Börsenkurse vor neuen Rekorden?
Der US-Aktienindex „Dow Jones“ hat am 5. März mit 14.254 Punkten seinen alten Rekord vom 9. Oktober 2007 mit 14.198 Punkten übertroffen. Seitdem ist er noch weiter angestiegen. Der Deutsche Aktienindex (Dax) steht nicht weit von seinem alten Rekord vom 13. Juli 2007 mit 8.151 Punkten entfernt. Am 14. und 15. März endete der Börsenhandel mit einem Schlusskurs knapp über der Marke von 8.000.
Markus Zipperer, „Anlagestratege“ für Deutschland bei der Schweizer Großbank Credit Suisse, sieht goldene Zeiten anbrechen: „Wenn alles gut läuft und das Wachstum wieder kräftig anspringt, könnte der Dax … im nächsten Jahr die 10.000 Punkte knacken.“ („Frankfurter Rundschau“, 9. 3. 2013) Tatsächlich ist die Kapitalisierung der Weltbörsen – d.h. der aktuelle Gesamtwert der an den Börsen gehandelten Aktiengesellschaften auf der Welt – von Februar 2012 bis Februar 2013 um 5,373 Billionen US-Dollar oder 10 Prozent gestiegen (www.world-exchanges.org).
Die steigenden Börsenkurse sind jedoch nicht Ergebnis eines „anspringenden Wachstums“. Sie stehen vielmehr in einem eklatanten Widerspruch zu dem begonnenen erneuten weltwirtschaftlichen Einbruch. Dieser zeigt sich in einem rückläufigen Welthandel und dem Rückgang der Industrieproduktion in den 34 OECD-Staaten im vierten Quartal 2012 um 0,7 Prozent zum Vorjahr. In der EU ist die Industrieproduktion 2012 um 2,8 Prozent gegenüber dem Vorjahr gesunken, in der Euro-Zone um 3,1 Prozent.
Die großen Kapitalmassen zur Belebung der Börsenkurse stammen aus den Krisenprogrammen der imperialistischen Staaten, den großzügigen Geldspritzen der führenden Notenbanken zugunsten des internationalen Finanzkapitals und den steigenden Gewinnen aufgrund der wachsenden Ausbeutung und staatlichen Umverteilung.
So haben in Deutschland die Automobilkonzerne VW, Daimler und BMW für 2012 die höchsten Gewinne ihrer Unternehmensgeschichte gemeldet, ebenso die beiden Chemiekonzerne Henkel und Linde.
Gleichzeitig halten die Notenbanken die Zinsen für Kredite bei fast null Prozent. Sie haben sich in Japan, der EU und den USA verpflichtet, unbegrenzt Staatsanleihen aufzukaufen. Die US-Notenbank hat ihre Bilanzsumme seit dem Beginn der Weltwirtschafts- und Finanzkrise auf drei Billionen US-Dollar mehr als verdreifacht, die EZB von 1,4 auf über drei Billionen Euro mehr als verdoppelt. Das heizt die Überakkumulation des Kapitals an und befeuert die Spekulation.
„Während Staaten und private Haushalte in den Industrieländern unter ihren hohen Schulden ächzen, plagt die Finanzmärkte ein anderes Problem: Sie haben zu viel Geld und wissen nicht, wohin damit. Es herrscht Anlagenotstand“, schreibt die „Frankfurter Rundschau“ (9. 2.2013).
In dieser Situation ist es für die Großbanken lukrativer, die ihnen im Übermaß zur Verfügung stehenden Kapitalmassen in Aktien statt in Anleihen und Kredite an Unternehmen zu investieren. Zumal die Investitionen der nicht im Finanzsektor tätigen Kapitalgesellschaften in der Eurozone zurückgehen. Zu den Folgen heißt es in der 2009 erschienenen Broschüre der MLPD „Bürgerliche politische Ökonomie vor dem Scherbenhaufen“: „Das führt in regelmäßigen Abständen, auch außerhalb von zyklischen Überproduktionskrisen, zum verheerenden Platzen der Spekulationsblasen und wirbelt jeweils die ganze bürgerliche Finanzwelt durcheinander.“ (S. 26)
Bereits der Ausbruch der Weltwirtschafts- und Finanzkrise Ende 2008 vernichtete nach Berechnungen der Asiatischen Entwicklungsbank (ADB) an den Finanzmärkten Werte von 50 Billionen US-Dollar („FAZ“, 1. 3. 2013). Mit den neuen Kursrekorden an den Börsen wird das verheerende Platzen der nächsten Spekulationsblase vorbereitet.