Hartz IV: Unterm Strich wird gekürzt
Dortmund (Korrespondenz): Die sogenannten Reformen des Hartz-IV-Gesetzes sind nichts anderes als ein massives Abwälzen der Krisenlasten auf die Masse der Bevölkerung und besonders auf die von ALG II betroffenen Menschen. Wohin die Reise gehen soll, gab Michael Fuchs, CDU-Wirtschaftsexperte und stellvertretender Unionsfraktions-Vorsitzender im Bundestag bereits am 14. 2. 2010
in „welt-online“ unumwunden zu: „Es kann nicht sein, dass die Hartz-IV-Bezüge eine Höhe erreichen, dass sich eine Beschäftigung im Niedriglohnbereich nicht mehr lohnt.“
Tatsächlich sind schon zum 1. Januar deutliche Kürzungen für Hartz-IV-Betroffene in Kraft getreten:
• Die Rentenbeiträge für ALG-II-Betroffene wurden gestrichen. Die Bundesregierung geht davon aus, dass sich der rentensenkende Effekt auf die große Mehrheit der von der Streichung der Beträge Betroffenen auswirken wird (Deutscher Bundestag, Drucksache 17/2597, S. 3).
• Ebenso ist das Elterngeld von 300 Euro ab 1.1.2011 für ALG-II-Betroffene gestrichen (§ 2 Abs. 5 BEEG).
• Bisher konnte während des ALG-II-Bezugs ein Anspruch auf eine Erwerbsminderungsrente erworben werden. Ab 2011 wird kein neuer Anspruch mehr aufgebaut. Bestehende Ansprüche verfallen außerdem nach zwei Jahren (Quelle: Folien zum SGB II, Harald Thomé, 24. 1. 11).
• Weggekürzt wurde auch der Heizkostenzuschuss (in Höhe von monatlich 24 Euro für die erste Person, 7 Euro für die zweite und 6 Euro für jede weitere) für Wohngeldempfänger.
• Gestrichen wurden auch die Zuschläge beim Übergang vom ALG I in ALG II von monatlich 160 Euro im ersten Jahr, 80
Euro im zweiten Jahr (für Ehepaare betrug der Zuschlag das Doppelte).
Arbeitsministerin Ursula von der Leyen protzt nun, mit dem sogenannten Hartz-IV-„Kompromiss“ angeblich „sozialpolitische Geschichte geschrieben“ zu haben. Die Kinder seien die „Gewinner“ der Reform.
Tatsächlich steht nach den neu berechneten Hartz-IV-Sätzen für Kinder zukünftig Kindern bis 6 Jahren ein Monatsbetrag für Essen und Trinken von 78,67 Euro zur Verfügung, Kindern bis 14 Jahren ein Betrag von 96,55 Euro. Beim Mittagessen in der Schule müssen Kinder von ALG-II-Betroffenen jedoch auch nach dem so hochgelobten „Kompromiss“ einen Euro zuzahlen. Begründung: Mit dem Regelsatz ist der Nahrungsbedarf des Kindes abgedeckt. So bleibt einem Kind zwischen 6 und 14 Jahren dann ein Restbetrag von maximal 2,55 Euro pro Tag für das gesamte Essen!
Der lächerlich gering angesetzte Betrag (je nach Altersgruppe 0,98 Euro, 1,16 Euro und 0,29 Euro pro Monat)
für Bildung wird mit dem Bildungspaket begründet. So wird von der Regierung auch die Streichung der Ausgaben für Zeichenmaterial, Schreibwaren, Hobbykurse und Nachhilfe gerechtfertigt. „De facto handelt es sich um Kürzungen“, so die „Süddeutsche Zeitung“ vom 15. Januar. Aufwendungen für Schulausflüge und Klassenfahrten werden zwar anerkannt, ob sie voll bezahlt werden, ist aber unklar. Bisher war lediglich von einem Zuschuss in Höhe von 30 Euro pro Jahr die Rede. Für die Teilnahme am sozialen und kulturellen Leben ist im Bildungspaket gerade mal ein Betrag von 10 Euro pro Monat vorgesehen.
Die Ideen der Herrschenden gehen noch weiter. Darlehen, Überziehung des Girokontos oder geliehenes Geld von Angehörigen soll als Einkommen angerechnet werden und führt zur Leistungskürzung, auch wenn es der Sicherung des Lebensunterhaltes dient. Darüber hinaus muss die ARGE noch nicht einmal mehr über Leistungskürzungen oder andere Sanktionen, die die Existenz bedrohen, den Betroffenen persönlich informieren. Es reicht ein Merkblatt oder der Aushang im Flur der ARGE, was zu einer massiven Zunahme von Kürzungen des ALG II führen wird (Stellungnahme von „Tacheles“ vom 20. 9. 10).