Antikommunistische Zählkunst

aus Rote Fahne 37/2007

RoteFahne37_07.jpgUnter den zahlreichen Artikeln und TV-Sendungen, die in den letzten Monaten zum China Mao Tsetungs erscheinen, ist kaum einer, in dem nicht mindestens in einem Nebensatz erwähnt wird, dass der „kommunistische Diktator“ angeblich 70 Millionen Tote auf dem Gewissen habe.

Damit übertrumpft er in der antikommunistischen Rangliste sogar noch Stalin, dem unverfroren und manipulativ alle Toten des II. Weltkriegs in Höhe von 50 Millionen Menschen angerechnet werden. Eine wahre Massenmordmaschinerie hätte demnach in den 25 Jahren seit Gründung der Volksrepublik China bis zu Maos Tod am Werk sein müssen mit im Durchschnitt rund 5.500 täglich getöteten Menschen.

In die Welt gesetzt wurde diese abstruse Zahl von Jung Chang und Jon Halliday, dem Autorenpaar einer 2005 erschienenen „Mao-Biografie“. Genauso wie die inflationären Opferzahlen, die Stalin und der sozialistischen Sowjetunion von den Antikommunisten angedichtet werden, ist sie völlig aus der Luft gegriffen.

Angehängt werden Mao von ihnen nicht nur die Opfer von Hungersnöten, Entbehrungen und Kriegen, sondern auch die von Aggressionen der faschistischen japanischen Armee.

So wird der militärische Vorstoß Japans auf Shanghai 1937 kurzerhand zum Ergebnis einer Verschwörung kommunistischer Agenten erklärt und seine Opferbilanz auf Maos Konto gebucht. Ebenso die Opfer des legendären „Langen Marsches“ und die im Korea-Krieg gefallenen Freiwilligen der chinesischen Volksbefreiungsarmee.

Die größte Zahl von Todesopfern wird der Bewegung des „Großen Sprungs“ Mitte der 1950er Jahre zugeschrieben, während der bis zu 38 Millionen Menschen verhungert wären. Im „Handbuch der Welternährung“, erschienen im Dietz-Verlag 1996, taucht in einer Aufstellung der „Großen Hungerkatastrophen“ der Menschheitsgeschichte (S. 13) nur eine Hungersnot mit „30 Millionen Betroffenen“ auf, datiert allerdings auf die Jahre 1946–48, also noch zur Zeit des Kapitalismus und Halbfeudalismus in China. Selbst bürgerliche Historiker distanzieren sich von dieser Art offensichtlicher Geschichtsfälschung. (ms)