Für welchen Kurs treten unsere Delegierten ein?
Kommentar eines Metallers zum außerordentlichen Gewerkschaftstag der IG Metall
In den Betrieben nimmt die Ausbeutung drastisch zu, kaum ein Betrieb mehr, wo nicht Arbeitsplätze vernichtet werden. Meist sind es Leiharbeiter und Zeitverträgler, die als erste auf die Straße fliegen. Mehr denn je brauchen wir jetzt starke und kämpferische Gewerkschaften! 750.000 warnstreikende Metaller hatten in der Tarifrunde 2013 gezeigt, was sie wollten und wozu sie bereit waren.
Aus meiner „metall“, Ausgabe Juli, erfuhr ich vom außerordentlichen Gewerkschaftstag meiner IG Metall am 24./25. November 2013. Nichts gegen einen Generationenwechsel, der uns als Kampforganisation voranbringt. Natürlich ist es richtig, dass wir Mitglieder in entsprechenden ordentlichen oder außerordentlichen Mitgliederversammlungen, VK-Vollversammlungen, Delegiertenversammlungen uns mit dem außerordentlichen Gewerkschaftstag und seinen Zielen befassen. Schließlich geht es um unsere Gewerkschaft, welche Politik sie zukünftig verfolgt und wer sie führt und vertritt.
Für welchen Kurs treten unsere Delegierten ein? Werden sie unsere Kritiken vorbringen? Die Kritiken aus der letzten Tarifrunde: die Vorabankündigung des Ergebnisses durch den Vorstand, die offensichtlichen Absprachen mit dem Unternehmerverband über die Höhe des Ergebnisses im Vorfeld der Tarifrunde und überhaupt einen Stil, uns zur Staffage zu machen? In einer Zeit, wo wir starke und kämpferische Gewerkschaften brauchen und damit auch den Ausbau und die Festigung der Vertrauensleutearbeit, erfahre ich mit Verwunderung von der Auflösung des VL-Ausschusses als eigenständiges Ressort beim IGM-Vorstand. Dazu gibt es weder einen Beschluss des Gewerkschaftstages noch ein Mandat der Mitglieder. Was mir auch nicht passt, ist, dass sich jetzt ein Personalkarussell im Vorstand dreht, Absprachen organisiert werden usw. Welchen Einfluss haben wir da als Mitglieder und welche „Wahl“ haben unserer Delegierten? Eine solche „wir legen das schon mal fest und verkünden es in den Medien“- Politik wurde auf dem letzten Gewerkschaftstag zu Recht kritisiert. Deshalb kam der Vorstand auch mit seinem Vorschlag zur Abschaffung des Frauen-Ressorts nicht durch.
Überhaupt, wie werden unsere demokratischen Rechte als Mitglieder in diesem Vorbereitungsprozess eigentlich gefordert und gefördert? Eine Phase zur Antragsstellung ist offensichtlich nicht geplant. (siehe Kasten: Antragsrechte …)
Die Delegierten vom 22. ordentlichen GWT 2011 werden laut Satzung zum außerordentlichen GWT 2013 geladen. Welche Standpunkte vertreten sie heute zum „Kämpfen in der Krise“?, zur geforderten Solidarität mit der Opel-Belegschaft, zum politischen Streikrecht? Zum Kampf gegen die Lohndumpingpolitik in Deutschland, worunter die europäischen Belegschaften alle zu leiden haben und sich einzig die deutsche Industrie erfreut? Welche Konsequenzen müssen daraus gezogen werden? Es ist wichtig, diese Fragen auf den entsprechend einzuberufenden (Delegierten-)Versammlungen anzusprechen und zu klären.
Vielleicht helfen gemeinsame Erklärungen, Resolutionen usw. an den außerordentlichen Gewerkschaftstag, die jeweilige Debatte auf den Punkt zu bringen. Jedenfalls hat so ein Auftrag eine höhere Kompetenz und Wirkung als eine Einzelmeinung. Und schließlich, so werben wir bekanntlich auch neue Mitglieder, sind wir die Herren unserer Organisation – oder etwa nicht?