Wer Hitler das Genick brach Über die schädliche Rolle des Antikommunismus im antifaschistischen Kampf
aus Rote Fahne 21/2008
In der antifaschistischen Bewegung gibt es eine immer wieder auftauchende Grundsatzdiskussion über die Rolle des Sozialismus bzw. der Marxisten-Leninisten.
Konservative und reaktionäre Kräfte gehen so weit, eine Gleichsetzung von rechts und links, von Sozialismus und Faschismus zu betreiben. Eine Gleichsetzung, die historisch absurd und argumentativ nicht haltbar ist. Trotzdem wird sie mit nicht unbeträchtlichem Aufwand in Schulbüchern, Gedenkstätten usw. penetrant am Leben erhalten. In Wirklichkeit ist das Gegenteil der Fall.
Als 1932 die Hitler-Partei (NSDAP) nach einer Wahlniederlage bereits wieder auf dem absteigenden Ast war, notierte Joseph Goebbels, einer ihrer Führer in sein Tagebuch: „In der Organisation herrscht schwere Depression. Die Geldsorgen machen jede zielbewusste Arbeit unmöglich.“ („IG Farben – die unschuldigen Kriegsplaner“, S. 48).
Es war das deutsche Monopolkapital, das den Faschisten hilfreich zur Seite sprang: Millionen Reichsmark flossen auf die Konten der Faschisten, die schließlich im Januar 1932 vom Monopolkapital an die Macht gehievt wurden. Gezahlt haben unter anderem IG Farben, AEG, Demag, Osram und viele mehr. Die Faschisten leisteten gute Dienste für dieses Geld: „Die Vernichtung der organisierten Kraft der Arbeiterklasse war erklärtes Ziel des Nationalsozialismus, dafür bekam er die Millionen und die Macht. Mit kaum beschreiblichem Terror schoss und schlug der NS-Staat Breschen in die deutsche Arbeiterbewegung. Er machte keinen Unterschied zwischen kommunistischen, sozialdemokratischen oder kämpferischen parteilosen Arbeitern. (…) Viehisch wurden Kommunisten und Sozialdemokraten auf offener Straße von SS- und SA-Mordbanden erschlagen, schon 1933 wurden Tausende und Abertausende ins KZ geworfen, gefoltert, ,auf der Flucht‘ erschossen, zum Selbstmord getrieben, durch Hunger und barbarischen Arbeitseinsatz bis zum körperlichen Zusammenbruch geschunden.“ (ebenda, S. 69) Alle Rechte der Arbeiterklasse wurden beseitigt und die Betriebsleiter zu uneingeschränkten Diktatoren des Betriebs.
Kein auf Deutschland beschränktes Phänomen: Wo immer die Macht des Kapitals durch den Sozialismus bedroht ist, wurden und werden faschistische Terrorbanden gegen die revolutionäre Arbeiterbewegung eingesetzt. So zielte der Überfall der Hitler-Faschisten auf die Sowjetunion 1941 auf die Zerstörung des ersten sozialistischen Landes auf der Welt. Er war gleichzeitig der Auftakt ihres Untergangs. Der Vorsitzende der Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD), Ernst Thälmann, den die Faschisten zum damaligen Zeitpunkt bereits über acht Jahr eingekerkert hatten, prophezeite ihnen 1941: „Euer Blitzkrieg endet in der Sowjetunion mit eurer völligen Vernichtung. Ihr wäret nicht so überheblich, wenn ihr die sowjetischen Arbeiter kennen würdet, wenn ihr wüsstet, wie ein Volk lebt, das vom Kapitalismus befreit ist.“ Er hat Recht behalten.
Nach dem Krieg war es jahrzehntelang unumstritten, dass die sozialistische Sowjetunion die wesentliche Last des Weltkriegs getragen hat und die Hauptkraft der Befreiung Europas vom Faschismus war. „Der Krieg gegen die Sowjetunion war der grausamste und verlustreichste Teil des II. Weltkrieges und letztlich ausschlaggebend für den Untergang des Dritten Reiches“, schreiben zum Beispiel die Autoren der ZDF-Fernsehserie „Der unvergessene Krieg“ noch 1981.
Die Wurzeln des Faschismus liegen im kapitalistischen Gesellschaftssystem. Das Monopolkapital setzt die Faschisten ohne Skrupel ein, wenn seine Macht bedroht ist. Auch wenn sie zeitweise diese Macht durch die bürgerliche Demokratie zu bemänteln suchen. Erst der Sturz des Kapitalismus entzieht dem Faschismus seinen gesellschaftlichen Nährboden. Davon lenkt – teils ungewollt, oft aber gewollt – der Antikommunismus in der antifaschistischen Bewegung ab. Antifaschistische Ausgrenzung untergräbt und zerstört den antifaschistischen Kampf!
Jörg Weidemann