Wie im China Mao Zedongs gegen Frauenunterdrückung vorgegangen wurde
Nach dem Sieg der chinesischen Revolution 1949 war Tibet dem Land zwar als autonomes Gebiet angegliedert, doch blieb die Herrschaft der Feudalherren und damit die Leibeigenschaft noch bestehen. Im März 1959 brach in der Hauptstadt Lhasa ein Putsch gegen China aus, der von reaktionären Elementen angezettelt worden war, die sich gegen die drohende Beseitigung ihrer Vorrechte wandten. Nach der Niederschlagung des Putsches flohen sie unter Mitnahme des Dalai Lama nach Indien. Erreicht hatten sie eins: Eine breite Bewegung zur Beseitigung der Leibeigenschaft setzte nun ein, die einerseits von denjenigen Angehörigen der herrschenden Klasse mitgetragen wurde, die freiwillig vom Feudalismus Abschied nehmen wollten, vor allem aber von Zehntausenden Aktivisten aus dem Volk, die mit Hilfe der chinesischen Volksbefreiungsarmee die Gesellschaft umgestalteten.
Die in China lebende US-amerikanische Schriftstellerin Anna Louise Strong veröffentlichte 1961 ihr Buch „Tibetische Interviews“, in dem sie Gespräche mit Angehörigen beider Seiten wiedergab. Sie widmete es zwei jungen Menschen, Lachi und Gada – ehemaligen tibetischen Leibeigenen, die nach China geflohen waren und nun mit Tausenden ihrer Schicksalsgenossen nach Tibet zurückkehrten, um dort beim Aufbau einer neuen Gesellschaft zu helfen. Die Befreiung der Frau aus der feudalistischen Unterdrückung war dabei ein großes Thema, wie ein Auszug aus dem Gespräch mit der damals 22-jährigen Lachi zeigt:
„‚Hatte der Besitzer, wenn Leibeigene heirateten, das Recht der ersten Nacht?‘, wollte ich wissen. Lachi hatte von diesem Brauch noch nie etwas gehört, daher erklärte ich ihr die Bedeutung der Frage. Sie schüttelte den Kopf. ‚Bei uns war das anders. Alle gut aussehenden leibeigenen Mädchen wurden vom Herrn gewöhnlich in sein Haus als Mägde genommen und ganz nach seinem Belieben von ihm gebraucht.‘ ‚Als Konkubinen?‘ ‚Nicht als Konkubinen‘, widersprach Lachi. ‚Konkubinen haben doch auch einige Rechte. Diese Mädchen waren nichts als Sklaven ohne die geringsten Rechte. Der Besitzer gebrauchte und verstieß sie ganz nach seinem Belieben. Ehen zwischen Herren und Leibeigenen sind verboten. Verheiratete Leibeigene können auf Anordnung des Herrn auseinandergerissen werden. Die Söhne bleiben beim Vater und die Mädchen bei der Mutter.‘“ (Anna Louise Strong, „Tibetische Interviews“, Peking 1961, S. 16/17)
Über ihr eigenes Schicksal berichtete Lachi: „‚Als die Volksbefreiungsarmee eintraf, verhielt sie sich ganz anders, als wir es uns jemals vorgestellt hatten. Uns wurde gesagt, wir sollten für unsere eigene Befreiung und die Befreiung Tibets arbeiten. Ich wollte schon immer lesen und schreiben lernen, und ich erhielt von meinen Eltern die Erlaubnis, die Schule der Armen zu besuchen. Meine Herrin erlaubte es jedoch nicht. Als ich ihr sagte, daß ich in der Schule der Volksbefreiungsarmee lernen wollte, schalt sie mich undankbar und begann, auf mich einzuschlagen. Ich rief um Hilfe, und da war auch schon die Volksbefreiungsarmee auf dem Hof. Die Soldaten der Volksbefreiungsarmee retteten mich; ich ging mit ihnen fort und kam niemals mehr zurück.‘ Als Lachi in die Volksbefreiungsarmee eintrat, war sie 13 Jahre alt. ‚War denn die Arbeit in der Armee in diesem Alter nicht zu schwer für dich?‘, fragte ich. Sie erwiderte mit einem seltsamen Lächeln: ‚Als ich zehn Jahre alt war, mußte ich meine Herrin auf dem Rücken tragen. Keine Arbeit, die die Armee von mir verlangte, war so schwer wie diese … Die Volksbefreiungsarmee schickte mich in Lhasa zur Schule … später schickten sie mich nach Peking zum Studium. Ich habe nun drei Jahre in Peking studiert. Morgen mache ich mich auf den Weg zurück nach Lhasa, denn jetzt ist der Putsch niedergeschlagen, und bald wird die Leibeigenschaft ein Ende haben. Wir müssen zurückgehen, um sie beenden zu helfen.‘“ (ebenda, S. 19–22)
Die Restauration des Kapitalismus in China nach Mao Zedongs Tod hat auch die Verhältnisse in Tibet und die Lage der Frauen in ganz China wieder negativ verändert. Es bleiben jedoch die vorwärtstreibenden Beispiele des revolutionären Kampfes gegen die reaktionären und abscheulichen Sitten der Frauenunterdrückung und sie sind gerade heute von aktueller Bedeutung!