Monopole im Fracking-Rausch
Darmstadt (Korrespondenz): Die Rote Fahne 2/2013 geht ausführlich darauf ein, welche Bedeutung die rücksichtlose Durchsetzung des Fracking in den USA für den imperialistischen Konkurrenzkampf zwischen den Energiemonopolen hat. Das Erdgas dient aber nicht nur Kraftwerken, sondern ist auch Ausgangsstoff für viele chemische Grunderzeugnisse. Dort macht sich ein Fracking-Rausch breit.
Erdgas enthält neben Methan auch Ethan, Propan, Stickstoff und Kohlendioxid. Bisher werden z. B. wichtige Kunststoffvorprodukte wie Ethylen, Propylen und Butadien aus Erdöl produziert, indem langkettige Kohlenwasserstoffe aus Erdölfraktionen in Chemieanlagen (Cracker; englisch „crack“ = spalten) in kleine Bruchstücke gespalten und in die Kunststoffvorprodukte umgewandelt werden. Diese werden z. B. für die Herstellung von Einwegflaschen und Joghurtbecher verwendet.
In den USA werden diese Kunststoffvorprodukte inzwischen überwiegend aus dem viel billigeren unkonventionellen (Fracking-) Erdgas hergestellt. Das beschert den US-Chemiekonzernen einen deutlichen Produktionsvorteil im Konkurrenzkampf. So lag der Preis für Erdgas im Jahr 2012 in den USA pro einer Million BTU (British Thermal Units) zwischen zwei und drei US-Dollar, in Europa kostete die Einheit zur gleichen Zeit viermal so viel (nach Internationaler Energie Agentur – IEA). 2011 lag der Gaspreis in den USA 40 Prozent niedriger als in China, 50 Prozent niedriger als in Brasilien und 85 Prozent niedriger als in Indien (CHEManager 23–24/2012). Die Verwendung des Erdgases erfordert aber eine technische Umrüstung auf neue Anlagen, sogenannte Gascracker.
Goldgräberstimmung bei den Anlagenbauern und Chemiemonopolen
Der Schiefergas-Boom hat in der Petrochemie bisher Investitionen von 25 Milliarden US-Dollar ausgelöst (nach American Chemistry Council, CHEManager 17/2012). Allein zehn große Investitionsprojekte für neue Cracker, umfangreiche Anlagenerweiterungen und Neustarts gibt es. Dazu gehört ein Milliarden Dollar teures Großprojekt von ExxonMobil in Texas. Dow Chemical plant an der US-Golfküste eine neue Großanlage, ebenso Chevron Philips Chemical, Shell Chemicals, Sasol, Westlake Chemical und Williams.
ThyssenKrupp-Uhde-Vorstand Thiemann erhofft sich in den USA durch Anlagenbau zur Veredelung der Grundstoffchemikalien oder Umwandlung des Gases in Kraftstoffe und Flüssigdüngemittel („Gas-to-Liquids“) deutliche Gewinnzuwächse. Anders als in den arabischen Ländern, wo die Märkte nur noch langsam wachsen (Process, 11-2012). Die BASF profitiert durch den niedrigen Gaspreis in den USA im Verbundstandort Geismar in Louisiana bei der Herstellung von Kunststoffbasischemikalien und insgesamt durch die notwendige Wasseraufbereitung beim Fracking und Lieferung von Frackingchemikalien (Ameisensäure).
Profitwirtschaft: unvereinbar mit unseren Lebensinteressen
Die Karten im weltweiten Konkurrenzkampf in der Basischemie werden neu gemischt, wenn diese Anlagen in wenigen Jahren in Betrieb gehen. Die US-Chemiemonopole wollen dadurch ihre Position unter den weltmarktbeherrschenden internationalen Monopolen ausbauen. Sie erhoffen sich steigende Profite: durch den wachsenden Kunststoffverbrauch der expandierenden Bauindustrie und Verpackungsbranche, aber auch im Kfz-Sektor, der Elektronik- und Düngemittelindustrie. Durch neue Fördertechniken (Koppelung des hydraulischen Frackingverfahrens mit horizontalen Bohrungen) stoßen die Bohrtrupps heute in 30 Tagen einen Kilometer vor; vor wenigen Jahren waren es noch drei Monate. Basierend auf solchen Techniken schätzt die amerikanische Energiebehörde EIA, dass sich die Produktion des Schiefergases bis zum Jahr 2035 mehr als verdoppelt und die Hälfte der Gasproduktion stellt (Process 11-2012).
Der Einsatz von Erdgas beschleunigt den Übergang in die Klimakatastrophe durch Freisetzung großer Mengen des klimaschädlichen CO2 und Methan; durch die „Wegwerfproduktion“ mit Kunststoffartikeln bei weitgehendem Verzicht auf Wiederverwertung im Sinne einer totalen Kreislaufwirtschaft werden die menschliche Arbeitskraft und natürliche Ressourcen vergeudet.
Statt „Revolution in der Tiefe“ durch Fracking (CHEManager 17/2012) brauchen wir eine internationale Revolution, die der krisenhaften chronischen Zerstörung der Umwelt Einhalt gebietet und den technischen Fortschritt auf Basis erneuerbarer Energien und einer internationalen Kreislaufwirtschaft durchsetzt.