Drohende Prokon-Pleite – Opfer einer gezielten Medienkampagne?

Seit Anfang Januar häufen sich die Meldungen, wonach dem Ökokonzern Prokon die Insolvenz droht. Vieles deutet darauf hin, dass durch eine gezielte Kampagne unter anderem über die Medien der Betrieb mit seinen 1.300 Beschäftigten von Banken und Energiemonopolen in die Pleite getrieben werden soll. In Zeiten sinkender Strompreise versuchen sie, einen lästigen Konkurrenten loszuwerden.

Der Prokon-Konzern mit Sitz in Itzehoe wurde 1995 von Cars­ten Rodbertus gegründet und verspricht mit Investitionen in erneuerbare Energien hohe Renditen von 6 bis 8 Prozent. Mit breiter Werbung im Fernsehen, in Bussen und Bahnen usw. wurden so 1,4 Mil­liar­den Euro von 75.000 Anlegern eingezahlt – für sogenannte „Genussrechte“, für die man Zinsen erhält und die relativ kurzfristig kündbar sind.

Von dem Geld baut und betreibt Prokon vor allem Windkraftanlagen – zurzeit sind es 54 Windparks mit 314 Anlagen in Deutschland und Polen. In Bau und Planung sind weitere 29 Anlagen, davon auch drei in Finnland. Für Banken und Energiemonopole entwickelte sich Prokon zunehmend zum lästigen Konkurrenten, dem nun mit einer massiven Medienhetze bis hin zum Rufmord der Garaus gemacht werden soll.

Zwar musste auch die Prokon-Geschäftsführung eingestehen, dass die Umsatzerlöse rückläufig sind und der Zufluss neuer Gelder nicht so rasant verlief wie erhofft. Dazu hat offenbar die Tiefe der Weltwirtschafts- und Finanzkrise beigetragen. Vor allem macht aber die Kehrtwende der Bundesregierung beim Ausbau erneuerbarer Energien Unternehmen wie Prokon große Probleme. Die Windkraftanlagen stehen zeitweise still, auch wenn der Wind weht, die Erlöse aus eingespeisten Strommengen sinken.

In der Konzernzwischenbilanz zum 31. 10. 2013 legte Prokon offen, dass man 2013 einen Verlust von 209,9 Millionen Euro verbuchen musste, aber Zinsen an Anleger in Höhe von 330,4 Millionen Euro gezahlt habe – in der Hoffnung, in den nächsten Jahren mit neuen und im Bau befindlichen Anlagen wieder höhere Gewinne einspielen zu können.

Es wäre naiv, Prokon und seine Geschäftsführung als entschiedene Umweltkämpfer zu verstehen – auch wenn der „alternativ“ auftretende Konzernchef gegen Banken und Energiemonopole wettert. Mit dem Angebot einer „nachhaltigen, der Zukunft verpflichteten Geldanlage“ appelliert er an die kleinbürgerlich-ökologistische Denkweise unter dem Motto, „allen Menschen aus der Mitte der Gesellschaft eine faire Teilhabe am Erfolg der erneuerbaren Energien zu ermöglichen“. Guten Gewissens an der sogenannten Energiewende im Rahmen des bestehenden kapitalistischen Systems mitverdienen – das ist das erklärte Ziel.

Weniger ökologisch geht es in der großen Prokon-Anlage zur Rapsölverarbeitung in Magdeburg zu, die vor allem sogenannten „Bio“diesel produziert – also Nahrungsmittel in Sprit verwandelt. Für eine „Biomasse“-Fabrik mit der Produktion von Euro-Paletten, Holzpellets und Holzbriketts wurden 3.000 Hektar Wald in Deutschland und 18.500 Hektar Wald in Rumänien gekauft.

Es macht durchaus Sinn, sich nach einer etwas sichereren Anlage für Erspartes für die Alterssicherung oder ähnliche Zwecke umzuschauen, statt es auf nahezu zinslosen Sparbüchern unterzubringen. Aber das Beispiel Prokon zeigt, wie begrenzt solche Möglichkeiten sind.

Die gegenwärtige Medienkampagne scheut vor keiner Verunglimpfung zurück. Nebulös wird von „staatsanwaltlichen Ermittlungen“ gemunkelt, obwohl es bislang zwar Anzeigen gibt, aber über die Prüfung eines „Anfangsverdachts“ noch keine Staatsanwaltschaft hinausgekommen ist. Von „windigen Geschäften“ und einem „Schneeballsystem“ ist die Rede.

Im Zwischenbericht vom 31. 10. 2013 hat Prokon ein Genusskapital (das sind die Einlagen) von 1.354,6 Millionen Euro angegeben, davon wurden nachweislich investiert: in Windenergie 903,2 Millionen, in Bio-Kraftstoffe 170,1 Millionen, in Biomasse (Holzindustrie) 203,5 Millionen und in Waldbesitz 77,8 Millionen Euro. Den Einlagen entsprechen also Investitionen in fast gleicher Höhe.

Aber wenn aufgrund der Angstmache kein Geld mehr nachkommt oder große Summen abgezogen werden, droht die Zerschlagung der Firma. Bis Mitte Januar wurden schon Anlagen in einer Größenordnung von 187 Millionen Euro gekündigt. Sollte die Flucht der Anleger anhalten und Prokon in die Insolvenz getrieben werden, müssten die Windkraftanlagen, die Rapsöl- und Biomassefabriken verkauft werden, um die Forderungen der Anleger zu erfüllen.

Die Illusion von der „Vereinbarkeit von Ökologie und Ökonomie“ im Kapitalismus liegt einmal mehr in Scherben.

Anna Bartholomé