Berechtigte Rebellion des syrischen Volkes

Der Kampf für den Sturz des reaktionären Assad-Regimes ist gerechtfertigt und Teil der länderübergreifenden revolutionären Gärung im Mittelmeerraum und des weltumspannenden Kampfs um Demokratie und Freiheit. Berechtigt haben „Rote-Fahne“-Leserinnen und -Leser kritisiert, dass die „Rote Fahne“ über längere Zeit zu diesem internationalen Brennpunkt nicht Stellung nahm, sondern angesichts der komplizierten Lage vor einer klaren Aussage ausgewichen ist. Das war vor allem auch eine Anpassung an revisionistische und neorevisionistische Strömungen, die Assad fortschrittliche Züge andichten. Aufgrund der komplizierten Situation ist es jedoch umso wichtiger, dass die „Rote Fahne“ eine Orientierungshilfe gibt – mit diesem Artikel wollen wir auch die Diskussion eröffnen!

Konkreter Ausgangspunkt der Massenproteste und deren gewaltsame Unterdrückung war die Verhaftung und Folterung von Kindern in der südsyrischen Stadt Daraa im März 2011. Sie hatten am 15. März den auch in Tunesien und Ägypten verwendeten Slogan „Das Volk will den Sturz des Regimes“ an Wände geschrieben. Ausgehend davon haben seit März 2011 Zigtausende, dann Hunderttausende mit Todesmut gegen die Diktatur von Bashar al-Assad demonstriert und sich nicht einschüchtern lassen. Unter dem Druck der Massen traten Ministerpräsident Utri und seine Regierung Ende März 2011 zurück. Der seit 1963 bestehende Ausnahmezustand musste im April 2011 formell aufgehoben werden. Doch die Brutalität des Regimes gegen die Massen verschärfte sich. Das forderte ihren Widerstand weiter heraus.

Komplizierte Lage
Die Massenproteste des syrischen Volkes setzen sich aus allen Nationalitäten und religiösen Gruppen und Regionen des Landes zusammen. Neben der offenen Gewalt betreibt das Assad-Regime eine ethnische und religiöse Spaltungspolitik. Gegen diese wendete sich bei den Protesten die Parole: „Kein Kurde, kein Araber, die Syrer sind ein Volk“. Auf örtlicher und regionaler Ebene entwickelten sich oppositionelle Kräfte, die zum Teil in örtlichen Volkskomitees organisiert sind. Diese sind teilweise mit dem im September 2011 in Syrien gegründeten „Nationalen Koordinationskomitee für Demokratischen Wandel“ (NCC) verbunden, der sich gegen eine militärische Intervention der westlichen Imperialisten ausspricht.
Im Gegensatz dazu wird der im Oktober 2011 in Istanbul gegründete Syrische Nationalrat (SNC) von Kräften geführt, die direkt von den westlichen Imperialisten instrumentalisiert sind und zu denen die reaktionären Muslimbruderschaften gehören. Diese haben bei der Einsetzung der neuen Marionettenregierung in Libyen eine Rolle gespielt, wurden in Tunesien massiv von den westlichen Imperialisten bei den Wahlen unterstützt und bilden dort die Regierung, ebenso in Ägypten, wo sie mit verantwortlich sind für die Niederhaltung und Unterdrückung der Arbeiterklasse und breiten Massen. Der SNC fordert ein Eingreifen von NATO und EU. Auch die Führung der vor allem aus Deserteuren der syrischen Armee bestehenden sogenannten „Freien Syrischen Armee“ (FSA) arbeitet zunehmend mit dem SNC und den westlichen Imperialisten zusammen.
Diese und ihre Verbündeten in der Region, insbesondere die reaktionären Regimes der Türkei und Saudi-Arabiens sind in Syrien mit Geheimdiensten und Spezialeinheiten tätig, um eine militärische Intervention vorzubereiten. Die Türkei hat Streitkräfte an der syrischen Grenze zusammengezogen, US-Drohnen überfliegen syrisches Gebiet.
Aufgrund des jahrzehntelangen Ausnahmezustands und der Verfolgung jeder Opposition war die Organisierung des Kampfs für nationale und soziale Befreiung nur in strengster Illegalität möglich. Das erschwerte auch den marxistisch-leninistischen Parteiaufbau. Das alles macht den Kampf um Demokratie und Freiheit in Syrien äußerst kompliziert.

Imperialistische Verbrechen und Heuchelei
Es ist nicht richtig, wenn dem Assad-Regime fortschrittliche Züge zugesprochen werden und die Abstimmung über die neue Verfassung als ein „erheblicher Schritt vorwärts gegenüber dem bisherigen System … in Richtung von mehr Demokratie“ gewertet wird (Georg Polikeit, DKP). Und wenn die westlichen Imperialisten empört mit dem Finger auf Assad zeigen und Solidarität mit den Massen in Syrien heucheln, unterschlagen sie ihren Beitrag für die Rückenstärkung des korrupten Regimes. Als nach dem Zusammenbruch des sowjetischen Sozialimperialismus auch die Macht des Assad-Regimes erschüttert wurde und dieses 1990/91 den vom US-Imperialismus geführten Krieg gegen den Irak offen unterstützte, wurde Assad Schritt für Schritt zum Freund des Westens erklärt. Ökonomisch öffnete sich Syrien dem Neoliberalismus, was mit umfassender Privatisierung einherging, die nach dem Tod von Hafez al-Assad im Jahre 2000 sein Sohn Bashar Assad fortsetzte.
Die Freiheitsbewegung in Syrien befindet sich in einem Mehrfrontenkampf. Sie muss sich in der Hauptseite gegen das eigene Regime richten und für den Sturz des Regimes eintreten.
Zugleich muss sich der Kampf gegen jegliche Einflussnahme und Aggression des westlichen und des russischen und chinesischen Imperialismus richten. Das ist auch gegen die Verschärfung der allgemeinen Kriegsgefahr in dieser Region gerichtet. Möglich ist dies nur, wenn die Bewegung sich eine starke revolutionäre Führung aufbaut und sich der Widerstand zu einem antiimperialistischen Kampf mit dem Ziel der Errichtung einer antiimperialistischen neudemokratischen Ordnung auf dem Weg zum Sozialismus entwickelt.
Dazu braucht die Bewegung für Freiheit und Demokratie die Solidarität und Zusammenarbeit mit der internationalen marxistisch-leninistischen, revolutionären und Arbeiterbewegung. Von entscheidender Bedeutung ist hierfür die ICOR gerade auch in dieser Region.  
• Der berechtigten Rebellion des syrischen Volkes gehört unsere volle Solidarität!
• Imperialistische Aggressoren haben in Syrien nichts zu suchen!     
• Es lebe der antiimperialistische Kampf der Arbeiterklasse und der Völker!