65 Jahre Israel und das Märchen vom antisemitischen Sozialismus

Am 14. Mai 1948 wurde der Staat Israel gegründet. Zum 65. Geburtstag fanden in über 60 Städten in Deutschland Feierlichkeiten statt. Die Deutsch-Israelische Gesellschaft (DIG) bejubelte eine „Erfolgsstory Israels“. Die expansionistische Politik Israels und seine Unterdrückung des Befreiungskampfes der Palästinenser wurden bisher von jeder Bundesregierung tatkräftig unterstützt. Kritik fortschrittlicher Kräfte wird seit Jahren als „antisemitisch“ verleumdet. In letzter Zeit werden dabei zunehmend antikommunistische Ausfälle gestartet, die die Stalin-Ära ins Visier nehmen.

Ausgangspunkt war die Gründung des „Expertenkreis Antisemitismus“ durch den Deutschen Bundestag im Jahr 2008. In der 204 Seiten starken „Unterrichtung durch die Bundesregierung - Bericht des unabhängigen Expertenkreis Antisemitismus“ (Drucksache 17/7700) wurde auch das Thema „Antisemitismus und Linksextremismus“ behandelt. Ausdrücklich wurde dabei auf die Darstellung der MLPD durch den bekannten „Experten“ des Verfassungsschutzes, Rudolf van Hüllen, verwiesen. Als weitere Quelle wurde die „analytische Betrachtung zu Entwicklung und Stellenwert einer politischen Sekte“ durch Dr. Armin Pfahl-Traughber empfohlen. Beim Versuch, der MLPD antisemitische Inhalte nachzuweisen, tat sich der Bericht allerdings schwer. So hieß es auf Seite 26: „Bei Linksextremisten mit marxistisch-leninistischer Ausrichtung lässt sich eine solche eingeschränkte oder personalisierte Kapitalismuskritik aber nicht ausmachen. Ansätze gab es dazu bei KPD und SED in der Vergangenheit, aber nicht aktuell bei DKP oder MLPD.“ Typisch für den modernen Antikommunismus ist, die MLPD einfach durch Erwähnung in dem Bericht in einen antisemitischen Kontext zu rücken. Obwohl man in diesem Fall sogar zugibt, dafür keinerlei Belege zu haben.
In den bürgerlichen Medien wurde der Bericht in vielfältiger Weise verwertet. So bildet sich eine neue Facette des modernen Antikommunismus heraus.

So hetzt beispielsweise der Schriftsteller Hannes Stein in der Zeitung „Die Welt“ am 20. Juli 2012: „Am Anfang war der sowjetische Kommunismus zwar nicht antisemitisch – die Juden wurden nicht schlechter behandelt als alle anderen auch – , aber spätestens nach 1948 verwandelte sich die Sowjetunion in ein extrem judenfeindliches Land. Stalin hatte kurz vor seinem Tod noch einen großen Pogrom geplant: Die jüdischen Bürger sollten in das autonome Gebiet Birobidschan deportiert, unterwegs sollte ein Drittel von ihnen erschlagen werden.“ Eine über seinen Verlag im Juli 2012 an ihn gerichtete Anfrage, doch die Quelle für diese ungeheuerliche Behauptung zu nennen, ließ Stein bis heute unbeantwortet.
Die Quellen zur Gründungsgeschichte des Staates Israels liegen jedoch vor. Es war die Sowjetunion, die 1948 seine Existenz erst ermöglichte! Ruth Lubitsch, die über Jahrzehnte der Führung der KP Israels angehörte, schrieb in ihren 1985 erschienenen Lebenserinnerungen: „Es kamen große, historische Tage. An die Rundfunkempfänger gefesselt hörten wir am 14. Mai 1947, wie der Vertreter der Sowjetunion, Andrej Gromyko, in der UNO-Vollversammlung das Recht der beiden Völker Palästinas, des jüdischen Volkes und des arabischen Volkes, auf Unabhängigkeit proklamierte. Seine Worte kündeten vom Ende der verhaßten britischen Mandatsherrschaft. Gromyko sagte, wenn sich zeige, daß die Schaffung eines unabhängigen und demokratischen arabisch-jüdischen Staates unrealistisch sei, stehe der Plan zur Teilung Palästinas in zwei unabhängige, selbständige Staaten – einen jüdischen und einen arabischen – auf der Tagesordnung. Und am 26. November 1947 erklärte der sowjetische Chefdelegierte, daß der Beschluß, Palästina zu teilen, mit den hohen Prinzipien und Zielen der Organisation der Vereinten Nationen übereinstimme; er stehe im Einklang mit dem Prinzip der nationalen Selbstbestimmung der Völker … Es kam der 29. November 1947. Die UNO-Vollversammlung faßte den Beschluß über die Aufhebung des britischen Mandats, den Abzug der britischen Armee aus Palästina und die Erteilung der Unabhängigkeit an beide Völker – das heißt die Gründung eines jüdischen Staates und eines arabischen Staates.“ (Ruth Lubitsch – „Ich kam nach Palästina“, S. 284–285).

Die Sowjetunion gab am 17. Mai 1948 die volle Anerkennung des Staates Israel bekannt, sie war der erste Staat, der zu Israel diplomatische Beziehungen aufnahm – sie wurden erst 1967 nach dem Sechstage-Krieg abgebrochen. Die zionistische israelische Führung „dankte“ der Sowjetunion schlecht. Unmittelbar nach der Staatsgründung schlug sie sich auf die Seite der USA. Zudem versuchte Israels Regierung, jüdische Sowjetbürger, die für den Wiederaufbau der Sowjetunion dringend benötigt wurden, zur Ausreise nach Israel zu bewegen.

Die Zurückweisung dieser Subversion und die Kritik der Sowjetunion an der israelischen Staatsführung wird heute als antisemitisch bezeichnet. So wie auch aktuell jede Kritik an der verbrecherischen Politik des Staates Israel als antisemitisch diffamiert wird!