Warum eine Strategiekonferenz Umweltbewegung?
Interview mit Dr. Detlef Rohm, Mitglied der Koordinationsgruppe der Initiatoren/innen für eine Umweltgewerkschaft
Die kämpferische Umweltbewegung ist in den letzten Jahren deutlich gewachsen und hat wichtige Erfolge erzielt. Warum seht ihr gerade jetzt die Notwendigkeit einer Strategiedebatte?
Zweifelsohne sind weltweit das Umweltbewusstsein und die Teilnehmerzahl an Umweltkämpfen gegen die unverminderte, zum Teil beschleunigte Zerstörung der Lebensgrundlagen der Menschheit deutlich gewachsen. Andererseits versucht die Bundesregierung zum Beispiel die Umstellung auf regenerative Energieformen mit einer Kehrtwende auszubremsen. Das will sie scheinheilig als Fürsorge einer nicht zu bewältigenden Kostenlawine für die Wirtschaft und Bevölkerung verkaufen. Unter dem Druck der Energiekonzerne stellt sie Zugeständnisse nach Fukushima wieder in Frage. Gleichzeitig unterstützt sie Investitionen wie in Brasilien, für eine radioaktive Zukunft, für die 400 neue Atomkraftwerke weltweit gebaut werden sollen. Gegen die internationalen Konzerne und ihre Regierungen brauchen wir dringend eine starke Gegenkraft. Eine Organisation wie die von uns vorgeschlagene Umweltgewerkschaft, die kämpferisch mitwirkt, weltweit eine schlagkräftige Widerstandsfront aufzubauen. Dies ist nicht unumstritten!
Ihr habt vier Themenblöcke vorgeschlagen. Was ist kurz gesagt der Hauptinhalt der Debatte, wie soll sie ablaufen?
Die weit verbreitete Vorstellung in der Umweltbewegung, die globale Umweltkatastrophe durch individuellen Umstieg des Stromanbieters, Bürgersolar- und -windanlagen und durch Änderung persönlicher Verhaltensweisen allein verhindern zu können, ist unserer Meinung nach illusionär. Sie unterschätzt die Dimension der ganzen Umweltkrise und der notwendigen politischen Arbeit. Es gibt auch eine wachsende Auseinandersetzung, ob die Profitwirtschaft überhaupt noch mit dem Erhalt der natürlichen Lebensgrundlagen vereinbar ist. Die Klärung solcher weltanschaulichen Fragen für eine künftige erfolgreiche Strategie ist notwendig. Die Stärken der bisherigen Umweltbewegung müssen weiterentwickelt und eine umfassende Selbstveränderung eingeleitet werden. Dies berührt besonders Fragen der Haltung zur Arbeiterbewegung, aber auch, was sich in der Arbeiterbewegung ändern muss. Ein Brennpunkt der Debatte ist bisher, ob die Umweltgewerkschaft nicht in Konkurrenz zu den Industriegewerkschaften steht. Diese Beziehung und auch der Bezug zu sozialen Bewegungen soll tiefer geklärt werden. Wir wollen aus den Erfahrungen der internationalen Umweltbewegung und der kämpferischen Frauenbewegung lernen, insbesondere zum Aufbau einer überparteilichen, demokratischen und finanziell unabhängigen Organisation. Am Anfang der Blöcke gibt es kurze Impulsreferate und dann eine ausführliche Diskussion, sodass sich möglichst viele an der Klärung der aufgeworfenen Fragen beteiligen können.
Ihr habt jetzt damit begonnen breit zu werben und wollt viele Teilnehmer gewinnen. Was ist euer Ziel?
Je breiter das Spektrum der Teilnehmer und je besser die Vereinheitlichung über die künftige Strategie erfolgt, umso zügiger kann der erfolgreiche Aufbau einer Umweltgewerkschaft erfolgen. Dazu brauchen wir noch viele Tausende Initiatoren/innen. Angesichts der dramatischen Lage dürfen wir keine Zeit verlieren. Die Umweltkrise bringt viele Jugendliche auf die Straße. Die Jugend ist ein großes Potenzial, das wir für die Initiatorenbewegung mobilisieren wollen. Deswegen nehmen wir aktiv am Pfingstjugendtreffen teil und werben dort kräftig. Wir führen auch die praktische Arbeit fort, wie die Solidarität mit den Opel-Kollegen, um gerade Initiatoren/innen aus der Arbeiterbewegung zu gewinnen.
Vielen Dank für das Interview! Wir wünschen der Strategiekonferenz viel Erfolg!