Teil 1 von 8

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140 Jahre Pariser Kommune

„Am Morgen des 18. März 1871 wurde Paris geweckt durch den Donnerruf:„Es lebe die Kommune!" Mit diesen Worten schilderte Karl Marx in seinem berühmten Werk „Der Bürgerkrieg in Frankreich“ den Beginn der Pariser Kommune vor hundertvierzig Jahren.

Von Wolf-Dieter Rochlitz
140 Jahre Pariser Kommune

Der Donnerruf schreckte die ganzen damaligen adligen und bürgerlichen Oberschichten auf. Der „Pöbel von Paris“ erdreistete sich, in einer Situation, in der Frankreichs Armee vor den preußischen Truppen kapituliert hatte, sein Schicksal in die eigene Hand zu nehmen und sich mit der Waffe in der Hand daran zu machen, den Traum von einer Welt ohne Ausbeuter und despotische Unterdrückung wahr zu machen.

Dieser Traum wurde nach nur 72 Tagen in einem mörderischen Blutbad erstickt. Die Reaktionäre ganz Europas deckten diese Barbarei der französischen Bourgeoisie, die in einem panischen Rachefeldzug bei den Arbeitern jeden revolutionären Freiheitsgedanken austilgen wollte. Heute, hundertvierzig Jahre später, wissen wir, dass auch noch so brutale Unterdrückung und Verleumdung den revolutionären Geist der Kommunarden nicht vernichten konnte. Die Pariser Kommune lebt.

In den Schulbüchern der bürgerlichen Schule wird sie bis in unsere Tage verschwiegen oder als eine beiläufige Fußnote behandelt. Doch der Geist der Kommune hat sich fortgesetzt bis in unsere Tage, wo sich die Volksmassen in Nordafrika in Todesverachtung erheben, um sich jahrzehntelanger Diktatoren
zu entledigen. Die Opfer der Pariser Kommune sind unvergessen. Die Lehren ihres Kampfes sind eingegangen in die Theorie des Marxismus-Leninismus
und bis heute lebendig. Ihrem Kampf soll die folgende Artikelserie gewidmet sein.

150 Jahre Pariser Kommune

Die 72 Tage der Kommune waren Tage bis dahin nicht gekannter sozialer und politischer Rechte für die werktätigen Menschen.

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Rote Fahne Magazin

Friedrich Engels und die Pariser Kommune

Die Vorgeschichte der Pariser Kommune

Frankreich war seit der französischen Revolution 1789 das revolutionäre Zentrum in Europa. Revolutionäre Aufstände folgten: Im Juli 1830 stürzte das aufsteigende Bürgertum und die junge französische Arbeiterschaft das wieder an die Macht gelangte bourbonische Königshaus und einen adligen Anhang. Es war der Beginn der politischen Macht der Großbourgeoisie, der Bankiers wie Rothschild und der Industriekapitäne wie der französische Krupp, Creusot-Schneider.

Die Arbeiter, die die Hauptkraft des revolutionären Aufstands waren, wurden um den Sieg betrogen. Über 400.000 gab es Mitte des Jahrhunderts allein in Paris die mit Hungerlöhnen abgespeist wurden. Die Massenarbeitslosigkeit in den Städten fiel zusammen mit deren Überbevölkerung. Die Arbeitsbedingungen, unter denen bis zu 16 Stunden am Tage auch Frauen und Kinder zu Hungerslöhnen arbeiten mussten, waren katastrophal. Die Unzufriedenheit der Arbeiterklasse gipfelte schließlich in den ersten Arbeiteraufständen in Lyon 1831 und 34 unter der Parole „Arbeitend leben oder kämpfend sterben!“

Die Bourgeoisie sitzt auf einem Vulkan

Nicht mehr der Adel war für die Großkapitalisten die Gefahr, sondern das neue aufkommende Proletariat. Warnend richtete sich der Abgeordnete
Tocqueville in einer Sitzung des Parlaments am 22. Januar 1848 an die neuen bürgerlichen Machthaber Frankreichs:

„Seht ihr denn nicht, daß in der Arbeiterklasse die politischen Leidenschaften sozial geworden sind? Merkt ihr denn nicht, daß sich in ihre Köpfe nach und nach Ideen einschleichen, die zwar nicht gegen dieses oder jenes Gesetz, dieses oder jenes Ministerium gerichtet sind, die aber doch darauf hinauslaufen, die ganze Gesellschaft über den Haufen zu werfen … Früher oder später werden diese Ideen eine fürchterliche Revolution herbeiführen…  Wir schlafen auf einem Vulkan.“

Ein halbes Jahr später erhoben sich in den Gassen und Straßen der Metropole Paris die Arbeiter und forderten eine „demokratische und soziale Republik“.
Der Aufstand wurde nach wenigen Tagen durch General Cavaignac gemeinsam mit dem reaktionären Politiker Adolphe Thiers niedergeschlagen.
Cavaignac schrieb am 26. Juni in einem Telegramm an die Regierung:

„Die Aufständischen sind niedergerungen. Der Kampf ist beendet. Die Ordnung hat über die Anarchie triumphiert.“

Die Suche nach Bewusstheit

Die französische Arbeiterbewegung musste diesen schweren Rückschlag verarbeiten. In den folgenden zwei Jahrzehnten standen in einer Ebbe des Klassenkampfs Klärungsprozesse unter den verschiedenen Strömungen im Vordergrund. Leitlinie der revolutionären Richtung wurde das „Kommunistische Manifest“ von Marx und Engels aus dem Jahr 1848.