Platz in der internationalen revolutionären und Arbeiterbewegung zu erobern.

Stefan Engel, März 2014