„Friede den Hütten, Krieg den Palästen!“

„Friede den Hütten, Krieg den Palästen!“

Das kurze Leben des Georg Büchner

„Friede den Hütten, Krieg den Palästen!“ – Mit diesem Schlachtruf der französischen Revolutionsarmee von 1792 beginnt 1834 Georg Büchners revolutionäres Manifest „Der Hessische Landbote“. Wer war Georg Büchner, und warum stellte er sich so leidenschaftlich auf die Seite der Ausgebeuteten und Unterdrückten?

Am 17. Oktober 1813 in Goddelau bei Darmstadt geboren, studiert Georg Büchner erst in Gießen, dann in Straßburg Medizin und Naturwissenschaften. Besonders seine Straßburger Studienzeit prägt Büchners kurzes Leben: Hier kommt er mit den radikalen Ideen der französischen Revolution von 1789 in Berührung, und hier beschäftigt er sich unter anderem mit der Entdeckung sozialer Klassen durch den utopischen Sozialisten Saint Simon. Höchstwahrscheinlich befasst sich Büchner hier auch mit den utopisch-kommunistischen Ideen des französischen Philosophen Babeuf.

Zurück in Gießen vertauscht Büchner bald das Skalpell mit der Operation an der Gesellschaft. Dort und in Darmstadt gründet er nach französischem Vorbild Sektionen der „Gesellschaft der Menschenrechte“. Zu den politischen Zielen dieser Geheimbünde schreibt er in einem Brief, dass das „Verhältnis zwischen Armen und Reichen das einzige revolutionäre Element der Welt …“ ist. Aber auch: „Ihr habt Schwielen an den Fäusten, und sie haben Samthände. Ergo: ihr arbeitet und sie tun nichts; ergo: ihr habt’s erworben, sie haben’s gestohlen; ergo: wenn ihr von eurem gestohlnen Habe ein paar Heller wiederhaben wollt, müsst ihr huren und betteln; ergo, sie sind Spitzbuben, und man muss sie totschlagen.“ So Büchner später in seinem Drama „Dantons Tod“.

Für seine „Gesellschaft der Menschenrechte“ verfasst Büchner 1834 dann den „Hessischen Landboten“. Darin hält er sich nicht an Begriffen wie Freiheit oder Gerechtigkeit auf, sondern rechnet den Bauern gleich zu Beginn seines Manifests genau ihre erbärmliche materielle Lage als Folge einer Unmenge von Steuern und Abgaben an den herrschenden Feudaladel vor. Und er listet das zahlenmäßige Verhältnis von Adel und Bauern auf: „Ihrer sind vielleicht 10.000 im Großherzogtum und euer sind es 700.000 …“ Worauf Büchners Kampfschrift zielt, stellt dann treffend eine Gerichtsakte fest: „Sie hatte den Zweck, die materiellen Interessen des Volkes mit denen der Revolution zu vereinen …“. Da es zu Büchners Lebzeiten in Deutschland noch kein kämpfendes Industrieproletariat gibt, ist es für ihn die Aufgabe der geknechteten Bauernmassen, die herrschenden Verhältnisse zu revolutionieren. Dabei geht es ihm nicht nur um die Beseitigung des verfaulten Feudalismus, sondern auch um den Kampf gegen die kapitalistischen „Presser“ des Volks.

Allerdings verrät 1835 ein Spitzel die „Gesellschaft der Menschenrechte“: Büchners Kampfgefährte Weidig nimmt sich nach einem Jahr unmenschlicher Haft das Leben. Ihm selbst gelingt in letzter Minute die Flucht nach Straßburg.

In Zürich schließlich ist Büchner vor Verfolgung sicher. Dort beendet er seine Doktorarbeit und beginnt als Privatdozent eine überaus fruchtbare wissenschaftliche und literarische Tätigkeit. Dabei setzt er in seinen Theaterstücken seine materialistische Weltanschauung durch: Der Mensch ist das Produkt der gesellschaftlichen Verhältnisse, die er freilich verändern kann. In den Dramen „Dantons Tod“ und „Woyzeck“ werden dann die gesellschaftlichen Verhältnisse zu einer Art Vorbestimmung für das menschliche Dasein: Während Danton sich mit der Bourgeoisie versöhnen will, strebt Robespierre die Volksrevolution an. Schon zu Beginn des Stücks ist das Todesurteil für Danton gefällt, und auch Robespierres Scheitern steht schon fest. Woyzeck dagegen ist ein einfacher Soldat. Ständig von seinem Vorgesetzten erniedrigt und gequält, ermordet er seine Geliebte, nachdem er sie mit einem Tambourmajor ertappt hat. Danach bringt er sich selbst um. Beide Dramen fußen auf wahren Begebenheiten, die von Büchner genau untersucht wurden.

In seinem Lustspiel „Leonce und Lena“ dagegen verspottet er die Genusssucht und Langeweile des Feudaladels als Ausdruck seines nutzlosen Daseins. Am 19. Februar 1837 wird Büchner mit 23 Jahren Opfer einer Typhus-Epidemie.

Im 19. Jahrhundert wird sein Werk totgeschwiegen, so gefährlich ist es für die Herrschenden. Erst ab dem Beginn des 20. Jahrhunderts werden seine Stücke sehr erfolgreich aufgeführt. Büchners bedingungsloser Einsatz für die revolutionäre Veränderung der Gesellschaft bleibt beispielhaft.